Pflege in Zeiten von Corona: psychische Herausforderungen meistern #01 BGW-Podcast Herzschlag - Für ein gesundes Berufsleben
Die Corona-Pandemie stellt den gewohnten Arbeitsalltag vieler Menschen auf den Kopf. Allen voran mussten Pflegekräfte und andere Beschäftigte im Gesundheitsdienst ihren Alltag neu strukturieren. An das Homeoffice war und ist im Gesundheitsdienst kaum zu denken.
Wie hat sich der Arbeitsalltag für Pflegekräfte durch Corona verändert? Halten sie quasi "den Kopf hin"? Und welche psychischen Herausforderungen sind damit verbunden?
In dieser Folge des BGW-Podcasts erfahren Sie, was zu tun ist, wenn die Belastung zu viel wird. Außerdem stellen wir Tipps und Hilfestellungen der BGW für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, Führungskräfte und auch die Beschäftigten selbst vor.
Hier kommen Sie zum Transkript dieser Folge
Block 1: Begrüßung und Einleitung
Moderator: Worauf kommt es für ein gesundes Berufsleben an? Darum soll es in diesem Podcast gehen. Und damit begrüße ich Sie zur ersten Folge des Podcast der BGW, der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege. Und das Thema ist aktueller denn je, denn die Corona-Virus-Pandemie, die stellt den gewohnten Arbeitsalltag auf den Kopf. Pflegekräfte, wie auch viele andere Beschäftigte im Gesundheitsdienst, können dabei in der Regel nicht ins Home-Office wechseln. Ja, wie sich ihr Arbeitsalltag durch Corona verändert hat, das hören wir gleich aus erster Hand. Wir sprechen über die psychischen Herausforderungen, die die Situation mit sich bringt und wir lernen wie Einrichtungen, Führungskräfte und auch Beschäftigte im Gesundheitsdienst gut mit solchen Herausforderungen umgehen können. Mein Name ist Ralf Podszus, schön, dass Sie mit dabei sind.
(Podcast-Opener)
Block 02: Interview mit Dr. Sabine Gregersen und Inken Gravely
Moderator: Ich spreche heute mit Dr. Sabine Gregersen, sie ist Psychologin und wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der BGW. Und bei uns ist auch Inken Graveley, Pflegedienstleiterin im Seniorenzentrum St. Markus der Marta Stiftung. Herzlich Willkommen.
Dr. Sabine Gregersen: Hallo.
Inken Graveley: Ja, hallo.
Moderator: Bewegte Wochen liegen hinter uns und erstmal ist auch noch kein Ende in Sicht. Frau Graveley, wie hat sich das Arbeiten in Ihrer Einrichtung für Sie und Ihre Mitarbeiterinnen verändert?
Inken Graveley: Ja, es hat sich komplett verändert. Sämtliche Arbeitsabläufe mussten umstrukturiert werden, wir mussten Bereiche trennen, damit sich nichts vermischt. Zum Beispiel müssen die Kollegen sich nacheinander umziehen, die Bewohner können derzeit keinen Besuch bekommen. Es gibt übergeordnete Dienstleister, die im Moment nicht ins Haus kommen. Das ist eine Mehrbelastung für die Kolleginnen und Kollegen, das ist ein großer Zeitfaktor. Es ist einfach noch mehr dazu gekommen. Dazu kommt die psychische Belastung natürlich bei den Kolleginnen, aber natürlich selbstverständlich auch bei den Bewohnerinnen, die haben Sorge vor Ansteckung.
Moderator: Das kann ich mir vorstellen. Das klingt auch alles sehr anstrengend, nicht nur körperlich. Wie gehen Ihre Kolleginnen und Kollegen damit um?
Inken Graveley: Ja, die Kolleginnen und Kollegen sind auf der einen Seite der festen Überzeugung, dass es ihr Job ist. Wir sind größtenteils examinierte Kräfte und dazu gehört einfach, Bewohner zu schützen, bestens zu pflegen, für sie da zu sein und dieser Virus ist natürlich ein neuer Virus, aber nichtsdestotrotz haben wir immer mal wieder auch andere Viren wie Rota-Viren oder wie Noro-Viren. Wir wissen, wie man Hygiene schreibt und wie man sie durchführt, aber natürlich ist es eine besondere Belastung, gerade, weil sie über so einen langen Zeitraum ist. Und dazu kommen die privaten Einschränkungen, weil alle Kolleginnen und Kollegen derzeit wirklich nur arbeiten und nach Hause gehen und soziale Kontakte größtenteils meiden, um die Bewohner zu schützen.
Moderator: Frau Dr. Gregersen, Beschäftigte im Gesundheitsdienst arbeiten während der Corona-Pandemie unter sehr erschwerten Bedingungen, wir haben es eben gehört. Welche psychischen Herausforderungen bringt das mit sich?
Dr. Sabine Gregersen: Also eine der hauptpsychischen Belastungen ist die Angst, sich mit Corona anzustecken oder auch zu erkranken an Corona. Und ich möchte jetzt hier an dieser Stelle noch mal sagen, auch trotz der Umsetzung von Maßnahmen zum Infektionsschutz, weil zum Beispiel Maßnahmen nicht greifen, Personen sich nicht an die Vorgaben halten, also Abstandsregeln werden nicht eingehalten und das bewirkt, dass trotz Umsetzung von Hygienemaßnahmen man Angst hat, sich anzustecken.
Moderator: Welche Folgen kann die enorme psychische Belastung denn haben?
Dr. Sabine Gregersen: Die Folgen können verschiedenartig sein. Sie können sich auf der individuellen Ebenen des einzelnen Beschäftigten auswirken, sie können aber auch Auswirkungen auf die Teamebene haben oder auch auf die Qualität der Arbeit. Und auf der individuellen Ebene kann das sehr unterschiedlich sein, es kann körperlich sein, dass ich Herzklopfen habe, Atemnot, Übelkeit oder emotional, dass ich mit einer Gereiztheit reagiere oder Angst habe-, Gefühl von Ohnmacht. Und kognitiv kann es sich auswirken, es ist ja immer unterschiedlich, dass ich Denkblockaden haben kann, Konzentrationsschwierigkeiten, dass ich nicht abschalten kann, wenn ich zu Hause bin. Und bei dem Verhalten, dass ich zum Beispiel zu viel, zu wenig und zu schnell esse. Das ist auf der individuellen Ebene. Auf der Teamebene kann es kommen zu Konflikten, weil man merkt, die Menschen reagieren individuell auf die Situation, dass der eine mehr Pausen braucht als der andere und es zu fehlender gegenseitiger Unterstützung kommt, weil jeder versucht alleine am besten durch die Situation zu kommen. Und wenn ich dann noch mal auf die Qualitätsebene gucke, kann es auch sein, dass ich durch diese Maßnahmen und durch diese veränderten Arbeitsabläufe zu Fehlern kommt, dass Hygieneregeln nicht so eingehalten werden können, wie man das einfach vorgehabt oder geplant hat.
Moderator: Das wirkt dann wahrscheinlich auch noch nach, auch wenn die Krise überstanden ist.
Dr. Sabine Gregersen: Ja. Es ist so, dass wir immer wieder feststellen, dass Personen in der Krisensituation gut funktionieren und mit außergewöhnlichen Belastungssituationen auch sehr gut umgehen können, wenn aber dann die Krisensituation vorbei ist oder sich scheint zu entspannen, dann erst die Reaktion kommt. Also es ist eben so, dass wir alle-, ich sage mal alle können wir eine Zeit lang an der Grenze unserer Leistungsfähigkeit arbeiten und mit Überforderungssituationen umgehen. Wenn wir aber das zu lange machen, weil wir nach der Krisensituation nicht abschalten können oder weil wir kontinuierlich weitermachen, dann kommt es zu Auswirkungen, auch wenn sich die Situation scheinbar schon entspannt hat. Und da ist es extrem wichtig, also sozusagen auch noch in der Situation, dass Führungskräfte ein Auge auf den Beschäftigten haben und gucken, was können wir tun, reagiert jemand vielleicht auch später?
Moderator: Frau Graveley, welche Angebote für die Beschäftigten gibt es in Ihrer Einrichtung, um genau das aufzufangen, was Frau Dr. Gregersen eben erklärt hat?
Inken Graveley: Das Wichtigste ist, denke ich, auch der Austausch, die Kollegen müssen jederzeit das Gefühl haben und auch die Möglichkeit haben, sprechen zu können, ihre Sorge und Ängste nennen zu können, auch ihre Erschöpfung benennen zu können und die Bereitschaft der Leitung muss vorhanden sein, da Wege zu finden, um einfach auch Pausen einzubauen durch freie Tage oder eben auch verlängerte Pausen direkt am Tag. Wir haben ein konkretes Angebot, wir haben eine Seelsorgerin im Haus, die fest angestellt ist. Die Seelsorgerin ist selbstverständlich nicht nur für die Bewohner da, sondern auch für die Kolleginnen und Kollegen. Und gerade in jetziger Zeit mehr als nötig. Wir haben tatsächlich die Pausenregelungen umstrukturiert, dass jeder jederzeit in Pause gehen kann, weil wir die Mitarbeiterstunden etwas erhöhen konnten durch Bereitschaft der Kollegen und durch Umstrukturierungen, sodass einfach Entspannungsphasen da sein können. Zusätzlich haben wir eine unglaubliche Hilfe aus der Nachbarschaft, das würde ich auch gerne erwähnen, die uns wirklich so viele Geschenke macht und so viel Zuspruch gibt, das tut den Kolleginnen und Kollegen einfach sehr gut.
Moderator: Das ist ja sehr schön, das ist Motivation. Das glaube ich. Jetzt für andere auch mal, welche von diesen Angeboten für Beschäftigte würden Sie auf jeden Fall weiterempfehlen? Was ist da das Allerwichtigste?
Inken Graveley: Ich glaube das aller-allerwichtigste ist die Zeit zum Sprechen. Also wir haben täglich um zwölf eine offene Runde, wo jeder kommen kann, wo das wichtigste ausgetauscht wird und wo auch Zeit ist, um Sorgen und Ängste zu nennen. Und ich glaube, die Bereitschaft auf die Sorgen und Bedürfnisse einzugehen, das ist das Allerwichtigste, das man denen spontan auch einfach mal Freizeit, Pause oder was auch immer ermöglichen kann.
Moderator: Frau Dr. Gregersen, was können Einrichtungen darüber hinaus tun, um ihre Beschäftigten in einer solchen Ausnahmesituation mit der Pandemie, wie wir sie im Moment erleben, zu stärken?
Dr. Sabine Gregersen: Also ich denke, dass man darüber hinaus gar nicht so viel tun kann. Ich sehe auch den Punkt Kommunikation, Information und Transparenz als einer der wichtigsten Punkte, worüber Einrichtungen ihre Mitarbeiter oder ihre Mitarbeitenden unterstützen können. Also, warum haben wir Arbeitsabläufe verändert, warum werden Stationen geschlossen, wieso gibt es vielleicht auch Kurzarbeit? Wieso haben wir uns für die Umsetzung des Hygienekonzeptes so und so entschieden? Wir sagen immer, extrem wichtig ist in solchen Situationen und auch darüber hinaus also zu verstehen, warum gewisse Entscheidungen so getroffen worden sind, also die Sinnhaftigkeit nachvollziehen zu können. Was bedeutet das Ganze ganz konkret für meine Tätigkeit? Also resultiert daraus Mehrarbeit, muss ich andere Tätigkeiten übernehmen? Also, dass ich das verstehen kann, was ich da tun soll. Und im dritten Schritt, was machen wir eigentlich, wenn es Schwierigkeiten gibt? Also wie gehen wir-, wie machen wir das Ganze auch handhabbar? Das sehen wir als die zentralen Punkte an. Darüber hinaus, also möchte ich sagen-, ein ganz zentraler Punkt ist, obwohl der gerade auch schon angesprochen worden ist, ist die Einbeziehung der Mitarbeitenden bei Entscheidungen, dass es also zu einer realistischen Planung kommt, dass auch ein entschiedenes Handeln gemeinsam mit den Mitarbeiten besprochen wird, dass es zeitnahe Informationen gibt, weil Informationen reduziert immer Angst und es eine kontinuierliche Unterstützung gibt, dass eben auch von den Mitarbeitenden Bedenken und Ängste in der Umsetzung von neuen Arbeitsabläufen zum Beispiel angesprochen werden können.
Moderator: Welche Rolle kommt dabei den Führungskräften zu?
Dr. Sabine Gregersen: Ja, die Führungskräfte haben da verschiedene Aufgaben. An erster Stelle würde ich sagen, das Wir- und das Team-Gefühl stärken, dass es eine gemeinschaftliche Aufgabe ist, die man nur gemeinsam bewältigen kann. Also worauf müssen wir gemeinsam achten und wie können wir auf uns gegenseitig achten? Der zweite Punkt ist, dass ich sagen würden, dass man in diesen Zeiten wohl auch ein wenig unter Druck steht und von der Führungskraft auch darauf geachtet wird, dass nicht gegenseitige Schuldzuweisungen erfolgen, Lästereien erfolgen oder Herabwürdigungen untereinander. Es ist wichtig, dass man erkennt, das Beschäftigte mit den Situationen unterschiedlich umgehen und das man dafür das gegenseitige Verständnis auch fördert. Ganz zentral ist die Bestätigung der fachlichen Kompetenz der Beschäftigten und die Bestärkung auch des Selbstwertgefühls, das ist für alle ja eine große Herausforderung. Dann geht es noch einmal um Transparenz und klare Kommunikation, also wer braucht eigentlich welche Informationen zu welchen Abläufen? Wie gehen wir mit Schwierigkeiten und Fehlern um? Und vor allen Dingen auch zwischendurch Dankbarkeit ausdrücken für das, was die Beschäftigten da tun und leisten. Ein zentraler Punkt ist darüber hinaus, dass Führungskräfte einfach Gespräche anbieten, dass sie eine offene Tür haben, dass ich als Beschäftigter kurzfristig eine Möglichkeit habe, einfach mit meinen Problemen auch zu meinem Vorgesetzten, zu meiner Führungskraft zu gehen und aber auch aktives Zuhören, dass die Führungskraft direkt auf die Beschäftigten zugeht. Und an letzter Stelle möchte ich noch mal nennen, hat die Führungskraft natürlich auch eine Vorbildfunktion, also wie geht sie zum Beispiel mit dem Tragen von persönlicher Schutzausrüstung um und wie geht sie auch mit ihrer eigenen Gesundheit um?
Moderator: Frau Graveley, nehmen Ihre Kolleginnen und Kollegen das häufig auch in Anspruch, dass Sie jederzeit zu Ihnen kommen können, ihr Herz ausschütten?
Inken Graveley: Ja, unbedingt. Das sehe ich auch genau so wie eben gesagt wurde, als eine meiner Aufgaben als Führungskraft. Wobei ich glaube auch, eine Führungskraft ist gut bedient, wenn es ein Führungsteam gibt und nicht alles bei einer Person ist, weil Kollegen auch unterschiedliche Ansprechpartner einfach brauchen. Deswegen sind wir mit den Wohnbereichsleitungen zusammen-, haben wir so eine Art Krisenteam gebildet und jeder hat die Möglichkeit, jederzeit zu einem von uns zu kommen. Schlussendlich ist es natürlich meine Entscheidung, wenn tatsächlich etwas entschieden werden muss im Sinne von, soll der jetzt ins Krankenhaus? Oder so ganz praktische Sachen, die einfach passieren, weil jemand Fieber hat, dann bin letztendlich ich diejenige, die angerufen wird und das absichert. Nichtsdestotrotz sage ich aber auch immer, Fachkompetenz, die Entscheidung trage ich immer mit. Ihr wisst was ihr zu tun habt so-, aber ich bin letztendlich immer da und immer bereit und habe das Telefon auch immer an.
Moderator: Wie geht es Ihnen persönlich damit? Das ist ja auch eine Belastung für Sie.
Inken Graveley: Das ist eine Belastung, ohne Frage. Und die letzten drei Monate sind jetzt auch nicht die schönsten meines Lebens. Aber es ist meine Aufgabe und wir-, denke ich, haben das gemeinsam gut hingekriegt. Ich selber persönlich würde sagen, es geht mir gut, aber ich bin erschöpft.
Dr. Sabine Gregersen: Was wir auch an Rückmeldungen bekommen aus den Einrichtungen, dass trotz der vielen Herausforderungen oder gerade wegen dieser vielen Herausforderungen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie ganz viele Einrichtungen mit einem gestärkten Wir-Gefühl herausgehen und sagen, dass schaffen wir gemeinsam und dass das den Zusammenhalt noch mal stark gestärkt hat.
Inken Graveley: Ja, das kann ich deutlich bestätigen, wenn eben diese ganzen Gegebenheiten wie Transparenz und Austausch da sind, kommt es zu einem ganz großen Wir-Gefühl unter der Mitarbeiterschaft in allen Bereichen, aber auch gemeinsam mit den Bewohnern. Es ist plötzlich eine ganz große Einheit fast gegen das Virus da und das hat weiß Gott auch seine schönen Seiten oder motivierenden Seiten.
Moderator: Frau Dr. Gregersen, die BGW bietet Einrichtungen, Führungskräften und Beschäftigten Unterstützung an, um die aktuellen Herausforderungen zu meistern. Wir haben gehört, es gibt Erschöpfungen, was umfasst dieses Angebot genau?
Dr. Sabine Gregersen: Wir haben verschiedene Angebote. Da sind einmal Tipps fürs Beschäftigte, also raus aus dem Krisenmodus, wie schaffe ich das, einfach täglich zu entspannen auch? Der zweite Punkt ist, wenn ich wirklich die Belastungsgrenze erreicht habe oder auch da drüber bin, bieten wir schnelle und einfache telefonische Krisenberatung an. Man kann bei uns ein bis fünf Termine abfragen, 50 Minuten dauert ein Termin und die werden geführt mit einem erfahrenen Psychotherapeuten. Und wir haben dann noch ein drittes Angebot, das ist das Krisencoaching für Führungskräfte und Personen in Verantwortung. Das heißt, wenn ich in meiner Leitungsfunktion sage, ich komme an meine Grenzen, wie mache ich das, kann man bei uns auch Video- oder Telefonberatung mit erfahrenen Beratern auswählen.
Moderator: Ich nehme Ihren Satz mal auf, raus aus dem Krisenmodus. Da ist natürlich auch jeder Einzelne gefragt. Frau Dr. Gregersen, können Sie uns ein paar Tipps an die Hand geben, was kann man selbst tun, wenn man merkt, das wird mir alles zu viel?
Dr. Sabine Gregersen: Ja, eigentlich muss man schon einen Schritt vorher anfangen. Also erstmal ist es wichtig, dass ich meine Belastungsgrenze rechtzeitig erkenne. Also viele ignorieren die und merken gar nicht, dass sie an der Grenze sind. Und dann kommt es nämlich zu dem Zusammenbruch, deshalb ist es total wichtig zu lernen, auf den Körper, auf die Seele zu hören, also festzustellen, wann reagiere ich? Ich hatte vorhin das schon mal aufgezählt, das sind Sachen wie Denkblockaden, Gereiztheit, Angst, Herzrasen oder Schweratmigkeit, wenn ich hektisch werde, das sind so lauter Hinweise, dass ich in einer Belastung bin und dann Rücksicht darauf nehmen soll darauf, auf mich selber, achtsam mit mir selber sein. Ein weiterer Punkt, den wir empfehlen, ist persönliche Schutzmechanismen zu aktivieren, also auf die Erfahrung zurückzugreifen, die ich schon mal gemacht habe in Krisensituationen, was hat mir denn da geholfen? Also hat mir geholfen, da das Gespräch zu suchen, hat mir es geholfen, dass ich mich erstmal nur auf eine Tätigkeit konzentriere, also wirklich zu überlegen, was schützt mich? Und ganz generell empfehlen wir auch, in Bewegung zu bleiben, obwohl man vielleicht auch körperlich erschöpft nach Hause kommt, trotzdem noch mal einen Spaziergang zu machen, auf die Ernährung zu achten und sich nicht, ich sage mal, einfach aufs Sofa zu schmeißen mit der Tüte Chips. Darauf zu achten, dass man einen gesunden Schlaf hat, dass man nicht zu lange vorher Fernsehen guckt. Also das man guckt, was sind Bedingungen, damit ich gut schlafen kann? Häufiger sich kurze Pausen gönnen und ganz zentral ist auch, einfach den Austausch zu suchen, auch in dem Team und sich Unterstützung zu suchen.
Moderator: In dieser Podcast-Episode haben wir sehr eindrücklich gehört, wie sich das Arbeiten der Beschäftigten im Gesundheitsdienst sich durch die Corona-Virus-Pandemie verändert hat. Wir haben auch gehört, welche psychischen Herausforderungen dadurch entstehen. Und wir haben auch gehört, dass es Hilfe gibt, wenn die Belastung zu viel wird. Hier sind die Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber gefragt, die Führungskräfte und auch die Beschäftigten selbst. Überforderung zu erkennen, akzeptieren und vor allem rechtzeitig darüber reden. Das ist ein wichtiger Ansatzpunkt und Unterstützung annehmen. Die BGW macht hier zahlreiche Angebote. Frau Dr. Gregersen, wo finden Einrichtungen und Beschäftigte dazu einen Überblick?
Dr. Sabine Gregersen: Auf unserer BGW-Internetseite, wenn Sie Corona eingeben kommen Sie auf die Seite, wo alle diese Angebote abrufbar sind.
Moderator: Vielen herzlichen Dank an Sie, Frau Dr. Gregersen, für die Tipps und Einschätzungen der aktuellen Situation aus psychischer Sicht. Und vielen Dank an Sie, Frau Inken Graveley, für Ihren bewegenden Bericht aus dem aktuellen Pflegealltag. Alles Gute für Sie beide, vor allem eine gute Gesundheit.
Dr. Sabine Gregersen: Dankeschön.
Inken Graveley: Ja, vielen Dank.
Block 03: Verabschiedung
Moderator: Sie arbeiten im Gesundheitsdienst und möchten von Ihrer Erfahrung während der Corona-Pandemie berichten? Sie haben Anregungen für uns oder einen Themenvorschlag für eine unserer nächsten Podcast-Folgen? Dann gerne her damit, wir freuen uns auf Ihre E-Mail. Das geht einfach unter www.bwg-online.de/podcast. Ich hoffe, Ihnen hat diese Podcast-Folge gefallen. Gerne können Sie diesen Podcast abonnieren, damit Sie auch alle weiteren Folgen immer aktuell auf Ihrem Smartphone oder Computer angezeigt bekommen. Ich würde mich freuen, wenn wir uns bald wieder hören und bis dahin, bleiben Sie gesund.
(Outro - Herzschlag, für ein gesundes Berufsleben. Der BGW-Podcast)
Die Interviewgäste
Dr. Sabine Gregersen
Dipl. Psychologin, Leitung Bereich Gesundheitswissenschaften bei der BGW
Inken Graveley
Pflegedienstleitung, Seniorenzentrum St. Markus, Hamburg
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