Altern in Vielfalt – Diversity im Seniorenheim #51 BGW-Podcast "Herzschlag - Für ein gesundes Berufsleben"
In dieser Folge dreht sich alles rund um das Thema Diversität in der Altenpflege. Der Umgang mit unterschiedlichen Geschlechterrollen spielt zunehmend eine Rolle in Pflegeeinrichtungen.
Moderator Ralf Podszus besucht in dieser Episode ein ganz besonderes Seniorenzentrum in Berlin. Dort wird nicht nur über Vielfalt und Respekt gesprochen, sondern beides auch gelebt! Heimleiter Ralf Schäfer verrät uns, warum das Immanuel Seniorenzentrum Schöneberg mit dem Qualitätssiegel "Lebensort Vielfalt“ ausgezeichnet wurde und was für die Menschen – sowohl für die Bewohnerinnen und Bewohner als auch für die Beschäftigten – dort Diversität bedeutet.
Hier kommen Sie zum Transkript dieser Folge
Block 01: Einleitung und Begrüßung
Moderator: Nachhaltigkeit. New Work. Digitalisierung. Oder auch: Diversity. Wörter oder Themen, die viele von uns nicht mehr hören können. Ständig und überall wird darüber gesprochen und diskutiert, vor allem in der Arbeitswelt. Und genau das ist das Problem: Es wird viel darüber gesprochen, es bleibt jedoch oft bei Lippenbekenntnissen. Wir wollen uns in dieser Folge mit dem Thema Diversität beschäftigen, um genau zu sein, mit Diversität in der Altenpflege. Der Umgang mit unterschiedlichen Geschlechterrollen spielt zunehmend eine Rolle in Pflegeeinrichtungen, sowohl bei den Bewohnerinnen und Bewohnern als auch bei den Beschäftigten. Ich bin Ralf Podszus und besuche heute ein ganz besonderes Seniorenzentrum in Berlin. Dort wird nicht nur über Vielfalt und Respekt gesprochen, es wird dort auch gelebt.
(Podcast-Opener)
Block 02: Interview mit Ralf Schäfer, Einrichtungsleitung und stellvertretende Pflegedienstleitung Immanuel Seniorenzentrum Schöneberg und Bewohnerinnen und Bewohner
Moderator: Das Immanuel Seniorenzentrum Schöneberg. Vor dem stehe ich hier gerade, und das ist vor kurzem mit dem Qualitätssiegel Lebensort Vielfalt ausgezeichnet worden. Was hinter dieser Auszeichnung steckt und was in diesem Zusammenhang Vielfalt bedeutet, das lasse ich mir gleich von meinem Namensvetter erklären, von Heimleiter Ralf Schäfer. Ja, und dieses imposante, große Gebäude hat einige Stockwerke und man sieht hier auch an vielen, vielen Scheiben ganz viele Regenbögen kleben, entweder drauf gemalt oder drangehängt, und viele bunte Blumen sind auch zu sehen. Also man sieht schon hier die bunten Farben und die Vielfalt direkt am Gebäude kleben. Und hier beim Eingang sieht man auch das Siegel, ich habe es eben erwähnt: Lebensort Vielfalt. Ich klingel mal jetzt hier bei der Rezeption, Tagespflege. Ich klingele einfach mal überall. (Dingdong) Da geht sie auf, die Tür und, na, da steht schon jemand und wartet auf mich. Hallo, sind Sie Herr Schäfer?
Ralf Schäfer: Ich bin Herr Schäfer.
Moderator: Ja, schön, dass Sie auf mich warten, schön, dass ich heute hier sein darf.
Ralf Schäfer: Ja, herzlich willkommen bei uns im Immanuel Seniorenzentrum Schöneberg. Ich freue mich, dass Sie bei uns sind.
Moderator: Ja, ich auch. Dann gehen wir doch mal hier rum. Mich interessiert das mal alles, das hier genauer anzuschauen und, ah, wir müssen hoch, die Treppe.
Ralf Schäfer: Ja.
Moderator: In den ersten Stock. Was erwartet uns da so, im ersten Stock?
Ralf Schäfer: Im ersten Stock haben wir den Verwaltungsbereich. Da ist der Rezeptionsbereich, da sitzen die Verwaltungsmitarbeiter*innen, die Sozialarbeiterin hat hier ihren Arbeitsplatz und die Pflegedienstleitung und die Einrichtungsleitung.
Moderator: Ich habe eben draußen schon vor dem Haupteingang gesehen, da sind ja auch so ganz große Fensterscheiben, da ist so eine Art Café-Sitzbereich, Essen, da waren auch schon einige alte Menschen, die dort gegessen haben. Ist das da der Bereich, wo man sich auch verpflegen kann?
Ralf Schäfer: Das Immanuel Seniorenzentrum Schöneberg setzt sich zusammen aus einer Tagespflege, die haben Sie jetzt unten gesehen, im Erdgeschoss, wir haben da Platz für 16 Tagesgäste, aus einem vollstationären Bereich hier mit 62 Plätzen, und wir haben dann im fünften und im sechsten Stock noch 20 Wohnungen, die sind vermietet, das ist ein Service-Wohnen. Die Versorgungssituationen haben wir im Haus und versuchen da so ein komplementäres Angebot für Interessenten zu liefern.
Moderator: Ansonsten sieht das hier sehr neu bei euch aus. Also der Boden, der ist in so einem braunen Laminat gehalten, (Ralf Schäfer: Das ist ein Parkett. (lacht)) sogar ein Parkett. Also, muss man natürlich dann auch erwähnen, wenn es wirklich Parkett ist, das verstehe ich und respektiere das voll. Ist auch ein wirklich schöner Boden, könnte ich mir auch in meiner Wohnung so vorstellen. Das wird dadurch schon ein bisschen heimelig. Aber hier hört es auf. Da wird es dann doch laminatiger auf einmal. Was ist das?
Ralf Schäfer: Das ist jetzt hier im Verwaltungsbereich.
Moderator: Der hat nichts anderes verdient, oder? (Lachen)
Ralf Schäfer: Als die Einrichtung seinerzeit geplant wurde, hatte der damalige geschäftsführende Direktor gute Beziehungen zur damaligen Vorsitzenden des deutschen Pflegerates und in dem Anfang der 2000er war die Haltung so ein Stück weit weg von Pflegeinrichtungen hin zu Pflegehotels und das spiegelt sich hier auch in der Bauweise ein bisschen wider.
Moderator: Und das finde ich angenehmer. Es hat nämlich auch so diesen Eindruck, weil, hier ist die Rezeption, da ist so ein schöner runder Halbkreis. Man kennt das, wie beim Hotel. Man möchte sich jetzt hier einfach anmelden für sein Doppelzimmer irgendwie. Hier macht es auch mit am meisten Sinn: Überall mal so schöne, schöne Fähnchen, die Regenbögen sind hier allgegenwärtig, stecken hier sogar in der Pflanze.
Ralf Schäfer: Ja, das ist jetzt im Verwaltungsbereich hier unten ein bisschen plakativer gestaltet, ist auf den Wohnetagen etwas dezenter gehalten, also wir setzen aber überall im Haus kleine Farbakzente. Sie sehen es auch hier mit der Bordüre rund um den Empfangstresen.
Moderator: Oh ja, stimmt, das habe ich noch gar nicht gesehen, aber jetzt, genau, es ist so dezent und dann aber doch auch wieder auffällig, wenn man es dann sieht. Ja, schön.
Ralf Schäfer: Dann hier auch im Empfangsbereich, dass wir auch verschiedene Informationsmaterialien, Flyer von verschiedenen Selbsthilfeorganisationen oder auch anderen Dienstleister*innen, die sich LSBTI-sensibel darstellen oder LSBTI-sensibel unterwegs sind. Ja, da würde ich doch vorschlagen, dass wir mal eine Wohnetage oben anschauen, (Moderator: Sehr gerne.) dass Sie das mal sehen-.
Moderator: Ich sehe hier unten noch so ein paar Zeitungsartikel an der Wand hängen.
Ralf Schäfer: Im Wandbereich haben wir hier unsere kleine Pressewand (Moderator: Ah ja.) mit unterschiedlichen Artikeln.
Moderator: „Tante Inge trinkt Cocktails über den Dächern von Schöneberg.“ Ja, das möchte ich später auch mal bitte, wenn ich dann alt bin und in einer Pflegeinrichtung bin.
Ralf Schäfer: Das ist eine ehrenamtliche Organisation, mit denen wir zusammenarbeiten. Die vermitteln junge Menschen ohne Großeltern an ältere Menschen in Einrichtungen, die keine Angehörigen mehr haben und die bilden dann Tandems und die unternehmen dann auch immer noch was zusammen.
Moderator: Hier sind noch weitere Überschriften: Rentner-Rikscha mit Held am Steuer.
Ralf Schäfer: Das ist eine Besonderheit bei uns hier in Berlin, wir waren damals auch Piloteinrichtung, dass diese Rikscha-, Radeln ohne Alter bei uns installiert wurde. Und wir nutzen die Rikscha auch zu Veranstaltungen wie jetzt das lesbisch-schwule Stadtfest hier in Berlin. Da haben wir einen Shuttle-Service für die Bewohnenden. Da sehen Sie so ein paar Fotos, wie die dann unterwegs sind und sich-.
Moderator: Mit sehr bunter Sonnenbrille, (lacht) ja, sehr schön, in verschiedenen Farben.
Ralf Schäfer: Und wir bieten es auch an für den CSD. Wer da Interesse hat, kann dann mit der Rikscha sich dahin fahren lassen und teilnehmen.
Moderator: Und hier ist auch ein ganz langer, ausführlicher Artikel mit der Überschrift: Die Lebenspartner. Ärgert Sie das ein bisschen, dass da noch nicht steht: Die Lebenspartner und Lebenspartnerinnen? Oder dass da nicht gleich gegendert wird? Die üben noch, die Zeitungen?
Ralf Schäfer: Ich glaube, heute würden wir es anders titulieren. Aber der Artikel ist von-, ist schon ein paar Jahre her und bezieht sich auf den Verein Tante Inge, und da war das mit der genderneutralen Sprache noch nicht so geläufig. Und mit dem Qualitätssiegel sind wir dann auch ein bisschen sensibler geworden mit der Sprache. Wir versuchen da auch in unserem Sprachgebrauch uns so ein bisschen anzupassen, offener zu formulieren, um im Gespräch, sei es jetzt Interessentengespräch, Aufnahmegespräch schon zu signalisieren, dass wir da sensibel sind, auch für unterschiedliche Lebenskonzepte, die auch sexuelle Orientierung oder die geschlechtliche Identität betreffen.
Moderator: Jetzt habe ich eben spontan diese Pressewand gesehen. Aber Sie wollten mich gerade noch woanders hin begleiten.
Ralf Schäer: Ja, wenn wir hier auf den Fahrstuhl warten, da hängt unser Zertifikat. Bestandteil vom Zertifizierungsprozess ist auch ein Verhaltenskodex, den wir hier für die Einrichtung entwickelt haben, der noch einmal sehr genau beschreibt, was wir hier erwarten, einmal von Mitarbeitenden, von unseren Bewohnenden, aber auch von Kooperationspartnern, das heißt, auch an unseren Bäcker, der uns einmal jede Woche hier beliefert, haben wir eine gewisse Erwartungshaltung, dass er sich an unsere Werte und unsere Offenheit und Diskriminierungsfreiheit in der Einrichtung hält.
Moderator: Und wie kommt das so an? Also zum Beispiel, wenn der Bäcker jetzt liefert, gab es da auch mal Unzufriedene, die gesagt haben: Nö, ich möchte meinetwegen weiter so machen, wie ich es auch immer mache?
Ralf Schäfer: Ja, da geht es ja um Sensibilisieren im Sprachgebrauch, Diskriminierungsfreiheit, eben Freiräume hier in der Einrichtung zu schaffen, da gab es bisher keine Probleme. Dass der Kuchen mal nicht geschmeckt, das mag sein, (Lachen) aber (Moderator: Hoffentlich hört der Bäcker jetzt nicht zu!) er ist-.
Moderator: -oder die Bäckerin! Ja, so, dann drücken wir hier mal den Fahrstuhl-.
Ralf Schäfer: Was ich Ihnen dann hier zeigen kann, ist einmal unsere Beschilderung, wo wir nochmal genderneutral ...
Moderator: Da steht nämlich Bewohner*innenzimmer, genau. Und-, und das habe ich tatsächlich vorher noch nie gesehen, und das ist auch wirklich gar kein Drama, das einfach so zu machen, hier hängt ein Schild: Wer mit dem Fahrstuhl fahren kann-, und dann sieht man Bilder: ein Strichmännchen, eine Frau als Strichmännchen und ein diverses Strichmännchen, einfach mit einem Sternchen nochmal versehen, für alle anderen Geschlechter.
Ralf Schäfer: Das war ein sehr langer Abstimmungsprozess, (Moderator: -bis man das so ausdrückt.) um das Piktogramm zu entwickeln, bis die verschiedenen Interessensgruppen dann damit einverstanden waren. Wir hatten anfänglich Mann, Frau, und das gab dann mal eine Zeitlang, wo halb Mann, halb Frau verwendet wurde, aber da sind Interessensverbände-.
Moderator: Aber mit Sternchen versteht man das ja eigentlich auch wegen Gendern schon.
Ralf Schäfer: Ja, da versteht man es eher. Bei diesem halb Mann, halb Frau wurde dann eher so reininterpretiert: Man weiß nicht, was man ist. Und dann hatten wir Mann, Frau, Mann mit Sternchen, das war dann auch nicht ganz akzeptiert. Und wir haben uns dann mit den verschiedenen Interessensgruppen darauf verständigt, dass wir Mann, Frau, Frau mit Sternchen wählen.
Moderator: So versteht man es. Jetzt könnte man natürlich aber auch noch ein Piktogramm mit einem Rollstuhl machen, und und und: Also es gibt da noch zahlreiche weitere Möglichkeiten. Sind denn so die meisten zufrieden, dass es so abgebildet wird?
Ralf Schäfer: Bis jetzt ja. (lacht)
Moderator: Okay. Dann fahren wir jetzt mit diesem diversen Fahrstuhl nach oben.
Ralf Schäfer: Mit dem diversitätssensiblen Fahrstuhl. (lacht)
Moderator: So wäre es dann ganz korrekt, ja, -der allerdings nie kommt. Also, (lacht) es ist-, man muss schon ein bisschen drauf warten.
Ralf Schäfer: Dann schlage ich vor, zu laufen, nehmen wir doch die Treppe.
Moderator: Genau, sind wir sportlich. Man sollte sowieso viel mehr die Treppen benutzen. So, wo sind wir jetzt?
Ralf Schäfer: Das ist jetzt eine unserer Wohnebenen. Wir haben insgesamt 62 Plätze hier in der Einrichtung, auf drei Wohnetagen verteilt. Und sie sind alle gleich aufgebaut. Das ist ein langer Flur, links rechts gehen die Bewohnendenzimmer ab. Und hier vorne, am Ende ist so der Kernpunkt auf jeder Etage, ein offener Wohn-, Küchenbereich. Da können wir gerne mal hinlaufen.
Moderator: Und wie viele Menschen werden hier ambulant oder auch stationär betreut? Und wer sind die Menschen auch, die hier sind?
Ralf Schäfer: Ja, also im vollstationären Bereich sind es 62 Menschen, die wir hier versorgen vollstationär, und in der Tagespflege haben wir 16 Tagesgäste oder 16 Plätze, die wir da anbieten.
Moderator: Und wer kümmert sich hier um die ganzen Bewohner und Bewohnerinnen?
Ralf Schäfer: Das ist so ein Personalmix, setzt sich zusammen aus Pflegehilfskräften, Pflegefachkräften, eben entsprechend dem vorgegebenen Qualifikationsmix. Und dann haben wir noch Betreuungskräfte, die dann originär Beschäftigung und Betreuung mit unseren Bewohnenden durchführen.
Moderator: Und hier ist auch ein Zimmer von Mitarbeitenden. Da hängt auch ein Zettel: Bitte nicht stören, ich bin gestört genug! Finde ich sehr sympathisch.
Ralf Schäfer: Das sind Bewohnende.
Moderator: Ach das sind Bewohnende, okay. Das heißt, da möchte jemand für sich sein. Das respektieren wir und gehen direkt weiter.
Ralf Schäfer: Ja. Das ist jetzt so der offene Wohn-, Küchenbereich, -wird immer auch mit Bewohnenden zusammen jahreszeitlich, anlassbezogen ein bisschen dekoriert. Und da sehen Sie überall so kleine punktuelle Hinweise auf Diversität, sei es der Regenbogen hier an dem Fenster-.
Moderator: Den sieht man unten ja auch ganz groß. Das ist ja die große Fensterfront, die man dann auch sieht, wenn man hier dran vorbeigeht an der Einrichtung. Schön hier ist ein Klavier, und die große Spielesammlung mit 300 Spielemöglichkeiten. Was wird am meisten gezockt?
Ralf Schäfer: Mensch ärgere dich nicht! (Moderator: Natürlich.) Erstaunlicherweise, ist ein Dauerbrenner.
Moderator: Das bleibt er auch. Spiele ich auch ab und zu gerne, also kann man mit Jung und Alt und zusammen und mit jedem und mit jeder genießen, dieses Spiel. Und man ärgert sich tatsächlich auch immer verlässlich. So, bevor wir über das weitere Engagement in Sachen Vielfalt und Diversität sprechen, sollten wir vielleicht nochmal so ein paar wichtige Begriffe erklären, die in diesem Zusammenhang auch wirklich nicht unwesentlich sind: Wie definiert ihr hier in dieser Einrichtung jetzt Diversität genau?
Ralf Schäfer: Also strenggenommen wird über die Diversität werden sechs Kerngebiete abgedeckt. Und zwei dieser Kerngebiete oder Kernthemenbereiche sind eben Sexualität und geschlechtliche Identität. Da gehören dann noch dazu: Ethnie und Hautfarbe und das Alter. Das sind alles Dimensionen, die in der Diversität drin vorkommen. Wir haben uns über die LSBT-sensible Pflege jetzt der Diversität heran genähert und sind da jetzt auch im Unternehmen sehr bemüht und auch hier in der Einrichtung das diversitätssensibel umzusetzen, nicht nur unter dem Aspekt LSBTI, sprich: lesbisch, schwul, bi-, trans- oder inter-, also nicht nur reduzieren auf die sexuelle Orientierung oder geschlechtliche Identität, sondern wir sind bemüht, alle Aspekte und Merkmale, die Identität ausmachen, zu berücksichtigen.
Moderator: Und was versteht man dann konkret unter diversitätssensibler Pflege?
Ralf Schäfer: Dass man die unterschiedlichen Merkmale, die der Mensch hat, berücksichtigt in der Versorgung. Anders ausgedrückt kann man auch sagen: Wir machen einen sehr Biografie bezogenen Pflegeansatz, wo der Mensch als Ganzes berücksichtigt wird, mit allen Merkmalen, die ihn ausmachen. Und wir klammern das Thema Sexualität nicht aus. Auch in der heutigen Zeit ist es häufig so, dass eben auch Sexualität im Alter gerne ausgeklammert wird oder man nicht darüber spricht. Also wir haben gesagt, ganz klar, auch die Aspekte gehören zu einer ganzheitlichen Versorgung und auch das wird hier berücksichtigt und findet seine Berücksichtigung.
Moderator: Wir haben jetzt eben schon ein-, zweimal das Siegel erwähnt, das Zertifikat Lebensort Vielfalt, womit ihr bereits das zweite Mal ausgezeichnet worden seid. Wie kam es zu dieser Auszeichnung insgesamt?
Ralf Schäfer: Zur Auszeichnung kam es-, das ist halt eine Besonderheit des Standort hier: In Schöneberg ist Europas größte LSBTI-Community beheimatet. Und unsere Einrichtung ist da mitten drin, so dass wir schon sehr, sehr früh, ich glaube, 2011 haben wir schon begonnen, hier Mitarbeitende zum Thema zu sensibilisieren. Das ist dann durch unsere Bestrebungen hat sich seinerzeit eine gute Zusammenarbeit mit der Schwulenberatung Berlin entwickelt. Und die Schwulenberatung Berlin wurde dann 2017 vom Bundesministerium beauftragt, ein einheitliches Qualitätssiegel für Deutschland zu entwickeln. Und da waren wir dann die Piloteinrichtung und haben jetzt das Siegel in der Re-Zertifizierung wieder erhalten.
Moderator: Ganz wichtig, dass man die Re-Zertifizierung eben dann auch erwähnt, wenn man eben Wiederholungstäter oder -täterin ist.
Ralf Schäfer: Die Re-Zertifizierung ist ein Instrument, um sicherzustellen, dass man nachhaltig am Thema ist, also dieses Pinkwashing oder so möchte man ja nicht. Durch die Re-Zertifizierung wird einfach auch nochmal drauf geschaut: Inwieweit bleibt die Einrichtung dabei, inwieweit werden kontinuierlich Fortbildungen und Schulungen angeboten und wie verstetigt sich das dann in der Einrichtung? Wie ist die Atmosphäre? Bleibt das so offen? Ist man da tatsächlich für alle Richtungen, alle Merkmale, die Diversität mit sich bringen, offen und bereit, sich damit auseinanderzusetzen?
Moderator: Die wiederholte Auszeichnung unterstreicht einfach nochmal: Man nimmt es wirklich ernst und man sieht die Auszeichnung als weiteren Ansporn, eben die Qualität zu sichern und zu wahren in diesem Bereich.
Ralf Schäfer: So ist es. Es ist ein ständiger Prozess, sage ich mal. Also man ist nie abgeschlossen. Man hat auch eine gewisse Mitarbeitendenfluktuation in der Einrichtung. Und da muss man immer mit am Ball bleiben, immer wieder neu schulen, Themen wieder aufgreifen. Und in der täglichen Arbeit kommt es dann auch zu Situationen, wo Mitarbeitende vielleicht unsicher sind, weil sie in der Form bisher nur in der Theorie vermittelt wurden, aber in der Praxis noch nicht. Von daher ist es, ja, wichtig: eine Verstetigung und ein ständiger Prozess.
Moderator: Wenn ich schon hier bin, dann könnten wir vielleicht auch mal mit einem queeren Bewohner oder einer queeren Bewohnerin sprechen, oder? Das ist doch möglich?
Ralf Schäfer: Das ist möglich, ja.
Moderator: Wunderbar. Dann gehen wir mal dahin.
Ralf Schäfer: Prima.
(#00:17:00# Musik setzt ein, geht in Herzschlaggeräusch über. (8 Sek.) Musik aus.)
Moderator: Jetzt sind wir bei Hans-Dieter Schröter im Zimmer angelangt. Hallo, ich grüße Sie, Herr Schröter!
Hans-Dieter Schröter: Ja, hallo.
Moderator: Sie liegen hier vor mir im Bett und haben sich das schön bequem gemacht. Nebenbei läuft der Fernseher. Ich sehe hier schöne Bilder bei Ihnen-, oh, das ist ein bisschen schief da, der Strand ist zwar schön, aber ein bisschen schief gerahmt, oder?
Hans-Dieter Schröter: Das ist überhaupt nicht gerahmt, das ist ein Kalender.
Moderator: Ach so. Der Kalender daneben, der ist auch schön. Das ist ein Trans-Kalender, oder? Herr Schäfer?
Hans-Dieter Schröter: Ja.
Ralf Schäfer: Das ist ein Trans-Kalender, von Vicky Voyage aus München.
Moderator: Sie haben den Weg gewählt, sich nicht offen schwul zu zeigen. War das für Sie aber auch eine Belastung, dass Sie so eine Art Doppelleben geführt haben, nur in Kreisen, wo es ging, sich zu zeigen?
Hans-Dieter Schröter: Ja, ein bisschen in die Richtung schon. Ich war ja auch wirklich keine Kämpfernatur. Klar, ja, ich bin schwul und muss wirklich so leben, aber erst dafür irgendwie zu kämpfen und stolz drauf zu sein oder so, das war nicht mein Ding.
Moderator: Gibt es aus Ihrer Sicht in unserer Gesellschaft noch Nachholbedarf, was dieses Thema angeht, vor allem ja, wenn es jetzt um ältere Generationen geht?
Hans-Dieter Schröter: Ja, das gibt es ganz sicher.
Moderator: Was würden Sie wünschen, was besser laufen sollte?
Hans-Dieter Schröter: Ich würde mir eigentlich das wünschen, was inzwischen schon auf dem Wege sozusagen ist, ja, dass die ganze Sexualität nicht so tabuisiert wird, sondern jeder tatsächlich machen kann, was er will.
Moderator: Würden Sie sich für die jüngere Generation wünschen, dass sie sich nicht verstecken muss oder so eine Art Doppelleben führen muss?
Hans-Dieter Schröter: Ja, das würde ich mir sehr wünschen.
Moderator: Jetzt im Rückblick auf Ihr eigenes Leben: Finden Sie es ein bisschen schade, bereuen Sie es sogar, dass Sie vielleicht damals nicht mit Ihrem Freund Hand in Hand, küssend draußen in aller Öffentlichkeit sein konnten?
Hans-Dieter Schröter: Mein Freund, der hätte sich aus Küssen nicht viel gemacht. (lacht)
Moderator: (lacht) Das ist schon wieder ein anderes Thema, ja. (Beide lachen.) Was haben Sie denn als Tipp für alle anderen, die es jetzt betrifft, die lesbisch sind, schwul sind, mit Ihrer Erfahrung, die Sie in all den Jahren gemacht haben?
Hans-Dieter Schröter: Man soll wirklich so leben, wie man selbst es für richtig hält, und sich um die anderen überhaupt nicht großartig kümmern, sondern so frei wie möglich sein Leben versuchen zu leben, soweit es eben geht.
Moderator: Herr Schröter, dann wünsche ich Ihnen heute Abend beim Feierabendbierchen hier in der Einrichtung wieder eine schöne Zeit und überhaupt eine weitere schöne Zeit, dass Sie zufrieden und glücklich sind.
Hans-Dieter Schröter: Danke schön.
(Musik)
Moderator: Jetzt sind wir bei Dieter Plutzik im Zimmer. Schön, dass ich bei Ihnen sein darf.
Dieter Plutzik: Ja, bitte schön.
Moderator: Ja, es ist schön eingerichtet. Ich sehe, Sie sind ein Teneriffa-Fan. Da gibt es jedenfalls eine DVD mit Teneriffa-, und der Jakobsweg.
Dieter Plutzik: Alles. Alles gemacht.
Moderator: Sind Sie früher den Jakobsweg gegangen?
Dieter Plutzik: Ja.
Moderator: Was haben Sie da mitgenommen?
Dieter Plutzik: Ich bin sehr viel gewandert und so weiter alles. Aber das war vielleicht zu viel.
Moderator: Zu viel, warum?
Dieter Plutzik: Ja, weil die Fußsohlen, die-, Polyneuropathie habe ich.
Moderator: Aber vielleicht ist es auch so: Wenn Sie es nicht gemacht hätten, dann würden Sie sich jetzt ärgern, dass Sie es nicht getan haben?
Dieter Plutzik: Sicher.
Moderator: Jetzt sind wir hier, weil wir über das Thema Homosexualität reden wollen. Seit 1994, bis dahin stand Homosexualität in Deutschland unter Strafe: Wie haben Sie den Wandel in den Köpfen der Menschen über die Jahre miterlebt? Was sind da Ihre Erfahrungen?
Dieter Plutzik: Ich habe mir eigentlich nichts draus gemacht. Ich habe immer gesagt: Bei Männern muss man vorsichtig sein, aber Frauen, die kannst du, sagen wir mal, 85 Prozent können das ertragen.
Moderator: Und das haben Sie auch offen gelebt, auch als es noch, ich sage mal, gefährlich war?
Dieter Plutzik: Ja.
Moderator: Und was haben Sie dabei so erlebt, wenn Sie das offen zur Schau gestellt haben oder sich auch offen-?
Dieter Plutzik: Früher musste man sich, ich weiß nicht, ob das noch ‘94 war, da musste man noch klingeln draußen am Lokal. Und dann haben sie erst mal durchgeguckt, wer da steht-.
Moderator: Warum wurde da geklingelt?
Dieter Plutzik: Die wurden viel überfallen, die Schwulenlokale.
Moderator: Einfach weil Menschen das nicht akzeptiert haben?
Dieter Plutzik: Ja, ja. So wie heute in Oslo war das da. Das ist auch überfallen worden, zwei Tote, nicht?
Moderator: Ja, haben Sie denn, wenn Sie in einem Schwulenlokal waren, haben Sie da auch immer ein bisschen Angst gehabt? Oder haben Sie sich davon komplett gelöst?
Dieter Plutzik: Ich habe mein Leben gelebt.
Moderator: Und wie waren so die Reaktionen, wenn Sie es immer offen gesagt haben gleich?
Dieter Plutzik: Ich sage ja, bei Männern musste man vorsichtig sein. Da habe ich dann meistens gelogen, dass ich verheiratet bin oder so. Aber bei Frauen brauchte man das nicht machen.
Moderator: Was war denn die Konsequenz? Was war das Schlimmste, was Sie da erlebt haben?
Dieter Plutzik: Die haben mich jetzt nicht bedroht oder sowas. Das war nicht.
Moderator: Sie gehen ganz offen mit Ihrer Sexualität um? Haben Sie auch mitbekommen, dass das bei anderen nicht so einfach war? Oder dass die dementsprechend auch erlebt haben, dass viele das nicht akzeptiert haben, so wie Sie leben?
Dieter Plutzik: Ja, weiß ich, aber was soll man da machen? Ich kann doch nichts dafür. Will eben schwul leben.
Moderator: Ja, Sie müssen sich auf gar keinen Fall entschuldigen. (lacht)
Dieter Plutzik: Ich habe jetzt hier bei Herrn Schäfer habe ich mich beschwert, weil hier immer Frauen reinkommen. Sollen Männer reinkommen, habe ich gesagt, die mich waschen morgens und so weiter alles.
Ralf Schäfer: Und das wird umgesetzt, kommen jetzt Männer?
Dieter Plutzik: Ja.
Moderator: Sie haben sich jetzt für diese Pflegeeinrichtung hier entschieden, eben auch, damit Sie von Männern gewaschen werden können, damit es hier alles so sein kann, wie es für Sie am besten ist?
Dieter Plutzik: Ich kann mich doch bei einer Frau nicht so zeigen. Das geht doch nicht.
(Musik)
Moderator: Jetzt sind wir im Büro von Ralf Schäfer. Und wir reden jetzt nochmal über Akzeptanz. Wie wichtig sind Orte der Akzeptanz, wie zum Beispiel eben hier diese Pflegeeinrichtung, gerade auch im Alter und eben auch gerade für Pflegebedürftige?
Ralf Schäfer: Die sind sehr wichtig. Wenn man bedenkt, dass die Menschen, die jetzt zu uns kommen, die Altersgeneration hat, wie wir es ja eben im Interview oder bei den Bewohnenden gehört haben, Erfahrungen mit Ausgrenzung, mit Diskriminierung, mit Pathologisierung. Und da ist es ganz wichtig dass die Menschen im Alter jetzt nicht nochmal dem Ganzen ausgesetzt werden, sondern dass sie hier geschützte Lebensräume haben, wo sie diskriminierungsfrei ihren Lebensabend verbringen können und nicht in Angst leben müssen, wieder verfolgt zu werden, wieder angegriffen zu werden. Von daher ist es ganz wichtig, dass es solche Orte gibt, und wichtig ist es, dass die Mitarbeitenden da sensibilisiert sind und ein Auge drauf haben, um da gleich einzugreifen, wenn irgendwelche Vorfälle wären.
Moderator: Und was können denn Einrichtungen wie hier das Seniorenzentrum in Schöneberg dazu beitragen, dass das gelingt?
Ralf Schäfer: Einrichtungen müssen sich der Problematik bewusst werden. Die müssen, wenn sie biografisch arbeiten, auch die Biografie und die besonderen Konstellationen von LSBTI-Menschen Kenntnis drüber haben und sich damit auseinandersetzen. Nur so schafft man dann auch tatsächlich solche sicheren Räume für ältere LSBTI in Pflegeheimen. Und wichtig ist, dass da ein klares Bekenntnis vorherrscht, einmal ein klares Bekenntnis von der Unternehmensleitung oder Einrichtungsleitung und das bewusst ist dem Management, dass solche Prozesse auch ihre Zeit brauchen, und dass man Ressourcen schafft für die Mitarbeitenden, für Schulungen zur Sensibilisierung, dass man informiert über Lebensgeschichten, über die Biografien, über die Zeitschienen: Wie lange war Homosexualität als Krankheit noch geführt bei der WHO? Ab wann war es dann straffrei? Und dass da Mitarbeitende Kenntnis drüber haben, und ganz bewusst das Thema ansprechen, sichtbar machen: Das ist jetzt ganz wichtig, und da können Einrichtungen in der vollstationären Pflege ihren Anteil mit leisten.
Moderator: Und wie schaut es mit Führungskräften speziell aus? Und auch mit den Beschäftigten? Welchen Beitrag können die leisten?
Ralf Schäfer: Ja, Führungskräfte, wie ich gerade sagte: Es muss ein klares Bekenntnis sein, von der Unternehmensleitung oder von den Geschäftsführenden, dass sie sich sensibilisieren und sich auch bewusst sind, dass das auch mit Zeitressourcen verbunden ist. Mitarbeitende können sich daran beteiligen, dass sie offen sind, dass sie sich darauf einlassen. Und wir haben das in den Schulungen gemerkt: Das Thema ist natürlich mit Vorbehalten belastet. Da sind Ängste dahinter und das ist ganz wichtig, dass Mitarbeitende sich dessen bewusst werden und auch darüber sprechen. Aus dem Grund bevorzugen wir auch Fortbildungen, Weiterbildungen, Schulungen im Präsenzformat, so dass viele zusammenkommen und über ihre Ängste und Vorbehalte offen sprechen können und man dann gemeinsamen einen Weg findet, wie sie LSBTI-sensibel pflegen können.
Moderator: In Pflegeberufen spielen Nähe, aber auch Berührungen eine sehr große Rolle. Wir haben es auch eben gehört, dass der Herr Plutzik sich nicht gerne von Frauen anfassen lassen mag. Wie kann hier der richtige und vor allem angemessene Umgang mit queeren Menschen gut gelingen?
Ralf Schäfer: Man muss von Anfang an, das heißt, mit dem Interessentengespräch über das Aufnahmegespräch und über die Aufnahmegespräche seitens der Pflege schon von Anfang an sehr offen Fragestellungen formulieren, die es den Menschen auch ermöglicht, ihre Wünsche auch in der grundpflegerischen Versorgung sehr offen und angstfrei zu äußern. Und es ist wichtig, dass Vertrauen aufgebaut wird, und wenn wir Informationen bekommen, wie die Pflege stattfinden soll, dass das auch ins Team weitergetragen wird und in die Umsetzung kommt. Und wenn Menschen da also jetzt völlig unabhängig, welche sexuelle Orientierung oder geschlechtliche Identität sie haben, äußern, dass sie eben nur von einer gewissen Personengruppe versorgt werden möchten, wird das auch berücksichtigt. Also die Konzentration oder die Fokussierung auf eine LSBTI-sensible Pflege bewirkt, dass die Mitarbeitenden da sehr sensibel sind für alle Bewohnenden. Das heißt, auch die heteronormen, also die heterosexuellen Bewohnenden partizipieren eigentlich von dieser Hinwendung zu einer sehr personenzentrierten Pflege.
Moderator: Werden denn die Pflegekräfte hier im Seniorenzentrum auch speziell bei diesem Thema geschult?
Ralf Schäfer: Wir haben Schulungsangebote, die auch fortlaufend sind, das heißt, das ist ein stetiger Prozess, also wir sind-, wir werden niemals fertig sein und auch die Re-Zertifizierung in drei Jahren wird wieder eine Anstrengung sein, um zu-.
Moderator: Wir haben vorhin drüber geredet, ja.
Ralf Schäfer: Und es ist zu schauen, ob wir dann wieder alle Kriterien erfüllen, die für die Re-Zertifizierung erforderlich sind. Ja, wir sind ständig in Schulungen, das geht zu den Lebenswelten LSBTI, es geht über besondere Gesundheitskonstellationen, wenn zum Beispiel jetzt noch eine HIV-Infektion mit dazu kommt oder AIDS mit dazu kommt. Es geht um die Historie, die Strafbarkeit und solche Sachen. Da wird geschult. Und insbesondere auch, was wir feststellen konnten in den letzten Jahren, dass das Thema Trans- und Inter- doch noch sehr im Hintergrund ist und da sehen wir auch nochmal einen enormen Bedarf, da nochmal intensiver Mitarbeitende zu schulen, zu sensibilisieren: Was ist zu berücksichtigen bei Transpersonen, gerade, wenn eine operative Geschlechtsanpassung stattgefunden hat? Was ist zu berücksichtigen zum Beispiel, wenn bei pflegerischen Problemen, Katheter legen et cetera? Was ist zu berücksichtigen, wenn Hormontherapien angewendet werden? Das sind alles so Punkte, die sind momentan weder in der Pflegeausbildung groß Thema noch kommen Pflegeeinrichtungen oft damit in Kontakt, so dass es wichtig ist, dass Mitarbeitende wissen: Das kann auf uns zukommen, und dann adäquat und angstfrei auch darauf reagieren und handeln.
Moderator: Also das Schild beim Fahrstuhl könnte demnächst auch nochmal wieder ein bisschen üppiger ausfallen, sage ich mal, je nachdem, was man Neues dazulernt, worauf man sich wieder noch einstellen sollte.
Ralf Schäfer: Ja, das könnte sich noch erweitern. Momentan wird das, was wir noch nicht kennen, über das Sternchen mit abgebildet, aber es ist nicht auszuschließen, dass die Wissenschaft uns noch mehr Erkenntnisse bringt.
Moderator: Nun gibt es nur eine Handvoll von diversen Pflege- und Seniorenheimen: Sehen Sie sich hier auch so ein bisschen als Vorbild für die anderen?
Ralf Schäfer: Bei der Siegel-Verleihung 2018 sagte die Vertreterin vom Bundesministerium, wir wären ein Leuchtturm für Deutschland. Ich glaube, ohne jetzt überheblich zu sein, ich glaube, wir sind ein bisschen ein Leuchtturm. Das merken wir auch durch die vielen Anfragen, die wir jetzt nach der Corona-Pandemie ja bekommen: Das Interesse ist hoch, es ist viel Interesse da. Wie kann man so einen Weg beschreiten? Und ich stehe da den Einrichtungen auch mit Rat und Tat zur Seite und halte hier und da auch einen Vortrag, wie eine LSBTI-sensible Pflege, wie die Hinwendung dazu gut gelingen kann, welche Schritte erforderlich sind, was berücksichtigt werden muss. wie man es dann auch verstetigt.
I: Jetzt haben wir schon mehrfach über Normalität geredet heute, aber wenn wir ständig über Normalität reden müssen, dann ist es vielleicht gar nicht so normal. Oder ist es besser, wenn man einfach gar nicht mehr drüber reden muss? Dann sind wir in der Normalität angekommen?
Ralf Schäfer: Das ist ein guter Hinweis. So sehen wir es auch. Eigentlich ist es traurig, dass wir da noch das besondere jetzt formulieren müssen und immer wieder darauf hinweisen müssen. Ziel ist es eigentlich, dass es irgendwann eine völlig normale Situation ist, dass man auch die Dimensionen LSBTI oder sonstige Diversitätsmerkmale automatisch mitdenkt und sie nicht ausschließt.
Moderator: Es begann bei meinem Besuch mit einer großen Regenbogenflagge am Eingang, und bunte Bilder und Blumen an der Fensterscheibe. Und das hat sich transportiert hier in der gesamten Pflegeeinrichtung: Hier sind alle sehr bunt drauf. Und hier ist alles ganz normal. Und das sollte auch so sein. Schöne Einblicke habe ich hier bekommen. Und danke, dass ich mir diese Einrichtung genau anschauen durfte, auch mit Menschen sprechen konnte, die ja hier ihren Lebensabend verbringen. Vielen Dank für diese Eindrücke, die ich gewinnen konnte. Und ich nehme auch wieder einiges mit, was ich hier gesehen habe: Also es ist nur so ein plakatives Toilettenschild gewesen, aber es bewegt einfach so viel. Und man kann das überall einfach in der Gesellschaft abbilden. Es tut niemandem weh, wenn dann noch ein Piktogramm mit einem Sternchen dran ist.
Ralf Schäfer: Ich freue mich, dass Sie bei uns waren, dass Sie Interesse hatten, uns kennenzulernen und ein bisschen was berichten über unsere Bestrebungen hin zu einer LSNTI-sensiblen Pflege.
Block 03: Verabschiedung
Moderator: Wenn Sie mehr über das Immanuel Seniorenzentrum Schöneberg und auch das Thema Diversität erfahren wollen, dann schauen Sie gerne mal in den Shownotes dieser Podcastfolge vorbei. Da finden Sie auch die Links dazu. Die BGW, die beschäftigt sich übrigens auch immer wieder mit dem Thema Diversity. In Folge 36 von Herzschlag für ein gesundes Berufsleben, da haben wir zum Beispiel über das interkulturelle Team gesprochen, also die Inter-Integration, also die Integration ausländischer Fachkräfte in der Pflege. Ja, und diese Folge und auch alle anderen Folgen mit Infos finden Sie auf der Webseite der BGW: www.bgw-online.de/podcast. Bis zum nächsten Mal, bleiben Sie gesund!
(Outro – Herzschlag. Für ein gesundes Berufsleben, der BGW Podcast)
Interviewgäste
Ralf Schäfer
Einrichtungsleitung und stellv. Pflegedienstleitung Immanuel Seniorenzentrum Schöneberg
Bewohnerinnen und Bewohner
Immanuel Seniorenzentrum Schöneberg
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