So ermitteln Sie die Zahl der Sicherheitsbeauftragten Prüfen Sie, ob es Handlungsbedarf in Ihrem Betrieb gibt
Die DGUV Vorschrift 1 regelt die Grundlagen der Prävention - darunter die Frage, wie sich die Zahl der Sicherheitsbeauftragten berechnet.
Die DGUV Vorschrift 1 nennt hierfür fünf verbindliche Kriterien, mit denen die Zahl der Sicherheitsbeauftragten ermittelt wird. Diese Kriterien gehen auf die betrieblichen Gegebenheiten ein. Sicherheitsbeauftragte sind aber viel mehr als "nur" eine formale Anforderung.
Sie sind eine unverzichtbare Unterstützung für Unternehmerinnen und Unternehmer. Denn sie haben den direkten Kontakt zu den Beschäftigten. Wenn es irgendwo hakt, sind sie das Bindeglied zwischen Mitarbeitenden, Vorgesetzten, Fachleuten für den betrieblichen Arbeitsschutz sowie der Unternehmensleitung.
Sie beraten, vermitteln, schlagen Lösungen vor und werben für sichere und gesunde Arbeitsbedingungen.
Fünf Kriterien für die Anzahl der Sicherheitsbeauftragten
Kriterien für die Berechnung der Anzahl der Sicherheitsbeauftragten
Ein wesentliches Kriterium der DGUV Vorschrift 1 sind die im Unternehmen bestehenden Unfall- und Gesundheitsgefahren: Je mehr potenzielle Gefährdungen identifiziert werden, desto eher kann sich in einzelnen Bereichen ein besonderer Bedarf an Sicherheitsbeauftragten ergeben. Konkrete Erkenntnisse zur Gefährdung im Unternehmen lassen sich über die Gefährdungsbeurteilung gewinnen.
Grundsätzlich muss ab 21 Beschäftigten im Unternehmen ein Sicherheitsbeauftragter bestellt werden. Aber auch darüber hinaus spielt das Kriterium „Anzahl der Beschäftigten“ eine wichtige Rolle: Sicherheitsbeauftragte sollten die von ihnen betreuten Beschäftigten persönlich kennen. Auch hier gilt also: Je größer ein Betrieb ist, desto eher entsteht ein zusätzlicher Bedarf an Sicherheitsbeauftragten.
Übrigens: In Kinder-Tageseinrichtungen sind die betreuten Kinder nach § 22 SGB VII bei der Bestimmung der Zahl der SiB als "Beschäftigte" zu werten.
Für eine erste Orientierung über die erforderliche Anzahl der Sicherheitsbeauftragten lassen sich die Kriterien "Unfall- und Gesundheitsgefahren" sowie "Anzahl der Beschäftigten" gemeinsam betrachten. Beachten Sie hierzu unsere Empfehlung, die sie weiter unten auf dieser Seite finden!
"Räumliche Nähe" bedeutet, dass der oder die Sicherheitsbeauftragte als Ansprechpartner bzw. Ansprechpartnerin erreichbar sein sollte. Nur so können sie die Situation in den Arbeitsbereichen selbst einschätzen.
Bei Filialen oder anderen räumlich getrennten Betriebsteilen werden damit unter Umständen weitere Sicherheitsbeauftragte nötig: Ist die räumliche Einheit klein und hat der Unternehmer oder die Unternehmerin die örtlichen Arbeits- und Gesundheitsschutzbelange auf die dortige Leitung übertragen, sind in der Regel keine zusätzlichen Sicherheitsbeauftragten erforderlich.
In Betriebsstätten mit mehr als 20 Beschäftigten sollte dagegen zur Unterstützung der Leitung vor Ort ein eigener Sicherheitsbeauftragter bestellt werden – beziehungsweise je nach Beschäftigtenzahl auch mehrere SiB.
Das Kriterium "zeitliche Nähe" betrifft speziell Unternehmen mit Schichtbetrieb: Kennen die Sicherheitsbeauftragten die Arbeitsbedingungen und die Maßnahmen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz in allen Schichten? Dann können sie ihre Aufgabe als SiB wahrnehmen, selbst wenn sie selbst nicht regelmäßig in jeder der Schichten arbeiten sollten. Allerdings sollte gewährleistet sein, dass zum Beispiel durch entsprechende Übergabezeiten in allen Schichten Kontakt- und Austauschmöglichkeiten mit den zuständigen Sicherheitsbeauftragten bestehen.
Bei der geforderten "fachlichen Nähe" kommen verschiedene Aspekte zum Tragen. Die Unternehmen sollten bei der Auswahl der Sicherheitsbeauftragten insbesondere darauf achten, dass diese die Mitarbeiterstruktur und die Gefährdungspotenziale des Arbeitsbereichs kennen.
In den betrieblichen Alltag übersetzt heißt das unter anderem, dass Sicherheitsbeauftragte in der Lage sein sollten, die Tätigkeiten im jeweiligen Arbeitsbereich einzuschätzen – das erfordert entsprechendes Wissen und Erfahrung. Auch über mögliche sprachliche oder kulturelle Besonderheiten hinweg sollten sie mit den Beschäftigten kommunizieren können. Und wer Kenntnisse im Arbeits- und Gesundheitsschutz seines Zuständigkeitsbereichs haben soll, muss natürlich auch in die betrieblichen Arbeitsschutzstrukturen eingebunden sein – und die Gefährdungsbeurteilung kennen.
In der Praxis kann sich beim Kriterium "fachliche Nähe" gegebenenfalls ein besonderer Bedarf an Sicherheitsbeauftragten ergeben. Beispiel Kliniken: Für Bereiche wie Pflege, OP, Intensiv oder Service ist von sehr unterschiedlichen Tätigkeiten und Strukturen auszugehen. Daher bietet es sich an, eigene Sicherheitsbeauftragte für die einzelnen Arbeitsbereiche vorzusehen. Es kann aber beispielsweise durchaus für verschiedene Pflegestationen ein gemeinsamer Sicherheitsbeauftragter benannt werden, wenn kein anderes Kriterium der DGUV Vorschrift 1 dagegenspricht.
In Werkstätten wiederum besteht eine besondere Herausforderung für Sicherheitsbeauftragte darin, die beschäftigten Menschen mit Behinderungen hinsichtlich ihrer Fähigkeiten einzuschätzen und mit ihnen zu kommunizieren. Aus diesem Grund sind in erster Linie die Betreuerinnen und Betreuermit Sicherheitsfragen befasst. Doch auch Menschen mit Behinderungen können als Sicherheitsbeauftragte speziell qualifiziert werden. Bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben können sie zum Beispiel durch "Patinnen" oder "Paten" unterstützt und begleitet werden.
Empfehlung: Abschätzung des Bedarfs an Sicherheitsbeauftragten
Kriterien für die Mindestanzahl der Sicherheitsbeauftragten
Eine erste Orientierung über die erforderliche Anzahl der Sicherheitsbeauftragten bietet die folgende Empfehlung, die die Kriterien "Unfall- und Gesundheitsgefahren" sowie "Anzahl der Beschäftigten" verbindet.
Die Gefährdungen im Unternehmen fließen dabei über die "Betreuungsgruppe" ein: Jeder Betrieb ist nach seiner Betriebsart und Gefährdungssituation einer von drei Betreuungsgruppen zugeordnet:
- Gruppe I = hohe Gefährdung
- Gruppe II = mittlere Gefährdung
- Gruppe III = niedrige Gefährdung
Die Eingruppierung richtet sich nach dem Betriebszweck und nicht nach den dort ausgeführten Tätigkeiten. Die Zuordnung ist in Anlage 2, Abschnitt 4 der DGUV Vorschrift 2 festgelegt.
Alle bei der BGW versicherten Betriebe gehören zur Gruppe II oder zur Gruppe III. Die Mehrzahl der Betriebe zählt dabei zu Wirtschaftszweigen mit vergleichsweise geringen Gefährdungen und gehört zur Betreuungsgruppe III.
Zur Gruppe II gehören dagegen beispielsweise die Wirtschaftszweige:
- Kliniken
- Forschung
- Küchen, Wäschereien und Gebäudemanagement für stationäre ärztliche Einrichtungen
- Werkstätten für Menschen mit Behinderungen
- Labore
- Schädlingsbekämpfer
Konkrete Erkenntnisse zur Gefährdung im Unternehmen können über die Gefährdungsbeurteilung gewonnen werden.
Je nach der betrieblichen Gefährdungssituation und der Zahl der Beschäftigten im Unternehmen ergibt sich somit folgende Empfehlung zur Zahl der Sicherheitsbeauftragten:
Betreuungs- gruppe | 1. SiB ab | 2. SiB ab | 3. SiB ab | 4. SiB ab | Nächster SiB je weitere |
I | 21 Mitarbeitende (MA) | 51 MA | 101 MA | 201 MA | 125 MA |
II | 21 MA | 51 MA | 151 MA | 301 MA | 150 MA |
III | 21 MA | 51 MA | 251 MA | 501 MA | 350 MA |
Ausgehend von dieser Empfehlung sind dann die weiteren Kriterien räumliche, zeitliche und fachliche Nähe zu betrachten, durch die sich individuelle Abweichungen von der empfohlenen Mindestanzahl ergeben können.
Weitere Unterstützung
Unternehmerinnen und Unternehmer können sich zum einen intern von ihren betrieblichen Arbeitsschutzexpertinnen und -experten beraten lassen: die Fachkraft für Arbeitssicherheit und die Betriebsärztin beziehungsweise der Betriebsarzt.
Zum anderen können sie sich an die Präventionsdienste der BGW wenden.
In Kindertagesstätten und -einrichtungen gilt: Die betreuten Kinder sind für die Ermittlung der Zahl der Sicherheitsbeauftragten relevant, da sie wie "Beschäftigte" gewertet werden.
Das Ganze ist gesetzlich geregelt: Bei der Bestellung von Sicherheitsbeauftragten sind die Versicherten entscheidend und wie Beschäftigte zu werten, legt § 22 SGB VII fest. In Kitas sind die betreuten Kinder nach § 2 Abs. 1 Nr. 8 SGB VII als Versicherte anzusehen. Deshalb sind sie bei der Bestimmung der Zahl der Sicherheitsbeauftragten als "Beschäftigte" zu werten.