Sucht: Nicht wegschauen Interview mit Detlev Burkart, Suchtberater und Dozent

Detlev Burkart ist freiberuflicher Suchtberater und Dozent des BGW-Seminars "Suchtprävention und Suchthilfe im Betrieb". Er arbeitet seit über 30 Jahren als Experte in diesem Themenfeld und war lange Zeit hauptamtlicher Suchtbeauftragter in großen Unternehmen.

Eine umgekippte Tablettenbox, Tabletten und ein Glas Alkohol auf einem Tisch

Hinter Abhängigkeitserkrankungen stehen oft große Not und Schamgefühle bei den Betroffenen. Sie verheimlichen ihre Sucht. Wird ein Suchtproblem vermutet, ist daher professionelle Hilfe gefragt. 

Herr Burkart, welche Aufgabe haben Suchtbeauftragte im Betrieb?

Lassen Sie mich etwas ausholen: Wenn ich eine Leistung nicht erbringe, weil ich krank bin, ist das kein Kündigungsgrund. Aber ich habe die Pflicht, alles zu tun, um wieder gesund zu werden. Das Gleiche gilt für Suchtkranke. Das Besondere hier ist das Verheimlichen. Dahinter steht oft eine große Not. Betriebliche Suchtarbeit heißt, im Unternehmen einen Weg für den Umgang mit suchtmittelabhängigen Personen festzulegen. Dieser soll Führungskräfte befähigen, transparent für alle Beteiligten und arbeitsrechtlich einwandfrei mit dem Suchtproblem umzugehen. Die betroffene Person soll durch die Intervention ihre Lage begreifen und Hilfe in Anspruch nehmen können – mit dem Ziel, den Arbeitsplatz zu erhalten. Dieser Prozess ist sehr vielschichtig und ein Betrieb tut gut daran, wenn es eine verantwortliche Person gibt, die alle Beteiligten durch die notwendigen Phasen führt. Das ist die Aufgabe von Suchtbeauftragten im Betrieb.

Wie kann das in kleineren Betrieben gelöst werden?

Auch dort sollte eine Person für das Thema verantwortlich sein, aber nicht unbedingt der Chef oder die Chefin. Ich empfehle kleineren Betrieben, Kontakt zur nächsten Suchtberatungsstelle aufzunehmen und nach Vernetzungsmöglichkeiten zu suchen. Für den Umgang mit Beschäftigten, bei denen ein Suchtproblem vermutet wird, kann auf bewährtes Know-how zurückgegriffen werden. Dazu gehört ein Interventionsleitfaden als Teil der Betriebsvereinbarung oder des Arbeitsvertrags. Beispiele dafür werden unter anderem von der gesetzlichen Unfallversicherung und der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e. V. herausgegeben.

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