Müssen wir Angst vor dem Tod haben, Marion Basler? Inspirierende Menschen im Berufsalltag #76 BGW-Podcast "Herzschlag - Für ein gesundes Berufsleben"
In dieser Folge geht es weiter mit unserem Format „Inspirierende Menschen im Berufsalltag“. Diesmal mit dabei: Marion Basler, ehemalige Leiterin eines Hospizes und Dozentin im Bereich Palliative-Care.
Für sie ist das Thema Tod aus ihrem Arbeitsalltag nicht wegzudenken. Wie gehe ich mit dem Tod um? Und was macht es mit Menschen, die tagtäglich mit dem Thema Sterben in Berührung kommen? Marion erzählt uns von ihren eigenen Erfahrungen und gibt uns wertvolle Tipps sowohl für Pflegekräfte als auch für pflegende Angehörige. Wie sie überhaupt zu diesem Beruf gekommen ist und sogar eine Leidenschaft dafür entwickelt hat.
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Hier kommen Sie zum Transkript dieser Folge
Moderator: Unser Format „Inspirierende Menschen im Berufsalltag“ geht in die nächste Runde. Heute mit dabei Marion Basler. Die gelernte Krankenschwester, die hat einen sagenhaften Aufstieg hingelegt und unter anderem als stellvertretende Leitung in einem Hospiz in Hamburg gearbeitet und als Geschäftsführerin in einem großen Verein, der sich mit den Themen Sterben, Tod und Trauer befasst. Mit dem Thema Palliative Care fand Marion für sich selbst eine große Leidenschaft. 2021 zog sie wieder zurück in ihre Heimat nach Südbaden und übernahm ihre Tätigkeit als Geschäftsführerin. Seit 2022 unterrichtet Marion Palliative Care, unter anderem an Hochschulen, und seit diesem Juni setzt sie ihre eigenen großen Pläne in die Tat um und bereist gemeinsam mit Partner und Hunde-Oma Emma im Wohnmobil die Welt – oder anders gesagt: Nach der Arbeit, bei der es hauptsächlich ums Thema Tod ging, beginnt für Marion jetzt eine Zeit des puren Lebens und Abenteuer. Ganz nach ihrem Lebensmotto.
Marion Basler: Die with memories, not dreams.
Moderator: Marion wird uns erzählen, welche Bedeutung der Tod für sie persönlich hat und wie es ist, tagtäglich so direkt mit ihm konfrontiert zu werden. Sie wird darüber sprechen, welche Rolle die Angehörigen spielen und wieso sie sich für eine Auszeit entschieden hat, eine Auszeit vom Tod. Ich bin Ralf Podszus und freue mich auf einen inspirierenden Menschen mit einer packenden Geschichte.
Podcast-Intro
Moderator: Herzlich willkommen, liebe Marion, schön, dass wir uns wieder im Podcast treffen. Wir hatten ja schon verschiedene Aufnahmen.
Marion Basler: Hallo Ralf, freut mich, dass wir uns heute wieder hören.
Moderator: Ich habe es erwähnt, du bist keine vollkommen unbekannte Stimme hier im BGW Podcast. Vor ziemlich genau zwei Jahren, da warst du als Interview-Gast auch schon mal hier zu hören in der Folge „In Würde Abschied nehmen“. Sehr interessant, was du da alles über die Hospizarbeit erzählst und auch sehr bewegend. Ich erinnere mich, wie eine junge Frau vor einer komplizierten Transplantation von dir hören wollte, ob sie sich das überhaupt antun sollte. Hört gerne nochmal rein! Damals wie auch heute wird es hauptsächlich um das Thema Tod und den Umgang damit gehen. Was bedeutet der Tod für dich selbst, Marion?
Marion Basler: Ja, was bedeutet der Tod für mich selbst? Nach fast 23 Jahren meiner Arbeit in der Hospiz- und Palliativ-Arbeit habe ich viele sterbende Menschen begleitet und schlussendlich ist der Tod für mich ganz fest mit dem Thema Demut verbunden. Ich darf ganz viel über mich lernen durch das Sterben und den Tod anderer Menschen, man beschäftigt sich vielleicht intensiver mit dem eigenen Leben und schlussendlich gehört der Tod für mich zum Leben dazu.
Moderator: Pflegekräfte sollten ziemlich resilient sein, damit sie die Arbeit nicht mit nach Hause nehmen. Der Tod kann überwältigend sein – geht das überhaupt?
Marion Basler: Naja, Resilienz bedeutet ja die Fähigkeit zu haben, schwierige Situationen zu bewältigen. Und ich stelle mir immer die Frage, auch in meinen Leitungsfunktionen: Was ist eigentlich schwierig für den Einzelnen? Für den einen ist es schwierig, die Diskussion mit den Kollegen und vielleicht keinen so guten Stand im Team zu haben; und für die anderen sind es sterbende Mütter, die zwei Kinder zurücklassen. Und schlussendlich kann ich zu dem Thema Resilienz sagen, dass die Resilienz vielleicht auch mit der Berufserfahrung kommt. Dass ich mich hinterfragen muss als Pflegekraft: Kann ich mich persönlich gut beobachten, habe ich den Raum mit Kollegen zu sprechen, habe ich den Raum für Supervision, hab ich die Möglichkeit, die Dinge auch zu verarbeiten?
Moderator: Wenn der Arbeitstod jetzt keinen Halt macht vor der privaten Türschwelle und man dieses Thema sehr deutlich immer zu Hause auch hat, das einen weiterhin immer bewegt und man eben nicht so abschalten kann, ist es dann der falsche Beruf?
Marion Basler: Ist es dann der falsche Beruf? Das glaube ich nicht. Es ist vielleicht die falsche Fachrichtung. Also ich muss mir Gedanken machen: Kann ich mit so viel Tod leben? Kann ich Menschen akzeptieren, wie sie sind im Sterben wie im Leben? Und kann ich vielleicht auch das Negative ins Positive ändern? Also das ist eine ganz wichtige Eigenschaft, die ich sicherlich brauche in der Begleitung von sterbenden Menschen und ihren Angehörigen.
Moderator: Was ist dein persönlicher Tipp an Pflegekräfte, die mit dieser Resilienz ein Problem haben? Also, was hast du gemacht und mit schweren Momenten während der Arbeit besser umzugehen? Der Tod war dein ständiger Begleiter, quasi Marion mit dem Sichelmann.
Marion Basler: Gutes Bild. Was ich schon angesprochen habe, ganz wichtig für mich, mit Kollegen zu sprechen, die Möglichkeit zu haben für eine Supervision, um bestimmte Fälle noch mal aufzuarbeiten. Aber auch zu lernen, mich selbst zu hinterfragen: Kann ich Dinge akzeptieren und sie stehen lassen? Kann ich meine eigenen Grenzen erkennen, also kann ich die Situation erkennen, ich muss jetzt aus diesem Raum raus, weil mich diese Situation überfordert, oder hab ich so viel Kraft, das durchzuhalten? Das hat mir sehr geholfen, mich damit zu beschäftigen und schlussendlich kann ich allen Pflegekräften raten, Fort- und Weiterbildungen zu besuchen zum Thema Resilienz.
Moderator: Hast du für dich auch so eine prägende Erfahrung gemacht, die dich über eine längere Zeit noch mitgenommen hat?
Marion Basler: Ich habe so viele prägende Erfahrungen in meiner Zeit, sowohl in Freiburg auf der hämatologischen Intensivstation als auch in den Hospizen, in denen ich gearbeitet habe. Beispielsweise hatten wir einen sehr jungen Gast im Hospiz, bei uns spricht man von Gästen und nicht Patienten, der mit seinen 23 Jahren zu uns kam, weil er zu viel Alkohol getrunken hatte und in der Notaufnahme bekannt war. Und er sich dann quasi erbrochen hat und sein Erbrochenes verschluckt. Und es wurde nicht so schnell reagiert, und er wurde recht spät reanimiert und kam dann mit einem massiven Hirnschaden zu uns ins Hospiz. Und es war für die Familie schier unglaublich, dieses Kind sterben zu lassen aufgrund dieser Geschichte und es hat mich nicht nur geprägt, wie die Familie mit dem bevorstehenden Tod umgehen sollte, es hat mich auch geprägt, wie viele Menschen involviert waren und wie groß diese Familie war. Also wir sprechen hier von gut 100 bis 150 Leuten.
Moderator: Die dann auch alle da waren?
Marion Basler: Die waren alle da, tatsächlich, und wir konnten die Situation schlussendlich, als der Junge verstorben war, war das ganze Hospiz wirklich voll mit Menschen und die Frauen waren in ihrer Trauer so überwältigt, dass sie die Köpfe an die Wände schlugen und die Männer waren laut und wir konnten die Situation tatsächlich nur retten, indem wir einen Imam einschalten konnten, der das dann übernommen hat. Und das ist prägend, ja.
Moderator: Das bringt auf jeden Fall vor allem die Überflüssigkeit von dem Tod in Anführungsstrichen gesetzt. Hier ist es ja ein quasi selbst verursachter Tod, den man hätte verhindern können, und das lastet ja auf allen Schultern irgendwie.
Marion Basler: Absolut. Das ist vielleicht auch eines der schwierigsten Beispiele, weil wir stellen uns alle vor, ins Hospiz kommst du, weil du eine lebensbegrenzende Erkrankung hast und nicht von heute auf morgen, wie es dem Jungen ging. Und es waren auch ethische Konflikte, und das ist das, was wir eben in der Hospizarbeit auch häufig erleben, so diese ethischen Aspekte zu betrachten, und das war in diesem Fall unermesslich.
Moderator: Wenn es um den Umgang mit betroffenen Patientinnen und Patienten geht, spielt die richtige Kommunikation eine große Rolle. Wie bist du beim Thema Kommunikation immer vorgegangen, während deiner Zeit im Hospiz, auf was sollte geachtet werden und fehlen nicht einfach auch irgendwann mal die Worte, wie bei der letzten Geschichte?
Marion Basler: Mhm, Kommunikation ganz großes Thema auch in meinen Schulungen, die ich für Pflegekräfte, aber auch für Pflegehelfer und für Betreuungskräfte mache. Die meistgestellte Frage ist: Was sage ich einem Menschen, der zu mir sagt, muss ich sterben? Und schlussendlich ist die Antwort meinerseits immer, gib die Frage zurück und frage: Was denkst du denn? Ich finde in der Kommunikation in unserer Arbeit ist Ehrlichkeit die oberste Priorität. Ich würde mir nie erlauben, nicht die Wahrheit zu sagen. Entweder ich schweige oder ich sage die Wahrheit. Und natürlich gibt es viele Momente, wo die Worte fehlen, aber das darf man aussprechen, man darf auch sagen: Ich weiß gar nicht, was ich jetzt sagen soll.
Moderator: Wie gehen dann die Patientinnen und Patienten damit um, wenn sie quasi den letzten Strohhalm greifen und jetzt alles auf dich kanalisieren? Gib mir die allumfassende Antwort und du sagst dann: Ich weiß aber nicht, was ich dazu sagen soll.
Marion Basler: Das ist eher selten, weil ich dann die Frage zurückgebe und wir schöne Gespräche führen beispielsweise. Ich greife es nochmal auf: Muss ich sterben und ich begegne den Menschen mit was denkst du denn daraus entwickeln wir ein Gespräch, tiefgründige Gespräche und schlussendlich die Momente wo ich sagen musste „Ich weiß jetzt nicht was ich dazu sagen soll“, endeten oft in Tränen.
Moderator: Welche Rolle spielen die Angehörigen der Patientinnen und Patienten?
Marion Basler: Angehörige und Zugehörige spielen bei uns in der Palliative Care und in der Hospizarbeit eine sehr, sehr große Rolle. Wir begleiten auch die Angehörigen auf psychosozialer Ebene und Angehörige sind für uns genauso wichtig und wertzuschätzen wie die Patienten selbst. Und wir versuchen, den Angehörigen möglichst ein sehr gutes Gefühl zu geben und auch das Sterben mit den Angehörigen gemeinsam zu begleiten. Ich sage immer, das Bild, was Angehörige von ihrem Sterbenden oder toten Menschen mit nach Hause nehmen, das bleibt.
Moderator: Und das ist ja auch ganz wichtig, Abschied nehmen, wenn man das kann. Mitunter werden Menschen zum Beispiel durch ein Unglück aus dem Leben gerissen, aber hier gibt es eben auch wirklich oft die Möglichkeit, sich zu verabschieden, nochmal die letzten Gedanken auszutauschen, das ist, glaube ich, für alle sehr wichtig.
Marion Basler: Ja, der schlimmste Tod ist tatsächlich der Tod wenn jemand vermisst wird und man nicht weiß: Wo ist der Mensch? Lebt er noch, ist er tot? Aber auch dieser plötzliche Tod durch Unfälle, durch Schicksale. Und es ist ein Geschenk, Abschied nehmen zu können. Aber dazu muss man kommunizieren und dazu muss man kommunizieren, dass der Tod wirklich jetzt in Kürze kommt. Und diese Chance haben viele Patienten in den Kliniken auch nicht. Gerade wenn ich mit Kolleginnen und Kollegen spreche von Intensivstationen, die einfach die Chance nicht haben, den Angehörigen den Abschied zu ermöglichen, weil immer noch alles versucht wird, man akzeptiert so dieses doch sterben dürfen schwieriger und die Chance haben wir im Hospiz im Palliativbereich Abschied zu nehmen, aber auch für die Menschen, also auch der sterbende Mensch will Abschied nehmen.
Moderator: Ist es vielleicht auch für die Pflegekräfte eine Stütze, wenn vor allem ja alte Menschen dort dann sterben, dass die eben in Gemeinschaft sterben, weil in unserer Gesellschaft ist es ganz oft so, dass alte Menschen zu Hause einsam alleine sterben und dann auch teilweise wochenlang gar nicht gefunden werden.
Marion Basler: Ich glaube, das ist jetzt keine Stütze im Sinne von hilfreich für die Pflegekräfte, dass die älteren Menschen dann in der Einrichtung sind. Aber es macht, glaube ich, ein anderes Bild vom Sterben, also das Wissen, dass diese Menschen zu Hause alleine wären.
Moderator: Einsam sterben – schrecklich.
Marion Basler: Ja, einsam sterben, das hilft durchaus schon, ja. Wobei ich und meine Kollegen, wir wünschen uns einfach auch da viel mehr Akzeptanz für das Sterben in Pflegeeinrichtungen, dass es eben auch viel mehr in den Mittelpunkt gerückt wird. Weil Menschen, die in eine Pflegeeinrichtung einziehen, verbringen dort im besten Fall ihren Lebensabend und noch immer sind in vielen Pflegeeinrichtungen die Kapazitäten an Palliativ Care-Fachkräften noch nicht da. Da muss noch einiges passieren.
Moderator: Es ist der letzte Umzug, ja. Marion, wir haben vieles über deinen Berufsalltag gehört. Wie bist du überhaupt zu diesem oder sagen wir mal, eher außergewöhnlichen Fachbereich gekommen? Sterbebegleiterin – kam das einfach so oder gab es auch hier eine Art Schlüsselerlebnis für dich?
Marion Basler: Das ist ganz früh passiert. Ich habe im 17 meine Ausbildung angefangen, das auch nicht so ganz von mir selbst gewählt war und schlussendlich habe ich ganz schnell bemerkt, dass ich keine ganz normale Krankenschwester sein kann. Ich habe mich viel mehr mit dem Sterben und mit dem Tod beschäftigt als mit dem Heilen. Es lag mir fern, alles zu tun, um Menschen zu retten. Sondern ich habe mich schon immer ganz fürsorglich um die Menschen, die eben keine Chance mehr auf Leben hatten, gekümmert. Und das war mit dem Schlüsselerlebnis, was ihr alle in dem Podcast, den Ralf angesprochen hat, nachhören könnt, ja, meinen Weg zu sagen: OK, ich bin bereit fürs Sterben.
Moderator: Und das ist ja auch das Wichtige, dass wenn man in den Berufsalltag eintritt mit Menschen in der Pflege zu tun hat, dass man eben auch Sozialkompetenz hat, dass man fühlen kann. Manch ein super Abschluss oder etwas, das auf dem Papier steht, kann das nicht wettmachen, wenn man menschlich nicht richtig reingeht an die Berufsnummer.
Marion Basler: Ja, Empathie, das große Wort: Aber schlussendlich – ohne Empathie geht es nicht in unserem Bereich. Und ich weite das aus auf den kompletten Pflegebereich aus. Und natürlich bringen wir alle Fähigkeiten mit und gerade im Hospiz- und Palliativbereich sind schon besondere Menschen und die sind auch erkennbar. Ich sage immer, wir sind alle ein bisschen anders.
Moderator: Wir sind alle dunkel angezogen.
Marion Basler: Richtig, genau. Wir laufen in schwarz rum.
Moderator: Und haben böse Gesichtsausdrücke.
Marion Basler: Ja, richtig. Genauso. Nein, es ist was Besonderes und es gehört ganz viel Haltung dazu, und das ist auch das, was ich versuche zu vermitteln, Haltung zu entwickeln, und dann kann ich jedem Menschen begegnen. Nicht nur im Sterben.
Moderator: Seit Juni ist das Sterben für dich in etwas weitere Ferne gerückt. Du hast dich dafür entschieden, erst mal eine Auszeit zu nehmen und auf Reisen zu gehen. Wie kam es dazu, genau jetzt diese Auszeit und wohin geht's, Marion?
Marion Basler: Ja, spannende Geschichte. Wie kam es dazu? Schlussendlich habe ich meinen Job gekündigt …
Moderator: War das zu viel Sterben am Ende?
Marion Basler: Nein, das hat er mit zu viel Sterben gar nichts zu tun. Es waren eher andere Werte und Prinzipien, die ich nicht mehr tragen konnte und habe mich dann tatsächlich entschieden, einen Break zu machen, um mich zu resetten. Kann man das so sagen? Und jetzt haben wir gesagt: OK, wenn ich jetzt, wann dann? Ich erzähle seit über 20 Jahren Kollegen, Freunden, Patienten, Gästen, Menschen, macht was aus eurem Leben, genießt den Tag, lebe den Tag. Und selbst ist man irgendwie 60 bis 80 Stunden in der Woche mit dem Thema konfrontiert und achtet nicht drauf und deswegen haben wir gesagt: So, und jetzt machen wir das.
Moderator: Du wolltest nicht auf deinem Sterbebett dann sagen „Ach, hätte ich doch noch“ und „Ach Mann, ich wollte doch noch so gerne“.
Marion Basler: Das entspricht wieder meinem Motto und es ist nicht einfach: Und es ist gerade auch eine große Erfahrung, dass die Menschen um mich herum teilweise sehr skeptisch sind, wie das gehen kann, und wie kann es sein, dass du nicht arbeitest. Und wiederum andere sagen, du machst es genau richtig. Also, das sind wieder Welten, die aufeinanderprallen, die es jetzt gerade auch sehr spannend machen.
Moderator: Und sich nicht beirren lassen mit dem, was man sich vorgenommen hat, das ist ja auf jeden Fall auch eine Linie. Und du probierst mal wieder was Neues aus und wirst da deine Erfahrungen raus schöpfen. Was ist dein Ziel für die Zeit danach? Gibt es das schon – möchtest du wieder dort weitermachen, wo du aufgehört hast, oder was komplett Neues wagen?
Marion Basler: Das ist die meistgestellte Frage im Moment an mich und ich kann sie nicht beantworten.
Moderator: Umschulen auf Hebamme.
Marion Basler: Nein, nein, nein, nein, nein, nein, nein.
Moderator: Jetzt so lange den Tod gemacht, jetzt starten wir mal.
Marion Basler: Das ist absolut ausgeschlossen. Ja, tatsächlich kann ich die Frage nicht beantworten und ich freue mich, meine Auszeit jetzt genau dafür zu nutzen, um zu sehen, wo geht mein Weg hin? Ich werde weiter unterrichten, um die Thematik bei mir zu haben. Natürlich ist es auch sowas wie mein Lebensinhalt, dieses Thema. Ich kann ja gar nichts anderes. Aber es wird noch ein Instagram Profil geben von unseren Reisen. Das kommt jetzt bald und ich werde als Coach arbeiten.
Moderator: Ich habe schon gehört, Wohnmobil und dann Lofoten, Huskyfarm, da sind schöne Dinge dabei.
Marion Basler: Absolut. Wer Lust hat, Cordula und wir überall und drum herum.
Moderator: Das ist das Instagram Profil. In unserem Format „Inspirierende Menschen im Berufsalltag“ spielen wir auch immer eine Runde "Sätze vervollständigen". Wie der Name schon sagt, geb ich dir einfach ein paar Sätze vor und deine Aufgabe ist es dann, diese zu vervollständigen. Bist du bereit, Marion?
Marion Basler: Ich bin bereit.
Moderator: Also, du hast jetzt die Auszeit, wir gehen jetzt trotzdem von deinem Arbeitsalltag noch aus. Mein Arbeitsalltag in 3 Worten.
Marion Basler: Spannend, bunt und lehrreich.
Moderator: Ich habe Spaß an meiner Arbeit, weil ...
Marion Basler: … ich meine Erfahrung teilen darf.
Moderator: Was gibt Dir das, diese Erfahrung zu teilen? Da muss ich nachhaken.
Marion Basler: Weil so viele Menschen im ersten Moment vor mir sitzen und zu dem Thema überhaupt keine Idee haben und nicht damit umgehen können. Und dann aus den Seminaren gehen und so gestärkt sind und eine Haltung entwickelt haben und das macht einfach Spaß.
Moderator: Das Schönste, was ich bei meiner Arbeit erlebt habe, ist …
Marion Basler: … den Schnaps mit den Angehörigen zu trinken, als ihr Mensch schon verstorben war.
Moderator: Einfach nochmal zusammen sein und darüber reden und eben auch so eine kleine Feieratmosphäre haben.
Marion Basler: Ja, das war so im Sinne des Verstorbenen. Er hat sich das so gewünscht. Oder eine Zigarette zu rauchen mit dem Sterbenden, das sind schöne Momente während meiner Arbeit, weil es so – im Englischen würde man sagen, so deep ist. Aber es sind solche Momente, die ich nie missen möchte.
Moderator: Meine Arbeit ist wichtig, weil …
Marion Basler: … weil wir schlussendlich alle sterben. Und ich würde hier so gerne noch ein Zitat einfügen von Anthony Hopkins: Keiner von uns kommt lebend hier raus. Also hört auf, Euch wie ein Andenken zu behandeln! Esst leckeres Essen, spaziert in der Sonne, springt ins Meer, sagt die Wahrheit und tragt euer Herz auf der Zunge und seid albern und seid freundlich. Seid komisch, denn für nichts anderes ist Zeit.
Moderator: Ja, das mag ich gerne so unterschreiben. Meine Oma hat ja auch mal gesagt, im hohen Alter, da war sie schon 94, war dann auch im Pflegeheim und durfte halt keine süßen Sachen mehr essen. Und dann haben wir auch darauf geachtet, oh du darfst hier Kuchen und dann hast sie gesagt: „Ich bin 94 verdammt noch mal, wie alt soll ich denn noch werden? Ich will jetzt Kuchen essen.“ Und das hat bei mir so ein Schlüsselerlebnis ausgelöst: Warum eigentlich, soll sie doch jetzt Kuchen essen. Wir gehen mit dir zum Glühweintrinken und das haben wir alles gemacht und sie war happy ohne Ende natürlich – und stimmt, ja.
Marion Basler: Ja, und das sind die Momente, wo man dann einfach mal sagen muss: Hey, um was geht‘s hier jetzt eigentlich noch?
Moderator: Man kann sich zu Tode optimieren.
Marion Basler: Ja, richtig und man kann sich auch bis zum Tod das Leben verbieten.
Moderator: Liebe Marion, vielen Dank, dass du heute mein Gast warst, mal wieder. Ich wünsche dir viel Freude beim um die Welt düsen mit Lieblingsmensch, mit Lieblingshund und mit fettem Wohnmobil. Dann sterbe mit Erinnerungen, nicht mit Wünschen.
Marion Basler: Vielen Dank, Ralf.
Moderator: Wenn ihr noch mehr Infos zum Thema Palliative Care oder dem Umgang mit dem Tod haben wollt, dann könnt ihr gerne auf die Links in den Shownotes dieser Podcastfolge klicken. Weitere Infos und alle Podcastfolgen, unter anderem auch die erste Folge, in der Marion bereits zu Gast war die findet ihr auf der Website www.bgw-online.de/podcast. Ich freue mich auf euch und auf die nächste Folge, bis dann.
Outro Podcast
Interviewgast
Marion Basler
Dozentin und Coach für Palliative-Care
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