Vier Personen in Kasack bzw. Arztkitteln strecken ihre Hände zusammen nach vorn. Sie tragen blaue medizinische Einmalhandschuhe und heben alle die Daumen.

Stellungnahme der BGW zum indikationsgerechten Einsatz medizinischer Einmalhandschuhe im Gesundheitswesen Anlass: Kommentar der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) zum Thema, Epidemiologisches Bulletin 10/2024

Die BGW begrüßt den Impuls des Robert Koch-Instituts (RKI), für den indikationsgerechten Einsatz medizinischer Einmalhandschuhe auch im Hinblick auf Klima- und Umweltschutz­aspekte zu sensibilisieren. Unter Berücksichtigung der Hautgesundheit der Beschäftigten bedarf es aus BGW-Sicht jedoch einer Klarstellung zum Handschuhtragen sowohl bei der Körperwaschung als auch zur Vermeidung sichtbarer Verschmutzung der Hände.

Die BGW empfiehlt, Handschuhe gezielt und indikationsgerecht zu tragen, sodass neben Hygieneaspekten auch der Hautschutz der Beschäftigten als Teil des Arbeitsschutzes gleichermaßen berücksichtigt wird. Diese Empfehlungen finden sich unter anderem in unserem branchenspezifischen Hautschutz- und Händehygieneplan.

Die Hautgesundheit ist eine entscheidende Voraussetzung zur Umsetzung einer adäquaten Händehygiene. 1 Die TRGS 401 „Gefährdung durch Hautkontakt: Ermittlung – Beurteilung – Maßnahmen“ zeigt auf, welche Tätigkeiten als hautgefährdend zu betrachten sind und wann das Tragen von medizinischen Einmalhandschuhen im Hinblick auf den Hautschutz unter anderem erforderlich ist.

Hautgefährdung bei der Körperwaschung

Wasserkontakt führt zu Veränderungen im Bereich der Hautbarriere. 2  Experimentelle Studien 3 4  zeigen, dass die Beeinträchtigung der Hornschicht bei direktem Wasserkontakt von größerer Bedeutung als unter okklusiven Bedingungen in einem flüssigkeitsdichtem Schutzhandschuh ist. Mit Blick auf Präventionsmaßnahmen ist bei direktem Kontakt mit Wasser der Verwendung flüssigkeitsdichter Schutzhandschuhe der Vorrang zu geben. 2 5  

Die Beschäftigten im Gesundheitsdienst sind bei der Körperwaschung der zu Pflegenden stets dem Kontakt mit Wasser ausgesetzt. Hinzu kommt der Kontakt mit weiteren hautirritierenden Substanzen, wie Seifen, Waschlotionen und Shampoos. Wasser und auch waschaktive Substanzen, die neben dem Händewaschen auch zur Körperwaschung eingesetzt werden, reizen und trocknen die Haut aus. Hautfette und Feuchthaltefaktoren gehen verloren, sodass bei den Beschäftigten die Möglichkeit besteht, ein irritatives Handekzem zu entwickeln. Die Hautgesundheit gerät in Gefahr. 1

Vor diesem Hintergrund stellt die Körperwaschung von zu Pflegenden unter Arbeitsschutzaspekten (Hautschutz) eine eindeutige Indikation für das Tragen von medizinischen Einmalhandschuhen dar – auch wenn aus infektionspräventiver Sicht bei Kontakt zur intakten Haut im Rahmen der Basishygiene dieses nicht indiziert ist. 6

Zusätzlich zu der Gefahr eines irritativen Handekzems birgt der wiederholte Kontakt zu Körper- bzw. Haarkosmetika der zu Pflegenden das Risiko einer Allergieentstehung, da die Kosmetika oft Zusatzstoffe wie Duftstoffe und Konservierungsmittel beinhalten. 7 Dasselbe gilt neben der Körperwaschung auch für Einreibungen. Untersuchungen belegen, dass Pflegekräfte häufig gegenüber Duft- und Konservierungsstoffen sensibilisiert und damit besonders der Gefahr der Entstehung eines allergischen Kontaktekzemes ausgesetzt sind. 8 Ferner kann es durch das Aufbringen von Körper- und/oder Haarkosmetika (zum Beispiel Rasierschaum, Tagescreme, Haarfestiger) zu Verschmutzungen der Hände der Beschäftigten kommen, die anschließendes Händewaschen erfordern.

Hautgefährdung bei sichtbaren Verschmutzungen an den Händen

Das Händewaschen sollte auf das notwendige Minimum begrenzt werden, da Hautfette und Feuchthaltefaktoren im Gegensatz zu der alkoholbasierten Händedesinfektion beim Waschen weggespült werden. Händewaschen ist daher hautschädigender als die Händedesinfektion. Verschmutzungen an den Händen sind jedoch eine Indikation für Händewaschen. 9 Der Anwendung von Schutzhandschuhen sollte somit immer der Vorzug gegeben werden, wenn dadurch Verschmutzungen und das Händewaschen verringert werden. 5

Die Entwicklung eines irritativen Handekzems ist unbedingt zu vermeiden, um Leid von den Beschäftigten abzuwenden und gleichzeitig ihre Motivation zur im Gesundheitsdienst notwendigen Händedesinfektion zu fördern. Die Motivation der Mitarbeitenden, ihre Hände indikationsgerecht und korrekt zu desinfizieren, ist bei geschädigter Haut reduziert. Aufgrund brennender Schmerzen durch die Händedesinfektion auf irritierter Haut waschen Betroffene im Rahmen der Händehygiene oftmals vermehrt ihre Hände. 10

Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung ist somit zu prüfen, bei welchen Tätigkeiten die Gefährdung der Händeverschmutzung gegeben ist und medizinische Einmalhandschuhe verwendet werden sollten. 

Fazit

Hautschutzmaßnahmen dienen der Hautgesundheit der Beschäftigten und unterstützen damit das angeführte oberste Schutzziel der KRINKO: Patientenschutz vor Infektionen und Infektionskrankheiten. 11

Die Indikationen des Handschuhtragens kritisch zu prüfen ist zwingend notwendig, um die Ziele Patientenschutz, Schutz der Beschäftigten sowie Klima- und Umweltschutz vereinbaren zu können. Medizinische Einmalhandschuhe indikationsgerecht einzusetzen erfordert die Berücksichtigung von Hygiene- und Arbeitsschutzaspekten gleichermaßen.

Aus Sicht der BGW ist es für die Hautgesundheit der Beschäftigten unverzichtbar, flüssigkeitsdichte medizinische Einmalhandschuhe zu verwenden ...

  • bei der Körperwaschung und bei Einreibungen von zu Pflegenden
  • um Verschmutzungen der Hände, die ein Händewaschen erfordern, zu vermeiden.

Derartige Tätigkeiten stellen aus Sicht der BGW eindeutige Indikationen für das Tragen medizinischer Einmalhandschuhe dar.

  1. 1 Kramer, A., Seifert, J., Abele-Horn, M. et al., S2k-LL Händedesinfektion und Händehygiene. IN: Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene. Version Datum: 4.0 (Update: Vorgängerversionen 2003, 2008, 2016; 3.2. 2023).
  2. 2 Brüning, T., Fartasch, M., Gefährdung durch flüssigkeitsdichte Handschuhe? Welche Erkenntnisse liegen vor? Eine Übersicht, IPA-Journal 2017(2): 24-27.
  3. 3 Fartasch, M., Taeger, D., Broding, H. C., Schöneweis, S., Gellert, B., Pohrt, U., Brüning, T.: Evidence of increased skin irritation after wet work: impact of water exposure and occlusion. Contact Dermatitis 2012;67(4):217-28. doi: 10.1111/j.1600-0536.2012.02063.x. Epub 2012 May 16. PMID: 22591550.
  4. 4 Jungbauer, F. H., van der Harst, J. J., Groothoff, J. W., Coenraads, P. J.: Skin protection in nursing work: promoting the use of gloves and hand alcohol. Contact Dermatitis 2004; 51(3):135-40. doi: 10.1111/j.0105-1873.2004.00422.x. PMID: 15479202.
  5. 5 TRGS 401 – Technische Regel für Gefahrstoffe, Gefährdung durch Hautkontakt. Ermittlung –Beurteilung – Maßnahmen, TRGS 401 GMBl 2022, S. 895-926 [Nr. 40] (v. 18.11.2022) berichtigt GMBl 2023 S. 742 [Nr. 33-34] (v. 5.6.2023).
  6. 6 Brunke, M., Chaberny, I. F., Gastmeier, P., Kolbe-Busch, S., Wendt, C., Arvand, M.: Der indikationsgerechte Einsatz von medizinischen Einmalhandschuhen in der Krankenversorgung: Gibt es hier Handlungsbedarf? Epid Bull 2023(18): 3-6. DOI 10.25646/11389.
  7. 7 Schubert, S., Bauer, A., Molin, S., Skudlik, C., Geier, J.: Occupational contact sensitization in female geriatric nurses: Data of the Information Network of Departments of Dermatology (IVDK) 2005-2014. J Eur Acad Dermatol Venereol 2017;31(3):469-476. DOI: 10.1111/jdv.13915.
  8. 8 Geier, J., Schubert, S.: Frequency of skin sensitization to specific substances and in specific occupational groups. 1. Auflage. Dortmund: Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, 2021. DOI: 10.21934/baua:bericht20210122.
  9. 9 Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert Koch- Institut (RKI): Händehygiene in Einrichtungen des Gesundheitswesens. Bundesgesundheitsbl 2016(59):1189–1220. DOI 10.1007/s00103-016-2416-6.
  10. 10 Hübner, N. O., Schwebke, I., Mätzke, K., Pohrt, U.: Aspekte der Hautverträglichkeit, des Hautschutzes und der Hautpflege. Epid Bull 2015(18):149-1.
  11. 11 Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention: Kommentar der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) zum indikationsgerechten Einsatz medizinischer Einmalhandschuhe im Gesundheitswesen. Epid Bull 2024(10):3-15. DOI 10.25646/11984.