Schutzmaßnahmen festlegen: Substitution

Die Minimierung von Gefährdungen durch Substitution eines Gefahrstoffes steht an erster Stelle in der Hierarchie von Maßnahmen.

Insbesondere giftige Stoffe, krebserzeugende, keimzellmutagene und reproduktionstoxische Gefahrstoffe (CMR-Stoffe) der Kategorie 1A und 1B, auch sensibilisierende Stoffe müssen vorrangig ersetzt werden, wenn dies technisch möglich ist.

Wenn aufgrund der Gefährdungsbeurteilung auf eine technisch mögliche Substitution verzichtet wird, muss das in der Dokumentation begründet sein.

Kriterien für die Substitutionsprüfung

Bei der Priorisierung spielen natürlich auch Einflussfaktoren wie beispielsweise die Einsatzmengen eine Rolle. Werden beispielsweise vom Ersatzstoff erheblich größere Mengen benötigt, bei vergleichbarem Freisetzungsverhalten, kann das die Wirksamkeit der Substitution auch soweit verringern, dass sie kaum sinnvoll ist.

Der Einsatz eines ungefährlicheren Ersatzstoffes kann eventuell Einsparungen bei ansonsten notwendigen kostenintensiven Schutzmaßnahmen ermöglichen und daher auch wirtschaftlich vorteilhaft sein. Die Entscheidung kann jedoch nur im Rahmen von Therapiemöglichkeiten, Hygienevorschriften und produktionsbedingten Vorgaben getroffen werden.

Die Gefahrstoffverordnung und die TRGS 600 beschreiben die formalen und allgemeingültigen Kriterien der Substitution, Leitkriterien für die Vorauswahl aussichtsreicher Substitutionsmöglichkeiten und zur Zumutbarkeit einer Substitution.

  • Substitutionsmöglichkeiten für bestimmte Gefahrstoffe und Verfahren werden in den TRGS der 600er Reihe beschrieben
  • Die Substitutionsprüfung für CMR-Stoffe ist in der Gefahrstoffverordnung §10 beschrieben
  • Sensibilisierende Stoffe müssen nach den Vorgaben der TRGS 406 „Sensibilisierende Stoffe für die Atemwege“ und der TRGS 401 „Gefährdung durch Hautkontakt“ ersetzt werden

Arbeitshilfen für die Substitutionsprüfung

GISBAU-Produkt-Code

Der Produktcode beziehungsweise GISCODE der Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft fasst Produkte mit ähnlicher chemischer Zusammensetzung, für ähnliche Verwendungszwecke und vergleichbarer Gefährdung in Produktgruppen zusammen.

Der Produktcode steht im Sicherheitsdatenblatt und auf dem Gebindeetikett. Die BG Bau stellt zugehörige Informationen zu Schutzmaßnahmen und Vorlagen für Betriebsanweisungen zur Verfügung.

Spaltenmodell nach TRGS 600

Das Spaltenmodell nach TRGS 600 ermöglicht eine vergleichende Bewertung der gesundheitlichen Gefährdungen und sicherheitstechnischen Maßnahmen. Mit dem Spaltenmodell kann ein Produkt mit einem potenziellen Ersatzprodukt verglichen werden. Dazu müssen die Informationen aus dem Sicherheitsdatenblatt und die Art der Anwendung bekannt sein.

Tipps und Beispiele aus der Praxis

Verzicht auf den Gefahrstoff

  • Häufig ist der routinemäßige Einsatz von Flächendesinfektionsmitteln bei der Fußbodenreinigung und der Reinigung des Sanitärbereiches nicht notwendig
  • Akkubetriebene Geräte anstelle von Kleingeräten mit Bezinmotoren verwenden

Auswahl eines ungefährlicheren Ersatzstoffes

  • Desinfektionsmittel ohne Formaldehyd/Aldehyde verwenden
  • lösemittelarme Stoffe wie Wasserlacke, Pulverlacke, Dispersionsfarben und -kleber, wässrige Reiniger verwenden
  • benzolfreies Alkylatbenzin als Sonderkraftstoff für Kleingeräte mit Verbrennungsmotoren verwenden
  • GISCODE/Produktcode: Stoffe mit kleineren Nummern verwenden
  • cadmiumfreie Hartlote verwenden
  • Pflanzenölester können organische Lösemittel bei Reinigungsarbeiten in Werkstätten ersetzen
  • Lacken und Farben mit Blei-Chromat als Pigment durch ungefährlichere Produkte ersetzen
  • Chlorkohlenwasserstoff-haltige Reinigungsmittel durch wässrige Reinigungsmittel ersetzen

Auswahl einer emissionsärmeren Verwendungsform

  • Produkte in kleinen, gut handhabbaren Gebinden wählen
  • Gebinde bevorzugen, bei denen Dosierhilfen ein expositionsarmes Arbeiten ermöglichen
  • Produkte in geeigneter Konzentration einkaufen, damit Umfüllen oder Verdünnen vermieden werden kann
  • Produkte in nicht staubende Formen wie Granulate oder Pasten verwenden: Beispiel Blondiermittel im Friseurhandwerk

Auswahl eines emissionsärmeren Verfahrens

  • Flächendesinfektion: Bei einer Wischdesinfektion ist die Konzentration der Desinfektionsmittelinhaltstoffe in der Luft wesentlich geringer als bei der Sprühdesinfektion
  • Instrumentendesinfektion: Spülmaschinen bei der ermöglichen ein expositionsärmeres Arbeiten im Vergleich zur manuellen Instrumentendesinfektion
  • selbstreinigende Konvektomaten erfordern kein manuelles Sprühen, Schrubben oder Nacharbeiten
  • Ozonfilter in Kopierern und Laserdruckern reduzieren Ozonemissionen
  • Minimalmengenschmierung
  • Wolfram-Inertgas-(WIG) Schweißen
  • Elektrostatisches Pulverbeschichten anstelle von Nasslackieren mit lösemittelhaltigen Farben und Lacken
  • Niedertemperatur-Dampf-Formaldehyd-Verfahren (NTDF-Verfahren) zur Sterilisation im Gesundheitswesen
  • geschlossene Systeme, wie in der TRGS 500 aufgeführt, verwenden

Auch bei der Auswahl von Desinfektions-, Therapie- und Anästhesieverfahren sollte geprüft werden, ob das Ziel nicht durch andere Stoffe oder Anwendungsformen erreicht werden kann.

Konkrete Hinweise auf Substitutionsmöglichkeiten enthalten die tätigkeitsbezogene Bausteine Gefahrstoffe.