Gesund im Homeoffice Ein Wegweiser
Zu Hause arbeiten hat weniger mit "Füße hoch" und auf der Couch E-Mails beantworten zu tun, als manche noch vor Corona vermutet haben. Für die Beschäftigten bedeutet es oft: zusätzliche Herausforderungen im Vergleich zum Arbeiten im Büro – aber auch mehr Flexibilität und Zeitersparnis.
Welche Pflichten hat eigentlich der Arbeitgeber bzw. die Arbeitgeberin in Bezug auf Telearbeitsplätze? Wie arbeiten Sie möglichst ergonomisch? Was ist zu tun, um weitgehend ungestört die Aufgaben erledigen zu können? Worauf sollten Führungskräfte achten, damit sie auch auf Distanz ihr Team gut führen? Wie bleiben Sie fit?
Wie Homeoffice gut gelingt und was dabei wichtig ist, erklären wir hier.
Grundsätzliche Bedingungen
Auch im Homeoffice gilt: Die Arbeitsbedingungen sollten stimmen, damit das digitale Arbeiten gut klappt. Arbeitgebende müssen daher die Aufgaben und die arbeitstechnischen Voraussetzungen im privaten Umfeld mit dem Beschäftigten abstimmen. Dabei gilt es, darauf zu achten, dass die zur Verfügung gestellten Arbeitsmittel zur Aufgabe passen.
Im Sinne der Gefährdungsbeurteilung sind Arbeitgebende rechtlich verpflichtet zu prüfen, ob die Beschäftigten an ihrem Homeoffice-Arbeitsplatz Gefährdungen ausgesetzt sind. Zu berücksichtigen sind dabei physische und psychische Belastungen – etwa durch störende Geräusche oder ergonomische Mängel oder auch die Belastung für die Augen durch Bildschirmarbeit. Außerdem müssen Arbeitgebende ihre Beschäftigten auch zu gesundheitsgerechtem Verhalten im Homeoffice unterweisen. Denn dort gilt ebenfalls das Arbeitsschutzgesetz.
Mobiles Arbeiten, Homeoffice und Telearbeit – was ist was?
Mobiles Arbeiten, Homeoffice und Telearbeit – was ist was?
Hilfreich für einen Schnell-Check ist die Checkliste der DGUV, die einen raschen Überblick zu Gestaltungsempfehlungen für den mobilen Arbeitsplatz gibt. Einen guten Einstieg bietet auch das Video "How to Homeoffice" der VBG.
7 Punkte für gesundheitsgerechte mobile Arbeit
Wie sollte der Arbeitsplatz gestaltet sein?
Corona hat von heute auf morgen so manche aus dem normalen Arbeitsumfeld in die eigene Wohnung verbannt. Büroarbeit an einer Ecke des Küchentischs – das geht kurz als Provisorium. Aber auf Dauer ist ein möglichst ergonomisch und sicher gestalteter Arbeitsplatz unverzichtbar.
Darauf sollten Sie achten, wenn Sie Ihren Arbeitsplatz zu Hause einrichten:
- Schreibtisch und Arbeitsstuhl sollten rückengerecht eingestellt sein: Die Füße sollten ganzflächig Bodenkontakt haben, Knie und Hüfte sind im 90-Grad-Winkel, ebenso Ellenbogen. Hände und Unterarme liegen auf, die Schulterhaltung bleibt entspannt.
- Lässt sich die Tischhöhe nicht variieren, passen Sie die Stuhlhöhe an. Es gibt verschiedenste höhenverstellbare Stühle, Sitzbälle oder Hocker.
- Sitzen Sie dynamisch und wechseln sie häufiger die Position. Auch ein Meditationskissen und Ähnliches kann mal zum Einsatz kommen, zum Beispiel bei einer Videokonferenz. Stehen Sie zwischendurch auf und telefonieren Sie auch im Stehen.
- Positionieren Sie den Bildschirm parallel zum Fenster, um Spiegelungen darauf zu vermeiden. Er sollte zudem frontal vor Ihnen stehen und leicht nach hinten geneigt sein. Eine Blickdistanz von 50 bis 80 Zentimetern ist ideal.
- Sorgen Sie für gutes Licht – bestenfalls Tageslicht plus Zimmerbeleuchtung – und eine angenehme Temperatur im Raum. Weitere Infos zur Lichtsituation am Arbeitsplatz.
- Tipp: Unser Artikel "Durchblick am Bildschirm" befasst sich mit der Augengesundheit.
Was ist in puncto Unterweisen zu beachten?
Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber haben auch im Homeoffice die Pflicht, ihre Beschäftigten regelmäßig zu unterweisen. Darauf darf auch in Ausnahmesituationen wie der Corona-Pandemie nicht verzichtet werden.
Unterweisungen helfen, die Beschäftigten zu informieren, sie anzuleiten und zu motivieren, damit sie sich sicherheits- und gesundheitsgerecht verhalten.
Generell sollten dabei folgende Themen zum Arbeiten in den eigenen vier Wänden behandelt werden:
- Hinweise zur ergonomischen Gestaltung des Arbeitsplatzes wie z. B. Anordnung der Arbeitsmittel zueinander und im Raum
- Nutzung der eingesetzten Arbeitsmittel
- geeignete Sitzmöglichkeiten, Einstellen des Büroarbeitsstuhls
- Erkenntnisse zu Sitzpositionen und Sitzhaltungen
- Beleuchtung/Lichtverhältnisse
- Arbeitstisch, Arbeitsfläche
- Lärm, Raumklima
- Arbeitszeiten und Ruhe- und Bewegungspausen
- Erreichbarkeit
- psychosoziale Belastung
Wie kann ich konzentriert arbeiten – trotz ablenkender Umstände?
Häufige Störungen und Unterbrechungen gehören zu den größten Stressfaktoren bei der Arbeit. Im Homeoffice kommen unter Umständen noch neue Störquellen dazu: Das Kind hat keine Betreuung oder braucht Hilfe bei der Videokonferenz mit der Klasse. Kurz danach klingelt der Paketbote, von den Nachbarn schallt Baulärm herüber – und es muss eine dringende Terminsache für die Vorgesetzte fertig werden.
Schon eine Ablenkung von 3 Sekunden reißt einen aus der Konzentration und führt zu mehr Fehlern. Und auch ohne Störung kann die Aufmerksamkeit bereits nach etwa 20 Minuten nachlassen.
Was tun? Das hilft, mit Stressfaktoren umzugehen:
- Versuchen Sie, klare Absprachen mit Familienmitgliedern oder Mitbewohnenden zu treffen, wie sie Störungen und Unterbrechungen möglichst minimieren können.
- Schaffen Sie sich eine ruhige Arbeitsatmosphäre: Klar, nicht überall gibt es ein Arbeitszimmer. Trotzdem sollten Sie einen festen Bereich einrichten, in dem Sie arbeiten. Eine Möglichkeit ist die Abtrennung mit Raumteilern. Helfen gegen Lärm können auch Kopfhörer, die Außengeräusche reduzieren.
- Nutzen Sie Handlungsspielräume bei der Gestaltung Ihrer Aufgaben – das nimmt eventuell Druck aus stressigen Situationen. Prüfen Sie beispielsweise, ob Sie Aufgaben delegieren oder auf einen späteren Zeitpunkt verschieben können.
- Ein aufgeräumtes Arbeitsumfeld lenkt weniger ab. Und ein klarer, ruhiger Hintergrund ist auch für Videokonferenzen angenehmer.
- Vereinbaren Sie feste Zeiten, wer wann für die Kinderbetreuung zuständig ist. Kleine Kinder zu beaufsichtigen und gleichzeitig konzentriert zu arbeiten ist in der Regel utopisch.
- Tauschen Sie sich mit anderen aus, die in einer vergleichbaren Belastungssituation arbeiten. Eventuell bringt Sie das zu neuen Lösungsideen, wie Sie besser mit den Stressfaktoren umgehen können.
- Legen Sie Auszeiten und Denkpausen ein: Wenn Konzentration und Energie verbraucht sind, brauchen Sie Regeneration.
Was hält mich fit und gesund trotz veränderter Bedingungen?
Selbstbestimmtes mobiles Arbeiten bedeutet auch: Beschäftigte müssen selbstständig auf den Gesundheitsschutz achten. Ob ergonomisches Arbeiten, Einhalten von Pausenzeiten, ein gesundes Maß an Arbeitseinsatz oder genug Bewegung – dafür braucht man Gesundheitskompetenz.
Im Heimbüro ist ein gesundes Selbstmanagement gefordert:
- Die wenigsten haben einen höhenverstellbaren Tisch zu Hause. Gegen stundenlanges Verharren in einer Position nützt es, hin und wieder aufzustehen und ein paar Schritte herumzulaufen.
- Schaffen Sie sich die Möglichkeit, während Online-Meetings die Sitzposition zu wechseln. Oder noch besser: Wechseln Sie zwischen Sitzen und Stehen.
- Nutzen Sie die Mittagspause für Bewegung: ein Spaziergang oder eine Runde joggen hält gesund, lädt die Batterien wieder auf – und steigert sogar die Laune, weil Endorphine ausgeschüttet werden.
- Manche Unternehmen bieten eine "bewegte Pause" für ihre Beschäftigten an: Sie unterstützen sie mit Fitnessübungen oder Online-Kursen. Auch im Internet finden Sie Ausgleichsübungen, z. B. von Krankenkassen.
- Angebote betrieblicher Gesundheitförderung – etwa Mitturnen im Livestream im Wohnzimmer – funktionieren nur, wenn Spaß an der Sache und Zeit vorhanden sind. Versuchen Sie, sich während der Arbeitswoche bewusst Zeiten zu blocken und verabreden Sie sich mit anderen zur gemeinsamen Aktion.
- Lüften Sie regelmäßig und bauen Sie währenddessen kleine Bewegungspausen ein – das hilft auch, neue Konzentration zu schöpfen.
- Essen Sie bewusst und nicht nebenbei während der Arbeit. Nehmen Sie sich Zeit für gesunde Mahlzeiten. Gerade im Homeoffice neigen viele dazu, sich nicht ausreichend um gute Ernährung zu kümmern.
Wie führt man aus der Ferne?
Ist nicht mehr das ganze Team zeitgleich am selben Ort versammelt, ist es wichtig, sich über die Rahmenbedingungen auszutauschen. Wer arbeitet wann, ist wie erreichbar, welche realistischen Freiheiten und Verpflichtungen gibt es?
Klare Ansagen zu Erwartungen machen, abgrenzen, was nicht geleistet werden muss, sowie Probleme zu besprechen gehört dazu.
So gelingt gute Führung auch auf Distanz:
- Bleiben Sie im Kontakt: Ihre Beschäftigten sollten wissen, dass Sie für sie da sind, wenn sie Sie brauchen.
- Fragen Sie nach und hören Sie zu: Gibt es technische Probleme? Fehlt für die optimale Ausstattung im Homeoffice etwas? Existieren Konflikte, z. B. zwischen Betreuungsaufgaben für Familienangehörige und Arbeitsaufgaben?
- Überlegen Sie zusammen mit den Beschäftigten, wo sie Unterstützung benötigen.
- Ist die Arbeitsbelastung im Team fair verteilt – oder können Konflikte entstehen, weil sich ein Mitarbeiter zerreißt, während die andere Mitarbeiterin sich langweilt?
- Leben Sie gesundes Arbeitsverhalten vor: Wenn Führungskräfte stets zu später Stunde noch Mails schicken, nie Pause machen, kaum Urlaub nehmen, kann das Druck erzeugen – Beschäftigte fühlen sich genötigt, dasselbe zu tun. Mit gutem Vorbild lässt sich "interessierter Selbstgefährdung" entgegenwirken, also gesteigertem Arbeitseinsatz ohne Rücksicht auf die eigene Gesundheit.
- Überdenken Sie die Notwendigkeit von virtuellen Meetings: Ist eine Zusammenkunft vor dem Bildschirm wirklich nötig und wer muss zwingend dabei sein? Oft reicht ein kleiner Personenkreis – und andere werden über die wichtigsten Punkte per E-Mail informiert.
- Halten Sie Meetings so kurz wie möglich und sorgen Sie für gute Moderation. Planen Sie spätestens nach einer Stunde eine Pause von 5 bis 10 Minuten. Und bedenken Sie, dass zu viele und zu lange Videokonferenzen zur "Zoom-Fatigue" führen können.
- Führungskräfte sollten nicht nur ihr Team, sondern auch sich selbst im Blick haben. Unsere Broschüre "Gesund und motivierend führen. Wie Führungskräfte ihr Team und sich selbst stärken" gibt Tipps.
Wie ist mit einer Verschiebung oder Ausweitung der Arbeitszeit umzugehen?
Wer zu Hause arbeitet, spart die Zeit für den Arbeitsweg und kann seine Arbeitsstunden häufig flexibler über den Tag verteilen, wenn es das Privatleben erfordert. Werden Kernarbeitszeiten ausgeweitet, entsteht mehr persönlicher Spielraum. Soweit die Vorteile.
Aber: Wenn die Grenzen von Arbeitszeit und Freizeit verschwimmen, Beschäftigte das Gefühl haben, jederzeit erreichbar und einsatzbereit sein zu müssen, kann sich das gesundheitlich belastend auswirken.
Was dagegen hilft:
- Arbeitszeiten klar kommunizieren: Zeitfenster für die Erreichbarkeit mit Vorgesetzten, Kolleginnen und Kollegen vereinbaren
- Morgens den Arbeitstag planen, die wichtigsten Arbeitsziele priorisieren und sich vornehmen, die drei dringendsten abzuarbeiten
- Klären, dass für die Beschäftigten keine verlängerte Erreichbarkeit nach Feierabend besteht
- Verdeutlichen, dass Beschäftigte weder spätabends auf E-Mails reagieren müssen, noch kurzfristige Anfragen jederzeit umgehend ausführen müssen
- Zwischen Arbeit und Freizeit eine rote Linie ziehen, um beides voneinander abzugrenzen
- Bei Bedarf individuelle Regelungen statt starrer Vorgaben finden für alle im Team
Mache ich genügend Ruhe- und Bewegungspausen?
Das Arbeiten aus der privaten Wohnung führt teils zu ungesunden Verhaltensweisen: Ohne Weg zur Arbeitsstätte fällt oft auch Bewegung weg. Kein Fußweg zur U-Bahn, keine Radtour zum Büro und für die Mittagspause in der eigenen Küche brauchen Sie auch nur noch zehn Schritte? Wenn sich das Laptop bequem mit auf die Couch nehmen lässt – warum dann nicht in der Pause weiterarbeiten?
Ohne Pausen und Bewegung geht es nicht:
- Pausen sind unverzichtbar: Verbringen Sie Pausen am besten fernab vom Arbeitsplatz, ohne Blick auf Bildschirm oder Handy – draußen an der Luft bei Tageslicht.
- Gesetzlich vorgeschrieben sind 30 Minuten Pause spätestens nach 6 Stunden Arbeit. Besser für die Konzentration ist es jedoch, nach etwa 60 bis 90 Minuten für 5 Minuten zu pausieren. Schieben Sie also zusätzlich zur Mittagspause am Tag mehrere Mikropausen ein.
- Seien Sie streng mit sich selbst: Starten Sie zu festen Zeiten und machen Sie regelmäßige Pausen. Ansonsten schaden Sie nicht nur Ihrer Gesundheit, sondern auch Ihrer Produktivität.
- Nackenübungen! Langes oder falsches Sitzen führt bei vielen zu Verspannungen im Nacken- und Schulterbereich. Dehnung- und Entspannungsübungen wirken dagegen.
- Wenn Sie den größten Teil des Tages vor dem Bildschirm sitzen mit den Händen auf der Tastatur, benötigt ihr Körper Ausgleichsbewegungen. Wir haben in der Broschüre "Muntermacher" Übungen zusammengestellt, die Sie über den Tag verteilt in die Arbeitsroutine einbauen können.