Beauftragte im Medizinprodukterecht
Bei der Nutzung von Medizinprodukten sollen weder Beschäftigte noch Patientinnen und Patienten oder weitere Personen im direkten beruflichen Umfeld gefährdet werden. Um das sicherzustellen, setzen Unternehmen unter anderem Medizinproduktebeauftragte ein. Was ist dabei zu beachten?
Was viele nicht wissen: Der häufig genutzte Begriff "Medizinproduktebeauftragte/r" kommt im Medizinprodukterecht nicht vor. Dabei können solche Beauftragten eine wichtige Rolle für den sicheren Umgang mit Medizinprodukten übernehmen. Wie schaffen Betriebe die Voraussetzungen dafür?
Tatsächlich kennt das Regelwerk für den betrieblichen Bereich nur "Beauftragte für Medizinproduktesicherheit". §6 Medizinproduktebetreiberverordnung (MPBetreibV) legt deren Aufgaben fest:
- Sie koordinieren den Umgang mit mangelhaften, gefährlich gewordenen Medizinprodukten im eigenen Betrieb.
- Sie halten den Kontakt zu Behörden und Herstellungsunternehmen.
Für ihre Tätigkeit müssen sie ein bestimmtes berufliches Qualifikationsprofil erfüllen, aber darüber hinaus keine besondere, zusätzliche Ausbildung durchlaufen.
Medizinproduktebeauftragte als zentrale Ansprechpersonen
Gesundheitsbetriebe müssen aber auch weitere Pflichten für den Umgang mit Medizinprodukten regeln – beispielsweise technische Prüfungen, Einweisungen, Dokumentationen. Für diese Aufgabenfelder werden ebenfalls Beauftragte eingesetzt. Bezeichnet werden sie in der Regel als "Medizinproduktebeauftragte", es kursieren aber auch Begriffe wie Medizinprodukteverantwortliche beziehungsweise -koordinatoren oder Gerätebeauftragte.
Hintergrund: Was sind "Beauftragte"?
Unternehmerinnen und Unternehmer können nicht alle Aufgaben, für die sie Verantwortung tragen, selbst erfüllen. In manchen Bereichen ist beispielsweise fundiertes Fachwissen nötig. Im Rahmen einer Pflichtenübertragung wird die Verantwortung für ein Schwerpunktthema daher bei einer anderen Person (Beauftragte/r) gebündelt.
Die Vorteile für die Unternehmensleitung liegen auf der Hand: Es gibt eine feste Ansprechperson, Fort- und Weiterbildungsnotwendigkeiten lassen sich bündeln, die Leitung schafft Rechtssicherheit und minimiert Haftungsrisiken. Auf solche Beauftragten trifft man zum Beispiel in Bereichen wie Laserschutz, Abfall oder Brandschutz. Die Rolle von Beauftragten muss aber nicht zwangsläufig im Regelwerk genannt oder eingefordert werden.
Das Organisationsprinzip der Beauftragung hat sich insbesondere bei komplexen Themen wie dem Umgang mit Medizinprodukten bewährt. Erfolgreich handeln können Beauftragte dabei nur mit klarem Auftrag – und wenn die Rahmenbedingungen stimmen.
Aufgaben und Pflichten im Überblick
Die Aufgaben von Beauftragten für Medizinproduktesicherheit sind zwar durch das Regelwerk genauestens geregelt, es handelt sich aber nicht um Routinetätigkeiten, sondern eher um Regelungen für Sondersituationen. Bemerkenswert ist auch, dass sich die Anforderungen über drei Regelwerke erstrecken: Medizinprodukte-Betreiberverordnung (MPBetreibV), Medizinprodukterecht-Durchführungsgesetz (MPDG) und Medizinprodukte-Anwendermelde- und Informationsverordnung (MPAMIV).
Um diese Aufgaben geht es:
- Meldepflichten von "mutmaßlichen schwerwiegenden Vorkommnissen" von Betreibern und Anwendern gegenüber Behörden (insbesondere Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte) (nach §3 MPAMIV)
- Koordinierung der internen Prozesse zur Erfüllung der Melde- und Mitwirkungspflichten der Anwender und Betreiber (§6 Abs. 2 MPBetreibV)
- die Aufgaben einer Kontaktperson für Behörden, Hersteller und Vertreiber im Zusammenhang mit Meldungen über Risiken von Medizinprodukten (§6 Abs. 2 MPBetreibV)
- Zusammenarbeit und Mitwirkungspflichten mit dem BfArM im Zusammenhang bei Medizinprodukte, die im Verdacht stehen, an einem schwerwiegenden Vorkommnis beteiligt zu sein (§72 MPDG)
Vorgegebene Rahmenbedingungen
Pflichten des Unternehmers beziehungsweise der Unternehmerin:
- Einen offiziellen Beauftragten für Medizinproduktesicherheit bei Gesundheitseinrichtungen über mit regelmäßig mehr als 20 Beschäftigten etablieren (§6 Abs.1 Satz 1 MPBetreibV)
- Sicherstellen der Qualifikationsvoraussetzung, dass
eine sachkundige und zuverlässige Person mit medizinischer, naturwissenschaftlicher, pflegerischer, pharmazeutischer oder technischer Ausbildung als Beauftragter für Medizinproduktesicherheit bestimmt
wird (§6 Abs.1 Satz 2 MPBetreibV) - Gewährleisten, dass
Beauftragte für Medizinproduktesicherheit der Erfüllung der (…) übertragenen Aufgaben nicht behindert und (…) nicht benachteiligt werden
(§6 Abs.3 MPBetreibV) - Sicherstellen, dass eine
Funktions-E-Mail-Adresse des Beauftragten für die Medizinproduktesicherheit auf ihrer Internetseite bekannt gemacht ist
(§6 Abs.4 MPBetreibV)
Achtung: Es gibt kein vorgegebenes Aufgabenprofil für diese Beauftragten! Aufgaben sind daher einzeln festzulegen und können zum Beispiel Folgendes umfassen:
- Unterstützung bei der Durchsetzung des "Verwendungsverbots" von Medizinprodukten (§11 MPDG)
- Organisation der gerätespezifischen Einweisung von Medizinprodukten (§4 Abs. 3 MPBetreibV)
- Einweisung von besonderen gefährlichen Medizinprodukten (§10 MPBetreibV)
- Organisation von Prüfungen für Medizinprodukte, unter anderem
- Elektroprüfung nach VDE 751
- sicherheitstechnische Kontrollen kurz STK (§11 MPBetreibV)
- messtechnische Kontrollen kurz MTK (§14 MPBetreibV)
- weitere mögliche Prüfungen wie Kontrolle und Kalibrierung (zum Beispiel von Blutzuckermessgeräten), Eichung und Validierung (nach §9 MPBetreibV; RiliBÄK)
- Erstellung und regelmäßige Aktualisierung eines Bestandsverzeichnisses (§13 MPBetreibV)
- Erstellung und regelmäßige Aktualisierung des Medizinproduktebuchs (§12 MPBetreibV)
- Konzeptentwicklung zum Umgang mit betriebsfremden, von Patientinnen und Patienten mitgebrachten Medizinprodukten
- Beratung der Unternehmensleitung zu allen Fragen des sicheren Umgangs mit Medizinprodukten
Vorgegebene Rahmenbedingungen
- Keine - Beauftragte nicht im Regelwerk vorgesehen
- Das Fehlen von transparenten rechtlichen Rahmenbedingungen führt im betrieblichen Alltag zu Problemen, sofern nicht entsprechende Regelungen im jeweiligen Unternehmen getroffen werden.
Fehler bei der Benennung von Beauftragten vermeiden
Die häufigsten Fehler sind, Handlungsaufträge auf Zuruf und womöglich sogar ohne Zustimmung der betreffenden Person zu erteilen. Gerade wenn Begrifflichkeiten unklar und Rollen nicht eindeutig geregelt sind, ist es wichtig, auch Details schriftlich zu klären, von der Aufgabenbeschreibung über Pflichten, Rechte und Befugnisse bis zur Vertretungsregelung.
Die eingesetzten Personen sollten einen geeigneten fachlichen Hintergrund und Erfahrung haben. Darüber hinaus spielen ausreichende zeitliche Ressourcen eine entscheidende Rolle. Der einzuplanende Aufwand kann dabei stark variieren: Hoch ist er beispielsweise, wenn der Bestand aller Medizinprodukte von Grund auf neu ermittelt werden muss. Wo bereits eine erfolgreiche Organisation im Hinblick auf Medizinprodukte aufgebaut ist, fällt entsprechend weniger Aufwand an.
Aus- und Fortbildung organisieren
Wer verantwortungsvolle Aufgaben und Pflichten übernehmen soll, muss dazu fachlich in der Lage sein. Das Medizinprodukterecht ist zu komplex, um sich alles per Selbststudium oder 'Training on the Job' anzueignen. Es liegt im Interesse der Unternehmerinnen und Unternehmer, Beauftragte fachlich zu qualifizieren und regelmäßige Fortbildungen zu gewährleisten.
Die BGW bietet das Seminar "Medizinprodukte sicher betreiben und anwenden" als guten Ausgangspunkt. Es vermittelt Rechtsgrundlagen zielgruppengerecht für den Gesundheitsdienst. Mit Vorträgen, Gruppendiskussionen und praktischen Übungen wird das notwendige Wissen für die Aufgaben im Betrieb gefestigt. Teilnehmende werden so in die Lage versetzt, Tätigkeiten als Medizinproduktebeauftragte oder Beauftragte für Medizinproduktesicherheit auszuüben. Das BGW-Seminar ist aber nur eine von vielen Möglichkeiten auf dem Markt für Fortbildungen.
Medizinproduktebeauftragte erfolgreich benennen
Schriftlich beauftragen – mit Unterschrift von Führungskraft und beauftragter Person
Aufgaben konkret und einzeln aufführen – Checkliste, Zuständigkeiten ("Wer macht was?")
Zusammenarbeit auf Augenhöhe sicherstellen – gegenseitige Unterstützung von Führungskraft und beauftragter Person
Ausbildung und Fortbildung fest vereinbaren – aktiv gefördert von Vorgesetzten
Zeitliche Ressourcen bereitstellen
Ausstattung klären – zum Beispiel digitale Endgeräte, Software, Räumlichkeiten
Befugnisse und Rechte schriftlich fixieren – Führungskräfte verpflichten sich zur Zusammenarbeit
Interne Kommunikation sicherstellen, Austausch sichern – zum Beispiel mit Führungskräften und Arbeitsschutzausschuss
Vertretung regeln – auch schriftlich festhalten, dass bei Abwesenheit ohne Vertretung die zuständige Führungskraft die Verantwortung übernimmt