Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung Wie Unternehmen das Handlungsfeld Psyche systematisch bearbeiten
Auch beim sensiblen Thema Psyche hilft die Gefährdungsbeurteilung, gesundheitliche Risiken für Beschäftigte aufzuspüren. Handlungshilfen für Unternehmen bietet die BGW.
Dass die Psyche eine wichtige Rolle bei der Gesundheit im Beruf spielt, ist heute unbestritten. Wie groß ist der Zeitdruck? Kann ohne störende Unterbrechungen gearbeitet werden? Wie viel Rückhalt geben Vorgesetzte?
Rahmenbedingungen wie diese wirken sich auf die einzelnen Beschäftigten aus; sie fördern deren Wohlbefinden – sie können aber auch die Gesundheit gefährden.
Unternehmen sind daher verpflichtet, in der gesetzlich geforderten Gefährdungsbeurteilung auch auf psychische Belastungsfaktoren einzugehen. Seit 2013 steht diese Anforderung explizit im Arbeitsschutzgesetz.
Worum es geht
Bei der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung kommen die Arbeitsbedingungen auf den Prüfstand – nicht einzelne Beschäftigte.
Im Unternehmen sollten sechs Themenbereiche genauer untersucht werden:
- Arbeitsinhalte/-arbeitsaufgabe – zum Beispiel Vollständigkeit, Variabilität, Handlungsspielräume, Informationen, Qualifikation, emotionale Inanspruchnahme
- Arbeitsorganisation – zum Beispiel Arbeitsintensität, Störungen und Unterbrechungen, Kommunikation und Kooperation, Kompetenzen und Zuständigkeiten
- Arbeitszeit – zum Beispiel Dauer, Lage und Schichtarbeit, Vorhersehbarkeit und Planbarkeit, Pausen und Erholungszeiten
- Soziale Beziehungen – Kolleginnen und Kollegen, Vorgesetzte
- Arbeitsmittel – zum Beispiel ungeeignete oder fehlende Arbeitsmittel, mangelhaft gestaltete Arbeitsmittel, Persönliche Schutzausrüstung
- Arbeitsumgebung – zum Beispiel physikalische, chemische und biologische Faktoren, ergonomische Faktoren
Die Gefährdungsbeurteilung folgt dem bewährten Ablauf in sieben Schritten. Psychische Belastung lässt sich anders als physische jedoch nicht objektiv messen und es gibt auch keine Grenzwerte wie etwa bei Gefahrstoffen. Deshalb ist es besonders sinnvoll, die Beschäftigten als Experten und Expertinnen für ihre eigene Arbeitssituation in das Verfahren einzubeziehen. Ihre Beteiligung und die der betrieblichen Interessenvertretung trägt auch dazu bei, den Praxisbezug und die Akzeptanz von Maßnahmen zu erhöhen – und Mitwirkung motiviert.
Was für die Umsetzung wichtig ist
Gefährdungen durch psychische Belastung bei der Arbeit können über schriftliche Befragungen, Beobachtungen, Interviews oder moderierte Workshops erfasst werden. In allen Fällen ist die Vorbereitung und Kommunikation entscheidend: Mit der Ankündigung eines Vorhabens werden Erwartungen geweckt. Bleiben später Ergebnisse und Verbesserungen aus, führt der Frust darüber oft zu einer Verschlechterung des Betriebsklimas.
Damit das Vorhaben zum Erfolg wird, kommt es besonders darauf an,
- dass die Geschäftsführung bereit ist, vorgeschlagene Maßnahmen konstruktiv zu bewerten und Ressourcen für die Umsetzung bereitzustellen,
- dass die die Führungskräfte und die betriebliche Interessenvertretung aktiv eingebunden werden,
- dass ein Steuerungsgremium das Vorhaben plant und begleitet,
- dass alle Schritte transparent gemacht werden und die Anonymität der Befragungsergebnisse gewährleistet ist,
- dass die Zeitplanung realistisch ist,
- dass Workshops von qualifizierten, neutralen Personen moderiert werden,
- dass konkrete Ziele und Maßnahmen vereinbart werden und
- dass deren Wirksamkeit nach angemessener Zeit überprüft wird.
Die Gefährdungsbeurteilung zeigt dabei nicht nur Risiken, sondern auch Faktoren auf, die dazu beitragen, dass Beschäftigte auf Dauer gesund und motiviert bleiben. Ob es der tolle Zusammenhalt im Team ist oder der vertrauensvolle Austausch mit Vorgesetzten: Solche Ressourcen sollten weiter ausgebaut werden.