Führungshandeln im Angesicht der Erschöpfung BGW mitteilungen, Ausgabe 2/2018

Führungsverantwortung übernehmen heißt auch, professionell mit psychisch beanspruchten Beschäftigten umzugehen. Wie erkennen Vorgesetzte, dass jemand überlastet, erschöpft oder "ausgebrannt" ist? Welche Handlungsmöglichkeiten haben sie?

Burn-out: Was ist das eigentlich?

Eine allgemeingültige Definition gibt es nicht. "Ausgebranntsein" ist eher ein Oberbegriff für meist beruflich bedingte Erschöpfung. Herausforderungen werden zur Überlastung; dauerhafter Stress und Anspannung können nicht mehr bewältigt werden. Das "Burn-out-Syndrom" ist somit kein Zustand, sondern ein schleichender Prozess: Die Verausgabung hält über eine längere Zeit an – und irgendwann ist sie so ausgeprägt, dass der "Akku" leer ist und nicht mehr aufgeladen werden kann.

Wie äußert sich das?

Symptome, die auf ein Burn-out-Syndrom hinweisen, können auf verschiedenen Ebenen auftreten.

  • Körperliche Erschöpfung: chronische Müdigkeit, Mangel an Energie, Schlafstörungen ...
  • Emotionale Erschöpfung: Überdruss (Mir ist alles zu viel!), Niedergeschlagenheit, Gefühl von innerer Leere ...
  • Geistig-mentale Erschöpfung: Abnahme der kognitiven Leistungsfähigkeit, Konzentrationsschwäche, Vergesslichkeit, Verlust an Kreativität, Gedanken der Sinnlosigkeit ...
  • Soziale Erschöpfung: sozialer Rückzug, Verlust der Empathie (Verständnislosigkeit für andere, Unfähigkeit zuzuhören) ...

Welche Rolle spielt die Führungskraft?

Vorgesetzte haben eine Fürsorgepflicht für die Gesundheit ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Ihre Aufgabe ist es, Beschäftigte vor schädigenden Einflüssen am Arbeitsplatz zu bewahren. Zeigen sich Warnsignale, sollten sie präventiv handeln – und zwar auf mehreren Ebenen: die betroffene Person schützen und Auswirkungen auf das Team und darüber hinaus vermeiden. Je eher Führungskräfte bei Anzeichen von Überlastung aktiv werden, desto eher können sie weitreichende Folgen bis hin zum langfris­tigen Ausfall von Beschäftigten vermeiden. Entscheidend ist daher, dass sie frühzeitig das Gespräch suchen. Aber: Vorgesetzte stellen keine Diagnose und leisten auch keine psychologische Beratung.

Wann sollten Vorgesetzte handeln?

  • Wenn sie Verhaltensänderungen bei ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern bemerken, die untypisch, irritierend oder nicht nachvollziehbar sind.
  • Wenn Verhaltensänderungen dauerhaft sind und/oder ein einzelner Aspekt stark ausgeprägt ist.
  • Wenn sich das Verhalten der betroffenen Person negativ auf das soziale Miteinander, die Arbeitsmotivation und die kollegiale Zusammenarbeit auswirkt.
  • Wenn das Verhalten gegenüber Klientinnen und Klienten kritisch wird.

Was sind die Grenzen des Führungshandelns?

Führungskräfte sind nicht allein dafür verantwortlich, mit psychisch erschöpften Mitarbeitenden eine Lösung zu finden. In jedem Betrieb sollte es Ansprechpersonen geben, die auch in besonderen oder extremen Fällen weiterhelfen können und Führungskräfte unterstützen – zum Beispiel der Betriebsarzt oder die Betriebsärztin. Besteht ein betriebliches oder überbetriebliches Beratungsangebot? Gibt es eine psychologische Hotline?

Was ist für das Gespräch mit Betroffenen wichtig?

Eine gute Vorbereitung durch die Führungskraft ist unerlässlich. Vorgesetzte können sich dafür selbstverständlich Unterstützung holen. Hilfreich ist es auch, sich zunächst einmal die eigene Befangenheit vor Augen zu führen. Im Gespräch geht es dann darum, die eigene Wahrnehmung von Auffälligkeiten zu beschreiben – möglichst konkret, aber nicht bewertend. Ziel sollte es sein, herauszufinden, was von betrieblicher Seite für die betroffene Person getan werden kann und wie sich die Situation gemeinsam verbessern lässt. Führungskräfte sollten sich aber auch darauf vorbereiten, wie sie mit emotionalen Ausbrüchen, Verzweiflung, Mutlosigkeit umgehen – und was sie tun, wenn ihr Gesprächsangebot zurückgewiesen wird. Denn nicht jeder Mensch ist gesprächsbereit und möchte seine Probleme offenbaren.

Wie können Vorgesetzte psychischer Überlastung in ihrem Team vorbeugen?

Zwei Dinge sind wichtig: Sie sollten sich ihres eigenen Einflusses bewusst sein, denn auch das Führungsverhalten prägt die Arbeitssituation. Wer auf einen wechselseitigen und vertrauensvollen Austausch setzt, Feedback gibt und Entscheidungen so kommuniziert, dass sie nachvollziehbar sind, schafft eine gute Basis. Zum anderen sollte offen über mögliche psychische Belastungen gesprochen werden. Mit ihrem Handeln helfen Vorgesetzte nicht nur unmittelbar Betroffenen, sondern setzen auch im Team ein wichtiges Signal.

Eine Checkliste "Auffallende Veränderungen im Verhalten" hilft Vorgesetzten, Warnsignale zu erkennen, zum Beispiel:

  • Ist jemand schneller überfordert und angestrengt als früher?
  • Fallen unverhältnismäßige Stimmungsschwankungen oder mangelndes Selbstvertrauen auf?
  • Reagiert die Person verstärkt aggressiv oder gereizt, zum Beispiel auf Kritik?
  • Zeigt jemand weniger Interesse an anderen und fehlt zunehmend die Geduld beim Zuhören?
  • Häufen sich Fehlzeiten, Unpünktlichkeit oder Qualitätsmängel?
  • Schwankt die Leistung stärker?Sind Veränderungen im äußeren Auftreten erkennbar?

Jetzt abrufen: Die vollständige Checkliste und weitere Hilfen für Führungskräfte.

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