Handschuhtragen – wichtig, aber richtig! #118 BGW-Podcast "Herzschlag - Für ein gesundes Berufsleben"
In Kliniken und Pflegeinrichtungen werden Einmalhandschuhe regelmäßig genutzt - oft auch dann, wenn es gar nicht nötig ist. Doch in welchen Situationen sollte man Handschuhe wirklich tragen? Wie lässt sich die Haut dabei optimal schützen? Und welche Rolle spielt die Nachhaltigkeit?
Moderator Ralf Podszus spricht darüber mit zwei Expertinnen – aus der Sicht des Arbeitsschutzes und der Hygiene. Im Mittelpunkt stehen dabei die Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) sowie die Einschätzung der BGW. Dabei wird schnell klar: Es gibt unterschiedliche Sichtweisen. Was das für den praktischen Einsatz von Handschuhen im Gesundheitswesen bedeutet, erfahrt ihr in dieser Folge.
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Hier kommen Sie zum Transkript dieser Folge
Moderator:
Neulich war ich zur Blutabnahme bei meiner Ärztin. Die medizinische Fachkraft dort hat sich einmal Handschuhe übergezogen, bevor sie mir die Armbeuge desinfiziert und mir dann die Nadel in die Vene punktiert hat. Ja, eine ganz normale Szene bei meiner Hausärztin. Genau das habe ich ein paar Tage später im Pflegeheim ganz anders gesehen. Die Pflegekraft dort hat die Arme und Hände der zu betreuenden Person eingecremt, allerdings ohne Handschuhe. Warum ist das so? Es gibt da bestimmt klare Regeln, ob und wann man Handschuhe tragen sollte. Das will ich in dieser Folge herausfinden. Ich bin Ralf Podszus und kann schon mal vorwegnehmen: So trivial wie es scheint, ist es nicht.
Jingle:
Herzschlag! Für ein gesundes Berufsleben, der BGW-Podcast.
Moderator:
Ich spreche heute über das Tragen von Handschuhen. Ja, das klingt erstmal langweilig, aber man kann dennoch viel falsch machen. Ich rede auch darüber, weil es einen Kommentar der KRINKO zu diesem Thema gibt. Es ist wohl bisher nicht allen klar, in welchen Situationen man Handschuhe tragen sollte und wann nicht. Wer oder was ist die KRINKO? Ja, und wo genau gibt es noch Klärungsbedarf?
Stimme aus dem Off:
Die Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention, kurz KRINKO, am Robert-Koch-Institut legt Kriterien für Hygiene und Infektionsschutz im Gesundheitswesen fest und gibt Empfehlungen zur praktischen Umsetzung. Diese Empfehlungen haben Gesetzescharakter. Die Empfehlungen der KRINKO basieren auf wissenschaftlichen Erkenntnissen und gelten als anerkannter Standard. Sie werden von Gerichten und Behörden als Maßstab für die Einhaltung des Infektionsschutzes herangezogen. Seit der Pandemie beobachten die Fachleute der KRINKO einen verstärkten Einsatz von Einmalhandschuhen, häufig ohne Notwendigkeit und auf Kosten der Händedesinfektion. Das hat gleich zwei Nachteile: Zum einen leidet die Händehygiene, zum anderen steigt der Verbrauch an Handschuhen, was unnötigen Abfall verursacht.
Moderator:
Im Gesundheitswesen werden viel zu oft Handschuhe getragen, obwohl es gar nicht notwendig ist. Darüber will ich mehr wissen und habe mir deshalb zwei Expertinnen eingeladen: Dr. Valeska Buder, Fachärztin für Dermatologie und Venerologie sowie Weiterbildungsassistentin in der Arbeitsmedizin bei der BGW in Hamburg, und Janine Bierwirth, Fachärztin für Hygiene und Umweltmedizin sowie Innere Medizin und Leiterin der Stabsstelle Krankenhaushygiene den BG Kliniken. Hallo, ihr beiden.
Valeska Buder:
Hallo.
Janine Bierwirth:
Hallo.
Moderator:
Ihr kommt aus unterschiedlichen Fachbereichen, dem Hygienemanagement und der Arbeitsmedizin. Warum braucht es für unser Thema heute genau diese beiden Perspektiven?
Janine Bierwirth:
Ja, die Hände der Mitarbeitenden im Gesundheitssystem stehen sinnbildlich für zwei große Aufgaben. Einmal die Infektionsprävention, also es soll verhindert werden, dass Krankheitserreger auf die Patienten übertragen werden, was meistens durch die Hände passiert. Und natürlich auch für den Gesundheitsschutz der Mitarbeitenden, denn sie sollen nach Möglichkeit Mitarbeitende bleiben und nicht zu Patienten werden, sprich, sie sollen sich durch die Erreger, mit denen sie in Kontakt kommen, nicht anstecken oder krank werden.
Valeska Buder:
Ja, Janine, wir sehen das ganz genauso. Du hast da natürlich einen wichtigen Punkt genannt. Ich komme ja aus der Arbeitsmedizin, und die beschäftigt sich mit dem Arbeitsschutz. Der Arbeitsschutz hat die Gesundheit der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Fokus. Und deswegen ist es natürlich die Aufgabe des Arbeitsschutzes, den Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin im Gesundheitsdienst sowohl vor Infektionen als auch vor einer erhöhten Hautbelastung zu schützen. Und wir sind ja heute glücklicherweise hier, um diese beiden Seiten in Einklang zu bringen. Und darauf freue ich mich auch schon.
Moderator:
Ja, wir reichen uns quasi die Hände. Handschuhe trägt man, um sich vor Körperflüssigkeiten und Krankheitserregern zu schützen. Das sollte wahrscheinlich allen klar sein. Oder gibt es auch noch andere Gründe, warum man Handschuhe tragen sollte?
Valeska Buder:
Also, ich bin ja schon lange als Hautärztin in der Berufsdermatologie tätig und habe dabei natürlich schon viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gesehen und beraten, die Probleme mit den Händen hatten. Da war eher das Problem, dass bei gewissen Tätigkeiten zu wenig Handschuhe getragen wurden und damit die Haut schutzlos Gefährdungen ausgesetzt war. Dazu gehört tatsächlich auch der wiederholte Kontakt mit Wasser, allein bei zusätzlichem Kontakt zu Seifen oder Reinigungsmitteln. Wir nennen das auch waschaktive Substanzen, Tenside, sowie andere Inhaltsstoffe, die Allergien auslösen oder reizen können. Da steigt die Hautbelastung stark an. Die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Gesundheitsdienst müssen sich daher bei gewissen Tätigkeiten vor solchen Gefährdungen wirklich schützen, und der beste Schutz dabei sind einfach die Handschuhe.
Moderator:
Dass häufiges Desinfizieren nicht gut für unsere Haut ist, hört man immer wieder. Was ist da dran, Janine?
Janine Bierwirth:
Ja, der Wechsel von Händewaschen und Desinfizieren ist tatsächlich nicht gut für die Hände. Aus krankenhaushygienischer Sicht ist das auch gar nicht notwendig. Die Desinfektion der sauberen Hände reduziert die Keimzahl auf der Haut, und damit gibt es dann auch keine Erreger auf der Haut, die ich übertragen kann, also die eine Infektion auslösen. Die Krankenhaushygiene kennt nur wenige Gründe für das Händewaschen.
Valeska Buder:
Denn wir wissen ja: Händedesinfektion ist viel verträglicher für die Haut als Händewaschen und zudem auch noch viel effektiver in der Keimreduktion. Zur Händedesinfektion im Gesundheitswesen gibt es aufgrund der Wirksamkeit und der guten Verträglichkeit im Grunde genommen keine Alternative. Aber auch wir kennen das aus der Praxis. Da kommen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und sagen: „Ah, wir haben das Gefühl, dass häufiges Desinfizieren nicht gut für unsere Haut ist.“ Es wird auch häufig ein Brennen beschrieben. Aber man muss sagen: Auf gesunder Haut brennt ein Desinfektionsmittel nicht. Brennen ist ein Indikator dafür, dass bereits eine Schädigung der Hautbarriere entstanden ist, und so entsteht dann leicht ein Teufelskreis. Es wird weniger Händedesinfektion gemacht, es wird noch häufiger gewaschen, die Hautbarriere leidet, und die Desinfektion, die daraufhin angewendet wird, brennt dann sogar noch mehr. Da ist es uns wichtig, an dieser Stelle einmal zu sagen: Spätestens dann sollten umgehend Maßnahmen ergriffen werden, damit die Haut nicht noch stärker leidet und wieder stabilisiert werden kann. Wir nennen das auch sekundärpräventive Maßnahmen, und die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sollten sich spätestens dann vertrauensvoll an den Betriebsarzt oder die Betriebsärztin wenden. Man sieht an diesem Beispiel vielleicht auch, was alles ineinander spielt. Wir brauchen für eine adäquate Händehygiene einfach eine gesunde Haut, und die gesunde Haut erhalte ich durch das sogenannte indikationsgerechte Tragen von Handschuhen, was nichts anderes meint als: Handschuhe tragen so oft wie nötig und so selten wie möglich.
Moderator:
Ich habe hier im BGW-Podcast auch gelernt, dass Desinfizieren besser ist als Waschen. Aber nun gibt es ja oft auch Bereiche und Jobs, wo man seine Hände so richtig dreckig macht. Irgendwie fühlt es sich so an, als würde ein Desinfektionsmittel darüber nicht richtig sauber machen. Es wird doch eigentlich erst mit Wasser und Seife richtig sauber, oder?
Janine Bierwirth:
Ja, also wir in der Krankenhaushygiene sagen: Wenn ich davon ausgehe, dass es eine Tätigkeit ist, bei der meine Hände richtig schmutzig werden, dann soll ich sogenannte Schmutzhandschuhe tragen, also keimarme Schutzhandschuhe, damit der gröbste Dreck auf den Handschuhen bleibt. Manchmal ist es aber gar nicht so planbar, und dann habe ich plötzlich dreckige, also verschmutzte Hände. Das ist der Moment, in dem ich sie tatsächlich waschen muss. Ich kann nur optisch saubere Hände desinfizieren.
Moderator:
Ein sehr guter Tipp. Wir müssen eigentlich nicht darüber sprechen, dass Hautschutz ein wichtiges Thema ist. Jede zweite Berufskrankheit in Gesundheits- und Wohlfahrtsberufen ist allerdings eine Hauterkrankung. Braucht es also doch noch mehr Aufklärung?
Valeska Buder:
Ja, das ist ein wichtiges Thema, und es braucht auf jeden Fall noch mehr Aufklärung. Im arbeitsmedizinischen Kontext begegne ich auch im Gesundheitsdienst immer wieder Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die bereits ein Handekzem haben. Diese haben teilweise wirklich schon einen langen Leidensweg hinter sich und haben noch nie von den vielen sehr effektiven Maßnahmen gehört, die es bereits seit vielen Jahren gibt. Dazu zählt natürlich auch die richtige Ausstattung. Der Arbeitgeber muss seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Gesundheitsdienst eine persönliche Schutzausrüstung zur Verfügung stellen, und dazu gehören eben auch die Schutzhandschuhe. Diese sollten dann auch tätigkeitsbezogen angewendet werden. Ein Austausch ist heute natürlich auch wichtig, damit hier Hygiene und Arbeitsschutz zusammenkommen und die Frage des Einsatzes der Handschuhe besprochen wird. Also noch mal an dieser Stelle, man kann es ja gar nicht oft genug sagen: Handschuhe so oft wie nötig und so wenig wie möglich. Von Seiten der Hygiene gilt dieses Prinzip doch sicherlich auch, oder Janine?
Janine Bierwirth:
Ja, absolut. Die Händedesinfektion, wir sprechen da von den fünf Momenten der Händedesinfektion. Die WHO, die Weltgesundheitsorganisation, hat diese sehr prägnant und kurz zusammengefasst. Sie beschreiben ganz klar, wann Händedesinfektion ausreicht und wann sie notwendig ist, um Infektionsübertragungen zu verhindern. Das wären zum Beispiel vor Patientenkontakt, so wie du das gesehen hast, vor aseptischen Tätigkeiten, nach Kontakt mit potenziell infektiösen Materialien wie Stuhl, Urin, Blut – was es so im Krankenhaus gibt – nach Patientenkontakt und auch nach Kontakt mit der unmittelbaren Patientenumgebung. Denn auch dort gibt es ja eine erhöhte Anzahl von Erregern, die zum Patienten gehören, also vielleicht auch krankmachende Erreger.
Valeska Buder:
Tja Janine, das hast du ja als Expertin sehr schön veranschaulicht. Aber wie ist das eigentlich nach dem Ausziehen der Handschuhe? Was sollte der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin da machen?
Janine Bierwirth:
Also, danke Valeska, für die Frage. Das wäre die Indikation 3: nach Kontakt mit potenziell infektiösen Materialien. Wir haben ja die Handschuhe getragen, um uns vor Schmutz zu schützen, sozusagen. Und wenn die Hände dann optisch sauber sind, müssen sie an dieser Stelle desinfiziert werden, weil Handschuhe eben doch kein vollumfänglicher Schutz vor Erregern sind.
Moderator:
Wir haben auch schon zwei BGW-Podcastfolgen zum Thema Hautschutz gemacht. Hört gerne mal rein: „Hautschutz – Was tun, wenn die Hände krank werden?“ oder „Unsere Hautverantwortung für ein gesundes und besseres Arbeiten“. Ja, wir haben am Anfang der Folge gehört, dass es einen Kommentar der KRINKO zum Handschuhtragen gibt. Valeska, als Vertreterin des Arbeitsschutzes, gehst du da zu 100 Prozent mit?
Valeska Buder:
Ich gehe da nicht zu 100 Prozent mit, oder sagen wir es mal anders: Wie schon gesagt, Handschuhe so oft wie nötig und so selten wie möglich. Im Kommentar der KRINKO wird ja auch zurecht festgelegt, wann Handschuhe getragen werden müssen und wann man gegebenenfalls darauf verzichten kann. Insofern unterstützen wir das Anliegen der KRINKO, aber ich möchte hier gerne ein Beispiel nennen, das uns sehr am Herzen liegt und vielleicht deutlich macht, dass es verschiedene Sichtweisen gibt. Also, die KRINKO sagt zum Beispiel in ihrem Kommentar, dass beim Waschen des zu Pflegenden, mit Ausnahme des Intimbereichs, keine Handschuhe nötig sind, genauso wie beim Eincremen des zu Pflegenden. Also kann die Pflegekraft dort aus Sicht der KRINKO auf das Anziehen von Handschuhen verzichten, vermutlich weil die KRINKO davon ausgeht, dass es sich hierbei um intakte Haut handelt, die keine Infektionsgefahr darstellt. Das ist aus hygienischer Sicht auch nachvollziehbar. Aber wir müssen als Arbeitsmediziner auch den Gesundheitsschutz des Mitarbeiters berücksichtigen. Wenn man sich vorstellt, dass eine Mitarbeiterin oder ein Mitarbeiter in der Pflege arbeitet und in der Frühschicht zehn oder mehr zu Pflegende versorgt und bei der Grundpflege ohne Handschuhe assistiert, sie wäscht und anschließend noch mit dem jeweiligen Lieblingsprodukt des Bewohners eincremt, dann ist das natürlich eine massive Hautbelastung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Mit Wasser und irritativen Substanzen, aber auch mit potenziellen Allergenen. Aus unserer Sicht muss das weiterhin mit Handschuhen erfolgen, zum Schutz des Mitarbeiters oder der Mitarbeiterin.
Moderator:
Also auf eine einfache Formel gebracht: Umgang mit einer Patientin, mit einem Patient, Handschuhe an.
Valeska Buder:
Nee.
Moderator:
Ach, verdammt. Jetzt wäre das doch so einfach gewesen, so habe ich das interpretiert.
Valeska Buder:
Also, mal angenommen, Ralf, du wärst Mitarbeiter im Gesundheitsdienst und würdest die Grundpflege bei einer zu pflegenden Person durchführen, sie waschen und hinterher eincremen. Dann benutze dazu bitte Handschuhe, um deine Hautbelastung zu minimieren.
Moderator:
Aber ansonsten gibt es eben auch Situationen, wo man es nicht machen muss.
Valeska Buder:
Es gibt auch, und das legt die KRINKO ja in ihrem Kommentar fest, viele Situationen, in denen keine Handschuhe notwendig sind. Und da sind wir auch soweit einverstanden. Aber in diesem Punkt, was die Pflege, die Waschung des zu Pflegenden und hinterher das Eincremen angeht, sind aus unserer Sicht weiterhin Handschuhe notwendig, um die Hautbelastung des Mitarbeiters zu minimieren.
Moderator:
Ich persönlich sehe in jedem Menschen einen riesengroßen, wandelnden Keim. Insofern würde ich einfach immer Handschuhe tragen, aber das ist ein anderes Thema.
Janine Bierwirth:
Ja, ich möchte dir nur noch mal mit auf den Weg geben: Du musst dir dann aber auch die Hände desinfizieren, wenn du die Handschuhe ausziehst, denn die Handschuhe sind kein Schutz vor Erregern. Der effektive Schutz vor Erregern ist die Händedesinfektion. Du schützt dich nur vor den irritativen Substanzen, wie Valeska das ausgeführt hat, aber nicht vor den Erregern.
Valeska Buder:
Das stimmt. Also, noch mal zusammengefasst: Aus Sicht des Arbeitsschutzes sollten auch weiterhin Handschuhe getragen werden, um den Mitarbeiter vor Kontakt mit Wasser, bei Einreibungen und bei Kontakt mit Flächendesinfektionsmitteln und Reinigungsmitteln zu schützen.
Moderator:
Es gibt also verschiedene Aspekte zu diesem Thema. Das ist doch auch okay. Einige Beschäftigte wissen allerdings nicht genau, was denn nun richtig ist und was nicht. Wie lösen wir dieses Problem?
Janine Bierwirth:
Ich denke, wir legen ganz oft den Hauptfokus auf die Infektionsprävention, also auf die Verhinderung einer Erregerübertragung, und schulen das auch sehr intensiv. In der Krankenhaushygiene ist das eine Pflichtschulung. Das passiert viele, viele Male im Leben eines Mitarbeitenden. In einer guten Händehygieneschulung sollte der Hautschutz ebenfalls Schulungsgegenstand sein. Das wiederum setzt aber voraus, dass ich mich als Krankenhaushygieniker, der diese Händehygieneschulung macht, oder sein Team an der Stelle genauso gut mit arbeitsmedizinischen Argumenten auskenne. Das ist sicherlich bei uns in den BG Kliniken gegeben, aber das ist leider nicht immer selbstverständlich. Deshalb möchten wir an dieser Stelle unbedingt für einen Schulterschluss von Arbeitsmedizin und Krankenhaushygiene werben. Nicht nur angesichts des Fachkräftemangels ist es unser primäres Interesse, aus Kollegen keine Patienten zu machen. Mit gesunden Händen kann man dann auch alle notwendigen Händedesinfektionen durchführen. Das ist also eine Win-Win-Situation.
Valeska Buder:
Und dann beginnen wir hier mit dem Schulterschluss, Janine. Ich kann dir wirklich nur in allen Punkten zustimmen.
Moderator:
Das ist sehr schön. Einigen wir uns da drauf: Handschuhe sind immer doof, ansonsten hat das auch alles so seine Berechtigung. Was ist denn jetzt aber, wenn ich zum Beispiel als Pflegekraft alles richtig mache, richtig beherzige, auch an meinen Schutz, an meinen Hautschutz denke, aber dann sehe, dass eine Kollegin oder ein Kollege das einfach nicht richtig macht? Es gibt ja so Barrieren. Sage ich das jetzt, spreche ich den oder die darauf an? Ich gebe euch ein ganz einfaches Beispiel: Ich gehe auf den Biosupermarkt einkaufen, da gibt es so eine Brötchentheke. Und wenn eine spezielle Mitarbeiterin da ist, nimmt sie nie die Zange, um die Brötchen zu nehmen, sondern fasst sie immer mit ihren Händen an. Zwei, drei Mal und zack in die Tüte, während die anderen immer die Zange nehmen und die Brötchen nicht mit ihrer Haut berühren. Und jedes Mal denke ich mir: Nein, sie wieder, und sie krabbelt das wieder mit ihren ganzen Händen an, aber ich sage jedes Mal nichts. Ich könnte ja einmal sagen: „Oh, Entschuldigung, ich finde es nicht ganz so toll, dass Sie die Zange nicht benutzen. Würde ich cool finden, machen die anderen auch so. Hygiene und so.“ Und jetzt muss ich mir das im Krankenhaus oder im Pflegeheim vorstellen, und da sieht man eben, die anderen machen das gerade nicht richtig. Aber es gibt irgendwie eine Hemmschwelle, das zu sagen. Was kann man da jetzt tun, weil es ja im Interesse aller ist, dass das eigentlich richtig läuft?
Janine Bierwirth:
Also im Team sollte es diese Hemmschwelle nicht geben, und es ist ja wie im, ich sag mal, richtigen Leben: Da macht immer der Ton die Musik, und ich muss das vielleicht nicht machen, wenn da 300 Leute um mich herumstehen, sondern ich kann mit der Kollegin auch im Nachgang unter vier Augen respektvoll diese Themen ansprechen. Und wenn es da wirklich Klärungsbedarf gibt, dann kann ich auch das Hygieneteam dazuholen, das mich berät oder dann noch mal genaue Vorgänge beobachtet und schult. Also die Möglichkeit zu fragen gibt es jederzeit, und wenn ich Beobachter einer solchen Situation bin, dann sollte ich auch die Möglichkeit nutzen, es anzusprechen. Genauso wie es dir da in dem Supermarkt gegangen ist: Sprich es einfach an, wir sind doch mündige Bürger, wir können miteinander reden, und du kannst darauf hindeuten, dass dir das nicht gefällt oder nachfragen, warum es so ist.
Moderator:
Da hast du natürlich recht, oder ich kaufe einfach jetzt abgepacktes Toast. Valeska und Janine, was ich aus dieser Folge mitnehme: Hygiene und Arbeitsschutz sollten immer Hand in Hand gehen beim Handschuhtragen und bei der Händedesinfektion. Und wann man wie was macht, das haben wir heute geklärt, und das könnt ihr euch auch gerne immer mal wieder anhören, damit es dann auch wirklich in den Kopf geht. Vielen Dank an euch beiden.
Valeska Buder:
Ja, danke dir, Ralf und Janine natürlich.
Janine Bierwirth:
Ja, vielen Dank, Ralf. Valeska, vielen Dank.
Moderator:
Wenn ihr noch mehr zum Thema Handschuhtragen, Handyhygiene und Hautschutz wissen wollt, dann schaut gerne mal in die Show-Notes dieser Podcast-Folge. Dort gibt es jede Menge Material für euch zum Klicken und alle Podcast-Folgen zum Nachhören. Die findet ihr überall, wo es Podcasts gibt und auch auf www.bgw-online.de/podcast. Wenn euch diese Folge gefallen hat, dann teilt das gerne mal weiter und empfehlt uns zum Beispiel euren Kolleginnen und Kollegen und gerne auch euren Vorgesetzten. Bis zum nächsten Mal!
Jingle:
Herzschlag! Für ein gesundes Berufsleben, der BGW-Podcast.
Interviewgäste
Dr. Valeska Buder
Fachärztin für Dermatologie und Venerologie
Weiterbildungsassistentin Arbeitsmedizin
BGW Hamburg
Janine Bierwirth
Leitung Krankenhaushygiene (BG Kliniken)
Fachärztin für Hygiene und Umweltmedizin
Fachärztin für Innere Medizin
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