Entwicklung und Evaluation eines berufsspezifischen Qualifizierungskonzepts für Dialyse-Beschäftigte
Die Arbeit der Dialyse-Beschäftigten ist komplex und mitunter belastend. In zahlreichen Studien zeigte sich die Arbeitsverdichtung als große Arbeitsbelastung. Das Ergebnis eines Literaturreviews offenbarte u.a., dass die letzte deutsche Studie zur Arbeitssituation dieser Zielgruppe bereits über 20 Jahre zurückliegt (Böhmert, Kuhnert & Nienhaus 2011).
Aus diesem Grund hat die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) eine Befragungsstudie mit dem Copenhagen Psychosocial Questionnaire (COPSOQ) in 20 Dialyse-Einrichtungen zwischen Herbst 2010 und Frühling 2011 in Deutschland durchgeführt. Die Ergebnisse der Befragung zeigten nachfolgenden Trend: Die Arbeit in der Dialyse wird von den Beschäftigten als sinnvolle Tätigkeit wahrgenommen, jedoch gibt es in mancher Hinsicht Belastungen – nicht primär aufgrund der hohen Anforderungen die gestellt werden, sondern die empfundene Belastung hängt stark mit den fehlenden Ressourcen wie z.B. Einfluss bei der Arbeit, Entwicklungsmöglichkeiten oder fehlendem Feedback zusammen (Kersten et al. 2014). Bei Befragungen und Analysen von weiteren 49 Dialyse-Einrichtungen im März 2012 bestätigte sich der geschilderte Trend.
Gesondert wurde untersucht, ob arbeitspsychologisch wichtige Ressourcen, wie „Einfluss bei der Arbeit“ und „Feedback“ einen puffernden Effekt auf den Zusammenhang zwischen quantitativen Anforderungen und kognitiven Stresssymptomen der Beschäftigten haben (Kersten, Vincent-Höper & Nienhaus under review).
Aus den Erkenntnissen des Literaturreviews und der Befragungsstudie wurde eine Qualifizierung für Dialyse-Beschäftigte systematisch entwickelt. Das Ziel der vorliegenden Studie ist die Evaluation dieses Qualifizierungskonzepts.
Methode
Die Qualifizierung gliederte sich in ein Führungscoaching sowie drei halbtägige Trainings für Dialyse-Beschäftigte. Jede teilnehmende Einrichtung durchlief eine Befragung mit anschließendem Analyseworkshop vor der Qualifizierungsteilnahme. Das Führungscoaching wurde nicht evaluiert, sondern diente als Sensibilisierung der Leitungsebene in den Dialyse-Einrichtungen.
Die Qualifizierung enthielt sowohl Elemente der personenbezogenen Ebene, d.h. Elemente, die an der Person ansetzen (z.B. Kompetenzen) als auch der bedingungsbezogenen Ebene, d.h. die an den Arbeitsbedingungen ansetzen (z.B. Veränderungen von Strukturen, Abläufen, Handlungsspielräumen und sozialen Aspekten der Zusammenarbeit).
Das Evaluationsdesign umfasste eine Prä-, Post- und Follow-up-Befragung der Interventionsgruppe (n=33) sowie einen Prä- und Posttest der Kontrollgruppe (n=44) anhand validierter Skalen. Die Veränderungsmessung wurde anhand von Varianzanalysen mit Messwiederholung berechnet.
Ergebnisse
Insgesamt nahmen 33 Dialyse-Beschäftigte in der Interventionsgruppe und 44 in der Kontrollgruppe an dieser Studie teil. Soziodemografische Merkmale wie Geschlecht, Alter, Ausbildung, Dienste und Verweildauer wurde zwischen den zwei Gruppen verglichen. Es wurden keine signifikanten Unterschiede zwischen den beiden Gruppen gefunden.
Bei allen erhobenen Merkmalen zeigten sich in der Nachbefragung der Teilnehmenden der Interventionsgruppe kleine bis mittlere Effekte in die erwartete Richtung. Allerdings hat sich der overall effect in Rahmen der Varianzanalysen nur in den Skalen „Gemeinschaftsgefühl“ und „Burnout“ als statistisch bedeutsam erwiesen.
Diskussion
Das Ziel dieser Studie war es, die Wirksamkeit einer Qualifizierung von Dialyse-Beschäftigten – zum Aufbau von arbeitsbezogenen Ressourcen und zur Reduktion von Belastungsfaktoren – zu überprüfen. Die Evaluationsergebnisse zeigen, dass bei allen erhobenen Merkmalen im Rahmen der Qualifizierung eine Veränderung im Vorher- Nachher-Vergleich in die erwartete Richtung stattgefunden hat. Allerdings zeigen nur die Merkmale „Gemeinschaftsgefühl“ und „Burnout“ statistisch signifiante Verbesserungen in der Post-Befragung.
Eine Verbesserung der Werte in der Vorher-Nachher-Befragung, gerade bei den Merkmalen „Gemeinschaftsgefühl“ und „Burnout“ resultieren vermutlich aus den Inhalten der Qualifizierung, z.B. wurden durch Großgruppenarbeit eine Verbesserung der Arbeitssituation in den Dialyse-Einrichtungen angestoßen und in Eigenorganisation der Gruppen bis zum nächsten Treffen durchgeführt. Dies stärkt bspw. das Merkmal Gemeinschaftsgefühl.
Schlussfolgerung
Die entwickelte und evaluierte Qualifizierung in Dialyse-Einrichtungen eignet sich für ein systematisches Vorgehen im Rahmen des Betrieblichen Gesundheitsmanagements in Dialyse-Einrichtungen und bietet vielversprechende Ansatzpunkte für Wissenschaft und Praxis.
Literatur
- Böhmert M, Kuhnert S, Nienhaus A: Psychological stress and strain in dialy-sis staff: a systematic review. J Ren Care 2011, 37:178-189.
- Kersten M, Kozak A, Wendeler D, Paderow L, Nübling M, Nienhaus A: Psychological stress and strain on employees in dialysis facilities: a cross-sectional study with the Copenhagen Psychosocial Questionnaire. J Occup Med Toxicol 2014, 9:4.
- Kersten M, Vincent-Höper S, Krampitz H, Nienhaus A (2019): Development and evaluation of a training program for dialysis nurses – A intervention study, JOMT, 201914:3.
- Kersten M, Vincent-Höper S, Nienhaus A (2020): Stress of Dialysis Nurses—Analyzing the Buffering Role of Influence at Work and Feedback, Int. J. Environ. Res. Public Health 2020, 17, 802; doi:10.3390/ijerph17030802 https://www.mdpi.com/1660-4601/17/3/802
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Dr. Maren Kersten
Wissenschaftliche Mitarbeiterin