Innovativ, sicher, gesund: Altenpflege der Zukunft #09 BGW-Podcast Herzschlag - Für ein gesundes Berufsleben
Die Gesundheit der Pflegenden mit zukunftsweisenden Ideen fördern: Zwei stationäre Einrichtungen der Altenpflege und ein ambulanter Dienst haben damit den BGW-Gesundheitspreis 2020 gewonnen. Lernen Sie die Konzepte der Preisträgerinnen und Preisträger kennen.
Wie zum Beispiel Alpakas in der Mittagspause helfen können zu entspannen und wie ein gutes Gesundheitsmanagement nicht nur den Beschäftigten, sondern auch den Einrichtungen und den dort betreuten Menschen zugutekommt, erfahren Sie in dieser Podcast-Folge.
Wir stellen drei Konzepte vor, die von der BGW mit dem Gesundheitspreis Altenpflege 2020 ausgezeichnet worden sind. Weitere Informationen zum Thema finden Sie unter BGW-Gesundheitspreis.
Hier kommen Sie zum Transkript dieser Folge
Block 01: Begrüßung und Einleitung
Moderator: Alpakas zum Kuscheln in der Mittagspause, das ist die perfekte Entspannung in einem verantwortungsvollen Beruf. Fortbildung für eine gesunde und rückengerechte Arbeitsweise, das tut dem Körper nicht nur in einem anstrengenden Beruf gut. Alpakas, freundliche Rückenübungen, was hat das alles mit der Pflege zu tun? Das zweite erklärt sich recht schnell. Der Rücken wird in der Pflege stark gefordert und deshalb sind Fortbildungen für eine rückengerechte Arbeitsweise sehr sinnvoll. Und was es mit den kuscheligen Alpakas für die Mittagspause auf sich hat, das erfahren Sie in der heutigen Podcastfolge der BGW, der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege. Der Pflegeberuf ist kein leichter Job, vor allem in der letzten Zeit. Trotz dessen gibt es viele Personen, Unternehmen und Institutionen, die kreative und innovative Konzepte nutzen, um den Pflegeberuf zukunftsorientiert zu gestalten. Genau diesen Unternehmen verleiht die BGW einmal im Jahr einen Gesundheitspreis. Dieses Jahr ging der Gesundheitspreis an Menschen, die in der Altenpflege tätig sind. Ihre innovativen und zukunftsweisenden Konzepte stellen wir in dieser Folge vor. Ich bin Ralf Podszus, schön, dass Sie dabei sind.
(Podcast-Opener)
Block 02: Interview mit Myra Mani und Marlena Wlodarszyk-Hamann
Moderator: Heute stellen wir Ihnen in dieser Folge drei Konzepte vor, die von der BGW 2020 mit dem Gesundheitspreis Altenpflege ausgezeichnet worden sind. Wir starten mit einem Konzept aus Lüdenscheid im NRW. Ich spreche dazu mit der Geschäftsführerin Myra Mani und mit Marlena Hamann, Leiterin der Verwaltung vom Pflegedienst Mani häusliche Pflege. Hallo und natürlich Gratulation zur Auszeichnung.
Marlena Wlodarszyk-Hamann: Hallo.
Myra Mani: Hallo und vielen Dank, wir freuen uns sehr.
Moderator: Frau Mani, was bedeutet Ihnen dieser Preis?
Myra Mani: Ja, der Preis ist einerseits eine Wertschätzung für unsere Arbeit mit den Mitarbeitern und gleichzeitig ist das natürlich auch ein Auftrag, weiter zu machen, denn das Gesundheitsmanagement ist ein ständig weiterlaufender Prozess und keine einmalige Aktion.
Moderator: Ihr Betrieb ist ein Familienunternehmen, gegründet von Ihren Eltern. Die beiden, die waren viele Jahre in der Pflege tätig, bevor sie sich selbstständig gemacht haben. Ihre Mutter war damals die treibende Kraft bei diesem Schritt und hat einen wichtigen Leitspruch mit in das Unternehmen gebracht. Ich nenne es mal, die vier Ms: Man muss Menschen mögen. Was bedeutet das für Ihre tägliche Arbeit?
Myra Mani: Wir haben es mit Menschen zu tun. Die Patienten sind individuelle Persönlichkeiten, die Mitarbeiter sind ganz individuelle Persönlichkeiten. Und am Ende geht es darum, wir haben alle unsere Macken, aber wenn wir uns auf das gute und auf das besondere im Menschen konzentrieren, dann haben wir auch als Unternehmen und als Unternehmer mehr Zeit und auch mehr Energie uns auf die gemeinsamen Ziele zu konzentrieren.
Moderator: Frau Haarmann, Ihr Betrieb ist schon mehrfach für seine Familienfreundlichkeit ausgezeichnet worden. Was tun Sie in diesem Bereich konkret für Ihre Angestellten?
Marlena Wlodarszyk-Hamann: Zum einen haben wir eine individuelle und offene Gesprächskultur, die eine wichtige Basis unseres Betriebsklimas ist. Wir versuchen so, Herausforderungen gemeinsam zu meistern und respektieren einen offenen Umgang mit Stress, mit psychischen und physischen Belastungen. Hier arbeiten wir auch sehr eng mit der AOK zusammen und bieten unseren Mitarbeitern gemeinsam einen Lebens-Balance-Kurs zum Umgang mit Stress im Privat- und Berufsleben an. Außerdem haben wir familienfreundliche Arbeitszeiten. So gibt es bei uns seit 20 Jahren Elterntouren, die erst um acht Uhr anfangen. Also wir versuchen, bei der Planung auch auf die private Situation Rücksicht zu nehmen. Sonst haben wir ein starkes Verwaltungsteam, die die Pflegedienstleiter unterstützen und wir haben seit drei Jahren ein betriebliches Gesundheitsmanagement mit einem externen Partner integriert, welches fortlaufend ist. Und natürlich noch einiges mehr.
Moderator: Sie setzen beim innerbetrieblichen Gesundheitsmanagement auch auf Maßnahmen in den Bereichen Technik und Digitalisierung. Was haben Sie hier bereits konkret unternommen?
Marlena Wlodarszyk-Hamann: Familie Mani hat bei der Gründung schon mit einer Software gearbeitet. Vor drei Jahren haben wir die Software und die alltagstaugliche Technik im Betrieb auf den neuesten Stand gebracht. Die Mitarbeiter haben zu jedem Zeitpunkt mit dem Smartphone den Zugang zu allen pflegerelevanten Daten, die sie für den jeweiligen Einsatz benötigen und auch die Vernetzung mit den Ärzten oder Apotheken ist digitaler geworden. So kann ein früher, sehr manueller Prozess mittlerweile komplett schon digital und auch somit schneller und mit weniger Informationsverlust durchgeführt werden.
Moderator: Das mit den Smartphones finde ich ja voll spannend. Also wenn Opa Reimund gepflegt werden muss, dann kann man sich nochmal kurz auf seinem Handy das alles nochmal vergegenwärtigen, was bei ihm gerade wichtig ist, was da gemacht werden muss.
Marlena Wlodarszyk-Hamann: Richtig, alle wichtigsten Informationen werden direkt auf das Smartphone übertragen, das vereinfacht unsere Arbeit und steigt unsere Qualität.
Moderator: Wie profitieren Ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen davon?
Marlena Wlodarszyk-Hamann: Beispielsweise können die Mitarbeiter schnell und einfach dokumentieren, zum Beispiel können die Pflegeberichte diktiert werden, welche sofort auch verschriftlicht werden. Auch Mitarbeiter, die bei detaillierter Beschreibung mit der deutschen Sprache ihre Herausforderung haben, können solche Berichte in ihrer eigenen Muttersprache diktieren und diese werden sofort auf Deutsch übersetzt und erfasst.
Moderator: Das ist wirklich sehr praktisch. (Marlena Wlodarszyk-Hamann: Ja.) Frau Mani, im Imagefilm Ihrer Einrichtung sieht man sehr schön, dass in Ihrem Team Menschen ganz unterschiedlicher Herkunft mit viel Freude zusammenarbeiten. Interkulturelle Zusammenarbeit kann ja aber auch herausfordernd sein. Wie gehen Sie das bei sich im Betrieb an?
Myra Mani: Also ich finde die Zusammenarbeit von verschiedenen Menschen generell schon als herausfordernd und auch spannend zugleich. Und wenn man den kulturellen Aspekt des Menschen als eine Nuance der jeweiligen Person sieht und nicht als definierende Eigenschaft, dann habe ich am Ende des Tages lediglich Menschen mit unterschiedlichen Interessen, persönlichen Erfahrungen, Vorlieben, Fähigkeiten, Kenntnissen und Charaktereigenschaften vor mir. Für mich steht auch weniger die Kultur des Menschen im Vordergrund als die gemeinsame Unternehmenskultur.
Moderator: Würden Sie beide, die ja in Führungspositionen im Betrieb tätig sind, sagen, dass Sie mitverantwortlich sind für die Gesundheit Ihrer Kollegen und Kolleginnen?
Myra Mani: Ja, wir sind definitiv mitverantwortlich für die Gesundheit, denn wir versuchen den Rahmen zu setzen, der es den Mitarbeitern ermöglicht auch gesund zu arbeiten. Und auch die Vorbildfunktion spielt eine wichtige Rolle, die bei dem einen oder anderen auch mal besser klappt.
Marlena Wlodarszyk-Hamann: Es ist auch wichtig, dass die Geschäftsführung dahintersteht. Familie Mani zum Beispiel unterstützt und motiviert uns in den Prozessen und stärkt uns den Rücken. Das ist unheimlich viel Wert bei der Umsetzung von neuen Prozessen.
Moderator: Ich merke Ihnen die Freude beim Arbeiten an, sehr schön. Und noch mal herzlichen Glückwunsch an Mani Häusliche Pflege in Lüdenscheid zum zweiten Platz beim diesjährigen BGW-Gesundheitspreis Altenpflege.
Myra Mani: Dankeschön.
Marlena Wlodarszyk-Hamann: Vielen Dank und bis dann.
Block 03: Interview mit Katharina Sachse
Moderator: Weiter geht es mit dem Pflegeheim Johann Hinnrich Wichern in Leipzig. Ich spreche jetzt mit Katharina Sachse, der Heimleiterin. Herzlichen Glückwunsch zum Gesundheitspreis Altenpflege, den Sie gewonnen haben.
Katharina Sachse: Ja, vielen Dank. Wir freuen uns sehr, dass wir da so weit gekommen sind und wir haben da wirklich sehr viel Engagement reingesteckt und sind jetzt natürlich wirklich stolz, diesen Preis gewonnen zu haben.
Moderator: Das Motto Ihrer Einrichtung ist: Vielfalt für das Leben. Was meint das Motto genau, also wie wird das bei Ihnen im Unternehmen gelebt?
Katharina Sachse: Ja, Vielfalt für das Leben, einmal natürlich für unsere Bewohner, wir haben ja 96 Bewohnen, die alle ganz unterschiedliche Charaktere mitbringen, verschiedene Vorlieben, verschiedene Ansichten, auf die das Personal tagtäglich eingehen darf. Und natürlich sehr viele Mitarbeiter, die alle unterschiedliche Sozialisationen durchhaben, unterschiedliche Wertvorstellungen haben, unterschiedliches Mitbringen. Und dass wir versuchen die Mitarbeiter aufzunehmen, so wie sie sind, ihre Stärken zu fördern und ihre Schwächen so weit wie möglich auszugleichen. Das bedeutet Vielfalt für das Leben und dass wir von der Jugend an, vom FSJler bis hin zum Ruheständler, alle Altersklassen vertreten haben mit den unterschiedlichsten Begabungen.
Moderator: In Ihrer Bewerbung für den Pflegepreis haben Sie betont, dass es Ihnen wichtig ist, dass sich die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen psychisch und physisch wohlfühlen bei der Arbeit. Welche Maßnahmen setzen Sie dafür denn um?
Katharina Sachse: Ja, also die Diakonie Leipzig hat sehr viele Maßnahmen. Wenn wir mal an das psychische denken, da gibt es zum Beispiel ein gutes BEM, also ein Wiedereingliederungsmanagement, wenn doch einmal ein Mitarbeiter sehr lange krank geworden und dann wieder den Berufseinstieg sucht. Dann haben wir viele Mitarbeitergespräche, wir haben Supervisions-Angebote, wir haben Angebote für Coaching. Und wir leben eine offene Fehlerkultur, das ist wichtig. Und uns ist auch wichtig, dass wir die Menschen, unsere Mitarbeiter, von Berufseinstieg bis hin zu Rente gut begleiten. Das Arbeitsleben ist ein Marathon, man muss nicht durchweg 120 Prozent geben, sondern es ist wichtig, dass man das Arbeitsleben gut bewältigt und dass es auch viel Freude bereitet. Und die physischen Angelegenheiten sind natürlich auch wichtig. Wir haben verschiedene Sportangebote, Entspannungsangebote, es gibt einen Diakonie-Chor, es gibt Laufgruppen, Fahrradgruppen, alles was man sich so sportlich vorstellen kann. Und da wird von den Mitarbeitern natürlich auch sehr gerne genutzt.
Moderator: Ihre Beschäftigten können das Gesundheitsmanagement auch selbst mitgestalten. Wie machen die das? Wie sieht das aus?
Katharina Sachse: Wir haben in unserem Haus einen Arbeitskreis Gesundheit gegründet und da sind Mitarbeiter aus allen Bereichen des Hauses vertreten, aus der Hauswirtschaft, aus der sozialen Betreuung, aus der Pflege und aus dem Gesundheitsmanagement und auch aus der Mitarbeitervertretung ist eine Kollegin mit dabei. Und es wird geschaut, was können wir tun, damit die Mitarbeiter besser arbeiten können? Und da kommen manchmal ganz neue Dinge zustande, die man als Chefin gar nicht so im Blick hat, zum Beispiel sind die vielen Laufwege vom Personal als sehr belastend empfunden worden und da haben wir eben angesetzt. Also dass es jetzt nicht von oben heruntergesagt wird, sondern wirklich von der Basis kommt und die Mitarbeiter sagen, das und das stört und können wir das nicht ändern? Und da haben wir einen Arbeitskreis, wo auch ein sehr vertrauensvolles Miteinander gelebt wird, und wir haben uns auch auf den Preis derweil vorbereitet und sind natürlich da sehr glücklich, dass das alles so sich entwickelt hat.
Moderator: Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, die ist gerade für Frauen in der Pflege oft eine Herausforderung. Welche Angebote machen Sie Ihren Mitarbeiterinnen da?
Katharina Sachse: Ja, also wenn so eine junge Mutti wieder zum Dienst kommt, gibt es erst mal vorher Gespräche, wie sie sich den Wiedereinstieg vorstellt. Das versuchen wir sie bei der Kitaeinrichtungsfindung zu unterstützen. Die Diakonie hat ja auch verschiedene Kindertageseinrichtungen, das ist ja nicht so einfach, auch hier im Osten einen Kindertagesplatz zu finden. Viele können auch erst später den Frühdienst beginne, also wir müssen da ein bisschen mit dem Frühdienst jonglieren. Es ist natürlich so, dass in so einem großen Haus alle Dienste immer belegt sein müssen. Wir können jetzt nicht alle nur im Frühdienst eintakten, aber wir nehmen da schon sehr viel Rücksicht. Wir haben auch alleinerziehende Mütter, die zum Beispiel nur Frühdienste machen können. Und da versuchen wir, den Mitarbeitern schon so weit wie möglich entgegenzukommen.
Moderator: Ich liebe Alpakas und ich habe es eingangs ja schon erwähnt, jetzt können wir mal die Geschichte rund um die Alpakas auflösen. In Ihrem Bewerbungsclip, da habe ich nämlich Ihre tierischen Unterstützer gesehen. Alpakas, so eine Tour mit denen, dieses flauschige Fell, die riechen einfach gut und sehen einfach auch spitze aus und sind so klein und zierlich. Ja, die Alpakas, die gehören mit zum Team, oder?
Katharina Sachse: Ja, sind schon so Teamkollegen. Also wir haben eine Kooperation mit einer Dame, die die Alpakas hegt und pflegt und kommt dann regelmäßig zu uns in die Einrichtung. Und das wird natürlich von vielen Bewohnern sehr geschätzt. Wir haben sehr, sehr viele schwerst-demenzkranke Bewohner, die eben gerade über das Fühlen, über den Tastsinn sehr ansprechbar sind. Und das ist manchmal wirklich ganz besonders, das zu sehen, wie die Bewohner auf diese Tiere reagieren. Ja und die Mitarbeiter freuen sich natürlich, dass wir so ein Angebot haben und hatten das auch selbst mit eingebracht, die tiergestützte Therapie, sodass das eigentlich rundherum eine gelungene Sache ist.
Moderator: Alpakas machen wirklich glücklich, das kann ich bestätigen. In der Mittagspause schön mit Alpakas kuscheln, das geht zum Beispiel im Pflegeheim Johann Hennrich Wichern in Leipzig. Ja und Sie haben den Gesundheitspreis Altenpflege für Ihr ganzheitliches Konzept gewonnen. Ganz herzlichen Dank für das Gespräch, Katharina Sachse.
Katharina Sachse: Ja, vielen Dank.
Block 04: Interview mit Lydia Wiesner und Martina Stoller
I: Zukunftsweisende Konzepte und innovative Ideen werden mit dem Gesundheitspreis Altenpflege der BGW ausgezeichnet. Wir gehen noch einmal zurück nach NRW, genauer nach Meerbusch und da in das Caritas-Haus Hildegundis von Meer. Jetzt begrüße ich die Einrichtungsleiterin Lydia Wiesner und Pflegedienstleiterin Martina Stoller, hallo.
Lydia Wiesner: Hallo.
Martina Stoller: Hallo.
Moderator: Und Gratulation zum gewonnenen Preis.
Lydia Wiesner: Ganz herzlichen Dank.
Moderator: Sich besonders für die Gesundheit der Beschäftigen einsetzen, etwas sehr zentrales, wenn es um die Pflege geht und ein Konzept, welches das Caritas-Haus Hilde gundis von Meer schon seit 2014 verfolgt. Frau Wiesner, was beinhaltet Ihr Konzept konkret?
Lydia Wiesner: Unser Konzept beinhaltet ganz konkret, dass wir unsere Mitarbeiter in der Pflege und im sozialen Dienst im Bereich Kinästhetik geschult haben, komplett durchgeschult. Kinästhetik bedeutet für die Pflege, rückenschonendes und körperschonendes Arbeiten. Das gleiche gilt natürlich auch für die Mitarbeiter im sozialen Dienst, die ja nicht nur Betreuung machen, sondern auch andere Bewegungsabläufe mit den Bewohnern, wie Sport, betreiben.
Moderator: Und können Sie noch mal kurz erklären, wie man nun genau rückenschonend vorgeht und was genau ist Kinästhetik?
Lydia Wiesner: Kinästhetik bedeutet eine Zusammenarbeit von Kybernetik, Psychologie und modernem Tanz und dass man sich in die Bewegungsabläufe und bei der Mobilisation zum Beispiel oder beim Umlagern des Bewohners mit hinein begibt in die Bewegung. Man erspart sich dadurch sehr viel Kraftaufwendung, sondern es geht in eine fließende Bewegung über. Und mit diesen fließenden Bewegungen kann man Menschen umsetzen vom Stuhl in den Rollstuhl, von der Bettkante in den Stuhl, von dem Fußende des Bettes nach oben und so weiter und so fort. Das geht über die ganzen Lebensbereiche unserer gehandicapten Bewohner.
Moderator: Und zeigt dieses Training Wirkung? Ist das messbar irgendwie?
Lydia Wiesner: Es ist insofern messbar, als dass wir merken, dass wir weniger Rückenprobleme haben, dass wir merken, die Menschen sind nicht mehr so angestrengt, unsere Mitarbeiter vor allen Dingen. Und es merken auch die Bewohner. Es tut denen gut, weil es wird nicht mehr mit Kraft an den Armen gezogen, sondern die sind zufriedener und unsere Mitarbeiter sind es dann natürlich auch.
Moderator: Einen großen Anteil daran, wie Arbeits- und Gesundheitsschutz in Einrichtungen umgesetzt und gelebt wird, haben Führungskräfte. Welche Rolle spielen die in Ihrem Konzept? Und da geben wir doch mal gleich die Frage weiter an die Führungskraft Pflegedienstleiterin Martina Stoller.
Martina Stoller: Die Rolle, die wir als Führungskräfte haben, ist halt eben, dass wir einmal dafür sorgen müssen, dass es gelebt wird, dieses Konzept. Also sprich kinästhetisches Arbeiten, ethische Fallbesprechungen oder die anderen Angebote, die wir für die Mitarbeiter haben, nebenher noch haben, auch individuell für die Teams, dass die eben halt immer wieder angesprochen und wahrgenommen werden auch von den Leuten.
Moderator: Frau Wiesner, Sie haben sich 2014 auf den Weg gemacht und seither viel umgesetzt, was der Gesundheit Ihrer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen dient, aber Ihr Konzept ist ja lebendig und entwickelt sich ständig weiter. Was haben Sie für die Zukunft geplant?
Lydia Wiesner: Dass wir weiter an der Kinästhetik dranbleiben. Das ist ja nicht so einfach im normalen Alltagsablauf, dass man das immer wieder sensibilisiert. Wir haben eine Mitarbeiterin für den Gesamtverband freigestellt, die eine Trainerausbildung macht. Erst mal für die einzelnen Kurse, es ist ein Anfängerkurs, ein Aufbaukurs und dann kommt der Trainerschein, sodass wir völlig autark sind und unsere Leute, auch alle Neueinstellungen, werden kinästhetisch geschult. Und alle Mitarbeiter vom sozialen Dienst, die neu eingestellt werden, eben auch. Dann haben wir intern schon vor einigen Jahren Multiplikatoren ausgewählt, für die das eine Herzensangelegenheit ist. Das ist ja auch ein bestimmter Menschenschlag, der das dann gut weiter herunter brechen kann an die Kollegen. Und die stehen dann helfend zu Seite, wenn es Probleme gibt. Und man hat vielleicht irgendetwas vergessen, was man vielleicht mal vor einem Jahr gelernt hat. Das ist das, was die Kinästhetik angeht, die lebt also, das wird weiterentwickelt. Und hilfreich ist es ja auch, wenn die Berufsgenossenschaft uns mit Rat und Tat zur Seite steht und wenn wir Fragen haben, dass wir uns dann an die entsprechenden Stellen wenden können.
Moderator: Vielen herzlichen Dank für die spannenden Impulse und viel Freude mit Ihrem Preis noch einmal.
Lydia Wiesner: Dankeschön.
Block 5: Interview mit Oxana Paul
Moderator: Jetzt zum Schluss möchten wir natürlich auch noch einmal erfahren, warum die BGW den Gesundheitspreis überhaupt verleiht. In der Altenpflege wird er alle zwei Jahre vergeben und ist mit insgesamt 45 Tausend Euro dotiert. Oxana Paul, Sie sind Projektleiterin für den BGW-Gesundheitspreis Altenpflege. Wir haben ja jetzt schon die Gewinner des Jahres 2020 gehört und jetzt ist noch mal interessant zu wissen, warum die BGW diesen Preis verleiht.
Oxana Paul: Mit dem BGW-Gesundheitspreis ehrt die BGW Mitgliedsbetriebe, die sich in herausragender Weise für die Gesundheit ihrer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen einsetzen. Gute Beispiele und zukunftsweisende Ideen unserer Preisträger sollen andere Pflegeeinrichtungen motivieren, sich mit dem Thema Gesundheitsförderung und Sicherheit bei der Arbeit auseinanderzusetzen.
Moderator: Nach welchen Kriterien wurden die Finalisten ausgewählt?
Oxana Paul: Im ersten Schritt müssen die Bewerber mithilfe eines wissenschaftlich fundierten Fragebogens darstellen, welchen Stellenwert Gesundheitsschutz in den Einrichtungen hat und wie die Aktivitäten in der betrieblichen Gesundheitsförderung planen und umsetzen und welche Ressourcen dafür zur Verfügung stehen. Abgefragt wurden auch die bisherigen Ergebnisse der Aktivitäten im Hinblick auf die Nachhaltigkeit sowie deren Zielsetzung und Perspektiven für die Zukunft. Im zweiten Schritt wurden die Einrichtungen der Finalisten vor Ort besucht und erst nach der vor Ort Besuche wurden die endgültigen Preisträger festgelegt. Der Jury war es auch besonders wichtig, dass die gesundheitsfördernden Aktivitäten in den ausgewählten Pflegeeinrichtungen über die gesetzlichen Mindestanforderungen hinausgehen und dass auch eine produktive Arbeitsschutzorganisation vorhanden ist.
Block 06: Verabschiedung
Moderator: Wir haben uns heute drei wirklich innovative und zukunftsweisende Konzepte aus der Altenpflege angesehen für mehr Gesundheit und Freude am Beruf der Altenpflege. Dafür wurden diese Konzepte 2020 mit dem Gesundheitspreis Altenpflege der BGW ausgezeichnet. Falls Sie Fragen dazu haben oder Anmerkungen oder vielleicht auch ein Thema für eine der kommenden Podcastfolgen vorschlagen möchten, dann schreiben Sie uns gerne. Das geht über unsere Webseite: www.bgw-online.de/podcast. Mehr Impulse für gesundes Arbeiten in der Pflege gibt es auch in der kommenden Folge von Herzschlag für ein gesundes Berufsleben. Bis dahin bleiben Sie gesund zusammen mit der BGW.
(Outro - Herzschlag, für ein gesundes Berufsleben. Der BGW-Podcast)
Die Interviewgäste
Oxana Paul
Projekt- und Veranstaltungsmanagement, BGW
Caritashaus Hildegundis von Meer, Meerbusch:
Lydia Wisner (Einrichtungsleitung)
Martina Stoller (Pflegedienstleitung)
Anita Sender (Kinästhetiktrainerin des Trägers)
Anke Kuthe (Assistentin der Geschäftsführung)
Martina Römer-Hachisuka (Stabstelle Arbeits- und Gesundheitsschutz)
Mani Häusliche Pflege, Lüdenscheid:
Myra Mani (Geschäftsführung)
Marlena Wlodarszyk-Hamann (Verwaltungsleitung)
Pflegeheim Johann H. Wichern, Leipzig:
Katharina Sachse (Heimleitung)
Dr. Claudia Beckert-Ziegelschmidt (Gesundheitsmanagement & betriebliches Eingliederungsmanagement)
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