Unsere Hautverantwortung - Für ein gesundes und besseres Arbeiten #21 BGW-Podcast "Herzschlag - Für ein gesundes Berufsleben"
Beruflich bedingte Hauterkrankungen gehören in Deutschland zu den am häufigsten gemeldeten Berufskrankheiten - auch in der Pflege. Häufiges Händewaschen, Reinigungsarbeiten, langes Handschuhtragen und der Umgang mit aggressiven Substanzen strapazieren die Haut. Was kann man tun?
Die eigene Hauterkrankung verstehen und dann das richtige Schutzkonzept erlernen und anwenden ist wichtig! Allerdings stellt sich oft die Frage: Was machen wir, wenn es erst einmal zu spät ist und die Haut nachhaltig geschädigt wurde? Wie können Pflegekräfte mit einer Hauterkrankung arbeiten? Geht das überhaupt?
Die eigene Haut besser verstehen und handeln wenn es ihr nicht gut geht, das ist wichtig, denn es ist unsere Hautverantwortung. In dieser Podcast-Folge haben wir mit Hautärztin Dr. Yael Adler und der Expertin für Grundlagen der Prävention und Rehabilitation Sabine Schoening genau über dieses Thema gesprochen.
Hier kommen Sie zum Transkript dieser Folge
Block01: Begrüßung und Einleitung
Moderator: Beruflich bedingte Hauterkrankungen gehören in Deutschland zu denen am häufigsten gemeldeten Berufskrankheiten. Das ist auch bei der Pflege so. Häufiges Händewaschen, Reinigungsarbeiten, langes Handschuh Tragen und der Umgang mit aggressiven Substanzen strapazieren die Haut. Wir haben darüber schon einmal gesprochen in der Podcast-Folge Hautschutz. Was tun, wenn die Hände krank werden? Ja hören Sie gerne mal rein in die Folge. Wichtig für einen guten Hautschutz sind auf jeden Fall Präventionsmaßnahmen. Die eigene Hauterkrankung verstehen und dann das richtige Schutzkonzept erlernen und anwenden. Wichtig, aber was machen wir, wenn es erst einmal zu spät ist und die Haut geschädigt wurde? Eine Hauterkrankung ist oft auch eine psychische Belastung. Und wie können Pflegekräfte mit einer Hauterkrankung arbeiten? Geht das überhaupt? Genau das wird Thema in dieser Folge unseres Podcasts sein. Unsere Hautverantwortung für ein gesundes und besseres Arbeiten. Denn wohlfühlen ist Hautsache. Ich bin Ralf Podszus, schön, dass Sie dabei sind.
(Podcast-Opener)
Moderator: Hautausschlag, Narben, Pusteln, Falten, Pickel, Neurodermitis, Fuß und Nagelpilz, Melanome, Schuppenflechte, Feigwarzen, Eitrige Wunden, Allergien, Periorale Dermatitis, fahle, schlaffe und knittrige Haut. Entschuldigung, ich hoffe, Sie essen jetzt nicht gerade. Das war nur eine kleine Aufzählung von Hautproblemen, die uns ganz schön zu schaffen machen. Und für viele Hautprobleme tragen wir selbst die Verantwortung. Zu viel Sonne, zu viel Seife, zu viel Make-up, zu wenig Pflege. Wenn das Auge knallrot ist, ja dann gehen wir gleich zum Arzt. Warum zögern jedoch viele bei Hautproblemen? Diese Frage, die gebe ich gleich mal weiter an meine heutigen Experten/Expertinnen, Dermatologin Dr. Yael Adler und von der BGW Sabine Schoening, Expertin für Grundlagen der Prävention und Rehabilitation. Ich freue mich auf unseren Talk.
Sabine Schoening: Ja hallo, ich freue mich auch.
Dr. Yael Adler: Hallo.
Moderator: Yael Adler kann die Haut lesen. Sie haben auch mal so schön gesagt, die Haut ist die Leinwand des Lebens. Warum ist die Haut so wichtig für uns?
Dr. Yael Adler: Also die Haut ist erstmal unser größtes Organ. Sie ist bei einem Erwachsenen nicht ganz zwei Quadratmeter. Es ist ein schweres Organ, es wiegt auch mal 1 Kilo und es erfüllt wahnsinnig viele Funktionen, mehr als jedes andere Organ. Ich nenne es immer die Haut, ein Netzwerk Organ. Ein Organ, das mit allem um uns und in uns verbunden ist. Um uns ist unsere Umwelt, sind unsere Mitmenschen und in uns ist unsere Psyche, die Sexualität, die Darmflora, die Mikronährstoffe, die Nerven, die Hormone und die Organgesundheit. Und als Hautärztin ist das natürlich alltäglich für mich, aber immer wieder neu faszinierend herauszufinden, warum ist da jetzt ein Hautproblem und was sagt es mir über diese jeweiligen Bereiche?
Moderator: Unsere Haut hat auch eine soziale Funktion. Sie habe es angesprochen. Was ist da genau die soziale Funktion?
Dr. Yael Adler: Es ist ja so, wenn man jemanden gegenübersteht, dann schaut man natürlich auf die Haut. Zwangsläufig auf die Mimik, auf die Körpersprache, aber die Haut springt einem direkt ins Auge. (Lacht) Und das kann natürlich sehr anziehend und schön sein. Man kann sich auch in die Haut des anderen verlieben. Man kann sie fasziniert betrachten. Man will sie vielleicht auch anfassen, vielleicht auch küssen und berühren. Aber wenn die Haut zum Beispiel krank ist oder wenn sie Erscheinungen zeigt, dann verrät das eine Menge über den Menschen uns gegenüber. Wenn zum Beispiel hektische, rote Flecken auftreten, dann merke ich okay, die Person vor mir ist vielleicht etwas nervös und aufgeregt oder jemand läuft an und wird rot dann ist dieser Mensch vielleicht wütend oder er wird vor Schreck ganz blass. Das sind also Dinge, die ich lesen kann und die haben eine soziale Funktion, auch der Hautgeruch hat zum Beispiel erotisches Duftmarketing zur Aufgabe, aber die Haut zeigt ja oft auch Krankheiten, also nicht nur so Kommunikationsfunktionen, sondern sowas wie Rötungen, wie Schuppungen, wie Entzündungen. Und leider sind wir Menschen so, dass wenn wir Krankheit sehen, dass tief in uns da so ein Steinzeit-Reflex angeht, dass wir da eher auf Distanz gehen. Auf Abstand gehen, weshalb der Betroffene es stigmatisiert wird, weil irgendwas in uns sagt, oh da muss ich mich jetzt wohl in Sicherheit bringen, nicht, dass ich mich anstecke oder ich meinen Stamm anstecke, meine Familie, meinen Stamm gefährde. Und das ist etwas, wo wir als Hautärzte auch viel Aufklärung leisten wollen, dass die meisten Hauterkrankungen alles andere als ansteckend sind und kein Grund sind, um auf Abstand zu gehen.
Moderator: Ich habe es eben schon erwähnt, jetzt bin ich auf die Antworten gespannt. Warum gehen so viele zu spät zum Arzt, wenn es Hautprobleme gibt?
Sabine Schoening: Wenn ich schaue, was Pflegekräfte häufig umtreibt zu diesem Thema und auch aus meiner eigenen Erfahrung, also ich war mal in meinem ersten Berufsleben Krankenschwester, dann ist es so, dass gerade diese Hauterkrankung oft so unausweichlich erscheinen, also ein Stück weit gehören sie für viele Beschäftigte mit zum Beruf einfach dazu und man hat an vielen Stellen gar keine Möglichkeit, die man wahrnimmt, dass man handeln kann, dass man seine Hände pflegen kann, wirklich gut und dass man auch die Entstehung solcher Hauterkrankungen vermeiden kann. Und gerade in der Pflege ist es ein ganz relevanter Punkt, weil da sind die Hände, das Werkzeug der Beschäftigten und ich dränge ja auch immer wieder über diesen, ja, üblichen Distanzraum zu einem anderen Menschen ein. Und ich berühre ihn in einer ganz individuellen und ganz empfindsamen Situation, weil er ist da krank, liegt in seinem Bett, in der Pflege oder in einem Krankenhaus und wird ein Stück weit behandelt und das mache ich als Pflegekraft mit meinen Händen. Und umso wichtiger ist da wirklich auch, dass die Hände möglichst intakt sind.
Dr. Yael Adler: Vielleicht ist auch so eine gewisse Scheu dabei, Hautkrankheiten führen ja zu Schamgefühlen. Man ist stigmatisiert, man hat da was, wo andere vielleicht sich erschrecken. Und man schämt sich und versteckt vielleicht auch diesen Makel. Also das ist so eine Gemengelage an normalen seelischen Reflexen, die vielleicht verhindern, dass man rechtzeitig vorbeugend einen Arzt aufsucht oder eben sich kümmert.
Moderator: Yael Adler, Sie sind Bestsellerautorin, haben mehrere Bücher geschrieben, zum Beispiel „Hautnah“ oder „Darüber spricht man nicht“. Gerade wenn wir in dem letztgenannten Buch blättern, dann geht es ganz oft um Scham. Eben fiel ja auch schon das Stichwort. Warum sind uns unsere Hautprobleme peinlich und ja warum ist es besonders wichtig, gerade darüber zu sprechen?
Dr. Yael Adler: Es ist wichtig über seine Hautprobleme zu sprechen, weil die Lebensqualität, die wir verlieren, wenn wir nicht darüber sprechen, enorm ist. Es ist ja so, viele leiden still und heimlich, ewig vor sich hin. Sie denken, was von alleine gekommen ist, geht auch wieder von alleine, aber das ist oft nicht der Fall und wenn man über diese Probleme nicht spricht, zumindest mit seinem Arzt. Man muss ja nicht mit dem ganzen Freundeskreis darüber reden, dann kann ja auch gar keine Lösung gefunden werden. Das heißt, das Leiden verschleppt man und man kann eben zum Beispiel aus lauter Scham das Leben nicht genießen oder jemanden anfassen oder streicheln, weil man rissige, schmerzende, blutende Hände hat und jeder will-. Also man will ja nicht mal die Hand geben, weil sich das da so unangenehm für den anderen anfühlt. Dann ist es so und das ist gerade beim Thema Handekzeme, aber bei vielen Hauterkrankungen auch so, wenn man eben lange wartet, dann kann es auch chronisch werden, auch bei sexuell übertragbaren Erkrankungen oder Warzen oder Fußpilz oder was auch immer. Je länger man wartet, desto schwieriger wird es das zu behandeln. Und manchmal kann man es auch gar nicht mehr behandeln. Das heißt, rechtzeitig handeln, bevor eine Allergie auch noch eingetreten ist an den malträtierten Händen, ist wichtig und dann ist eben, wenn man eine Infektionskrankheit hat, also wenn sich vielleicht auch noch Bakterien draufgesetzt haben oder ein Pilz, dann hat man natürlich auch nicht nur für sich selber eine Verantwortung, sondern auch für seine Umwelt auch aus diesem Grund ist es notwendig, da nicht zu lange zu warten und einfach das auch anzusprechen und noch mal, Hauterkrankungen sind deshalb so schambesetzt, weil es gleich jeder sieht und sich gleich jeder von einem ein Bild macht und einen in irgendeine Schublade steckt und das möchte man nicht.
Moderator: Inwieweit ist eine Hauterkrankung eine psychische Belastung?
Sabine Schoening: Ja da kann ich vielleicht doch mal ganz konkret berichten auch aus vielen Beratungsgesprächen, die wir bei der BGW für mit Hauterkrankten Versicherten in der Pflege arbeiten, dass die Menschen das schon auch wirklich als eine ganz massive psychische Belastung beschreiben und eine ganz massive Einschränkung ihres Privatlebens auch, also so wie Frau Adler ja gerade auch schon beschrieben hat. Also das geht ja hin. Ja bis hin zu, dass halt wirklich die körperlichen Kontakte zum Partner, zur Partnerin eingeschränkt werden, weil eben auch diese Berührung mit diesen erkrankten Händen als ganz unangenehm empfunden wird. Also das sind alles wirklich ganz massive Belastungen, die die Menschen beschreiben, die sie damit ihrer Hauterkrankung erleben. Und dass ja oft auch schon über lange, lange Zeiten mit sich rumschleppen im Grunde, bis sie dann wirklich den Weg finden und überhaupt losgehen und sich auch wirklich Unterstützung holen.
Moderator: Dann reden wir jetzt über Hautprobleme und die damit verbundene Verantwortung. Unserem eigenen Körper gegenüber und unseren Mitmenschen. Sabine Schoening, haben Pflegekräfte eine besondere Verantwortung für eine gute Haut? Als Patient bin ich dem ausgeliefert, dass mich die Pflegekraft mit Hauterkrankung anfasst.
Sabine Schoening: Ja. Das ist ein ganz wichtiger Aspekt und der ist noch vielschichtiger als der eine Aspekt, den Sie jetzt gerade beschrieben haben.
Moderator: Wie eine Haut vielschichtig.
Sabine Schoening: Ja, so ist es und das allererste, was wir oben stehen sehen ist erstmal das Thema Hygiene, weil nur eine wirklich gesunde Haut ist auch eine desinfizierbare Haut. Und wenn meine Haut schlimmer erkrankt ist und ich habe da Risse, Rhagaden an den Händen, dann kann ich meine Hände gar nicht mehr desinfizieren und somit ja auch schon gar nicht mehr dem hygienischen Aspekt Genüge tun. Also das sollte eigentlich schon mit auch an allererster Stelle eine Grundvoraussetzung sein, dass ich für mich auch als Beschäftigter in der Pflege erkenne, welche Bedeutung gesunde Hände und eben gesunde Haut haben. Was dem aber oft im Wege steht, ist so eine eigene Wertschätzung und der selbst pflegerische Aspekt der Pflegekräfte, also Menschen, die in der Pflege unterwegs sind, haben ja oft auch, ja ein bisschen Hang zur Aufopferung, also da ist wenig Selbstverständnis oftmals da sich um sich selber zu kümmern, um die eigenen Bedarfe zu kümmern. Und da kann ich nur sagen, die eigenen Hände sind das eigene Werkzeug und brauchen dann eben auch einfach die Unterstützung und die Pflege. Dass sie möglichst gesund bleiben.
Dr. Yael Adler: Frau Schöning hat ja gerade geschildert, dass man eben kranke Hände sehr schwer desinfizieren kann. Das tut erstens weh und zweitens ist es auch schädlich tatsächlich, weil man das Problem damit verstärkt. Wir haben ja eine Hautbarriere und wenn die intakt ist, dann ist das auch schon ganz schön hygienisch, weil nämlich unsere Hautfette und unsere Hornschüppchen und unser Türsteher Mikrobiom, also unsere lebendigen Bakterien auf der Haut und der PH-Wert. Das sind alles Schutzfaktoren, die uns selber auch schützen vor Erkrankung, also wir wollen uns eben nicht anstecken, wir wollen auch durchaus mal wahrscheinlich jemanden berühren, der vielleicht eine keimige Hautstelle hat, ohne dass wir uns gleich anstecken. Und da schützt uns diese Barriere davor. Da braucht es gar kein Desinfektionsmittel, sondern einfach diese intakte Barriere und die Barriere schützt uns auch davor, dass wir Kontaktallergien entwickeln. Wenn die Hautbarriere löchrig rissig ist, dann kann ja der Duftstoff der Seife oder der nicht so geeigneten Pflegecreme, wenn da so Konservierungsmittelimulatoren oder Duftstoffe drin sind. Das alles kann dann plötzlich zu Kontaktallergien führen. Das heißt, die Allergene dringen in diese rissige Oberhaut ein. Das Immunsystem wird sensibilisiert, lernt die Allergie. Und jedes Mal, wenn man erneuten Kontakt hat, selbst wenn die Haut dann mal wieder abgeheilt ist, führt zu einem Ausbruch eines Handekzems, also zur Rötung, Schwellung, Nässen, Rissen und damit so zu so einem Teufelskreis, also auch aus Selbstschutz-Gründen. Nicht nur aus hygienischen Gründen finde ich ist das ein wichtiges Thema, dass man auch auf seine Hände achtet.
Sabine Schoening: Zum Stichwort Teufelskreis fällt mir auch noch was ein, und zwar ist es ja so, dass Studien ergeben haben, was auch vielen echt gar nicht bekannt ist: Die eigentliche haut schonende Hygienemaßnahme ist immer die Händedesinfektion und nicht die Händewaschung. Und wenn ich aber erst mal erste Hauterscheinungen habe, dann tut das Hände desinfizieren mit einem alkoholischen Desinfektionsmittel weh und das, was halt passiert ist, dass die Beschäftigten immer weniger die Hände desinfizieren und immer häufiger waschen. Und dadurch verschlimmert sich der Hautzustand aber nochmal und dann kommt man wirklich nochmal in so einen Teufelskreislauf hinein, der Hautzustand wird immer schlimmer und ja, ich habe dann einfach auch letztendlich ein Hygieneproblem.
Dr. Yael Adler: Wichtig ist auch vielleicht noch mal die Erkenntnis, die jetzt gerade jetzt in Corona-Zeiten ja viel diskutiert worden ist. Manchmal muss man ja auch beides machen. Also in der Klinik vorm OP zum Beispiel, wenn man sich steril macht, wird ja beides gemacht, geseift und desinfiziert. Dass man da auf die Reihenfolge achtet. Manchmal beobachte ich das auch beim medizinischen Personal, sowohl in der Pflege als auch bei den MFAs als auch bei den Ärzten. Das erstmal desinfiziert wird und dann gewaschen wird und hier muss man warnen, denn der Alkohol in dem Desinfektionsmittel löst die Fette aus der Oberhaut raus und wenn man im Anschluss wäscht, dann spült man die gleich weg, emulgiert sie weg und ab geht es in die Leitung, ins Abwasser. Also wenn beides erforderlich ist, unbedingt auch da drauf achten, dass man die Reihenfolge einhält, also erst waschen und dann desinfizieren. Und auch in Corona-Zeiten jetzt sehr oft diese billigen Desinfektionsmittel gängig. Auch in Apotheken, wo gar kein Rückfetter drin ist. Also die Rückfetter sind schon wahnsinnig hilfreich in den Desinfektionsmitteln und grade wer empfindliche Haut hat. Ich glaube, wenn das so ein grobes Desinfektionsmittel ist ohne Rückfetter, da kriegt jeder Probleme, aber für die Leute mit einer eh empfindlichen Haut sind die quasi der Handtod.
Moderator: Pflegekräfte sollten also darauf achten, dass sie eine gute Haut haben oder besser gesagt, ein vielleicht auch gutes Erscheinungsbild. Können Sie mir hier zustimmen?
Sabine Schoening: Ja unbedingt, also es ist ja auch schon was, was man in der Ausbildung, in der Kranken- und Altenpflege ja auch schon lernt, wo ja auch die eigenen Hygienemaßnahmen und das eigene Auftreten ja ein ganz relevanter Punkt sind. Das fängt ja bei der Nagelpflege an. Dass ich eben keine lackierten Nägel habe. Das fängt bei der eigenen Körperhygiene an, da ist ja der Pflegeberuf schon ein Beruf, wo das neben vielen anderen aber ein ganz, ganz relevanten Bestandteil bedeutet. Was ja auch selbstverständlich ist, weil ich eben, ja, als Pflegekraft, wie wir gerade ja auch schon sagten, immer so unglaublich nah in einer ganz besonderen Situation, an die zu pflegenden Menschen herankomme. Und umso wichtiger ist, glaube ich, dass ich da dann wirklich auch meine körperliche Hygiene gut aufgestellt habe.
Moderator: Nun wird unsere Haut mit steigendem Alter nicht schöner, das können wir auch mit guter Hautpflege nicht ändern oder doch?
Dr. Yael Adler: Also das hat jetzt ja nichts mit der Pflege zu tun. Und alte Haut ist nicht unbedingt hässlich, das möchte ich jetzt gleich mal hier sagen als Hautärztin. Ich finde es sehr traurig, dass man immer altern mit nicht schön oder gar ungesund verbindet. Das ist einfach der Gang der Dinge und ich würde mir wünschen, dass man junge Haut und alte Haut gleichermaßen wertschätzt und liebhat. Und mir geht es immer als Ärztin darum, dass man die Haut vital hält, genauso wie den ganzen Körper. Das gehört ja, wie wir vorhin besprochen haben, auch zusammen und da kann man eine Menge tun und für mich ist ein gesunder Lebensstil auch für die Haut sinnvoll. Sie hatten das vorhin ja schon erwähnt, also zu viel Sonne ist für niemanden gut, ein bisschen geht, aber, auch wegen Vitamin D, aber zu viel ist eben nicht gut, dann droht Hautkrebsrisiko und natürlich auch massive Faltenbildung. Eine gesunde Ernährung ist für eine gesunde und schöne und vitale Haut. In jedem Alter sehr gut mit vielen Mikronährstoffen, also vitaminreich, Mineralien, Omega 3 Fettsäuren, Aminosäuren und dann eben aber auch die vielen Pflanzenfarbstoffe und die Ballaststoffe, die dann wiederum auch unsere Darmflora stärken. Wer eine präbiotisch-probiotisch reichhaltige Ernährung hat, hat eine reichhaltige Artenvielfalt im Darm von Bakterien, die produzieren dann für uns wiederum Vitamine und auch Immunsystem stärkende Substanzen und beruhigen die Haut. Das heißt, wer auf sich achtet und vielleicht dann auch noch Sport treibt, sein Immunsystem dadurch aktiviert, Reparaturmechanismen dadurch aktiviert. Der wird, egal in welcher Lebensphase, immer eine ansprechende Haut haben, außer, da ist eine Hauterkrankung und dafür sind wir Ärzte dann ja auch da, dass wir nicht nur sagen, wie geht Prävention, sondern wie können wir dann hoffentlich auch ausreichend gut helfen.
Moderator: Welche Hautpflege-Tipps haben Sie für unsere Hörer?
Sabine Schoening: Also, wenn man jetzt aus Sicht der Unfallversicherung guckt, was empfehlen wir unseren Beschäftigten in der Pflege, dann gehört dazu das, was ich gerade ja auch schon sagte, auf jeden Fall immer primär die Hände desinfizieren und nicht waschen. Das ist erstmal die erste hautschonende Aktion. Da wo immer es geht, wenn ich Kontakt zu Feuchtigkeit habe, wenn ich Kontakt zu Waschaktiven Substanzen habe, dass ich möglichst Handschuhe trage. Also auch wenn ich in den Handschuhen schwitze, ist das immer noch weniger belastend für die Haut, als wenn ich jetzt zum Beispiel, wenn ich einen Patienten wasche und ich das ohne Handschuhe tue, meine Haut immer den Kontakt zu Wasser und den Tensiden hat, also den waschaktiven Substanzen, die dann die Fette aus der Haut lösen. Dann ist natürlich wichtig, so gut wie es geht, immer wieder auch über den Tag die Hände zu pflegen mit einer guten Pflegecreme. Da wird Frau Adler gleich bestimmt auch noch mal was zu sagen und eben auch ja Hautschutzprodukte aufzutragen, die die Haut halt eben auch schützen vor den Substanzen, mit denen ich arbeite, sie etwas widerstandsfähiger machen, auch gegen das Schwitzen in den Handschuhen zum Beispiel.
Dr. Yael Adler: Wenn es ein akutes Ekzem gibt, dann darf man keine Angst vor Cortison haben, das geben die Hautärzte sehr gerne. Das ist für eine Zeit auch oft helfend, weil die Entzündung dann raus getrieben wird aus der Haut und man sagt dabei immer lieber hochdosiert, also heftig und kurz als niedrig dosiert und sozusagen so schwelen lassend und lang. keine Angst vor Cortison. Es gibt moderne Cortisone, die auch die Haut nicht mehr dünn machen, nicht mehr im Körper übergehen. Aber am besten eben gar nicht so weit kommen lassen und auch im Privatleben darauf achten, dass man gut ist zu seiner Haut, nicht nur im Berufsleben und es gibt natürlich vom Arbeitgeber hoffentlich und meistens ganz gute Produkte, die auch relativ teuer sind. Aber man kann es auch billiger haben zu Hause und vielleicht für zu Hause nochmal den Tipp, wenn man sich mit Duschgel reinigt oder eine Handseife benutzt. Es gibt dort ganz milde, synthetische Tenside, die besonders gut und hautschonend sind. Dazu gehören die Zucker- und Kokostenside. Diese Waschsubstanzen sind viel besser als alkalische Seifen, weil sie sind darauf eingestellt, dass sie einen pH-Wert der Haut erhalten, ungefähr bei PH fünf. Eine alkalische Seife hingegen, auch wenn es eine schöne Bioseife ist mit Rückfettern, macht den pH-Wert alkalisch auf zehn, elf und das für bis zu acht Stunden. So lange braucht die Haut, sich runter zu säuern und in der Zeit können sich krankmachende Erreger verbreiten. Die Haut ist dann schutzlos ausgeliefert. Wenn wir also Zucker und Kokostenside verwenden, die müssen nicht teuer sein. Da gibt es das Duschgel auch im Bioladen. Hier bitte keine Duftstoffe, Farbstoffe und Konservierungsstoffe. Die Hand eincremen, ruhig mit Neurodermitis geeigneten Salben, auch wenn man gar keine Neurodermitis hat, auch hier auf Duftstoffe verzichten, weil die häufig Allergien machen. Da kann man eben besonders fette Cremes und Salben nutzen, wenn man keine offenen Stellen hat, ist auch Harnstoff durchaus beliebt. Das ist ein natürlicher Feuchthaltefaktor und mein Lieblingsfett, ganz billig, schlicht und ergreifend reparierend und schützend ist die Sheabutter. Hundert Prozent unraffiniertes, gelbes Pflanzenfett aus Afrika, besonders aus Westafrika. Das ist ein bisschen wachsartig und nicht so ölig. Damit kann man seine Hand toll fetten und schützen. Das bleibt sogar bei der nächsten Handwäsche noch übrig. Es riecht so ein bisschen nussig und gewöhnungsbedürftig, aber ist sehr preiswert. Und die Fette ähneln unseren Hautfetten sehr und deswegen kann es eben auch geseifte Löcher wieder zu reparieren. Und es macht keine Allergien.
Sabine Schoening: Das wollte ich noch fragen, gerade. Das fände ich jetzt ziemlich spannend, weil viele gerade auch Naturpflanzen ja doch auch sensibilisierende Inhaltsstoffe haben. Das ist bei der Sheabutter nicht so?
Dr. Yael Adler: Genau und jetzt auch nochmal ein ganz wichtiger Hinweis, denn es gibt ganz viele-, da haben Sie völlig recht. Pflanzen-, Natur-Kosmetik wo Pflanzeninhaltsstoffe drin sind, auch ätherische Öle drin sind, auch wenn sie natürlich sind, die können Allergien machen. Die Sheabutter ist völlig anti-allergen, also die wird super vertragen und es sind auch keine Mineralöle enthalten. Das sind ja Fette, die oft für die angenehme Konsistenz einer Creme sorgen, aber durchaus auch mal krebserregende Substanzen enthalten und eben die Hautfette überhaupt nicht reparieren können, weil sie denen nicht ähneln, sondern mehr so einen Folieneffekt haben. Von daher ist dieses natürliche Fett mein Lieblingsfett, es gibt natürlich ganz andere Produkte, es ist klar, aber ich wollte einfach nur mal sagen, es muss gar nicht aufwändig und teuer sein mit einer Repair-Salbe und einer Protect-Salbe, so wie es offiziell vom Arbeitgeber gestellt wird. Sondern man kann es auch selber auf diese Art ganz toll hinkriegen. Und auch nachts ruhig mal sich so was Fettes gönnen und dann ist man am nächsten Tag schon wieder mit gesünderen Händen unterwegs. Und vielleicht der letzte Tipp noch, ich hatte vorhin über die gesunde Ernährung gesprochen. Haut braucht Mikronährstoffe, um zu heilen und es kann wirklich gut sein, dass man vielleicht mal einen Zinkmangel hat oder Selen oder Vitamin D oder Omega 3 Fettsäuren oder Biotin oder Eisen. Viele Frauen sind davon betroffen. All das stört die Haut beim Heilen und das lohnt sich, da mal hinzugucken, eventuell auch mit Nahrungsergänzungsmitteln nachzuhelfen. Das kann man ruhig mal auch seinen Hausarzt fragen, was denn da vielleicht fehlt. Das kann man im Blut checken. Auch Vitamin B12 kann man im Blut checken. Eine Schilddrüsenerkrankung sollte ausgeschlossen sein, denn auch die macht natürlich wahnsinnige Hautprobleme, sodass nicht immer nur zu viel Seifen und zu wenig Creme dahintersteckt.
Moderator: Wir haben heute gehört, dass wir die eigene Hauterkrankung verstehen sollen, dann können wir das richtige Schutzkonzept erlernen und anwenden und schließlich gesund werden und dadurch dauerhaft im Beruf weiterarbeiten. Das ist die Hautverantwortung, denn eine gesunde Haut ist für Pflegeberufe existenziell. Je früher Hautbeschwerden behandelt werden, desto besser und das geht ganz schnell und unkompliziert, wenn klar ist, dass diese Probleme beruflich bedingt sind. Die BGW, die bietet hier effektive Hilfe an. Welche genau, Frau Schöning?
Sabine Schoening: Ja, wir haben ein wirklich gutes Programm, von dem leider viele, viele Pflegekräfte gar nichts wissen. Und zwar bieten wir für jeden und möchten wirklich auch animieren, dass die Menschen früh und schnell zu uns kommen, für jeden Versicherten mit Hautproblemen. Eine Hautsprechstunde in unseren Schulungs- und Beratungszentren an, wo dann wirklich auch für einen, ja, größeren Zeitrahmen von bis zu einer Stunde ein Dermatologe für ein Gespräch zur Verfügung steht. Ich kann auch meine versicherungsrechtlichen Fragen stellen, also wie geht es jetzt weiter? Welche Leistungen stehen mir zu? Und das ist ein wirklich gutes Programm. Und wenn man gemeinsam dann eben zu der Kenntnis kommt, ja es gibt auch einen ganz klaren beruflichen Zusammenhang, dann geht es weiter mit Qualifizierungsangeboten, das heißt, ich erlerne dann auch gemeinsam mit anderen Menschen, die im gleichen Beruf arbeiten. Wie entstehen solche Erkrankungen? Wie kann ich mich besser schützen? Wie kann ich meine Hände pflegen? Welche Handschuhe sind die richtigen? Und auch ja wie sage ich es meinem Chef und meiner Chefin und meinen Kollegen vielleicht auch, dass ich zukünftig Dinge anders machen werde. Das kann dann auch weitergehen bis hin zu auch stationären Maßnahmen. Wo wir wirklich erstmal dafür sorgen, dass die Hauterkrankung abheilen kann, dass man dann auf jeden Fall auch wieder mittelfristig vom Cortison runterkommt, um dann auch wirklich mit einem guten Hautzustand wieder Arbeitsversuche starten zu können. Also unser Bestreben und unser Ziel ist einfach immer wieder dafür zu sorgen, dass die Beschäftigten so lange und so beschwerdefrei wie möglich in dem Job weiterarbeiten können.
Moderator: Ausführliche Informationen zum Hautschutz finden Sie auch online auf www.BGW-Online.de/Hautschutz. Falls Sie Fragen oder Anmerkungen zu dieser Folge haben oder vielleicht auch ein Thema für eine der kommenden Podcast Folgen vorschlagen möchten, dann schreiben Sie uns gerne über die BGW-Webseite www.BGW-Online.de/Podcast. Vielen Dank an meine Gäste, Dr. Yael Adler und Sabine Schöning.
Sabine Schoening: Danke.
Dr. Yael Adler: Vielen Dank.
Block 03: Verabschiedung
Moderator: Das war es für dieses Mal. Ich freue mich auf die nächste Folge. Bis dahin. Bleiben Sie gesund zusammen mit der BGW.
(Outro - Herzschlag, für ein gesundes Berufsleben. Der BGW-Podcast)
Die Interviewgäste
Dr. Yael Adler
Hautärztin und Autorin
Sabine Schoening
Expertin für Grundlagen der Prävention und Rehabilitation - BGW
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