Mehr als nur Sport! Start der BGW-Kletterinitiative #129 BGW-Podcast "Herzschlag - Für ein gesundes Berufsleben"
Klettern ist mehr als nur Sport – es bringt Körper, Geist und Selbstbewusstsein gleichermaßen in Bewegung. In dieser Folge begleiten wir den Startschuss der neuen Kletterinitiative der BGW. Moderator Ralf Podszus nimmt uns dazu mit auf das BGW forum „Sicher und gesund in der Behindertenhilfe“ in Hamburg. Dort spricht er mit Sportlerinnen und Sportlern über die Bedeutung von Inklusion im Sport, über persönliche Erfolgserlebnisse und darüber, wie Klettern Lebensqualität, Selbstwirksamkeit und Teilhabe stärken kann.
Mit dabei ist auch Katrin Degenhardt, die gemeinsam mit Mitgliedern des Vereins Climb High! für emotionale Höhepunkte am Kletterturm sorgt und zeigt, wie viel Potenzial in inklusivem Klettern steckt. Ob an der Wand, beim Rollstuhlbasketball, Tischtennis oder Boccia: Der Tag macht deutlich, wie Bewegung verbindet, Mut macht und Barrieren abbaut.
Hier kommen Sie zum Transkript dieser Folge
Moderator:
Klettern ist mehr als nur Freizeitsport. Es bringt Kopf und Körper in Bewegung. Untersuchungen zeigen, dass Klettern Menschen mit psychischen Erkrankungen helfen kann und sich auch bei Parkinson positiv auswirken kann. Eine BGW-Studie belegt außerdem, dass Klettern nachweisbare Effekte auf die psychische und somatische Gesundheit von Menschen mit kognitiver Beeinträchtigung hat. Die Teilnehmenden der Studie fühlten sich bei der Arbeit weniger gestresst, fitter und konnten besser mit Konflikten umgehen. Genau deshalb hat die BGW jetzt eine eigene Kletterinitiative gestartet – für Mitarbeitende und Beschäftigte in Werkstätten. Das ganze Konzept lernt ihr in dieser Podcast-Folge kennen. Startschuss der Initiative war beim BGW forum „Sicher und gesund in der Behindertenhilfe“ in Hamburg. Ja, und da bin ich auch noch und habe für euch ein paar Stimmen eingefangen.
Jingle:
Herzschlag! Für ein gesundes Berufsleben – der BGW-Podcast.
Durchsage (Ansage im Saal):
Liebe Besucherinnen und Besucher hier auf dem BGW forum: So sieht das bei uns mit Dienst und Sport aus. Und wie sportlich sind Sie? Kommen Sie doch später zu unserer Kletterwand. Da können Sie ausprobieren, ob Sie den Sport genauso toll finden wie wir!
Moderator:
Vielen Dank an den virtuellen „Lin…“ und an Corinna für diesen wunderbaren Auftakt zu unserem Startschuss zur Kletterinitiative der BGW. Gleich bin ich im großen Saal beim BGW forum. Und in diesem großen Saal ist auch der Kletterturm aufgebaut. Den kennt ihr vielleicht noch aus unseren Herzschlag-Folgen bei den Special Olympics in Berlin. Mit nur einer Hand habe ich damals probiert, den Fünf-Meter-Turm hochzuklettern – ja, das sollte halt auch mit einer Einschränkung sein. So hat sich das angehört:
Moderator:
Jetzt wird’s interessant. Ich bin im letzten Drittel angekommen. Es wird steiler, auch anstrengender, ich merke es jetzt hier tatsächlich. Stell mal den rechten Fuß auch noch nach oben … Einen einzigen muss ich noch halten und dann komme ich gerade hoch.
Clara:
Ah, das schaffst du!
Moderator: 
Ich bin tatsächlich abgerutscht und werde von Clara gehalten.
Clara: 
Dann kannst du dich entspannen, loslassen, in den Gurt setzen, und dann hole ich dich wieder runter.
Moderator: So, es geht wieder abwärts … Sehr gut … Jawoll … Vielen Dank! Ich hatte mich erst gefreut, weil Sie mir antworten – aber ich war gar nicht gemeint. Gute Nummer!
Moderator:
Genau auf der anderen Seite des Turmes wird gerade eine Rollstuhlfahrerin nach oben begleitet – und alle flippen vor Freude aus, inklusive sie. Sehr, sehr schön.
Das Klettern überlasse ich heute anderen. Ich schaue gleich auf jeden Fall rüber. Vorher gibt’s noch mal die wichtigsten Infos zur Kletterinitiative der BGW:
Info:
Klettern stärkt Körper, Geist und Selbstbewusstsein und ist gerade für Menschen mit Beeinträchtigungen eine Sportart mit Potenzial. Die BGW startet mit einer deutschlandweiten Kletterinitiative. Sie will Werkstätten für behinderte Menschen dabei unterstützen, inklusives Klettern anzubieten.
Unter dem Motto „Klettern macht stark – zusammen Spaß haben, Gesundheit stärken, Selbstvertrauen bekommen“ richtet sich die Initiative an Beschäftigte, Fachkräfte, Leitungen und Ehrenamtliche in den Werkstätten. Sie soll in erster Linie dazu beitragen, das Risiko von Arbeitsunfällen zu reduzieren. Gleichzeitig verbessert sie Beschäftigungsfähigkeit und Lebensqualität der Teilnehmenden durch Bewegung.
Im Zentrum steht ein Aktionstag, um inklusives Klettern auszuprobieren. Darüber hinaus hat die BGW mit Fachleuten aus Klettersport, Sportpädagogik und Inklusionsforschung Kletterangebote erarbeitet – vom einfachen Vernetzen Kletterbegeisterter bis hin zum Aufbau einer eigenen inklusiven Klettergruppe.
Die Initiative mit Aktionstagen und Angeboten findet regional gestaffelt über vier Jahre statt. Einrichtungen können sich ab sofort für einen Aktionstag in ihrer Region vormerken lassen – Termine und Infos unter bgw-online.de/klettern-inklusiv.
Moderator:
Da vorne sehe ich ein bekanntes Gesicht – die liebe Katrin Degenhardt. Sie war schon in Berlin bei den Special Olympics mit dabei, und ich habe mit ihr im Podcast gesprochen. Direktlinks zu diesen Podcast-Folgen findet ihr in den Shownotes dieser Herzschlag-Folge. Klickt mal rein und hört es euch direkt nach dieser Folge an.
Hier beim BGW forum ist Katrin wieder als Teamleiterin am Kletterturm dabei. Moin, Katrin – schön, dich nach zwei Jahren mal wieder so richtig live und in Farbe zu sehen!
Katrin Degenhardt:
Moin, Ralf! Hier in Hamburg jetzt – natürlich, wo sonst – beim Kletterturm.
Moderator:
Du lebst an diesem Kletterturm, ne?
Katrin Degenhardt:
Ziemlich viel, ja.
Wir haben gerade den ersten Kletterslot hinter uns, da waren ungefähr – ich würde sagen – fünfzehn Leute da. Ein paar haben erst mal aus sicherer Entfernung zugeschaut, so ein bisschen abgetestet und gecheckt. Die haben sich aber jetzt schon entschlossen, beim nächsten Kletterslot es doch mal zu versuchen. Wir sind hier mit einem Trainerteam von ungefähr zehn Leuten und haben unsere erste Kletterrunde hinter uns.
Moderator:
Und der Turm wurde ja hier in Hamburg spektakulär eingeweiht – in dieser großen Halle. Der steht hier mittendrin, war verhüllt – so Christo-mäßig – und dann flogen die Fetzen und ganz viele Ballons in die Höhe.
Katrin Degenhardt:
Ja, ich fand das schön, weil die Ballons die bunten Klettertritte wieder aufgegriffen haben. Es war ein tolles Bild – ich war richtig ergriffen, muss ich sagen.
Moderator:
An allen Seiten wird hochgekraxelt. Gibt’s auch wieder ein Gipfelbuch? Erklär doch mal kurz, was das ist.
Katrin Degenhardt:
Das Gipfelbuch hängen wir immer auf – als Zusatzmotivation. Manchmal bekommen Leute zwischendurch Angst oder wollen zu früh aufgeben. Wir stellen immer wieder fest: Die meisten trauen sich nicht genug zu. Die können mehr, als sie denken. Im Gipfelbuch tragen sich die Leute oben ein – oft mit sehr schönen, emotionalen Sätzen. Das ist auch für uns immer ein schönes Gefühl.
Diesmal haben wir kein Gipfelbuch, dafür einen Buzzer. Das Drücken des Buzzers hat auch offiziell die Kletterinitiative eröffnet. Das ist sozusagen unser Gipfelbuch hier.
Moderator:
An euch, liebe Kletternden: Vielleicht könnt ihr gleich mal den Buzzer drücken – das würde mich interessieren. Ich weiß nicht, ob die Lautsprecher gerade an sind, aber …
Katrin Degenhardt (lacht):
Verdammt, der Buzzer-Ton ist nicht an – den müssen wir uns vorstellen.
Aber auch ohne Ton ist es eine schöne Motivation. Und wenn’s die ganze Zeit mäh, mäh, mäh machen würde, wäre es auch nervig.
Moderator:
Stimmt. Dann lass uns über die positiven Wirkungen vom Klettern sprechen. Kann wirklich jede:r mitmachen, egal welche Einschränkung?
Katrin Degenhardt:
Ja. Klettern wirkt auf vielen Ebenen: körperlich – es stärkt den ganzen Körper, ist ein tolles Kraft-Ausdauer-Training, die Muskulatur wird gekräftigt, Koordination und Gleichgewicht werden geschult, auch die Handlungsplanung.
Und es stärkt Kompetenzen auf der psychischen Ebene: Selbstwirksamkeit, Selbstvertrauen, Selbstbewusstsein. Es ist eine Mut-Sache. Wenn man sich überwindet und oben ankommt, macht das ganz viel mit der Psyche. Viele trauen sich im Alltag, auch im Arbeitsalltag, mehr zu, sind stressresistenter und belastbarer. Das fasziniert mich immer wieder.
Moderator:
Gab’s heute schon emotionale Momente?
Katrin Degenhardt:
Hollywood-reif noch nicht (lacht). Aber schön zu beobachten war: Auch Menschen ohne Einschränkungen hatten mit sich zu kämpfen – schwitzige Hände, Aufregung, die erste Überwindung. Wenn sie’s dann schaffen, macht das unglaublich glücklich und motiviert weiterzumachen.
Wir haben manche ohne Einschränkung auch mit Handicap klettern lassen: mit Schlafmasken, nur eine Hand, nur ein Bein. Eine gute Selbsterfahrung, um sich in Menschen mit Einschränkungen hineinzuversetzen.
Moderator:
Hattet ihr schon Mitarbeitende aus Werkstätten hier, die sich das anschauten – vielleicht sogar hochgeklettert sind?
Katrin Degenhardt:
Ja, einige. Manche beobachten noch aus der Peripherie. Aber wir haben fünf Kletterslots – ein paar bekommen wir sicher noch an die Wand. An diesem Turm kommt man nicht vorbei (lacht).
Moderator:
Heute ist auch der Startschuss für die Kletterinitiative der BGW. Welches Potenzial siehst du?
Katrin Degenhardt:
Ein riesiges. Ich klettere seit zwölf Jahren mit Menschen mit unterschiedlichsten Beeinträchtigungen. Wer regelmäßig klettern geht, ist oft „nicht wiederzuerkennen“.
Ein Beispiel: Unsere „Kletter-WG“ – eine Wohngruppe der Lebenshilfe – kommt regelmäßig. Anfangs schüchtern, wenig zutrauend, schnell aufgegeben, wenig Kommunikation. Heute batteln sie sich, gehen in immer schwerere Routen, kommen rein, umarmen alle, sind super selbstbewusst und offen. Diese Kompetenzen lassen sich beim Klettern großartig fördern – und sie übertragen sich in den Alltag und Arbeitsalltag: mehr Stressresistenz, mehr Zutrauen, mehr Leistungsfähigkeit. Das muss man nutzen!
Moderator:
Höhe macht selbstbewusster. Den inneren Schweinehund einmal überwinden – und man fühlt sich fürs Leben gewappneter.
In Deutschland wird über eine Bewerbung für Olympische und Paralympische Spiele diskutiert. Könnten gerade die Paralympics dem Thema Sport und Inklusion noch mal einen Schub geben – vielleicht mit langfristigen Veränderungen … und wenigstens flacheren Bordsteinen und mehr funktionierenden Fahrstühlen?
Katrin Degenhardt:
Das wäre absolut zu wünschen. Die paralympische und auch die Special-Olympics-Bewegung rücken das Thema immer stärker in den Fokus. Und daran arbeiten wir alle – jeden Tag.
Wenn eine Sportart paralympisch oder Special-Olympics-diszipliniert wird – Klettern wird bei den Special Olympics international diskutiert, und es ist perspektivisch auch paralympisch im Gespräch –, bekommt sie mehr Förderung, Aufmerksamkeit und Öffentlichkeit. Das motiviert mehr Menschen, es auszuprobieren.
Moderator:
Katrin, vielen Dank – und jetzt wieder husch, husch aufs Türmchen!
Katrin Degenhardt (lacht):
Mach ich, mach ich. Ich drück dann auch mal den Buzzer!
Moderator:
So, ich gehe mal um den Turm herum – ans andere Ende. Da steht Corinna Wimmer. Hi, grüß dich!
Corinna Wimmer:
Hi, freut mich!
Moderator:
Du bist Kletterin – und kommst ordentlich rum. Wenn man in deinen Reisepass guckt: Wo warst du dieses Jahr überall?
Corinna Wimmer:
Australien, USA, Niederlande, Österreich, Schweiz, Italien – als Nächstes steht Südkorea an. Klettern verbindet international sehr – das genieße ich.
Moderator:
Alles in einem Jahr! Wie kann das sein? Was machst du genau?
Corinna Wimmer:
Meistens fahre ich für internationale Wettkämpfe – World-Cup-Saison mit drei Weltcups über den Sommer und als Saison-Highlight entweder EM oder WM. Dieses Jahr ist es die Weltmeisterschaft. Und privat treffe ich mich gern mit anderen Paraclimbern zum gemeinsamen Training und Vernetzen.
Moderator:
Du bist Paraclimberin. Was macht dir daran am meisten Spaß?
Corinna Wimmer:
Das Klettern (lacht). Und der Austausch mit anderen, die ähnliche oder gleiche Behinderungen haben wie ich. Mir fehlt der rechte Unterarm und die Hand – das Ellenbogengelenk ist funktionell, das nutze ich aktiv. Damit klettere ich die Wand hoch – auch im Wettkampf.
Moderator:
Wann bist du das erste Mal geklettert – und was hat es mit dir gemacht?
Corinna Wimmer:
Vor über zehn Jahren. Ich habe sehr starke Höhenangst, bin aber supergern draußen unterwegs – und das hat mich eingeschränkt. Ich habe Klettern als Expositionstraining begonnen. Trotz der Angst hat es mich total gepackt: den ganzen Körper an die Wand bringen, Routen austüfteln – ich habe sofort gefühlt: „Das ist mein Sport.“ In diesen zehn Jahren hat Klettern maßgeblich zu meiner persönlichen Entwicklung beigetragen. Alles, was ich an der Wand lerne, nehme ich in den Alltag mit. Es hat mir viel Selbstbewusstsein gegeben – meine Behinderung in einem positiven Setting zu sehen und als Stärke zu betrachten. Dafür bin ich Klettern und der Community sehr dankbar.
Moderator:
Die Höhenangst – komplett weg?
Corinna Wimmer:
Ich arbeite immer noch dran – mit Angst. Aber ich habe einen großen Durchbruch geschafft und arbeite jetzt auf einem anderen Level daran. Das macht mich stolz.
Moderator:
Und das Internationale? Was nimmst du von Begegnungen in anderen Ländern mit?
Corinna Wimmer:
Erweiterte Sichtweisen, unterschiedliche Herangehensweisen, mehr Offenheit. Es gibt mehrere Wege, ein Ziel zu erreichen – ein unglaublicher Lernprozess.
Moderator:
Du vertrittst Deutschland bei Wettkämpfen. Ist das Messen mit den Besten noch eine besondere Herausforderung?
Corinna Wimmer:
Klar. Aber mein Anspruch ist vor allem, meine eigene Bestleistung an der Wand abzugeben. Erst mal ist es ein „Kampf“ gegen Route und Wand, dann gegen die anderen. Nervös bin ich immer noch – aber ich freue mich jedes Mal riesig.
Moderator:
Hast du die Behinderung von Geburt an?
Corinna Wimmer:
Ja. Ich bin damit aufgewachsen, lerne alles mit Behinderung – das ist mein Normal für Alltag und Beruf. Klettern hat mir geholfen, sie nicht als Makel zu sehen, sondern als Stärke, die mich im Leben weiterbringt.
Moderator:
Ich drücke alle Daumen – spätestens bei den Paralympics sieht man dich dann beim Klettern!
Corinna Wimmer:
Bitte alle Daumen drücken!
Moderator:
Und ich höre gerade von der Technik: Der Buzzer geht wieder. Corinna, magst du schnell hochklettern und mal drücken?
Corinna Wimmer:
Na klar!
Moderator:
Und da düst sie schon hoch … Corinna kann jede steile Wand einfach so hoch … super! – Sehr gut! – Hat Spaß gemacht!
Moderator:
Neben Klettern gibt’s noch viele weitere inklusive Sportarten. Einige davon können alle Interessierten in einer Halle am Hamburger Hafen anschauen – und natürlich selbst ausprobieren. Alles im Rahmen des BGW forums. Das lasse ich mir nicht entgehen.
Ich bin schon in der Halle, mache ein bisschen mit – und spreche vor allem mit den Menschen, die hier vor Ort sind.
Hier sehe ich einen großen Basketball-Parcours, ganz viele Rollstuhlbasketballerinnen und -basketballer. Unter anderem ist Maja Lindholm mit dabei. Hi, grüß dich!
Maja Lindholm:
Moin, hallo!
Moderator:
Du bist aktive Basketballerin – mit einigen Titeln. Welche?
Maja Lindholm:
Paralympics in London – Gold. Silber in Rio. Vierter Platz in Tokio. Ein bisschen was habe ich schon zusammengesammelt (lacht).
Moderator:
Großartig – herzlichen Glückwunsch! Deine Nationalmannschaftskarriere endet jetzt?
Maja Lindholm:
Genau. Nach Paris habe ich die Nationalmannschaftskarriere beendet. In Hamburg spiele ich weiter in der Bundesliga – ein bisschen weniger Training, weniger Reisen, etwas mehr Freizeit und Leben.
Moderator:
Du spielst beim HSV – da seid ihr leider abgestiegen, jetzt soll’s wieder hochgehen?
Maja Lindholm:
Ja, wir sind in die zweite Bundesliga runter, streben den Aufstieg an. Hoffen, dass wir’s dem großen HSV nachmachen (lacht).
Moderator:
Seit wann sitzt du im Rollstuhl – und wie hat Sport da reingefunden?
Maja Lindholm:
Seit 2004 – Rückenmarksentzündung, ich war 13. In der Reha habe ich den Weg in den Sport gefunden. Davor war ich eher unsportlich. Rehasport, dann hat man mir Rollstuhlbasketball nahegelegt. Erst etwas widerspenstig, dann habe ich gemerkt: Das tut mir gut. Mit Menschen zusammenkommen, die Ähnliches erlebt haben, sehen: Das Leben findet Wege und ist nicht vorbei. Die Angst wird einem schnell genommen. Außerdem hilft Fitness im Alltag – je fitter, desto mobiler kann ich mein Leben gestalten. Seit 2009 war ich in der Nationalmannschaft – bis letztes Jahr.
Moderator:
Was war schwieriger: zum ersten Mal mit dem Rollstuhl den Bordstein hoch – oder der erste Dreier?
Maja Lindholm (lacht):
Den ersten Dreier habe ich bis heute nie geworfen – nicht meine Disziplin. Beides hat seine Herausforderungen und braucht Training und Mut. Der Sport hilft, den Weg zu gehen – und mit dem einen wird das andere besser.
Moderator:
Viel Freude weiterhin – und danke für alles, was du erreicht hast!
Maja Lindholm:
Danke! Vielleicht kommt noch was Neues – aber erst mal ein bisschen Urlaub. Und klar: Ich schaue mir hier noch andere Sportarten an.
Moderator:
Ich gehe weiter durch die große Halle am Hafen. Da hinten ist auch eine PlayStation an – wenn man mal weniger Sport machen will, kommen die Finger zum Einsatz (lacht).
Und hier: Kicker! Da gehe ich mal ran. Hallo – wie steht’s denn?
Besucherin 1:
Schlecht. Ganz schlecht. Wir verlieren!
Moderator:
Dann gehe ich mal zu den Gewinnern – da fühle ich mich immer wohler. Warum führt ihr gerade so gut?
Besucher 2 (lacht):
Weil ich super bin.
Moderator:
Gute Antwort! – Oh, jetzt verdecke ich mit meinem Mikro den Blick … oh, sorry … jetzt habt ihr ein Tor kassiert? Ich war schuld, oder? Aber ich habe trotzdem hier drauf (lacht). Okay – viel Freude euch!
Moderator:
Diese riesige Hafenhalle: Jahrmarkt ist das Motto. Alle inklusiven Sportarten sind festlich geschmückt, jede unter einem großen Zelt mit bunten Streifen. Budenzauber, Essen – alles dabei.
Jetzt gehe ich mal zu Boccia rüber – unterm großen gelb gestreiften Zelt. Da steht Thomas – den kennt ihr aus der letzten Podcast-Folge. Hallo, grüß dich!
Thomas:
Hallo! Wir haben hier ständig neue Teilnehmerinnen und Teilnehmer – das ist das Tolle. Viele sagen: „Sieht interessant aus – können wir mal mitspielen?“ Und zack, gibt’s die nächste Einweisung.
Moderator:
Spielen hier gerade auch Menschen mit Behinderung?
Thomas:
Ja. Da auf Position drei – rote Kugeln – eine leichte Behinderung, die wir über Handicap-Punkte ausgleichen. Es fängt nicht 0:0 an: hat jemand zwei Handicap-Punkte, startet das Team 2:0. So ist es gerechter.
Uns geht’s heute darum, dass alle den Sport kennenlernen – und vielleicht jemand sagt: „Das ist spannend für unsere Einrichtung, das probieren wir aus.“
Moderator:
Oh, da wird gerade geworfen … wir sind fast im Finale, würde ich sagen. Wie ist die Kugel gelaufen?
Thomas:
Die hätte etwas gerader kommen können (lacht).
Und das eben war ein Königsstoß – perfekt! Zwei Kugeln dürfen noch. Man kann mit dem letzten Ball noch alles drehen.
Moderator:
Ich frage mal den Schiedsrichter: Wie ist die Wertung?
Schiedsrichter:
Alles offen! Keine Entscheidung, es geht weiter. Das war Runde eins, jetzt kommt Runde zwei. Insgesamt spielen wir vier Runden. Bei Gleichstand gibt’s einen Tie-Break: Der Jack (die Zielkugel) kommt in die Mitte, und wer am nächsten liegt, gewinnt.
Moderator:
Auch Boccia kann nervenaufreibend sein!
Schiedsrichter (lacht):
Und wie!
Moderator:
Ich spreche mal mit jemandem, der eben gespielt hat. Hallo – du bist?
Fabian:
Fabian. Ich habe eben mit meinem Team gewonnen – und zwar deutlich!
Moderator:
Bist du Boccia-Spieler – oder heute zum ersten Mal geschnuppert?
Fabian:
Zum ersten Mal – anscheinend Talent gefunden (lacht). Vielleicht mache ich das öfter – erst mal weiter am Strand üben, aber wer weiß.
Moderator:
Dafür ist das BGW forum da: reinschnuppern und Neues kennenlernen. Viel Spaß dir noch!
Fabian:
Danke!
Moderator:
Jetzt bin ich beim Tischtennis – hier wird Rollstuhl-Tischtennis gespielt. Man sieht: Wenn der Ball weg ist, ist es nicht so einfach, ihn mal eben vom Boden hochzuholen. Deshalb steht ein Karton mit vielen Bällen auf dem Tisch. Wer bist du?
Rebecca:
Hi, ich bin Rebecca. Ich spiele als Hobby – aber auch ein bisschen leistungsorientiert. Ich bin bei Lehrgängen dabei und habe dieses Jahr mein erstes internationales Turnier gespielt.
Moderator:
Glückwunsch! Also langsam Richtung Paralympics?
Rebecca:
Das ist schon das Ziel. Ich sitze noch nicht so lange im Rollstuhl – seit zweieinhalb Jahren, und seit anderthalb Jahren spiele ich Tischtennis. In Hamburg gibt’s einen tollen Verein für Rollstuhl-Tischtennis, da habe ich angefangen und dann schnell auch außerhalb gespielt.
Moderator:
Darf ich fragen: Unfall oder Krankheit?
Rebecca:
Ein privater Unfall. Ich habe mich gegen ein morsches Geländer gelehnt, das durchgebrochen ist – rückwärts auf die unterste Kellertreppe gefallen, doppelter Wirbelbruch. Das ging leider sehr schnell.
Moderator:
Und jetzt schon so aktiv – stark. Hier steht der Ball-Kasten auf dem Tisch – eigentlich gehört daneben doch ein Ballständer, oder?
Rebecca:
Genau. Normalerweise steht ein Ballständer neben dem Tisch – der fehlt hier. Man sollte bei der Vorbereitung Menschen mit Behinderung einbeziehen, dann passieren solche Dinge nicht so leicht. Aber man wird oft erfinderisch (lächelt).
Moderator:
Ein guter Reminder für mehr gelebte Inklusion. Hast du Spaß hier?
Rebecca:
Klar, auf jeden Fall!
Moderator:
Ich düse noch rüber zu Matthias – den kennt ihr auch aus einer BGW-Podcast-Folge. Hallo!
Matthias:
Hallo! Ich habe mich aus Solidarität mal in den Rollstuhl gesetzt und spiele mit – wollte wissen, wie es ist, tiefer am Tisch zu sein und den Ball anders berechnen zu müssen. Nach zehn Jahren Theorie jetzt mal Praxis (lacht).
Moderator:
Sehr gut – viel Freude!
Matthias:
Danke!
Moderator:
Ich schaue mir gleich noch weitere inklusive Sportarten an. Viele inspirierende Menschen heute – und es geht bestimmt so weiter. Ich merke aber auch: Von Standort zu Standort hechten – das hinterlässt den ein oder anderen Schweißfleck an meinem Sakko (lacht). Deswegen habe ich mir jetzt eine kleine Auszeit verdient.
Das war’s hier vom BGW forum in Hamburg – in der letzten Folge in der Rothenbaumchaussee, in dieser Folge mitten in der HafenCity, direkt an der Elbe.
Am Kletterturm war ich heute auch – und hier in der Halle war richtig viel los. Wir haben erlebt, wie viel Bewegung bewirken kann – nicht nur sportlich, sondern vor allem menschlich. Inklusiver Sport schafft Teilhabe und bringt Menschen zusammen, die sich sonst vielleicht nie begegnet wären. Manch eine:r versucht sich jetzt demnächst beim Boccia – hätte er oder sie vorher nicht gedacht. Die BGW-Initiative sorgt hoffentlich dafür, dass bald in vielen Werkstätten regelmäßig geklettert wird. Mehr Infos: bgw-online.de. Wenn euch diese Folge gefallen hat, abonniert den Podcast, lasst eine Bewertung da und erzählt gern euren Kolleginnen und Kollegen davon. Danke fürs Zuhören – ich bin Ralf Podszus und freue mich aufs nächste Mal.
Moderator (lacht):
So – jetzt habe ich mir nach dem ganzen Sport noch ein Eis verdient – von Marco, von „Frau Mais Eisladen“. Und da gehe ich jetzt mal hin … Während ich an der Schlange stehe, sehe ich noch: „… Eislöffel, heimkompostierbar, 100 Prozent Öko, kein Plastik“ – sehr schön.
Moderator:
Hallo, Marco!
Marco:
Hallo!
Moderator:
Ich werde gleich dein Eis lieben (lacht). Ich bin ja ein sehr kritischer Eisesser. Ich hätte gern drei Kugeln im Becher – Pistazie …
Marco:
Ist echte Pistazie.
Moderator:
… dann noch Milchreis – und Kirsch-Banane, bitte.
Marco:
Sehr gut!
Moderator (kostet):
Mmmh, köstlich. Frau Mais – da kannst du mal sehen! Danke dir, Marco.
Marco:
Ich danke dir – lass es dir schmecken!
Jingle:
Herzschlag! Für ein gesundes Berufsleben – der BGW-Podcast.
Interviewgäste
Katrin Degenhardt
Teamleiterin Kletterturm
Corinna Wimmer
Paraclimberin
Maja Lindholm
Paralympics-Goldmedaillengewinnerin im Rollstuhlbasketball
Rebecca
Rollstuhltischtennisspielerin
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