Großer Neubaukomplex: die Gebäude des Berufsförderungswerks Koblenz.

Und täglich grüßt der Arbeitsschutz BGW magazin - 3/2023

36 schwerstpflegebedürftige Kinder. 20 Betreuerinnen und Betreuer. Familien mit traumatischen Kriegserfahrungen. Im CJD Berufsförderungswerk (BFW) Koblenz gab es kein Zögern: Im März 2022 ist ein ukrainisches Kinderheim in das Gästehaus der Einrichtung einge­zogen. Dass jetzt Kinderlachen auf der Anhöhe über Vallendar im idyllischen Rheintal zu hören ist, hat auch etwas mit sicherem und gesundem Arbeiten zu tun. Ganzheitliches Engagement öffnet Türen.

Lena Gombert steht an einem Tisch, auf dem ein großer Obstkorb mit Äpfeln und Bananen steht

Lena Gombert, Beauftragte für Managementsysteme im BFW Koblenz, sorgt in ihrer Einrichtung dafür, dass die Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz ganz oben auf der Agenda stehen.

Heute war Bananentag im BFW Koblenz. Das ist anscheinend für viele der schönste Tag, schmunzelt Lena Gombert. Unser Obstkorb ist der Renner bei den Mitarbeitenden wie den Teilnehmenden. Auch wenn solche kleinen Maßnahmen für die Gesundheit immer gut ankämen, wolle man sie im Gesamtpaket aber noch gezielter managen – die neueste Herausforderung für die Beauftragte für Managementsysteme.

Breites Angebot für die Berufsförderung

In Gomberts Aufgabengebiet fallen eine Vielzahl an Themen rund um die Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz. Doch dass sie im letzten Jahr Brandschutzunterweisungen mit Händen und Füßen erlebt hat und jetzt ukrainische Ausfüllhilfen für das Verbandbuch erwähnt, hätte sie sich zuvor nicht träumen lassen: Im Berufsförderungswerk bieten wir eigentlich Maßnahmen der beruflichen Rehabilitation für Menschen an, die durch Unfall oder Erkrankung nicht mehr in ihrem gelernten Beruf arbeiten können. Auch Menschen mit Bildungsgutschein kommen zu uns oder gelegentlich Zeitsoldatinnen und -soldaten. Teilnehmende können in unserem Internat wohnen. Tagungen lassen sich bei uns ebenfalls durchführen.

Man merkt, es passiert etwas in den Köpfen. Unsere Führungskräfte haben ein Bewusstsein für Sicherheit und Gesundheit entwickelt und können das ihren Mitarbeitenden vermitteln.

140 Mitarbeitende – Ausbilderinnen und Ausbilder, pädagogisches, psychologisches, medizinisches und therapeutisches Personal, Beschäftigte in Küche und Reinigung und viele mehr – kümmern sich um etwa 530 Teilnehmende, die jeweils pa­rallel Maßnahmen durchlaufen. Bei der Breite unseres Angebots müssen wir verschiedene Risiken für die Gesundheit und Sicherheit bei der Arbeit in den Blick nehmen, erklärt Lena Gombert. Seit rund zwanzig Jahren ist der Arbeitsschutz bereits in das Qualitätsmanagement integriert – das BFW Koblenz ist zertifiziert nach MAAS-BGW. Dass wir nun in unserem Gästehaus ein ukrainisches Kinderheim beherbergen, ist sicher auch auf unsere infrastrukturellen Möglichkeiten zurückzuführen, sagt Gombert. Ganzheitliches Denken und ein gutes Netzwerk sorgten für die erfolgreiche Umsetzung.

Das Gästehaus des Berufsförderwerks Koblenz: Dreistöckiges Neubaugebäude mit Außentreppen und roter Fassade.

Im Gästehaus der BFW Koblenz ist nun ein ukrainisches Kinderheim untergebracht.

Mal eben ein Kinderheim aufnehmen

Im März 2022 ging es schnell: Ein Anruf von Elke Büdenbender, der Ehefrau des Bundespräsidenten, beim Christlichen Jugenddorfwerk Deutschland (CJD), zu dem das BFW Koblenz gehört, brachte den Stein ins Rollen. Büdenbender war wiederum von der Frau des polnischen Präsidenten kontaktiert worden. Nach Prüfung der Möglichkeiten erwies sich das Gästehaus im BFW Koblenz als beste Wahl. Geschäftsführer Heinz Werner Meurer zögerte nicht und trommelte sein Team zusammen. Schon kurze Zeit später trafen 36 schwerst- oder mehrfach behinderte Kinder, ihre Betreuerinnen und Betreuer und deren Familien aus der Ukraine ein.

Gombert erzählt: Am Mittwochabend kamen die Kinder. Am Freitagmorgen haben wir mit der Feuerwehr ein Sofortkonzept zum Brandschutz entwickelt, eine Farbcodierung eingeführt und Aufkleber angebracht. Manche Kinder können beispielsweise nur im Rollstuhl bewegt werden. Und alles muss im Ernstfall trotz Sprachbarriere reibungslos klappen. An die am Mittag folgende Unterweisung der Neuankömmlinge erinnert sich die Arbeitsschutz-Koordinatorin mit Schmunzeln. Viele Gesten und ein Online-Übersetzungstool halfen erstmal weiter.

Es folgten Wochen der Krisenbewältigung. Die Betreuungskräfte der Kinder sind jetzt als Mitarbeitende des Berufsförderungswerks tätig – ein gewaltiger Einschnitt. Als sie so langsam "ankamen", stieg Lena Gombert mit ihren Kolleginnen und Kollegen in die Bearbeitung von Details ein. Wir haben den Hygieneplan aufgestellt und die Gefährdungsbeurteilung sowie arbeitsmedizinische Vorsorgen durchgeführt. Die wurden auch total gut angenommen. Dankbar ist sie für die Beratung durch die BGW, die das BFW Koblenz schon seit 2015 nutzt. Unsere Beraterin hat uns beispielsweise dabei unterstützt, das Thema ergonomisches Arbeiten in den zu Pflegezimmern umfunktionierten Räumen des Gästehauses anzugehen.

Führungskräfte im Fokus

Eine Frau sitzt an einem Arbeitstisch mit einem technischen Gerät mit vielen Kabeln - ein Mann steht neben ihr und zeigt ihr etwas an dem Gerät.

Im CJD Berufsförderungswerk Koblenz werden viele Maßnahmen der beruflichen Rehabilitation angeboten, zum Beispiel auch im Bereich Elektrotechnik.

Geholfen hat dem BFW-Team angesichts dieser Herausforderungen die langjährige Erfahrung. Bei uns ist Arbeitsschutz auf viele Schultern verteilt, sagt Gombert. Rund 50 Prozent der Mitarbeitenden hätten eine Aufgabe im Arbeitsschutz – sie sind beispielsweise Ersthelfende, Sicherheitsbeauftragte oder Brandschutzhelfende. Seit Start der BGW-Beratung werden außerdem die Führungskräfte besonders in den Blick genommen. Jährliche Schulungen lotsen sie durch ihre Aufgaben rund um die Sicherheit und Gesundheit. Themen waren bisher unter anderem die Pflichtenübertragung, Unterweisungen untd psychische Belastung. Erwartet wird, dass die geschulten Führungskräfte dann entsprechend tätig werden. Auch ein Praxisworkshop zu alltäglichen Fragestellungen stand schon an.

Auf diese Weise klappt es bestens mit regelmäßigen Gefährdungsbeurteilungen, berichtet Lena Gombert. Wir führen gerade wieder Arbeitssituationsanalysen für die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastung durch. Im Bereich Spülküche und Reinigung sind wir auch mit der Methode 'teilnehmende Beobachtung' schon Belastungen auf die Spur gekommen. 

In Unternehmen, in denen die Sicherheit und Gesundheit gut läuft, machen die Mitarbeitenden auch einen professionellen Job.

Transparent und flexibel alle einbinden

Ganz oben stehen die Handlungsfelder Information und Kommunika­tion. Wir sagen immer wieder, wa­rum wir tun, was wir tun. Diese Transparenz war auch wichtig, um das Engagement für das ukrainische Kinderheim nicht losgelöst vom vorhandenen Team zu betreiben.

Physiotherapieraum: Physiotherapeut erklärt einer Patientin etwas vor einem Spiegel. Im Hintergrund trainiert ein weiterer Patient.

Viele Bereiche im BFW Koblenz sind an den Arbeitsschutzmaßnahmen beteiligt – über alle Kanäle.

Ein Dreiklang aus "Geschäftsführer-Dialog" (Frage-und-Antwort-Stunde, viermal jährlich), "Impulstagen" und dem schriftlichen Format "GF informiert" sorgt aktuell für den Informationsfluss. Festlegen will man sich aber nicht, betont Gombert: Wir evaluieren regelmäßig und befragen unsere Mitarbeitenden – die Formate können sich also wieder ändern. Durch die Corona-Zeit halfen beispielsweise die "Lagebesprechung" und kreative Lösungen wie "Täglich grüßt das BFW", mit dem sich das Unternehmen digital an Mitarbeitende wie Teilnehmende wandte. Auch die Physiotherapie drehte Videos zur Arbeitsplatzgymnastik und Bewegung im Alltag und brachte alle auf Trab.

Wer andere für den Beruf beziehungsweise die Rückkehr ins Berufsleben qualifiziert, hat nicht nur bei den eigenen Beschäftigten die Sicherheit und Gesundheit im Blick. Teilhabe am Arbeitsleben ist unser Thema. Wissen zum Arbeitsschutz vermitteln wir auch unseren Teilnehmenden. Zum Beispiel, was das Verbandbuch ist, wie das mit der Unfallanzeige läuft. Unterweisungen für die Teilnehmenden sind sowieso selbstverständlich.

Gefährdungsbeurteilung mit Aha-Effekt

Die externe Beraterin, die für die BGW die Einrichtung begleitet, attestiert dem BFW Koblenz ein ganzheitliches Vorgehen, wie man es selten antreffe. Gombert sagt dazu: Jeder im BFW ist wichtig, damit es klappt. Man müsse aber auch Akzeptanz bei den Mitarbeitenden schaffen. Das ist manchmal nicht einfach, wenn Gefährdungen nicht unmittelbar sichtbar sind, wie bei Bildschirmarbeit. Wenn man aber das positive Ziel vermittelt und sagt, was dafür zu tun ist, gibt man Mitarbeitenden Handlungssicherheit. Ihr eigener Aha-Effekt war die Gefährdungsbeurteilung: Die deckt ja alles ab! Sie ist zudem ein Anreizgeber und hilft, sich zu hinterfragen: Sind unsere Abläufe denn wirklich schlau?

Arbeitsschutzinstrumente sind Führungsinstrumente.

Tipps für andere Unternehmen hat Lena Gombert auch. Arbeitsschutzinstrumente sind Führungsinstrumente – mit ihnen kommen Führungskräfte mit Mitarbeitenden ins Gespräch. Das bringt alle weiter.

Kümmerin gesucht

Die Beauftragte für Qualitätsmanagement und Koordinatorin für die Sicherheit und Gesundheit im Betrieb weiß außerdem aus eigener Erfahrung, wie wichtig jemand ist, der sich kümmert. Ich bin die, die andere nervt, Maßnahmen nachhält – auch wenn das manchmal weh tut. Ich bin aber auch die, die man jederzeit ansprechen kann. Es braucht so ein ‚Gesicht‘ für den Arbeitsschutz, egal in welcher Rolle genau. Ohne Kümmerer versiegen Dinge. Im Übrigen sei sie Fan der BGW-Angebote, verrät sie noch. Die Materialien, Seminare, Beratungsmöglichkeiten seien die beste Ressource, um rasch Handlungssicherheit zu gewinnen. Das BFW Koblenz profitiert durch die Zertifizierung nach MAAS-BGW von der BGW-Card 25 – mit bis zu 25 Prozent Erstattung bei kostenpflichtigen Angeboten.

Stichwort "Bananentag": Auf der Agenda von Lena Gombert steht aktuell, dass der Obstkorb Teil eines übergreifenden Maßnahmenkonzepts mit vielen weiteren Facetten wird. Ganzheitlich eben.

Für starke Unternehmen

Gut organisierter Arbeitsschutz kann zur Basis für erfolgreiche Unternehmen werden. Die BGW bietet Unterstützung – von der Organisationsberatung bis zur Zertifizierung eines integrierten Arbeitsschutz- und Qualitätsmanagements. Ein Bonusprogramm gibt es auch.

Von: Anja Hanssen