Aus Krisen lernen – Strategietag zur Krisenbewältigung #62 BGW-Podcast "Herzschlag - Für ein gesundes Berufsleben"
Prävention – ein wichtiges Stichwort gerade im Gesundheitswesen. Zur Prävention gehört auch das Thema Krisenbewältigung. Wie Führungskräfte und Mitarbeitende aus Krisen lernen können und wie sie gestärkt neuen Krisen begegnen, das erfahren wir in dieser Folge.
Wir schauen uns dazu ein BGW-Pilotprojekt an: Den Strategietag Umgang mit Krisen. Dabei erfahren wir nicht nur, wie so ein Strategietag aussieht, sondern sprechen auch mit einem Unternehmen, das bereits erfolgreich das BGW-Angebot umgesetzt hat.
Hier kommen Sie zum Transkript dieser Folge
Moderator: Martin Luther King, der sagte einmal „In jeder Krise gibt es nicht nur eine Chance, sondern auch eine Möglichkeit“. Ein Satz, der auch im Pflegebereich passend ist, denn die Pflegebranche kennt Krisen in besonderem Maße: Fachkräftemangel, die Corona-Pandemie oder aktuell die hohen Energiekosten. Diese Probleme stellen die Pflegeberufe in den letzten Jahren vor besonders große Herausforderungen. Um Unternehmen in dieser Situation zu unterstützen, bietet die BGW einen Strategietag zur Krisenbewältigung an.
Und damit herzlich Willkommen zum heutigen Thema „Wie können Unternehmen Krisen aus dem Blickwinkel, Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit gut bewältigen?“ Ich bin Ralf Podszus. Hi.
(Podcast-Opener)
Moderator: Chancen nutzen und neue Möglichkeiten wahrnehmen, das macht auch die BGW mit ihrem Strategietag Umgang mit Krisen. Welche Auswirkungen Krisen auf Unternehmen und auch Angestellte haben, das weiß Dr. Kai Hochscheid. Er ist einer der Berater, der schon einen Strategietag durchgeführt hat, und er ist jetzt hier bei mir in dieser Podcast-Folge. Ich grüße Sie.
Beim Strategietag Umgang mit Krisen da geht es darum, die Erfahrungen aus einem unternehmensbezogenen Krisenereignis zu reflektieren und daraus Ideen für zukünftige Krisenereignisse abzuleiten. Bitte fassen Sie einmal zusammen, was der Strategietag genau ist. Ja, und wer daran so teilnehmen kann?
Dr. Kai Hochscheid: Ja, was der Strategietag ist, also erstmal ist er kostenfrei für die Betriebe, das ist glaube ich, ganz wichtig. Und das zweite ist: Er ist eine Möglichkeit für Betriebe, wenn sie in Krisen, also herausfordernden Situationen sind, besonderen Situationen, das einmal zu reflektieren, also das Ganze in den Blick zu nehmen, zu gucken: Was ist da geschehen? Was haben wir gemacht, war es gut, war es schlecht, was können wir weitermachen? Und das in einer sehr strukturierten Form, sodass man sagen kann … eine Krise, da muss man ja viel improvisieren und im Nachgang kann man eigentlich erst gucken und geordnet schauen, was passiert ist? Und das ist eigentlich die Möglichkeit dazu.
Moderator: Wie gehen Sie denn beim Strategietag Umgang mit Krisen genau vor?
Dr. Kai Hochscheid: Also erstmal vorweg, wenn ein Betrieb anfragt, dann tritt man in Kontakt und fragt erstmal nach, was sie haben wollen, also was sie sich vorstellen und dann klärt man miteinander sehr genau ab, was die Erwartungen sind – aber auch, wie der Ablauf sein soll, also zumindest mache ich das so, denn es soll ja den Betrieb nutzen und in dem Moment ist es glaube ich ganz wichtig, dass man miteinander genau guckt: Wie kann man das am besten nutzen, dieses Format? Und dafür ist so ein Vorgespräch zur Klärung da.
Dr. Kai Hochscheid: Und dann, dass meine Agenda entwickelt, das ist sozusagen der Vorlauf. Und dann der Tag selbst in Präsenz, der muss in voller Präsenz sein. Alle, die anwesend sind, die können nicht nach einer halben Stunde rausgehen und sagen „Ich habe noch einen anderen Termin.“ Sondern die sind dann komplett da für den Tag. Da geht man verschiedene Etappen durch, dass man sich wirklich das Erlebte einmal anschaut. Wirklich nur anschaut, um dann zu gucken: Was ist da passiert? Wie haben wir gehandelt, um den nächsten Schritt zu gehen.
Dr. Kai Hochscheid: Was waren dabei gute Sachen, was waren unsere Stärken, wo gibt es Sachen, die schwierig waren? Und so geleitet man eigentlich den Betrieb durch so eine Krise hindurch; sie zu vergegenwärtigen, sich Gedanken zu machen, was man im Weiteren machen kann.
Moderator: Sie haben so besonders mit Nachdruck gesagt, dass man in Präsenz auf jeden Fall da sein muss. Warum ist das so entscheidend?
Dr. Kai Hochscheid: Weil es erstens sehr pragmatisch nicht online geschehen soll, weil 3D doch besser als 2D ist; weil, wenn wir über Krisen reden, dann passiert was mit uns, passiert ja auch in der Krise und das am Körper leibhaftig zu erfahren, aber auch miteinander in den Austausch zu gehen, wirklich miteinander, das ist sehr wichtig. Zudem hat es pragmatische Gründe, dass man einfach als Moderator und auch als Gruppe miteinander besser interagieren kann.
Moderator: Wie können Mitarbeitende mitgenommen und auch unterstützt werden und welche unterschiedlichen Bedürfnisse und Blickwinkel stoßen da so aufeinander?
Dr. Kai Hochscheid: Eigentlich ist das das Spannendste am Strategietag, finde ich. Weil wirklich unterschiedliche Bedürfnisse, da sind: Die einen, die wollen konkrete Erlebnisse beschreiben, das ist sowieso wichtig, das Erlebte zu beschreiben? Und dann wollen die konkrete Lösungen: Wie gehe ich damit um? Die anderen wollen mehr den Blick: Wie können wir Strukturen aufbauen? Und dann gibt es noch den strategischen Blick: Wie macht man ein Management? Und diese Fäden miteinander zu verzahnen, ohne dass das eine mehr Gewicht hat als das andere. Aber dass ein schönes Paket geschnürt wird, ohne dass es um Lösungsmöglichkeiten geht. Dafür ist der Strategietag nicht da. Aber dass schon sowas in den Blick genommen wird, um den Blick darüber hinaus zu weiten, also das, glaube ich, ist der spannende Punkt. Und sehr vereinfacht: den Leuten einfach zuhören. Also das, was sie zu erzählen haben, auch mal einfach stehen lassen können. Das hat mal ein ganz spannender Mensch gesagt: „Die Leute brauchen einen Zeugen für ihr Leben“ – und ich glaube, das ist ein ganz wichtiger Aspekt von diesem Umgang mit Krisen Strategietag. Dass man das erzählen kann und Zeugnis ablegen kann. Hört sich jetzt ein bisschen theologisch an, so meine ich es aber nicht.
Moderator: Was hat die Präventionskultur mit dem Strategietag zu tun?
Dr. Kai Hochscheid: Also für mich … Krisen sind Ausnahmesituationen. Was passiert in der Krise? Wir kriegen Stress. Und wenn wir uns eine Krise anschauen, dann können wir gucken wie wir damit umgehen, wie wir damit umgegangen sind und gegebenenfalls Möglichkeiten eröffnen, damit besser umzugehen. Und das ist ja das, was Prävention eigentlich bedeutet. Es bedeutet, dass wir im Vorfeld uns gut rüsten, um mit Ereignissen, die wir nicht geplant haben, besser umgehen zu können.
Moderator: Und wenn man jetzt schon die totale Krise gerade erlebt, dann hilft einem in dem Moment ja nicht die Präventionskultur.
Dr. Kai Hochscheid: Hm, ja und nein, da sind wir bei dem Wort Strategie in Strategietag. Weil auch wenn das Wort sicher schon abgekaut ist, aber Krisenmanagement heißt, dass wir für verschiedene Situationen einfach Abläufe bekommen. Das ist deswegen wichtig, weil das, was uns am meisten belastet ist, nicht eine schwierige Situation, sondern die Unberechenbarkeit. Aber wenn wir eine Unberechenbarkeit reduzieren können, dann durch gute Abläufe, durch ein Krisenmanagement, durch Ansprechpartner, durch bessere Kommunikation – um nur einige Aspekte zu sagen – dann können wir mit der Situation, obwohl sie stressig bleibt, besser umgehen und das reduziert sozusagen denen Ausschlagpegel von Stress und damit bleiben wir dann gesund.
Moderator: Unser Podcast, der dreht sich um ein gesundes Berufsleben und genau dort setzt auch das Beratungsangebot zur Krisenbewältigung an. Gaby Ehrhardt ist die Projektleiterin für BGM im Unternehmen Albert-Schweitzer-Wohnen und Leben in Bremerhaven. Sie ist also für das betriebliche Gesundheitsmanagement zuständig. Ja, und genau dort wurde einer der bisherigen Strategietage Umgang mit Krisen durchgeführt. Ich bin gespannt, welche Erfahrungen Sie dort gemacht haben. Ich grüße Sie, Frau Ehrhardt.
Gaby Ehrhardt: Hallo, Herr Podszus!
Moderator: Frau Ehrhardt, wieso haben sie am Strategietag teilgenommen? Wie haben Sie die psychischen und auch die physischen Auswirkungen der Krisen in ihrem Unternehmen wahrgenommen?
Gaby Ehrhardt: Ja, wir haben am Strategietag teilnehmen wollen, weil wir das als gute Chance für eine Ist-Stand Analyse nutzen wollten und um unsere Präventionskultur weiterzuentwickeln und da ist der Strategietag ein tolles Angebot gewesen. Dabei habe ich als wertvolle Unterstützung besonders die externe Moderation und da nochmal ganz herzlichen Dank an Sie, Herr Doktor Hochscheid, wahrgenommen und das systematische Vorgehen. Und wir konnten als Betroffene und Akteure die zurückliegende Zeit Revue passieren lassen, um dann den Blick nach vorne zu richten. Und beides war an dieser Stelle ganz wichtig.
Dr. Kai Hochscheid: Also einhergehend mit dem Kompliment danke, aber das kann ich nur zurückgeben und da sind wir einfach bei der Vorbereitung. Das war eine hervorragende Vorbereitung von Frau Ehrhardt und von dem Betrieb und dadurch war der Strategietag einfach auch gut. Alle waren nicht nur gut informiert, sondern hatten Lust dazu. Und das ist einfach das große Verdienst von Frau Ehrhardt: Sie hat es mir einfach so einfach gemacht, weil sie alles im Blick hatte.
Gaby Ehrhardt: Vielen Dank für dieses wunderbare Kompliment, Herr Doktor Hochscheid.
Dr. Kai Hochscheid: Sehr, sehr gern.
Gaby Ehrhardt: Sie hatten nach den Auswirkungen gefragt, Herr Podszus. Die Auswirkungen waren psychisch und physisch von ganz enormer Tragweite, so, wie wir es in dieser Intensität und Dauer noch nie vorher erleben mussten. Und die Auswirkungen betrafen ausnahmslos alle Arbeitsbereiche. Die Mitarbeiter der Betreuung und Pflege, der Hauswirtschaft, der Raumpflege, der Nachtwachen, der Verwaltungsmitarbeiter, der Technik und der Führungsebene. Und die Auswirkungen waren sehr vielschichtig.
Moderator: Können Sie die kurz beschreiben, die Auswirkungen auch, weil das war ja komplett jeder und jede, die da betroffen waren.
Gaby Ehrhardt: Ja, die besondere Herausforderung lag unter anderem auch darin, dass man diese nicht nur auf dem Arbeitsplatz erlebt hat, sondern auch im privaten Umfeld. Wenn man in der Wohnstätte für ausreichende Schutzausrüstung sorgen musste, den Anruf bekommen hat, dass sich die Mutter zu Hause infiziert hat und man eine Pflege organisieren musste; dann die enorme Arbeitsdichte, die Personalausfälle und die kurzfristigen Umsetzungsanforderungen bei den Verordnungen. Und eine ganz besondere Belastung hat an dieser Stelle der Tod von Klienten in Zusammenhang mit Coronainfizierungen dargestellt. Das hat uns alle sehr betroffen gemacht. Und all das war ein Paket von Auswirkungen und Herausforderungen, ohne dabei ein Ende der Pandemie zu erkennen und ich glaube, diese gefühlte Unendlichkeit hat uns besonders viel, viel Energie gekostet.
Moderator: Das glaube ich, das war so ein Ohnmachtsgefühl, es geht einfach nicht weiter. Beim Strategietag Umgang mit Krisen wird ja auch genau hingeschaut, was in der Krise gut gelungen ist. Können Sie da ein paar Beispiele nennen?
Gaby Ehrhardt: Sehr gern. Und hier war es auch besonders wichtig an dem Strategietag darauf den Blick zu lenken, was uns wirklich gut gelungen ist. Ein Punkt war die überaus hervorragende Kollegialität und der Zusammenhalt des gesamten Verbundes. Mitarbeiter wechselten zum Beispiel für einen Arbeitseinsatz in besonders betroffenen Wohnstätten. Oder Sie haben Kollegen mit kleinen und größeren Ideen zum Weitermachen und nicht aufgeben motiviert. Sie haben zum Beispiel Präsentkörbe vorbereitet oder ein Plakat selber entworfen und einfach bei Nacht an den Zaun der betroffenen Wohnstätte gehangen.
Zusätzlich hatten wir zum Beispiel einen besonders engagierten und ideenreichen Kollegen zu danken, der dafür gesorgt hat, dass wir zu jedem Zeitpunkt ausreichend Schutzausrüstung hatten. Und als wir zum Beispiel keine Händedesinfektionsmittel mehr auf dem, ich sag mal, normalen Markt bekommen hatten, konnten wir ein kleines Unternehmen im Fischereihafen ausfindig machen, das uns mit Desinfektionsmitteln versorgt hat und diese Quelle hat uns mehrfach ganz kräftig aus der Patsche geholfen.
Moderator: Wir haben schon wieder viele vergessen, es gab keine Schutzmasken, kein Desinfektionsmittel, keine Schutzkleidung, da musste man gucken, was man irgendwie bekommt. Da gab es teilweise Tipps „Ach, zieht es doch einfach 3, 4, 5 Mal an“ – kann man vielleicht machen, wenn man mit dem Bus irgendwie mit der FFP2-Maske irgendwie von A nach B fährt und den ganzen Tag eine FFP2-Maske im medizinischen Bereich tragen muss, ist der Tipp natürlich nicht gut. Es geht nicht einfach, ja schwierige Situationen.
Gaby Ehrhardt: Und da kann ich sagen, sind wir sehr früh mit der Vorratung angefangen.Und da ist es dann passiert, dass wir in den Gärten der Wohnstätten Füßlinge getauscht haben gegen FFP2-Masken und Flächendesinfektionsmittel gegen Handschuhe also, da waren der Fantasie keine Grenzen gesetzt.
Moderator: Wilder Basar in der Pflegeeinrichtung.
Gaby Ehrhardt: Genau, genau. Und sagen kann ich, dass besonders hilfreich auch der intensive Austausch, der fast täglich stattfand zwischen Geschäftsführung, Führungskräften, der Mitarbeitervertretung und meiner Person und zum Teil Externen wie zum Beispiel jemanden vom Krisendienst. Und diese Telefonkonferenzen fanden fast täglich, zum Teil mehrfach täglich, statt. Und wir müssten uns in kürzester Zeit auf diese Technik einlassen; etwas, was wir uns vorher nie hätten vorstellen können. Und zusätzlich kam die gute Kontaktpflege zu Krisenstab Bremerhaven zum Tragen. Das war einfach toll, wenn man abends auf der Couch lag, nach einer Umsetzungsidee gesucht hat und man diese um 23:00 Uhr gefunden hat und das dem Krisenstab per E-Mail dann geschrieben hat, kam auch prompt um 23:05 Uhr eine Rückmeldung und das tat dann einfach gut.
Moderator: Alle ziehen an einem Strang, ja.
Gaby Ehrhardt: Genau und all das und vieles mehr hat uns gezeigt, was wir gemeinsam und nur gemeinsam bewältigen können und konnten.
Moderator: Doktor Kai Hochscheid, welche Instrumente sind in ihren Augen besonders geeignet, um als Führungsposition allen Bedürfnissen gerecht zu werden und auch Verantwortung klar abzugrenzen?
Dr. Kai Hochscheid: Ah, das finde ich schwierig zu beantworten, weil entweder listet man jetzt alle möglichen Eigenschaften auf und dann kriegt man so eine eierlegende Wollmilchsau, oder man verfehlt das. Ich würde erstmal anfangen bei dem, was Frau Ehrhardt gesagt hat, also was ganz wesentlich ist, ist die Kommunikation und das ist so ein technisches Wort.
Dr. Kai Hochscheid: Und das hatte ich auch bei dem Strategietag erlebt, dass die das wirklich alles nochmal aufgelistet haben, was Frau Ehrhardt gerade gesagt hat und dabei kam wirklich Lebendigkeit in die Augen und das ist auch ein Grund für die 3D, also für das Präsenz abhalten, dass die einander dann auch wirklich angeschaut haben und das nochmal erlebt haben und es gefühlt haben. Und wirklich diese unterschiedlichen Formen der Kommunikation, also auf der Ebene „Was machst du jetzt? Was mach ich?“ Dann die Rahmenbedingungen, dann Vorgaben – wie lösen wir das – also sehr vereinfacht: Kommunikation ist ein ganz wesentlicher Punkt, nicht nur um Informationen rauszugeben, sondern um das Gefühl zu bekommen, dass wir nicht alleine sind. Denn Krise führt häufig dazu, dass wir uns vereinzeln, aus welchen Gründen auch immer, oder einzelnen fühlen. Sie hatten ohnmächtig gesagt. Und wenn wir durch das Sprechen miteinander uns sozusagen berühren über das Sprechen merken wir, dass wir dann doch nicht allein sind, und das ist ein ganz wesentlicher Punkt. Und das andere, was Führungskräfte, das ist natürlich wirklich sehr anspruchsvoll, ist diese Fäden zusammenzuziehen, sie zu halten zu blicken wo ist wer und auch zu sagen, was nicht geht, aus welchen Gründen auch immer, was locker gesagt ist und sehr, sehr schwer ist herzustellen – sowohl auf der individuellen Ebene als auch dann im Team und im pluralen Sinne, also mit anderen.
Moderator: Unternehmen sollen aus dem Strategietag auch etwas für die Zukunft mitnehmen. Die Herausforderungen, die werden zwar oft unterschiedlich sein. Dennoch gibt es Tipps, wie Führungskräfte und auch Mitarbeitende sich allgemein für Krisen rüsten können.
Dr. Kai Hochscheid: Ja, das sind zwei Sachen, die bei dem Strategietag eine Rolle spielen. Das eine ist, dass ein gewisser Input gegeben wird, also wissen also nicht übermäßig, es geht wirklich eher um die Person da als um allgemeines Wissen oder Wissensvermittlung. Aber es gibt einen Input, wie wir auf Krisen reagieren und was dabei zu bedenken ist, und daraus kann ein Betrieb einfach für sich ableiten „okay, was haben wir davon schon? Wo müssen wir nochmal nachschärfen?“ Und das zweite ist wirklich ein Punkt der Agenda, das nennt man immer „nächste Schritte“ oder Grobplanung, wo man guckt, wenn der Tag jetzt hier so mit allem, was wir jetzt bearbeitet haben … was wären unsere nächsten Schritte aus, eingedenk wo wir unsere Stärken haben, wo wir Schwierigkeiten gehabt haben? Was wollen wir als nächstes anpacken? Also es gibt nicht, dass man einen Maßnahmenplan macht und dort alle Lösungen einbaut. Sondern was fassen wir als nächstes an? Aus diesem Umgang mit Krisen Strategietag. Und das ist eigentlich das, was hilft, denn damit macht man sich auf den Weg. Das, was die eingangs mit Martin Luther King gesagt haben: Es ist eine Möglichkeit, und Möglichkeit ist ja in dem Sinne das, was eröffnet, was möglich macht. Und das wird dann in dieser Grobplanung sehr handfest auch mit Zuständigkeiten und so dann ergriffen und der weitere Weg gestaltet.
Moderator: Frau Ehrhardt, wie hat der Strategietag ihnen bei der Aufarbeitung ihrer Krisenerfahrung geholfen? Was waren die zentralen Erkenntnisse für ihre Organisation?
Gaby Ehrhardt: Der Strategietag war für uns eine ganz, ganz wertvolle Unterstützung. Hilfreich war die Beteiligung aller relevanten Akteure oder deren Vertreter und der Blick von außen durch den Moderator und das systematische Vorgehen. Und die zentrale Erkenntnis war und ist, dass wir sehr, sehr viel richtig gemacht haben und dass zur Bewältigung einer solchen Krise jeder einzelne Mitarbeiter mit seinen Kompetenzen und seinem Engagement wichtig ist. Aber auch die Erkenntnis, nicht den kritischen Blick zu verlieren und die Bausteine zu bearbeiten, die entwicklungswürdig sind, zum Beispiel unser Ausfallmanagement.
In diesem Zusammenhang haben wir eine Projektgruppe gebildet, die sich jetzt mit dieser Thematik in besonderer Weise beschäftigt. Und wir wollen das Gute wertschätzen und die Weiterentwicklung unserer Präventionskultur voranbringen und dieser stetige Prozess macht uns stark für zukünftige Krisen, und das war unsere Motivation, daran teilzunehmen und ich denke, dass uns das als Unternehmen gut gelungen ist.
Moderator: Und auch hier wieder sehr wichtig einfach: die Prävention in allen Bereichen sehr maßgebend. Herr Hochscheid, was kann ein konkretes Ergebnis eines solchen Workshop-Tages denn sein?
Dr. Kai Hochscheid: Ja, ich komme darauf gleich nochmal, ich würde gern auf das, was Frau Ehrhardt gesagt hat, nochmal eingehen. Was ich faszinierend fand bei diesem speziellen Strategietag war das Wohlwollen, mit denen alle miteinander umgegangen sind. Und das hört sich jetzt so … „Ach ja, das ist, wir gehen pfleglich miteinander um“. Aber was hier so speziell war war, dass auch das, was nicht gut gelaufen ist wohlwollend angeschaut worden ist. Und das ist schon eine außerordentliche Fähigkeit mit dem, was nicht gut läuft, wohlwollend umzugehen, also nicht zu sagen, es war schlecht, oder da müssen wir verbessern, sondern einfach ja, was Leid drin.
Und daraus kam dann die Stärke auch zu gucken, gerade dieses Ausfallmanagement ja, da ist was nicht gut gelaufen, aber das wurde so wohlwollend aufgenommen, dass damit die Türen eröffnet worden sind, um was anderes machen. Und Ihre Frage, die Sie dann gestellt haben: Was kann ein Betrieb daraus ziehen sozusagen am Ende?
Ich glaube zwei Sachen, wenn man das sehr grob komprimiert. Das eine ist, dass man den Blick zurück wagen kann, und dieser Blick zurück ist nicht in einem gestern da stehengeblieben ist, sondern merkwürdigerweise dieser Blick zurück ist zugleich der Blick nach vorne. Platt gesagt: Dass aus dem, was man erfahren hat, man gucken kann, wie gehen wir damit weiter um? Und das in einen Gesamtzusammenhang gestellt wird, wo eine Handlungsfähigkeit hergestellt wird. Und das kann sehr unterschiedlich sein. Je nach Betrieb, also Ausfallmanagement. Das kann auch sein, dass man andere Kommunikationsstrukturen hat, und man hat eine Idee, also wirklich altgriechisch Gestalt. Man hat eine Form gefunden, wie man damit weiter umgehen kann und was wir daraus als Möglichkeit ziehen kann. Und das ist das, was ein Strategietag eigentlich leisten kann: Die Tür zu öffnen für etwas Neues, der Welt zu begegnen.
Moderator: Frau Ehrhardt hat ja eben schon erzählt, sie haben jetzt dank des Strategietages auch ein Präventionsmanagement aufgezogen bei sich. Können Unternehmen auch nach dem Workshop noch begleitet werden, von dem Strategietag weg.
Dr. Kai Hochscheid: Ja, das können sie. Also das eine ist, dass es innerhalb dieses Ablaufs vom Strategietag auch sowas wie einen Vertiefungsworkshop geben kann, also wo die Einrichtung merkt, dass ein spezielles Thema, das wollen wir uns genauer angucken und dafür kann man sehr vereinfacht einen Vertiefungsworkshop machen. Das zweite ist, dass man einen, wie es so schön im Neudeutschen heißt, Review-Termin hat, also wo man das Ganze nochmal nach einer gewissen Zeit anguckt und sagt „Was ist daraus geworden nach dem Strategietag?“
Und damit einhergehend ist es auch immer möglich, dass sie weiter begleitet werden von der BGW im Rahmen einer Organisationsentwicklung, natürlich mit dem Schwerpunkt. Gesundheit, Gesundheitsförderung, Prävention. Das man guckt „Okay, wie können wir unsere Organisation noch besser aufstellen?“ Und da würde ich jetzt Eulen nach Athen tragen. Da kann Frau Ehrhardt ganz bestimmt noch Besseres sagen, weil sie ihr die Koryphäe für BGM ist, und das meine ich genauso.
Gaby Ehrhardt: Ja, Sie hatten die Angebote erwähnt, den Vertiefungsworkshop und den Review-Termin. Das ist etwas, was ich auch nicht aus dem Blick verlieren werde und wenn ich den richtigen Zeitpunkt dafür sehe, in Absprache selbstverständlich mit unserer Geschäftsführung und den anderen Akteuren, würden wir an dieser Stelle gern nochmal auf die BGW zukommen.
Moderator: Ein interessantes Thema, das uns wohl immer begleiten wird. Danke an Sie beide, dass Sie heute hier waren und alles Gute für Sie.
Dr. Kai Hochscheid: Vielen Dank.
Gaby Ehrhardt: Vielen Dank.
Moderator: Lernen aus Krisen – jederzeit zum Klicken mit weiterführenden Informationen und auch Angeboten zum Thema natürlich in den Show-Notes dieser Podcast-Folge und auf der Website der BGW. Einfach mal drauf klicken www.bgw-online.de/podcast. Abonnieren Sie gern diesen Podcast, dann verpassen Sie keine Folge mehr. Hören Sie gern vergangene Folgen, zum Beispiel auch zum Thema Resilienz – hilft auch bei einer Krise.
Moderator: Ich wünsche Ihnen alles Gute, tschüs bis zum nächsten Mal.
(Outro - Herzschlag. Für ein gesundes Berufsleben, der BGW Podcast)
Interviewgäste
Dr. Kai Hochscheid
Berater „Strategietag Umgang mit Krisen – Lernen aus Krisen, Präventionskultur ausbauen“, BGW
Gaby Ehrhardt
Projektleitung für BGM, Albert-Schweitzer-Wohnen und Leben gGmbH, Bremerhaven
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