Partnerschaftlich im Einsatz für die Gesundheit BGW magazin 4/2024
Ob Betriebsrat oder Mitarbeitervertretung: In vielen größeren Betrieben gibt es eine betriebliche Interessenvertretung. Wie ist sie in das Netzwerk für Arbeitsschutz eingebunden?
Die Interessenvertretungen setzen sich für die Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen im Betrieb ein. Im privatwirtschaftlichen Sektor nimmt der Betriebsrat diese Aufgabe wahr. In Einrichtungen mit kirchlicher Trägerschaft ist es die Mitarbeitervertretung, kurz: MAV. Mit der Geschäftsleitung ist eine partnerschaftliche Zusammenarbeit zu empfehlen.
- Überwachung: Sie achten darauf, dass die Arbeitsschutzvorschriften eingehalten werden.
- Information: Sie müssen zeitnah über relevante Angelegenheiten und Entscheidungen informiert werden.
- Mitwirkung beziehungsweise Mitberatung: Sie müssen gehört werden und Position beziehen können.
- Mitbestimmung: In bestimmten Angelegenheiten muss ihre Zustimmung eingeholt werden.
Betriebsrat und MAV erhalten so die Möglichkeit, gesunde und sichere Bedingungen am Arbeitsplatz gemeinsam mit dem Arbeitgeber oder der Arbeitgeberin zu gestalten. Selbst anordnen können sie Arbeitsschutzmaßnahmen nicht.
Die Schaltstelle: der Arbeitsschutzausschuss
In größeren Unternehmen mit mehr als 20 Beschäftigten ist der Arbeitsschutzausschuss das koordinierende Gremium im betrieblichen Arbeitsschutz. Die Interessenvertretung benennt dafür aus ihren Reihen zwei Mitglieder. Behandelt werden Themen wie die Gefährdungsbeurteilung, die Auswertung des betrieblichen Unfallgeschehens und die sich daraus ergebenden erforderlichen Maßnahmen.
Wachsam im Arbeitsschutz
Bei der Aufgabe „Überwachung“ geht es in erster Linie um vertrauensvolle Zusammenarbeit, um Unterstützung und Überzeugung. So haben die Interessenvertretungen einerseits einen wachsamen Blick auf die Verantwortlichkeiten der Arbeitgeberseite. Andererseits unterstützen und motivieren sie die Beschäftigten, sich an Sicherheitsregeln und Schutzmaßnahmen zu halten. Überwachungsaufgaben haben Betriebsrat und MAV bei der systematischen Organisation des Arbeitsschutzes und bei der Gefährdungsbeurteilung, zum Beispiel:
- Sind die erforderlichen Strukturen geschaffen, beispielsweise Sicherheitsbeauftragte bestellt?
- Sind Arbeitsstätten, Arbeitsmittel und Abläufe sicher gestaltet?
- Sind Betriebsanweisungen erstellt, bekannt und einsehbar?
- Finden regelmäßig Unterweisungen der Beschäftigten statt?
- Werden Arbeitszeitgesetz und Vorgaben zur Arbeitszeiterfassung eingehalten?
- Werden Gefährdungsbeurteilungen regelmäßig aktualisiert?
- Werden Schutzmaßnahmen eingehalten und sind sie wirksam?
Bei Angelegenheiten aus ihrem Tätigkeitsbereich muss die Interessenvertretung rechtzeitig und unaufgefordert informiert werden. Dazu zählen unter anderem:
- anzeigepflichtige Arbeitsunfälle
- Berufskrankheitenverfahren
- Arbeitsschutzthemen im Rahmen der betriebsärztlichen und sicherheitstechnischen Betreuung
- bauliche, technische oder organisatorische Veränderungen im Betrieb
- Unfalluntersuchungen oder Besichtigungen durch die BGW und Behörden
Für die Informationsweitergabe ist es sinnvoll, klare und transparente Kommunikationswege im Unternehmen zu etablieren. Also zum Beispiel zwischen Interessenvertretung, Arbeitsschutzausschuss, Beschäftigten und Arbeitgeber oder Arbeitgeberin.
Stärkste Möglichkeit der Einflussnahme: Mitbestimmung
Die betrieblichen Interessenvertretungen sind an Entscheidungen zur Sicherheit und Gesundheit im Unternehmen zu beteiligen. Mitbestimmung bedeutet, gemeinsam mit der Unternehmensleitung zu entscheiden. Unter die Mitbestimmung fällt unter anderem die Entscheidung über die Art der betriebsärztlichen und sicherheitstechnischen Betreuung.
Die Interessenvertretung kann sich bei der Gefährdungsbeurteilung besonders für die gesundheitsförderliche Gestaltung der Arbeitsplätze engagieren. Also an Begehungen teilnehmen, die Kommunikation zwischen den Beteiligten moderieren und eigene Vorschläge einbringen. Wie die Gefährdungsbeurteilung sowie Unterweisungen durchgeführt werden, ist mitbestimmungspflichtig.
Mitwirkung beziehungsweise Mitberatung
Bei weiteren Arbeitsschutzangelegenheiten – wie der Benennung von Sicherheitsbeauftragten oder der Auswahl persönlicher Schutzausrüstung – ist die betriebliche Interessenvertretung mitwirkend und beratend beteiligt. Die Entscheidungskompetenz liegt in diesen Fällen allein bei der Unternehmensleitung. Evangelische und katholische Kirche, Caritas und Diakonie verwenden statt Mitwirkung den Begriff Mitberatung.
Initiative ergreifen
Betriebsrat und MAV erhalten von Kollegen und Kolleginnen eventuell Hinweise auf Sicherheitsmängel oder Belastungen. Die Mitglieder der betrieblichen Interessenvertretung können zur Beseitigung von Gefahrenquellen und Missständen beitragen, indem sie den Hinweisen nachgehen und das Gespräch suchen.
Möglich sind auch Betriebs- oder Dienstvereinbarungen mit der Geschäftsleitung über weitergehende Maßnahmen für Sicherheit und Gesundheit, um gesetzliche Standards zu erweitern oder betrieblich zu konkretisieren.
Von: Markus Nimmesgern