Unterweisung auch fürs Homeoffice BGW magazin - 1/2022
Auch wenn Beschäftigte von zu Hause arbeiten, müssen sie zur Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit unterwiesen werden. Wie kann das gelingen und was ist zu beachten?
Mit der Corona-Pandemie sind viele Beschäftigte vorübergehend ins Homeoffice gewechselt. Der Trend zur Arbeit vom heimischen Schreibtisch aus hat sich weiter verstärkt. Umso wichtiger ist es, dass Unternehmen Regelungen für das gesunde Arbeiten etablieren. Unterweisungen spielen dabei eine zentrale Rolle.
Mobiles Arbeiten, Homeoffice und Telearbeit
Alle sprechen vom „Homeoffice“ – rechtlich gesehen sind verschiedene Situationen zu unterscheiden:
- Mobiles Arbeiten ist die zeitweilige Tätigkeit an einem Ort außerhalb der Betriebsstätte, etwa auf Reisen oder im Hotel, üblicherweise mittels Verbindung zum Betrieb durch mobile Endgeräte. Arbeiten im Homeoffice ist eine besondere Form davon. Beim mobilen Arbeiten sind das Arbeitsschutz- und das Arbeitszeitgesetz grundsätzlich zu beachten.
- Bei Telearbeit wird die Tätigkeit für eine bestimmte wöchentliche Arbeitszeit im Privatbereich der Beschäftigten an einem fest eingerichteten Bildschirmarbeitsplatz erbracht. Grundlage ist eine entsprechende Vereinbarung mit dem Arbeitgeber. Dieser ist für die Einrichtung des Bildschirmarbeitsplatzes verantwortlich und stellt die Ausstattung zur Verfügung. Für einen Telearbeitsplatz gelten die Regelungen der Arbeitsstättenverordnung. Er ist idealerweise so ausgestattet wie ein entsprechender Arbeitsplatz im Unternehmen.
Interview
mit Dr. Michael Charissé vom Sachgebiet Grundlegende Themen der Organisation der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV)
(Quelle: www.dguv.de)
Herr Dr. Charissé, ob Homeoffice oder Telearbeit: Unterweisen ist Pflicht. Was muss der Arbeitgeber berücksichtigen?
Ziel einer Unterweisung ist in erster Linie, Beschäftigte zu informieren, zu qualifizieren, anzuweisen, aber auch zu motivieren, um ein sicherheits- und gesundheitsgerechtes Verhalten zu erreichen. Das ist auch für das Arbeiten im Homeoffice wichtig und daher auch hier vorgeschrieben. Bezüglich der Vorgehensweise gibt es für die Unterweisung zunächst keine Vorgaben dazu, welche Unterweisungsmethode gewählt werden sollte.
Grundsätzlich kann man etwa in der Gruppe oder jeweils einzeln unterweisen. Die Vorgehensweise sollte sich nach den Unterweisungsinhalten und den -anlässen richten. Zu beachten ist auch, dass die Unterweisung mindestens einmal jährlich zu wiederholen ist. Das Jugendarbeitsschutzgesetz sieht für seinen Regelungsbereich sogar zwei Mal im Jahr eine Unterweisung vor. Aber auch bei besonderen Anlässen, wie etwa bei der Einführung neuer Arbeitsverfahren oder nach einem Arbeitsunfall, ist eine Unterweisung durchzuführen. Was nicht vergessen werden darf, ist, dass bereits vor Aufnahme einer Tätigkeit eine Erstunterweisung durchgeführt werden muss.
Ist für die Unterweisung persönliche Anwesenheit notwendig?
Das hängt von den zu unterweisenden Inhalten ab. So kann ich beispielsweise das korrekte Anlegen einer persönlichen Schutzausrüstung gegen Absturz nur durch praktische Übungen vermitteln. Dieses Beispiel trifft für das Arbeiten im Homeoffice natürlich nicht zu. Hier sprechen wir eigentlich nur von Bildschirmarbeit. Dabei ist der Einsatz elektronischer Kommunikationsmittel und Handlungshilfen zur Unterweisung natürlich möglich und sinnvoll. Allerdings sollten die Beschäftigten die Möglichkeit für Rückfragen haben. Die alleinige Übergabe von Unterlagen zum Selbststudium, ohne eine Möglichkeit zu einem ergänzenden mündlichen Kontakt, reicht nicht aus. Außerdem muss sich die für die Unterweisung verantwortliche Person anschließend vergewissern, dass die Unterweisung auch erfolgreich war, also sich die unterwiesene Person dementsprechend verhält.
Was ist denn das Ziel einer Unterweisung?
Die Ursachen für Unfälle und arbeitsbedingte Gesundheitsgefahren liegen häufig im Verhalten der Menschen. Hier kann zum Beispiel Unaufmerksamkeit oder Bequemlichkeit ein Faktor sein. Ein klassisches Beispiel im Homeoffice wäre ein im Raum nicht sicher verlegtes Anschlusskabel des Computers. Man steht auf, denkt nicht mehr daran oder ist durch ein gleichzeitig geführtes Telefonat abgelenkt und stolpert über das Kabel. Ein verstetigtes und damit nachhaltiges sicherheits- und gesundheitsgerechtes Verhalten erreicht man aber kaum durch eine einmalige Unterweisung. Deshalb ist eine regelmäßige Wiederholung der Unterweisung nötig. Damit wird außerdem den unterwiesenen Personen vermittelt, dass sicherheits- und gesundheitsgerechtes Verhalten keine lästige Nebensache ist. Sie sollte vielmehr ein fester Bestandteil der persönlichen Einstellung werden.
Welche Inhalte sollten bei einer Unterweisung im Homeoffice vermittelt werden?
Was zu unterweisen ist, hängt in erster Linie von den individuellen Verhältnissen am Arbeitsplatz und den verrichteten Tätigkeiten ab. Wichtig sind Hinweise zur ergonomischen Gestaltung des Arbeitsplatzes und zur Nutzung der eingesetzten Arbeitsmittel sowie Hinweise zu Sitzpositionen und Sitzhaltungen. Ebenfalls behandelt werden sollten die Arbeitszeiten und die Arbeitspausen sowie die Erreichbarkeit. Auch wenn die Verwendung von Informations- und Kommunikationstechnik selbstverständlich erscheint, sollte diese berücksichtigt werden. Also beispielsweise die richtige Auswahl und Nutzung eines Headsets. Arbeiten im Homeoffice bedeutet, dass die Beschäftigten eine größere Eigenverantwortung für ihre Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz übernehmen. Das heißt, sich auch selbst Gedanken zu machen über die Arbeitsbedingungen und die Arbeitsumgebung. Nimmt man sich genügend Ruhe- und Bewegungspausen? Kommt man mit dem vielleicht gestiegenen Arbeitsaufwand zurecht? Gibt es vielleicht psychosoziale Belastungen?
Wie ist zu dokumentieren, dass die Unterweisung durchgeführt wurde?
Der Unternehmer oder die Unternehmerin muss über schriftliche Unterlagen verfügen, um nachweisen zu können, dass die Unterweisung durchgeführt wurde. Das kann zum Beispiel durch eine Bestätigung der unterwiesenen Beschäftigten geschehen, wann sie über welche Themen und durch wen unterwiesen wurden. Eine handschriftliche Unterschrift ist meist jedoch nicht zwingend vorgeschrieben. Eine Ausnahme besteht nur dann, wenn dies in speziellen Vorschriften gefordert wird. Unabhängig davon sollten Unterweisungen auch aus Beweisgründen, insbesondere im Interesse des Unternehmers oder der Unternehmerin, nachvollziehbar schriftlich fixiert werden.