Akkus aufladen, Selbstfürsorge, Resilienz #15 BGW-Podcast "Herzschlag - Für ein gesundes Berufsleben"
Das Smartphone schließen wir nachts an den Strom an und morgens ist der Akku wieder voll! Aber wie ist das bei uns Menschen? Antworten gibt diese Podcast-Folge.
Oft ist der Alltag oder der Arbeitsalltag so stressig, dass wir auch abends nicht wirklich zur Ruhe kommen. Gerade Pflegekräfte, die sich rund um die Uhr um andere Menschen kümmern, kommen selbst manchmal zu kurz. Also was tun? Sich ganz bewusst Auszeiten nehmen und "achtsam" sein? Wie geht das? In dieser Podcast-Folge geht es um Ideen und Möglichkeiten für mehr Resilienz im Alltag.
Buch-Tipp aus dem Podcast:
Almut Benfer-Breisacher: "Schutzschirm für die Seele – Resilienz" ISBN 13: 9783941911178
www.almut-benfer-breisacher.at
(unbezahlter Buchhinweis)
Hier kommen Sie zum Transkript dieser Folge
Block 01: Begrüßung und Einleitung
Moderator: Das Smartphone schließen wir nachts an den Strom an und morgens ist der Akku dann wieder voll. Ja, wenn es nur auch so einfach bei uns Menschen ginge. Konnten Sie Ihren Akku mal wieder aufladen? Das haben wir verschiedene Pflegekräfte gefragt.
Pflegekraft 1: Ja also manchmal nach der Arbeit da dreht sich das Kopfkarussell schon ziemlich schnell. Da komme ich dann schlecht runter. Aber meine Familie ist da ein ganz guter Ruhepol und erdet mich dann und wenn ich dann was mit meinen Kids mache, mit ihnen spiele, ihnen was vorlese, dann ist das eigentlich so das beste Rezept für mich, um mich zu entspannen.
Pflegekraft 2: Also mir fällt das nicht immer leicht, mich abends zu entspannen. Was ich dann gerne mache, ist laufen gehen. Das tut mir gut, da komme ich dann zur Ruhe.
Pflegekraft 3: Ja nach so einem stressigen Tag, da freu ich mich dann, erstmal wieder zuhause zu sein, ein Glas Wein und dann mein kleiner Hund mit dem spiele ich dann erstmal eine Runde. Und das ist dann auch ein guter Ausgleich im Alltag.
Moderator: Oft ist der Alltag oder der Arbeitsalltag so stressig, dass wir auch abends nicht zur Ruhe kommen, nicht runterkommen. Gerade Pflegekräfte, die sich rund um die Uhr um andere Menschen kümmern, die kommen selbst manchmal zu kurz. Also was tun? Sich ganz bewusst Auszeiten nehmen und achtsam sein. Ja das wird gerne als Lösung in den Medien postuliert und Gurus bieten ein Seminar nach dem nächsten dazu an. Aber was bedeutet das eigentlich genau, achtsam sein? Und vor allem, wie geht das? Wir wollen diesem Thema heute auf den Grund gehen und gemeinsam, mit einer Expertin auf diesem Gebiet diskutieren, was hinter den Begriffen Achtsamkeit und auch Resilienz steckt. Und wie man damit seine persönlichen Akkus aufladen kann. Mein Name ist Ralf Podszus, schön dass Sie dabei sind.
(Podcast-Opener)
Block 02: Interview mit Almut Benfer-Breisacher
Moderator: Bei mir ist Almut Benfer-Breisacher, Diplompflegewirtin, Krankenschwester, Resilienz Trainerin und Autorin. Herzlich willkommen Frau Benfer-Breisacher.
Almut Benfer-Breisacher: Ja hallo, schönen guten Tag.
Moderator: Haben Sie bei so vielen Titeln und Tätigkeiten noch Zeit zur Ruhe zu kommen?
Almut Benfer-Breisacher: Ja das habe ich, weil ich entsprechende resiliente Fähigkeiten habe, über die ich mir nach vieler Reflexionsarbeit bewusst geworden bin und über die ich dankbar bin und die ich entsprechend einsetzen kann.
Moderator: Wenn man sich ein bisschen mehr mit dem Thema Selbstfürsorge beschäftigt, dann liest man ganz viele Begriffe, die oft in einem Rutsch genannt werden, aber eigentlich weiß man gar nicht so richtig, wie die Definitionen dafür sind, deshalb wollen wir hier zunächst einmal einen Überblick schaffen. Fangen wir doch mal mit dem Thema Resilienz an. Frau Benfer-Breisacher, Sie haben darüber ein Buch geschrieben.
Almut Benfer-Breisacher: Ja, in dem Begriff Resilienz steckt das lateinische Verb residiere drin. Im Wörterbuch übersetzt heißt es zurückspringen. Da stellt sich natürlich die Frage, was zurückspringen eigentlich mit dem Thema zu tun hat. Nun stellen wir uns eine Person vor, die im Berufsalltag mit hohen Arbeitsanforderungen konfrontiert ist. Die Situation verlangt ihren unermüdlichen Einsatz. Gegebenenfalls wir diese enorme Last sie sogar aus dem Gleichgewicht bringen. Mit Hilfe von resilienten Fähigkeiten, darunter fallen zum Beispiel Einstellungen, Haltungen, Strategien, zum Beispiel eine akzeptierende Grundhaltung oder eine positive Sichtweise, kann die Person es schaffen mit sich selbst und den Anforderungen so umzugehen, dass sie ihr Gleichgewicht wiedererlangt oder von vornerein gar nicht in diese Schieflage gerät. Vielleicht ist sie im Nachhinein sogar in der Lage, die gemachten Erfahrungen als persönlichen Erkenntnisgewinn zu verbuchen. Resilienz wird auch als psychische Widerstandskraft bezeichnet und was an dieser Stelle noch ganz wichtig ist zu sagen, dass Resilienz kein Garant für beruflichen Erfolg ist oder sogar Lebenserfolgsgarantie verspricht. Es ist möglich, dass man in einem Fall die Bewältigung einer schwierigen Situation schafft und in einem anderen Fall es einem nicht gelingt und man aus dieser Schieflage nicht wieder ins Gleichgewicht zurück findet. Und in diesem Fall ist professionelle Unterstützung unbedingt erforderlich.
Moderator: Wirkt sich Resilienz auch auf die Gesundheit aus und sind Pflegekräfte besonders resilient, wenn sie trotz erschwerter Arbeitsbedingungen ihren Beruf gerne ausüben.
Almut Benfer-Breisacher: Ja zum ersten Teil Ihrer Frage, Resilienz oder sagen wir besser die Auswirkungen psychischer Widerstandskraft können insofern die Gesundheit positiv beeinflussen, dass wir die unangenehmen oder negativen Begleiterscheinungen hoher Anforderungen besser steuern können. Und dadurch gelassener agieren können. Das hat nachweislich auch hormonelle Effekte, die sich wiederum positiv auf unseren Körper auswirken. In der Tat ist es so, dass unsere resilienten Fähigkeiten gerade dann gefragt sind, wenn es eng wird. Dann sind genau diese herausfordernden Situationen für uns Möglichkeiten unsere Resilienz weiter auszubauen. Denn Resilienz entsteht vor allem im Wechselspiel zwischen Mensch und Umwelt. Aber auch hier gilt, die Menge macht das Gift. Bezogen auf Ihre Frage wäre tatsächlich interessant herauszufinden, was diese Pflegekräfte unterstützt, was ihnen hilft, dass sie ihren Beruf gerne ausüben trotz erschwerter Rahmenbedingungen. Und dann lassen sich diese Fähigkeiten tatsächlich unter diesem Begriff oder dieser psychischen Widerstandskraft verbuchen.
Moderator: Kann man Resilienz lernen oder ausbauen?
Almut Benfer-Breisacher: Grundsätzlich muss man sagen, dass wir Menschen nicht als unbeschriebene Blätter auf die Welt kommen. Und abhängig davon, wie wir auf die Welt kommen, fällt es uns leichter Resilienz zu entwickeln oder auch nicht. Zum Vergleich: Einem sportlich veranlagten Menschen fällt es auch leichter entsprechend sportlich gute Ergebnisse zu erreichen. Doch grundsätzlich sind wir Menschen – oder besser gesagt unser Gehirn – dazu in der Lage sich zu verändern. Das heißt die Nervenzellen können sich je nach Verwendungszweck in ihren Eigenschaften verändern und anpassen, also an andere Denkmuster, an andere Verhaltensweisen. Bezogen auf die Entwicklung von Resilienz bedeutet das, dass eben zu dieser Entwicklung jede Situation Anlass oder eine Chance sein kann, in der wir mit Herausforderungen konfrontiert werden oder sie meistern müssen. Entweder nutzen wir dazu vorhandene Fähigkeiten oder verbunden mit unserer Motivation diese Situation bewältigen zu wollen, entwickeln wir neue Strategien. Die andere Möglichkeit besteht darin, ausgewiesene Seminare zu besuchen, bei denen sozusagen Situationen aus dem Berufsalltag nachgestellt werden und über Möglichkeiten zur Bewältigung reflektiert und auch neue Strategien gemeinsam ausprobiert werden können.
Moderator: Und wie ist das mit der Achtsamkeit, können Sie die mal genauer erklären, was genau ist das Achtsamkeit?
Almut Benfer-Breisacher: Ja. Achtsamkeit ist eine Meditationspraxis und hat sich im Verlauf von mehr als tausend Jahren entwickelt. Ihre Wurzeln liegen in der östlichen Philosophie. Mittlerweile ist sie hier bei uns in der westlichen Welt stark verbreitet. Forschungsergebnisse können zeigen, dass mithilfe dieser Meditationspraxis nachhaltig verschiedene Leiden sogar gelindert werden können, zum Beispiel chronischer Schmerz, aber auch wenn es um die Bewältigung von Stress geht. Hintergrund und das Ziel dieser Meditationspraxis, ist die: Wir Menschen haben alle eine Tendenz auf Erfahrungen quasi automatisch zu reagieren. Also Achtsamkeit im Sinne einer absoluten Gegenwartspräsenz unterstützt uns alternative Wege für den Umgang mit einer Situation zu finden. Denn wir sollten immer bedenken, dass wir den größten Einfluss auf uns selbst haben und da auch beginnen sollten.
Moderator: Jetzt haben wir schon viel über den gesunden Umgang mit uns selbst gehört, in der Theorie. Eins steht auf jeden Fall fest: Die längste Beziehung in unserem Leben, die führen wir mit uns selbst, deshalb sollten wir bei all dem Stress und der Fürsorge für andere nie unsere eigenen Bedürfnisse aus den Augen verlieren. Natürlich ist das jetzt leichter gesagt als getan. Was können wir also tun, wenn wir das Gefühl haben, wir geraten etwas in Schieflage Frau Benfer-Breisacher.
Almut Benfer-Breisacher: Wenn ich fühle, dass ich in Schieflage geraten bin, sollte ich mich mal zuerst darüber freuen, dass ich überhaupt in der Lage bin, dieses Gefühl zu fühlen. Ich sollte es dann zulassen und in jedem Fall ernst nehmen. Da der Begriff Achtsamkeit im typischen Sprachgebrauch verstärkt Einzug genommen hat, könnte man an dieser Stelle auch von einem achtsamen Umgang mit sich selbst sprechen. Wenn ich also diese Schieflage bemerke, geht es darum, soweit es mir allein möglich ist, was Ursache dafür sein könnte. Ansonsten das Gespräch auch mit anderen suchen, zu denen ich vertrauen habe. Im privaten Kontext kann das der Partner, die Partnerin sein, Familienangehörige oder Freunde. Im Beruflichen Kontext empfiehlt es sich, zum Beispiel auch Vorgesetzte um ein Gespräch zu bitten. Wenn das Vertrauen der Zeitpunkt oder der Mut zu dieser Person fehlen, gäbe es die Möglichkeit auch eines Gespräches mit der Mitarbeitervertretung, dem Betriebsrat oder auch den Kollegen, um sich auszusprechen oder andere Sichtweisen anzuhören. Und dann auch gegebenenfalls gemeinsam Lösungsansätze zu finden.
Moderator: Danke für diese Tipps, wie man sich vom Stress nicht überwältigen lassen braucht. Was sind jetzt die kleinen Schritte, die mir auch langfristig helfen widerstandsfähiger zu sein?
Almut Benfer-Breisacher: Ja zum Beispiel am Ende so ganz konkret eines Tages drei Dinge in ein Freudentagebuch notieren, die gut gelaufen sind, die mich gefreut haben. Das kann zum Beispiel das Lächeln eines Patienten oder einer Patientin sein, die auf mich bis dahin immer so mürrisch wirkte. Oder das kann der freie Tag sein, den ich wider erwartend nehmen konnte oder kann. Oder die Schulnote meines Kindes, die zeigt, dass sich die intensive Vorbereitung gelohnt hat. Das sind so scheinbar nebensächliche oder selbstverständliche Dinge, die gerade deswegen im Alltag untergehen. Die regelmäßige Bewusstmachung dieser schönen Dinge und die Nachvollziehbarkeit durch das Schreiben schulen meinen Blick für die positiven Dinge, die trotz allem in meinem Leben immer wieder geschehen und wiederum im Bewusstsein positiver Dinge fällt es mir zunehmend leichter, mit den unangenehmen Dingen konstruktiver umzugehen. Denn uangenehme Dinge wird es immer geben. Eine ganz andere Möglichkeit wäre, darauf zu achten, wann ich in meinem Sprachgebrauch dazu neige Verallgemeinerungen zu verwenden und wozu die Verwendung führt. Zum Beispiel so Worte wie alles, nie oder immer. Wenn ich sage: „Wir haben schon alles ausprobiert.“ Sagt diese Aussage aus, dass wir keine Chance haben, mit dem Rücken an der Wand stehen. Die Lage ist aussichtslos. Das deprimiert, das frustriert und macht unter Umständen auch Angst. Wir befinden uns Gefühlsmäßig in einer Lage, die uns nur schwer ermöglicht über alternative Ideen nachzudenken. Warum auch es, gibt ja keine, wenn alles ausprobiert ist. Stellen wir aber die Frage danach, was wir denn nun tatsächlich schon ausprobiert haben und was vielleicht noch nicht, animiert diese Herangehensweise eher, weitere Lösungen und Ideen zu sammeln und einen Weg zu finden, aus der misslichen Lage herauszukommen.
Moderator: Interessanter Tipp mit dem Wort alles. Das nehme ich jetzt mal voll auf. Was machen wir aber, wenn wir jetzt kein Fan sind von Freudebüchern oder mit Postkarten, die man an den Spiegel heftet, wo drauf steht: Du schaffst das. Gibt es noch irgendwelche anderen Tipps? Sport zum Beispiel. Da kann man doch bestimmt auch resilienter werden, oder?
Almut Benfer-Breisacher: Ja Sport ist in jedem Fall ein probates Mittel, um resilienter zu werden, denn die mentale Flexibilität steht in wirklich einer wechselseitigen Beziehung zur körperlichen Beweglichkeit.
Moderator: Und was für Sport oder Aktivitäten empfehlen Sie da Menschen, die resilienter werden möchten? Eignen sich einige Sportarten besonders gut dafür?
Almut Benfer-Breisacher: Ja, um in Situationen richtige Entscheidungen treffen zu können, ist es wichtig, dass ich in der Lage bin, Aspekte konkret anzuschauen aber auch größere Zusammenhänge zu erkennen. Dafür bin ich auf ein gutes Zusammenspiel beider Gehirnhälften angewiesen. Damit dieses Zusammenspiel gut klappt, bieten sich über Kreuz Übungen an, zum Beispiel rechter Ellenbogen auf linkes Knie und linker Ellenbogen auf rechtes Knie im Wechsel zehn Mal hintereinander zum Beispiel. Da gibt es ganz einfache aber wirklich effektive Körperübungen, die ich auch mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu Musik in Fortbildungen durchführe. Für Menschen, die sich als sehr detailverliebt beschreiben, denen es jedoch schwer fällt, fünfe gerade sein zu lassen, bieten sich Aktivitäten an, die die rechte Hirnhälfte trainieren, zum Beispiel kreative Tätigkeiten, bei denen es da auf die freie Fantasie ankommt. Anders bei Menschen, die Schwierigkeiten haben sich zu fokussieren, da geht es eher um das Training von Tätigkeiten, die auf ein genaues Ergebnis abzielen, wie Sudoku oder Kreuzworträtsel. Ansonsten eigenen sich die Sportarten dazu, bei denen wir uns entspannt befreit fühlen und wir nach Ausübung das Gefühl haben unsere Energiefässer wieder aufgeladen zu haben. Müde, ausgepowert, aber erfüllt. Um welche Sportarten es sich handelt, kann von Mensch zu Mensch da wirklich unterschiedlich sein.
Moderator: Zum Schluss unserer Podcastfolge würde ich gerne auf das Thema Selbstfürsorge im Beruf zurück kommen. Da bräuchten wir vielleicht noch ergänzend ein paar weitere Infos und Ratschläge. Ich hatte es ja eingangs schon erwähnt, gerade das Pflegepersonal müsste oft besser umsorgt werden. Inwiefern liegt hier auch die Verantwortung beim Arbeitgeber?
Almut Benfer-Breisacher: Ja in den Jahren, in denen ich selbst als stellvertretende Pflegedirektorin in einem Krankenhaus tätig war, gehörte zu meinen Aufgaben unter anderem die Leitung und Durchführung zahlreicher Projekte. In den Arbeitsgruppen erlebte ich immer wieder das zahlreiche Engagement der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Doch fiel mir dabei und auch sonst immer wieder auf, wie viele Mitarbeiter den Blick für ihre guten Leistungen als einzelne oder im Team für ihre Erfolge, für ihre eigenen Fähigkeiten verloren oder vielleicht auch nie Sensibilität hatten. In Gesprächen bemerkte ich häufig, dass manchmal nur ein Perspektivwechsel oder einfach der Blick auch auf das Gute für frustabbauende Situationen sorgte und neue Kräfte entfachte. Kräfte, die natürlich nicht die Probleme lösten, aber im Augenblick halfen, mit der Situation besser umzugehen. Selbst wenn jeder in erster Linie für sich selbst verantwortlich ist, auch in einem Unternehmen, sah ich meinerseits also von Arbeitgeberseite eine Verpflichtung einen Bedarf förmlich darin, Mitarbeiter für den konstruktiven Umgang mit den hohen Arbeitsanforderungen zu sensibilisieren und ihnen dafür Handwerkszeug zu geben. Denn wer, wenn nicht sie, sollten unsere Projektergebnisse in der Praxis umsetzen, die Patienten versorgen und so weiter. Doch dafür brauchten sie Empathie, Durchhaltevermögen, Frustrationstoleranz, Mut ihre Grenzen zu erweitern und neue Wege zu gehen, Akzeptanz für Dinge, die sie nur schwer oder gar nicht ändern können. Sie brauchen Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten und vieles mehr und dementsprechend habe ich mich dann auch in der Folge zur Resilienz-Trainerin ausbilden lassen.
Moderator: Haben Sie noch andere Beispiele, also wie kann der Arbeitgeber möglichst gute Rahmenbedingungen schaffen, um für Entlastung zu sorgen, mal so einen Apfel hinlegen hilft da ja nicht.
Almut Benfer-Breisacher: Ja beispielsweise familienfreundliche Arbeitsmodelle oder eine positive Fehlerkultur würde das natürlich in jedem Fall unterstützen. Vor allem aber auch einen wertschätzenden Umgang pflegen. Deshalb den einzelnen Mitarbeiter, die einzelne Mitarbeiterin respektieren. Sie wahrnehmen, sie sehen, ihm oder ihr gegenüber auch Dankbarkeit ausdrücken. Wenn sie mit Veranstaltungsteilnehmerinnen und -teilnehmern darüber sprechen, sagen viele: „Na also bitte, das ist doch selbstverständlich, da muss ich doch gar nicht drüber nachdenken.“ Und genau da ist der Knackpunkt. In dem Aspekt des Selbstverständlichen, des nicht drüber Nachdenkens steckt das Risiko der Unterlassung. Gerade als Führungskraft sollte mir bewusst sein, dass zur Wertschätzung nicht nur in die Ansprache der Weihnachtsfeier gehört, sondern eine Haltung ist, mit der ich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern täglich begegne. Dazu sollte sich jede Führungskraft in einem ersten Schritt selbstkritisch fragen oder auch aktiv auf die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu gehen, an was sie wirklich erkennen, dass sie wertgeschätzt werden. Uns sollte einfach bewusst sein, dass Wertschätzung und Anerkennung ein menschliches Grundbedürfnis ist und nicht nur dann zum Thema wird, wenn alles andere abgearbeitet ist.
Moderator: Wenn ich als Angestellte oder als Angestellter merke, dass es hier Verbesserungsbedarf gibt, Sie haben es eben schon gesagt, nicht nur in der Weihnachtsansprache mal kurz irgendwie das mal aufnehmen und dann nie wieder, wie kann ich das am besten bei der Führungskraft vorbringen, ohne jetzt weiteren unnötigen Stress zu bekommen?
Almut Benfer-Breisaher: Eine für Veränderung und Weiterentwicklung offene Führungskraft bietet natürlich die besten Voraussetzungen, sollten die Bedingungen jedoch anders sein, empfiehlt es sich zum Beispiel zunächst mit Kolleginnen und Kollegen über die Subjektive Erfahrung auszutauschen. Vielleicht ist die Sichtweise bei den anderen ähnlich und gemeinsam lassen sich in der Regel mehr Ideen und Vorschläge zusammen tragen. In einem Gespräch mit der Führungskraft, dass dann ja irgendwann folgen wird, sitzt man schließlich nicht nur mit dem Anliegen eines Verbesserungsbedarfs da, sondern man hat bereits Idee und vielleicht auch Vorschläge zur Umsetzung gesammelt, die als Gesprächsgrundlage dienen. Das zeigt der Führungskraft in jedem Fall, dass sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bereits profunde Gedanken gemacht haben. Und ist eher bereit anzubeißen.
Moderator: Zu dem heutigen Podcast Thema haben Sie als Resilienz-Expertin einige Bücher geschrieben. Welches würden Sie mir als Anfänger empfehlen?
Almut Benfer-Breisacher: Empfehlen könnte ich da das Buch Schutzschirm für die Seele – Resilienz wo sie herkommt, wie sie wirkt. Das ist ein Handbuch, was Sie nutzen können, um quasi Ihre eigene Resilienz zu entdecken und finden Anregungen, Ihre eigene Resilienz auch weiterzuentwickeln.
Moderator: Viele nützliche Hinweise zu diesem Thema finden Sie auch auf der Website www.bgw-online.de Vielen Dank, Frau Benfer-Breisacher für die konkreten Einblicke und Tipps.
Almut Benfer-Breisacher: Ja ganz herzlichen Dank und bitte sehr gerne.
Block 03: Verabschiedung
Moderator: Die Welt ist schnelllebig. Jeden Tag verarbeiten wir unzählige Informationen, meist schon bevor wir überhaupt am Arbeitsplatz angekommen sind. Nach dem Aufstehen haben wir schon unser Smartphone in den Griffeln, gar nicht so einfach, sich selbst und seine Bedürfnisse dabei im Blick zu behalten. Aber es geht, wie wir eben gehört haben. Man kann es trainieren und sich notfalls auch Unterstützung vom Arbeitgeber holen. Und jetzt würden wir uns natürlich noch brennend für Ihre Tipps interessieren. Wenn Sie Ideen haben oder Ihre Erfahrungen teilen möchten, wie Sie entspannt bleiben, dann freuen wir uns auf Ihre Nachrichten auf www.bgw-online.de/podcast Ja und damit verabschieden wir uns für heute und sagen bis zum nächsten Mal. Bleiben Sie gesund und entspannt.
(Outro - Herzschlag, für ein gesundes Berufsleben. Der BGW-Podcast)
Interviewgast
Almut Benfer-Breisacher
Dipl.-Pflegewirtin, Krankenschwester, Resilienztrainerin und Autorin - www.almut-benfer-breisacher.at
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