Technische Regeln für Gefahrstoffe: Gefährdung durch Hautkontakt – Ermittlung, Beurteilung, Maßnahmen
Artikelnummer: TRGS 401
Die Technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS) geben den Stand der Technik, Arbeitsmedizin und Arbeitshygiene sowie sonstige gesicherte arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse für Tätigkeiten mit Gefahrstoffen, einschließlich deren Einstufung und Kennzeichnung, wieder. Sie werden vom Ausschuss für Gefahrstoffe (AGS) ermittelt bzw. angepasst und vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales im Gemeinsamen Ministerialblatt bekannt gegeben.
Diese TRGS konkretisiert im Rahmen ihres Anwendungsbereichs Anforderungen der Gefahrstoffverordnung. Bei Einhaltung der Technischen Regeln kann der Arbeitgeber insoweit davon ausgehen, dass die entsprechenden Anforderungen der Verordnung erfüllt sind. Wählt der Arbeitgeber eine andere Lösung, muss er damit mindestens die gleiche Sicherheit und den gleichen Gesundheitsschutz für die Beschäftigten erreichen.
FAQ zur Auslegung der TRGS 401 „Gefährdung durch Hautkontakt“ (Stand 11/2022)
Definition Feuchtarbeit TRGS 401, Seite 9
3.3.6 Gefährdende Arbeitsbedingungen durch Feuchtarbeit
(1) Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung hat der Arbeitgeber zu ermitteln, ob eine Gefährdung durch Feuchtarbeit vorliegt. Dabei hat er zu ermitteln (siehe Abbildung 1), ob die Beschäftigten tätigkeitsbedingt:
- Hautkontakt mit Wasser oder wässrigen Flüssigkeiten von regelmäßig mehr als zwei Stunden pro Arbeitstag haben oder
- Hautkontakt mit Wasser oder wässrigen Flüssigkeiten haben und im häufigen Wechsel flüssigkeitsdichte Schutzhandschuhe tragen (> 10 Mal pro Arbeitstag) oder
- Ihre Hände mindestens 15 Mal pro Arbeitstag waschen oder
- flüssigkeitsdichte Schutzhandschuhe tragen und im häufigen Wechsel Ihre Hände waschen (> 5 Mal pro Arbeitstag).
(2) Auch die Kombination aus Tragen von flüssigkeitsdichten Schutzhandschuhen mit Händewaschen und Hautkontakt mit Wasser oder wässerigen Flüssigkeiten kann zu einer Gefährdung durch Feuchtarbeit führen. Beispiele für solche Tätigkeiten sind in Anhang 1 aufgeführt.
(3) Das ausschließliche Tragen von flüssigkeitsdichten Schutzhandschuhen ist keine Feuchtarbeit.
(4) Wässrige Flüssigkeiten sind z. B. wassergemischte Kühlschmierstoffe, wässrige Desinfektionsmittel oder wässrige Reinigungsmittel.
(5) Werden Tätigkeiten mit flüssigkeitsdichten Handschuhen ausgeführt, die aus Produktschutzgründen oder zum Schutz vor biologischen Gefährdungen getragen werden müssen, gelten die gleichen Regeln wie unter Absatz 1 beschrieben.
(6) Bei der Anwendung von reibekörper- oder lösemittelhaltigen Hautreinigungsmitteln kann es bereits bei einer geringeren Waschfrequenz tätigkeitsbedingt zu Schädigungen der Hautbarriere und damit zu Feuchtarbeit kommen.
(7) Bei einer zwingenden Kombination von Händewaschen und Händedesinfektion im Wechsel mit dem Tragen von flüssigkeitsdichten Schutzhandschuhen kann es bereits bei einer geringeren Waschfrequenz zu Feuchtarbeit kommen.
Erläuterung der BGW
Als Beispiele für wässrige Flüssigkeiten werden in Punkt (4) wassergemischte Kühlschmierstoffe, wässrige Desinfektionsmittel und Reinigungsmittel aufgeführt. Zu den wässrigen Desinfektionsmitteln gehören auch Händedesinfektionsmittel (sogenannte wässrige (alkoholische) Lösungen – auch als Gel).
Viele Tätigkeiten im Gesundheitsdienst erfüllen die oben unter Aufzählungspunkt 2. genannten gefährdenden Arbeitsbedingungen durch Feuchtarbeit, weil in der Regel die Kombination aus Tragen von flüssigkeitsdichten Schutzhandschuhen und Hautkontakt mit wässerigen Flüssigkeiten in Form von Händedesinfektionsmittel (> 10 Mal pro Arbeitstag) aus hygienischen Gründen erfolgen muss (Quelle: Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) beim Robert Koch-Institut).
Auch in vielen anderen Branchen der BGW finden sich Tätigkeiten mit gefährdenden Arbeitsbedingungen durch Feuchtarbeit, z. B.:
- Hauswirtschaft/Küche/Reinigung:
Tragen von flüssigkeitsdichten Schutzhandschuhen (Kontakt mit hautreizenden Lebensmitteln, Spül- und Reinigungstätigkeiten) im Wechsel zu Hautkontakt mit Wasser, Händewaschen und Händedesinfektion - Kinderbetreuung, Heilerziehungspflege:
Handschuhtragen beim Wickeln, Unterstützung bei der Körperpflege, Händedesinfektion, Handwaschtraining mit den Kindern, Waschen verschmutzter Hände - Friseurhandwerk, Kosmetik und Podologie:
Hautkontakt mit Wasser im häufigen Wechsel mit Tragen von flüssigkeitsdichten Schutzhandschuhen, Händewaschen bzw. Händedesinfektion
Generell gilt, dass Arbeitgebende im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung ermitteln müssen, ob Feuchtarbeit vorliegt und wenn ja, im welchen Umfang.
TRGS 401, Punkt 5.6 Weitere Schutzmaßnahmen bei Feuchtarbeit, Seite 26
(2) Nach der Benutzung von flüssigkeitsdichten Schutzhandschuhen kann die Haut empfindlicher gegenüber äußeren Faktoren (Penetration von Stoffen und mechanische Belastung) werden. Nach dem Ausziehen der Schutzhandschuhe sollten möglichst die Hände nur mit einem Einmalhandtuch abgetrocknet und nicht unmittelbar gewaschen, desinfiziert oder mit hautgefährdenden oder hautresorptiven Gefahrstoffen belastet werden.
Erläuterung der BGW
Bei Tätigkeiten in hygienesensiblen Bereichen sind die Empfehlungen zur „Händehygiene in Einrichtungen des Gesundheitswesens" der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) zu beachten:
- Seite 1201:
Nach dem Ausziehen der Handschuhe ist in jedem Fall eine Händedesinfektion durchzuführen, da Handschuhe auf Grund unerkannter Perforationen und dem Risiko der Kontamination beim fehlerhaften Ausziehen der Handschuhe keinen lückenlosen Schutz vor der Kontamination der Hände gewähren.
- Seite 1190:
Die nachfolgenden Empfehlungen gelten für alle in stationären und ambulanten Gesundheitseinrichtungen sowie in der ambulanten Betreuung pflegebedürftiger Menschen und der pflegerischen Betreuung von Heimbewohnern tätigen Personen, sofern sie in direkten ärztlichen oder pflegerischen Kontakt mit Patienten oder Bewohnern einschließlich der patientennahen Umgebung treten, nach Tätigkeiten mit erhöhtem Kontaminationsrisiko (z. B. Abfallentsorgung, Wechsel der Bettwäsche) oder vor reinen Tätigkeiten (z. B. Bereitstellung von Arzneimitteln, Wäsche u. ä.).
Die Gefährdungsbeurteilung legt fest, ob es sich um hygienesensible oder nicht hygienesensible Tätigkeiten handelt. Hygienesensible Tätigkeiten finden sich in einer Vielzahl der bei der BGW-versicherten Unternehmen, z. B.: Krankenhäuser, ambulante und stationäre Pflege, therapeutische und medizinische Praxen, Podologie, Tagesförderstätten, Kinderbetreuung etc.
Bei Tätigkeiten, bei denen hygienerelevante Aspekte nicht im Vordergrund stehen, ist keine Händewaschung nach dem Ablegen von Schutzhandschuhen erforderlich, sofern die Hände beim Ausziehen keinen Kontakt mit der Außenfläche der Handschuhe hatten. Kommt es zum Hautkontakt mit der Außenseite und damit zu einer Verunreinigung durch z. B. Chemikalien, Schmutz etc. müssen die Hände unmittelbar gewaschen werden.
TRGS 401 TRGS 401, Punkt 5.5.5 Hautmittel, Seite 25
(6) Die Benutzung von Hautschutzmitteln unter Schutzhandschuhen ist im Allgemeinen nicht erforderlich. Sollte es in Einzelfällen jedoch notwendig sein, Arbeiten mit und ohne Schutzhandschuhe zu verrichten, so kann ein geeignetes Hautschutzmittel unter Schutzhandschuhen benutzt werden. In diesem Fall muss das Hautschutzmittel vollständig in die Haut eingezogen sein, bevor die Schutzhandschuhe angezogen werden. Hautschutzmittel, insbesondere fettende, können die Schutzwirkung von Chemikalienschutzhandschuhen beeinträchtigen. Hautschutzmittel mit hohem Emulgatoranteil, z. B. solche, die zur Erleichterung der Hautreinigung ausgelobt sind, dürfen unter Schutzhandschuhen nicht benutzt werden.
Erläuterung der BGW
Die Gefährdungsbeurteilung legt fest, bei welchen Tätigkeiten zum Schutz vor hautirritierenden Stoffen Schutzhandschuhe zum Einsatz kommen.
Die Anwendung von Hautschutzmitteln gegen bestimmte wasserlösliche hautirritierende Substanzen ist sinnvoll bei Tätigkeiten mit wiederholtem Hautkontakt zu Wasser oder wässrigen Flüssigkeiten, wie z. B. Kontakt zu wässrigen Desinfektionsmitteln (z. B. alle Händedesinfektionsmittel) oder wiederholter Kontakt zu wässrigen Reinigungsmitteln (z. B. Kontakt zu Tensiden im Rahmen von nicht vermeidbarem Händewaschen).
Bei beruflichen Tätigkeiten, bei denen häufig ein Wechsel zwischen Arbeiten mit und ohne Handschuhen stattfindet und es zusätzlich durch die Arbeitsvorgänge zu wiederholten Kontakten zu wässrigen irritierenden Flüssigkeiten kommt, kann ein geeignetes Hautschutzmittel unter Schutzhandschuhen angezeigt sein. Derartige Arbeitsvorgänge kommen häufig z. B. im Gesundheitsdienst, in der Kinderbetreuung oder im Friseurhandwerk vor.
Es ist darauf zu achten, dass das Hautschutzmittel auf die trockene und saubere Haut aufgetragen wird und vor dem Anziehen von Schutzhandschuhen vollständig eingezogen ist. Hautschutzmittel sollten daher nicht unmittelbar vor dem Anziehen von Schutzhandschuhen aufgetragen werden. Es empfiehlt sich das Auftragen vor Arbeitsbeginn und zwischendurch während der Arbeitszeit. Dabei sollten die Anwendungszeitpunkte während der Arbeitszeit im Hinblick auf die jeweiligen Arbeitsabläufe sinnvoll gewählt werden. Hautschutzpräparate können z. B. nach Händewaschen angewendet werden, wenn dieses durch die Arbeitsumstände notwendig oder aufgrund der Vorgaben des Hautschutz- und Hygienekonzepts angezeigt ist.
TRGS 401, Punkt 5.5.5, Hautmittel, Seite 24:
(2) Der Einsatz von Hautschutzmitteln sollte unter Beratung durch eine fachkundige Person für den Arbeits- und Gesundheitsschutz, z. B. der Betriebsärztin oder dem Betriebsarzt, erfolgen.
TRGS 401, Punkt 5.5.5, Hautmittel, Seite 25:
(4) Wenn entsprechend der Gefährdungsbeurteilung Hautschutzmittel als persönliche Schutzmaßnahme am Arbeitsplatz eingesetzt werden dürfen, müssen sie folgende weitere Anforderungen erfüllen:
- eindeutige und leicht erkennbare Kennzeichnung als Hautschutzmittel,
- konkrete Angaben zum Anwendungsgebiet der Produkte sowie
- eine nachgewiesene Wirksamkeit mit Darlegung des Nachweisverfahrens für die ausgelobte Schutzwirkung. Die Wirksamkeitsprüfung muss durch den Hersteller nach geltenden wissenschaftlichen und medizinischen Empfehlungen durchgeführt werden (siehe AWMF-Leitlinie „Berufliche Hautmittel“ der Arbeitsgemeinschaft für Berufs- und Umweltdermatologie (ABD)). Hautschutzmittel, deren Wirksamkeit am Menschen (in vivo) nachgewiesen wurde (z. B. repetitives Irritationsmodell = mehrfache wiederholte Einwirkung über mehrere Tage), sind bei der Auswahl zu bevorzugen, weil bisherige in vitro Testungen zum Wirksamkeitsnachweis die eigentliche berufliche Expositionssituation nicht zur Genüge simulieren. Hautschutzmittel, die nach dem DGUV Grundsatz GS-PS-14 „Grundsätze für die Prüfung und Zertifizierung der Wirksamkeit von Hautschutzmitteln“ zertifiziert sind, erfüllen diese Vorgaben. Sie sind erkennbar an dem DGUV Test-Zeichen mit dem Zeichenzusatz „Wirksamkeit geprüft".
(5) Bei der Auswahl von Hautschutzmitteln sind auch mögliche Gefährdungen, die vom Hautschutzmittel selbst ausgehen können, zu berücksichtigen, z. B. individuelle allergische Reaktionen auf die Inhaltsstoffe von Hautschutzmitteln.
Erläuterung der BGW
Ergänzung zum Punkt (5): Bei der Verwendung von Hautschutzmitteln ist zu beachten, dass Inhaltsstoffe gegebenenfalls allergische Reaktionen auslösen und damit eine individuelle Gefährdung für Anwendende sein können. Auch bereits bestehende Sensibilisierungen sind zu berücksichtigen. Hinweise zu allergenen Stoffgruppen, die zum Teil auch in Hautschutzpräparaten vorhanden sein können, sind in der TRGS 401 im Anhang Seite 36 Punkt 3 und Seite 37 Punkt 4 (Fassung 18.11.2022) aufgeführt.
Eine weitere Orientierungshilfe für die Auswahl von Hautschutzpräparaten bietet das DGUV Zertifikat. Hier findet sich eine Bewertung des sensibilisierenden Potenzials verschiedener Produkte durch den Informationsverbund dermatologischer Kliniken (IVDK).
TRGS 401, Punkt 5.5.3, Benutzung von Chemikalienschutzhandschuhen und anderen flüssigkeitsdichten Schutzhandschuhen, Seite 21:
(1) Bei der Benutzung von Chemikalienschutzhandschuhen und anderen flüssigkeitsdichten Schutzhandschuhen ist Folgendes zu beachten:
3. Die maximale Tragedauer des Chemikalienschutzhandschuhs darf nicht überschritten werden. Sie beginnt ab dem Zeitpunkt seiner Benutzung, an dem die Chemikalien auf den Chemikalienschutzhandschuh einzuwirken beginnen.
4. Chemikalienschutzhandschuhe sind regelmäßig, spätestens jedoch arbeitstäglich zu wechseln. Hierbei ist die maximale Tragedauer zu berücksichtigen.
Erläuterung der BGW
Im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung ist ein für die jeweilige Tätigkeit geeigneter Chemikalienschutzhandschuh unter Beachtung der Norm DIN EN ISO 374-1 auszuwählen. In dieser Norm sind die Anforderungen an Schutzhandschuhe gegen gefährliche Chemikalien festgelegt. Bei der Untersuchung der Chemikalienschutzhandschuhe im Normungsprozess wird unter anderem die Permeation untersucht. Anhand der gemessenen Durchbruchszeit wird für jeden untersuchten Handschuh eine Leistungsstufe gegen Permeation (1–6) angegeben. Wenn für einen Schutzhandschuh die höchste Leistungsstufe 6 gegenüber der angegeben Prüfchemikalie ermittelt wurde, bedeutet dies eine Durchbruchszeit von > 480 min. Das heißt, dass Hersteller maximal eine Sicherheit gegen Durchbruch von 480 min = 8 Stunden zusichern können.
In der DGUV Information 212-007, Chemikalienschutzhandschuhe, Juni 2009, findet sich dazu in Abschnitt 3.2., Seite 13:
Grundsätzlich kann ein Schutzhandschuh über den vom Hersteller angegebenen maximalen Zeitraum hinaus bei Kontakt mit einer Chemikalie/Zubereitung nicht weiter verwendet werden, was bedeutet, dass selbst bei der höchsten Klasse 6 (entspricht > 480 min) eine Wiederverwendung nach acht Stunden nicht empfohlen werden kann.
Chemikalienschutzhandschuhe dürfen somit nicht länger als 8 Stunden (einen Arbeitstag) getragen werden.
Wollen Arbeitgebende einen Handschuh länger als 8 Stunden tragen oder am nächsten Tag wiederverwenden lassen, müssen sie im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung anhand der Eigenschaften der verwendeten Chemikalien (Gefährdungspotenzial, Durchdringungszeit durch das Handschuhmaterial, etc.) eigenverantwortlich entscheiden, ob dies möglich ist. Diese Entscheidung muss sorgfältig begründet sein, da sie von der TRGS 401 abweicht (Vermutungswirkung). Betriebsärzte oder Fachkräfte für Arbeitssicherheit können hier unterstützen.
Beim Umgang mit einfachen Reinigungschemikalien, bei denen die Handschuhe zum Schutz vor Feuchtarbeit getragen werden, wie z. B. beim Vorspülen des Geschirrs in Spülküchen, könnte auf diese Weise entschieden werden, dass der Handschuh nach einem Tag gereinigt und nach Trocknung von derselben Person wiederverwendet werden kann.
Weitere Informationen zur oben genannten Norm