Azubis in Coronazeiten #13 BGW-Podcast "Herzschlag - Für ein gesundes Berufsleben"
Wie hat sich der Alltag von Auszubildenden im Pflegeberuf während der Corona-Pandemie geändert? Darüber sprechen wir in dieser Podcast-Folge mit Fachleuten der BGW und mit den Azubis direkt.
Wir erfahren von ihnen, was sich geändert hat, welchen Herausforderungen sie begegnet sind und wie gut die Umstellung auf digitale Lernangebote geklappt hat.
Außerdem sprechen wir mit unseren BGW-Fachleuten darüber, wie sich die Wahrnehmung des Pflegeberufs, auch durch die Berichterstattung in den Medien, verändert hat.
Hier kommen Sie zum Transkript dieser Folge
Block 01: Begrüßung und Einleitung
Moderator: Der erste Lockdown dieses Jahr kam zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt für angehende Pflegekräfte. Die einen, waren mitten in den Prüfungsvorbereitungen, die Anderen in der Probezeit oder in den Startlöchern für ihre Ausbildung. Statt am 1. April, verzögerte sich der Ausbildungsstart, teilweise bis in den Juni hinein. Das war natürlich immer noch mitten in der Corona-Zeit. In dieser Folge wollen wir uns ansehen, wie die Azubis ihren Alltag während der Pandemie meistern, welchen Herausforderungen sie begegnen und auch, was sie Positives aus dieser Ausnahmesituation mitnehmen. Außerdem schauen wir auf die Schulen. Für sie kam die Umstellung auf digitale Lernangebote oft überraschend. Und wie meistern das eigentlich die Kliniken, die Azubis auch in der Praxis effektiv anzuleiten, bei dem ganzen Covid-19-Stress? Und natürlich steht die Frage im Raum: Wie wirkt sich Corona auf das eigene Berufsbild in der Pflege aus? All das bespreche ich heute mit den BGW Fachleuten Michaela Sorber und Björn Teigelake. Zuallererst kommen jetzt die Azubis selbst zu Wort.
(Podcast-Opener)
Block 02: Interview mit Azubis Bianca Ruhland, David Stenmanns, Lars Schlemper und Stefanie Kleine
Moderator: Bianca, David, Lars und Stefanie haben in diesem Jahr ihre Ausbildung zur Pflegefachfrau oder Pflegefachmann begonnen, natürlich haben sie sich das Lernen ein bisschen anders vorgestellt. Statt gemeinsam in der Klasse, lernen sie mehr oder weniger für sich zu Hause. Aber, so wie wir alle, passen sie sich den Umständen an. Manchen fällt es schwerer, manchen leichter in diesem Corona-Jahr. Bianca, David, Lars und Stefanie, was sind die größten Herausforderungen beim Homeschooling?
David Stenmanns: Also, dass man sich gegenseitig nicht die ganze Zeit beisammen hatte, dass man sich nicht gegenseitig mal helfen konnte, dass man darüber die ganze Zeit quatschen konnte, dass man,- generell die Gemeinschaft, dass man nicht mit dem Lehrer zusammen Sachen erarbeiten konnte, dass man teilweise ein bisschen allein war und aufgeschmissen war. Es hat weniger Spaß gemacht, dann einfach nur die Aufgaben zu kriegen und sie dann zu machen. Ich fand es immer viel schöner, in der Schule, wenn das Ganze anschaulich gemacht wurde mit- keine Ahnung, Puppen oder wie auch immer. Deshalb muss ich sagen, ich fand das Homeschooling auf jeden Fall wesentlich schlechter, als dann tatsächlich zur Schule zu gehen.
Stefanie Kleine: Also ich fand halt tatsächlich im Homeschooling, da wurde einem eigentlich sehr viel Selbstdisziplin abverlangt. Also gerade, weil unser Kurs dann auch kurz vor dem Examen stand. Also man ist ja eh schon in einer besonderen Situation und dann noch praktisch auf sich allein gestellt zu sein und zu gucken, wie organisiert man sich da selbst, das fand ich am prägnantesten eigentlich in der Zeit.
Lars Schlemper: Ich fand das Homeschooling gar nicht so schlimm, weil ich persönlich bin sehr der Fan von der Digitalisierung. Wir hatten viele Studenten, die uns unterrichtet haben, die hatten dann schon eher die Erfahrung, was sie jetzt machen sollen. Deswegen hatte ich da, in dem Sinne, auch gar keine Probleme.
Bianca Ruhland: Ich hatte jetzt nicht so lange Homeschooling, weil ich danach direkt in die Praxis gegangen bin, aber die drei Wochen würde ich jetzt sagen, dass ich eher nicht so viel gelernt habe, sondern mich mit anderen Dingen dann beschäftigt habe und versucht habe, das in der Klassengruppe irgendwie zu kommunizieren, dass es jemand uns noch einmal so erklären kann.
Moderator: Gibt es auch Vorteile? Also wem hat das Lernen Zuhause besser gefallen und warum?
David Stenmanns: Vorteilig war auf jeden Fall für die Leute, die weiter weg wohnten, dass sie sich den Weg zur Schule hin und zurück gespart haben. Vorteilig war für Leute, die so schneller die Sachen erarbeiten konnten, die dann zum Beispiel anstatt drei Stunden nur zwei gebraucht haben für irgendetwas.
Moderator: Wie war die gegenseitige Unterstützung während der Pandemie unter den Azubis?
David Stenmanns: Also ja es gab Zoom-Meetings, ab und zu, da wurden dann die Aufgaben zusammen besprochen, so wie man das dann auch im Unterricht machen würde. Dann konnte man sich quasi melden oder der Lehrer hat die Leute persönlich angesprochen.
Stefanie Kleine: Unser Kurs hatte ja eh schon auch eine Klassengruppe, sag ich jetzt mal. Und da standen wir eigentlich über WhatsApp im ständigen Austausch, haben da alle Fragen reingestellt und immer gegenseitig uns da praktisch unterstützt. Zudem hatte jeder dann ja noch Kontakt zum Beispiel mit Freundinnen aus dem Kurs. Da hat man dann über Facetime öfter sich praktisch abgefragt und halt über die Themen gesprochen.
Lars Schlemper: Bei mir in der Nähe wohnen auch zwei, drei aus der Klasse. Wir haben uns dann mal draußen im Freien getroffen und ausgetauscht.
David Stenmanns: Ja, ich denke, wir haben das auf die bestmögliche Art und Weise gemeistert, oder? Aber es kommt natürlich nicht an den natürlichen Unterricht heran.
Moderator: Habt ihr bestimmte Strategien entwickelt, um besonders gut durch diese Zeit zu kommen?
Bianca Ruhland: Ja ich habe gemerkt, dass wenn ich am PC geschrieben habe, weniger geschrieben habe, als wenn ich handschriftlich arbeiten würde. Weil ich einfach handschriftlich viel mehr herüberbringen kann oder eben mal etwas im Unterricht beitragen kann, anstatt das alles aufzuschreiben.
Moderator: Von der Schulbank in die Klinik - auch die Azubis im praktischen Ausbildungsabschnitt haben einige Herausforderungen zu meistern. Sie sind mit Sicherheit mehr gefordert als in Nicht-Krisen-Zeiten. Dafür lernen sie allerdings auch, innerhalb kürzester Zeit, sehr viel mehr. Fest steht: Das muss man sich erst einmal trauen in so einer Ausnahmesituation direkt mit anzupacken. Wie seht ihr das?
David Stenmanns: Also ich kann mir schon vorstellen, dass die Unsicherheit größer war als bei denen zuvor, weil wir ja vor unserem ersten Theorieeinsatz nicht einen Praxiseinsatz hatten und erst einmal so reinschnuppern konnten. Das heißt, wir haben ein bisschen theoretisch etwas gelernt und wurden dann direkt ins kalte Wasser geworfen bisschen. Aber ich denke, dass wir trotzdem ausreichend vorbereitet wurden für den ersten Praxiseinstieg dann. Und für mich war es eigentlich in Ordnung so wie es war.
Moderator: Würdet ihr sagen, dass die Angst oder Nervosität vor der nahenden Praxisphase größer war, als ihr das vielleicht von euren Vorgängern gehört habt?
Bianca Ruhland: Ja, da ich auch Prüfungswoche hatte, Prüfungsthemen, und ich dann eigentlich gehofft hatte, das was ich in der Schule gelernt habe, in der Praxis wiederfinden zu können. Das war jetzt aber nicht so der Fall. Das heißt, ich habe in der Praxis dann einfach versucht da noch einmal nebenbei zu lernen, um die Themen noch besser zu verstehen.
Moderator: Wie groß war die Angst, sich im Job anzustecken und wie sahen die Hygienevorschriften aus?
David Stenmanns: Die Angst hat schon irgendwie jeder. Weil jeder hat ja auch irgendwelche Leute, die er trifft oder im Bekanntenkreis oder in der Familie, die Risikopatienten sind und so war die Gefahr, also die Angst davor, auch schon vorhanden. Da waren auf jeden Fall Unsicherheiten, ja.
Stefanie Kleine: Man sieht das ja nicht, also es ist ja praktisch unsichtbar, deswegen kann man ja-, man sieht ja keinem an, hat der das vielleicht schon oder-. Deswegen hat man natürlich nochmal ein bisschen mehr darauf geachtet, dass man sich die Hände mehrmals desinfiziert, die Hände wäscht und vielleicht-. Also man war so, denke ich, so ein bisschen auch penibler in dieser ganzen Hygienesache.
Moderator: Musstet ihr Hilfstätigkeiten übernehmen, die eigentlich gar nicht vorgesehen waren?
Bianca Ruhland: Ich war tatsächlich auch auf der Corona-Station eingesetzt und da war wirklich ganz wenig Personal, weil es eben die Anfangszeit war. Und da hat man Essen mit reingebracht, auch abgeräumt, die ganzen Müllsäcke speziell verpackt, die versucht rauszubringen. Dann war einer immer Springer, der dann durchs Haus gelaufen ist, weil nicht alle mit dem gleichen Kasack da laufen durften.
Moderator: Wie habt ihr den Austausch mit Patienten und Besuchern empfunden? Also, dass weniger Besucher kommen durften, das hat bestimmt etwas Ruhe in den Alltag gebracht, aber auch mehr Fragen auf Seiten der Besucher aufgeworfen.
David Stenmanns: Also das hat Vorteile und Nachteile. Ich sag mal der Vorteil für uns Pflegende ist, es sind weniger Angehörige da, die einen zwischen der Arbeit die ganze Zeit Fragen stellen et cetera. Das heißt man hat ein bisschen mehr Zeit, aber es ist trotzdem dann auch irgendwie schade für die Patienten, die dann nicht ihre Angehörigen haben, die sie besuchen können. Die ihnen mentale Unterstützung geben, das heißt die Leute fühlen sich wie in so einer Art Knast, ja?
Stefanie Kleine: Man hat natürlich versucht, mehr im Zimmer zu sein, mit dem Patienten mehr Gespräche zu führen, so ein bisschen mehr noch für die Leute da zu sein oder auch so ein bisschen vielleicht die Angst zu nehmen, weil die dann, je nachdem, ja auch nicht wussten: Was ist jetzt eigentlich los?
Lars Schlemper: Aber es gab auch den ein oder anderen Patienten, der sich sehr gefreut hat, dass es mal keinen Besuch im Krankenhaus geben darf. Da sie ja auch sich mal erholen können. Weil die sagten, dann kommt Oma, Opa, die Frau kommt, die Kinder kommen. Dann sind die gerade weg, man kann sich zur Ruhe geben ins Bett und dann kommen aber vom Bettnachbar schon die Angehörigen. Also viele waren auch sehr zufrieden mal mit dieser Situation sagen zu können "Nein, kommt mal lieber nicht." und irgendwann dann halt "Ihr dürft nicht mehr kommen."
Moderator: Hat euch die Pandemie an eurer Berufswahl zweifeln lassen? Oder vielleicht sogar darin bestärkt?
Bianca Ruhland: Nein gar nicht. Mich hat das eher noch bestärkt, weil ich eben gesehen habe, dass ich viel näher an dem Menschen bin und denen auch noch einmal irgendwie Zuspruch geben können, dass alles wieder gut wird und wir das Beste daraus machen und wir jetzt alle eigentlich an einem Strang ziehen müssen. Das hat eigentlich nur noch einmal das gezeigt, dass ich das Richtige gewählt habe.
Lars Schlemper: Das hat halt wieder gezeigt, dass die Pflege schon für mich der Beruf ist, den ich machen möchte. Und die Pandemie zeigt, dass man an einem Strang ziehen muss in der Pflege und nicht gegeneinander arbeiten kann.
Stefanie Kleine: Dass man mal sieht, was Pflegekräfte eigentlich Tag für Tag leisten und welche Verantwortung da eigentlich hinter steht. Und welche, vielleicht auch psychische und physische, Belastung dieser Beruf mit sich bringt und dass da eigentlich weitaus mehr zugehört als nur Schutzhosen zu wechseln oder weiß ich nicht was.
Lars Schlemper: Also einer, der sich jetzt entscheiden sollte in der Pflege anzufangen, sollte definitiv keine Angst haben. Vor Corona hatten wir ja auch die ein oder andere infektiöse Krankheit und nur jetzt dadurch, dass wir einen neuen Virus haben, der aktuell noch sehr unerforscht ist, heißt es ja nicht, dass die Pflege ein sehr gefährlicher Beruf ist.
Moderator: Vielen Dank an alle Azubis, vielen Dank an Bianca, David, Lars und Stefanie. Schön, dass ihr uns eure Gedanken mitgeteilt habt.
Block 03: Interview mit Michaela Sorber und Björn Teigelake
Moderator: An dieser Stelle würde ich gerne das Wort an unsere Fachleute von der BGW übergeben, die das ganze Thema noch einmal aus einem anderen Blick bewerten können. Und ich freue mich sehr, dass Sie heute da sind, Frau Sorber.
Michaela Sorber: Hallo, ich freue mich auch.
Moderator: Mit dabei ist auch Herr Teigelake.
Björn Teigelake: Hallo, und guten Tag!
Moderator: Wir haben die Azubis eben gehört. Für die hat sich wirklich alles geändert. Wie sind Sie auf das Thema „Corona, Azubis und anderes Arbeiten“ gekommen? Wie sind Sie da aktiv geworden?
Michaela Sorber: Ja wir haben uns auch gefragt: Wie muss das jetzt eigentlich für die Pflegenden sein? Und vor allem: Wie muss das für Menschen sein, die gerade in den Beruf hineinkommen, die den Beruf erlernen? Und da wir ja aus unserer Perspektive das gar nicht so genau wissen können, haben wir gedacht: "Okay, wir möchten eigentlich gerne ins Gespräch kommen mit den Menschen, die es tatsächlich auch betrifft." Und haben dann verschiedene Gesprächsrunden mit Auszubildenden in der Pflege veranstaltet und einfach mal gehört, was sagen die uns denn dazu.
Björn Teigelake: Letztlich in den Medien wurde ja schon richtigerweise viel über die Belastung in dem Pflegeberuf, in der Pflege gesprochen. Uns ist aufgefallen, dass aber eben die Auszubildenden zu wenig zu Wort gekommen sind. Und das war uns wichtig an dieser Stelle einmal nachzufragen "Ja wie geht es euch denn jetzt gerade in der Ausbildung?"
Moderator: Sie haben die Medien angesprochen, da sah man viele Bilder mit Menschen in kompletten Schutzanzügen, ganze abgeriegelte Stationen. Man hat schon gesehen da herrscht Anspannung und auch ein ganz anderes Arbeiten als sonst. Also die eher angstbehaftete Berichterstattung der Medien hat wahrscheinlich jetzt nicht dazu beigetragen den Beruf in der Pflege attraktiv zu machen.
Michaela Sorber: Ja die Berichterstattung, die war tatsächlich teilweise sehr angsteinflößend und das haben auch die Auszubildenden in den Gesprächsrunden berichtet, dass das teilweise sehr einseitig war. Und sie selbst haben aber die Situation gar nicht immer unbedingt als angsteinflößend wahrgenommen, sondern eher gesehen "Ja das ist mein Beruf, für den habe ich mich entschieden, da habe ich auch Spaß dran in diesem Beruf zu arbeiten und ich habe auch vorher mit infektiösen Patienten gearbeitet. Wir waren auch vorher in Situationen, die krisenhaft waren." Und haben eigentlich auch so ein bisschen eine Balance in der Berichterstattung sich gewünscht. Das ist das eine, dass wir gerade in einer außergewöhnlichen Situation sind und auf der anderen Seite: Unser Beruf ist ganz häufig genauso, wie er jetzt auch ist und es sind ganz häufig auch Herausforderungen im Alltag.
Björn Teigelake: Ja es war tatsächlich so, dass die eher angstbehaftete Berichterstattung nicht unbedingt dazu beigetragen hat, den Beruf der Pflege attraktiver zu gestalten, aber die Menschen, die schon in der Ausbildung sind, die Auszubildenden die wir befragen konnten, die haben ihren Beruf schon noch einmal anders wert geschätzt, schon auch, wie man heute sagt, systemrelevant. Also die die drinnen waren, schon drin sind in der Ausbildung, da hat sich die Wertigkeit noch einmal erhöht. So würde ich es jetzt mal sagen.
Michaela Sorber: Stimmt, ich kann mich auch an eine Situation erinnern, da hat eine Auszubildende gesagt: "Eigentlich hat sich mein Berufswunsch jetzt noch verstärkt. Es ist noch viel offensichtlicher, wie wichtig unser Beruf ist und dass es auch genau die richtige Berufswahl ist, die ich getroffen habe“.
Moderator: Also die Wahrnehmung des Berufs hat sich aus ihrer Sicht auf jeden Fall in diesem Jahr verändert, aber eben nicht negativ, auch positiv. Jetzt packen erst recht noch einige dort an. Das Applaudieren vom Balkon, das kam bei den Pflegenden jetzt nicht so gut an. Können Sie noch einmal auf den Punkt bringen was sie sich stattdessen wünschen?
Björn Teigelake: Ich kann mich an eine Auszubildende erinnern, die das sehr deutlich gesagt hat, dass sie gesagt hat, das Klatschen hat sie in der Form als, schon auch eher zynisch, empfunden. Sie hat gesagt: "Die Menschen klatschen wahrscheinlich für sich selbst, um sich selber Mut zu machen durchzuhalten und nicht unbedingt für die Pflege." Was sie sich gewünscht hätte, wäre eine Form der Anerkennung. Zu wissen, dass sie da ist, ja? Die Pflege tut etwas Gutes. Aber auch innerhalb von Ausbildungseinrichtungen, Teil des Teams zu sein. Auszubildende haben beschrieben, sie sind sich ein bisschen verloren vorgekommen in der Situation, besonders in der praktischen Ausbildung wurde das deutlich.
Michaela Sorber: Ja, was viele Auszubildende auch beschrieben haben, ist, dass ja schon im Gespräch war, dass es Prämien für Pflegende geben soll, und sie haben sich selber da so wenig berücksichtigt gefunden. Also selber auch als Auszubildende in der Pflege gesehen zu werden, welchen Beitrag sie leisten. Und auf der anderen Seite haben sie aber auch noch einmal gesagt: Ja sie sehen ja die Personalnot in ihren Einrichtungen, sie sehen genau wie die examinierten Pflegenden arbeiten und auch schon vorher teilweise unter sehr schweren Bedingungen gearbeitet haben und fordern dann auch schon, fast stellvertretend für ihre Kolleginnen und Kollegen in den Einrichtungen, mehr Anerkennung, mehr Wertschätzung, was auch über eine Einmal-Prämie hinausgeht.
Moderator: Hat sich das Berufsfeld selbst denn auch im Zuge der Pandemie verändert? Gab es da Lerneffekte?
Björn Teigelake: Es gab eine Menge Lerneffekte. Voranstellen möchte ich aber erst einmal den Lerneffekt für uns. Wir haben hier am Anfang gedacht: "Oh Gott, die armen Auszubildenden, die haben jetzt Angst in so einer Pandemie-Situation zur Arbeit zu gehen." Und als wir mit den Auszubildenden gesprochen haben, war das Gegenteil der Fall. Es war für sie selbstverständlich zur Arbeit zu gehen, mit infektiösen Patienten zu arbeiten.
Michaela Sorber: Die Auszubildenden selbst die haben ja wirklich eher betont, dass sich der Beruf für sie, das Berufsbild, für sie nicht so sehr verändert hat, sondern eigentlich in dieser Krise noch viel deutlicher geworden ist, was auch den Beruf ausmacht. Was sie berichtet haben, ist, dass sie gerade auch in ihrem privaten Umfeld viel mehr Aufmerksamkeit in Bezug auf ihre beruflichkeit bekommen haben, auch so als Experten und Expertinnen angesehen wurden, um Rat gefragt wurden. Sie haben da so auch eine, sag ich jetzt mal, persönliche Wertschätzung vielleicht noch einmal mehr erfahren, als dass das vorher der Fall war. Lerneffekte? Ich glaube, neben allen Herausforderungen und auch negativen Auswirkungen, die diese gesamte Situation für die Auszubildenden hat, gab es auch viele Äußerungen dahingehend, dass man auch viel lernt. Gerade in so einer Krisenzeit, wo sich total viele Dinge ganz schnell verändern, wo viel Flexibilität gefragt ist, wo man schnelle Problemlösung betreiben muss, das ist natürlich eine ganz intensive Zeit, die das Lernen oder gerade in so einer Lernzeit, noch einmal ganz besonders macht. Und ich glaube, das bleibt auch für die Auszubildenden für ihr weiteres Berufsleben erhalten.
Björn Teigelake: Ganz spannend in dem Zusammenhang Lernen, aber auch Berufsbild, all diese Fragen zusammenfassend, ich fand das sehr, sehr spannend, die Äußerung nach dem Gefühl von Freiheit. Die Freiheit durch die Bescheinigung, zur Arbeit zu müssen, ja? Es gab ja eine drohende Ausgangssperre, aber auch die Auszubildenden in der Pflege hätten eine Bescheinigung bekommen, dass sie zu Arbeit gehen müssen/dürfen. Dies wurde als ein Gefühl der Freiheit wahrgenommen. Das wurde sehr positiv formuliert.
Moderator: Zum Schluss würde mich noch ein kleiner Blick in die Zukunft interessieren. Frau Sorber, Herr Teigelake was meinen Sie, wie sollte es in der schulischen Ausbildung weitergehen, damit die Schüler bestmöglich lernen können? Was ist in Sachen Digitalisierung zum Beispiel noch geplant?
Michaela Sorber: Den schulischen Ausbildungsteil, der wurde als besonders herausforderungsvoll beschrieben, ganz im Gegensatz zu unserer initialen Erwartung. Also gerade das Lernen im Homeschooling über die digitalen Methoden, das wurde als herausfordernd beschrieben und dass es da einfach auch noch viel Entwicklungspotenzial gibt. Das geht von der technischen Ausstattung natürlich bis hin zu den Unterrichtskonzepten, die auch nicht in der Kürze der Zeit so adaptiert werden konnten. Und gerade der Bereich Digitalisierung, das war vorher immer schon auch ein Thema, aber jetzt hat es eine besondere Präsenz und Dringlichkeit bekommen. Und ich denke, da gibt es viel Entwicklungspotenzial, vorher praktisch üben zu können und da spielen Simulationszentren eine große Rolle, aber vielleicht auch Möglichkeiten wie VR-Anwendungen. Gerade sind wir in der Projektförderung zu einem digitalen Praxisanleiter, der einfach schon einmal vorbereitend auch in solchen Zeiten sicherlich eine Hilfe sein kann.
Moderator: Gibt es da auch Verbesserungsbedarf? Zum Beispiel bei der Kommunikation? Wo können da Ihrer Meinung nach Einrichtungen im Gesundheitsdienst ansetzen?
Björn Teigelake: Ich denke, Kommunikation kann immer optimiert oder verbessert werden. Wichtig ist, wie schon angesprochen, gerade im Bereich der schulischen Ausbildung jetzt nicht darauf zu warten, dass das alles vorbei geht und wieder so sein wird wie früher. Ich denke auch nach dem Corona-Pandemie-Geschehen werden digitale Lernformen, digitale Lernplattformen weiter erhalten bleiben. Da ist meine Empfehlung/Anregung schon jetzt auch mit diesen Methoden zu üben, sie anzuwenden. Anzuwenden für den Fall erneuter Schulschließung, aber auch als Vorbereitung für zukünftige Weiterbildungen in dem Beruf der Pflege. Denn auch die werden zukünftig auch in digitaler Form angeboten werden. Also hier ist einfach ein breites Übungsfeld und ich kann nur empfehlen dieses Übungsfeld zu nutzen.
Moderator: Was kann man noch tun, um die Unsicherheiten der Auszubildenden abzufangen?
Björn Teigelake: Ich denke, es geht um die enge Begleitung durch die Pflegepädagogen/Pflegepädagoginnen am Ausbildungsanfang. Zu Beginn sind die Auszubildenden sehr unsicher. Wissen sie genug? haben sie genug Fachwissen, um den Patienten zu versorgen? Am Ende der Ausbildung steht die Sorge: Habe ich genügend Wissen, um mein Examen zu bestehen? Aber auch die Begleitung in der Art des Lernens, alleine Zuhause zu sein, sich zu organisieren. Das gesamte Lernen verändert sich. Und hier zusammengefasst ist die Betreuung durch die Lehrenden sehr wesentlich.
Michaela Sorber: Neben der guten und engen Begleitung durch die Pädagogen in den Pflegeschulen ist es auch wichtig, dass es in der Praxis eine gute Begleitung gibt, dass man gut im Gespräch miteinander ist. Die Auszubildenden haben sich auch gewünscht, dass vielleicht einzelne Unterrichtseinheiten durch Hygienefachkräfte durchgeführt werden können. Um dort das korrekte Wissen und die praktischen Fertigkeiten im Bereich Hygiene- und Infektionsschutz sich aneignen zu können.
Block 04: Verabschiedung
Moderator: Wenn uns Covid-19 eins gelehrt hat, dann, dass es immer auch anders geht. Vielleicht läuft die Ausbildung zur Pflegefachfrau oder Pflegefachmann im Moment etwas ungewohnt ab; digitaler, mit mehr Homeschooling und eindeutig mit mehr Hygienemaßnahmen als sonst. Und eins hat die Corona-Pandemie auch bewirkt: Die Bedeutsamkeit des Pflegeberufs ist wieder mehr in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Wir haben heute darüber gesprochen. Wenn Sie das genau so sehen oder vielleicht auch völlig anders dann freuen wir uns über Ihr Feedback zur heutigen Folge. Schreiben Sie uns gerne über diese Website: www.bgw-online.de/podcast. Wir sind gespannt was Sie für Erfahrungen gesammelt haben. Bis zum nächsten Mal. Bleiben Sie gesund.
(Outro - Herzschlag, für ein gesundes Berufsleben. Der BGW-Podcast)
Die Interviewgäste
Michaela Sorber
Pflegewissenschaftlerin, Pflegepädagogin und Krankenpflegerin - BGW
Björn Teigelake
Referent für Gesundheitspädagogik, Kinderkrankenpfleger, Pflege und Gesundheit (B.Sc.), Erwachsenenbildung (M.A.) - BGW
Auszubildende:
David Stenmanns
Stefanie Kleine
Bianca Ruhland
Lars Schlemper
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