BGW test: Halten Kühlwesten die versprochene Kälte?
Pressemitteilung
05.05.2025
Tage mit Temperaturen über 30 °C sind infolge des Klimawandels keine Seltenheit mehr. Was hilft Beschäftigten in Gesundheitseinrichtungen, mit der Hitze besser umzugehen? Abkühlung versprechen Kühlwesten. Doch wie praxistauglich sind solche Westen? Das hat die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) für den Pflegebereich getestet.

Kühlwesten könnten eine mögliche Übergangslösung vor größeren Investitionen zum Beispiel in die Gebäudeinfrastruktur sein oder zum Einsatz kommen, um Hitzepeaks abzumildern. Allerdings wurden die meisten Modelle nicht für Gesundheitseinrichtungen entwickelt. Sie stammen aus anderen Einsatzbereichen wie Industrie, Baugewerbe oder Sport und Freizeit. Ob sie sich trotzdem eignen, hat BGW test untersucht.
Was wurde getestet?
Nur Produkte, die Beschäftigte gern nutzen, können auch wirklich helfen. Damit Kühlwesten eine spürbare Entlastung bieten, müssen sie den Arbeitsalltag erleichtern und sich reibungslos in bestehende Abläufe integrieren lassen. Insgesamt wurden 10 unterschiedliche Modelle getestet, die Auswahl ist Ergebnis einer Marktanalyse.
Die erhältlichen Westen basieren auf unterschiedlichen Kühlprinzipien. Für den Einsatz in Gesundheitseinrichtungen kommen PCM- sowie Verdunstungskühlwesten infrage. PCM-Kühlelemente (PCM = Phase Change Material) werden zum Beispiel im Kühlschrank oder im Gefrierschrank aktiviert. Sie speichern die Kälte und erstarren. Andere Westen nutzen Verdunstungskühlung: Zur Aktivierung werden sie in Wasser getaucht, das später durch die Umgebungstemperatur und die Körperwärme verdunstet.
Folgende Aspekte wurden getestet:
- Schadstoffe
- Kühlleistung im Labortest
- Hautfreundlichkeit
- Praxistauglichkeit im Pflegealltag
- Haltbarkeit/Materialbeständigkeit und Reinigung
Im Auftrag der BGW haben mehrere unabhängige Institute die Kühlwesten geprüft. Neben wissenschaftlichen Labortests bewerteten Pflegekräfte und Fachpersonen aus dem Gesundheitswesen die Handhabung und den Tragekomfort. Im Fokus stand, wie einfach und zufriedenstellend die Kühlwesten angewendet werden können und wie gut sie sich in den Pflegealltag integrieren lassen.
Die Testergebnisse
Insgesamt schneiden die Kühlwesten mit Testergebnissen zwischen 2,0 und 3,4 alle gut bis befriedigend ab. Bei den einzelnen Bewertungskriterien gibt es zum Teil große Unterschiede. Zum Beispiel variiert die maximale Kühlleistung um bis zu 300 Prozent. Manche Westen sind für einige Menschen zu kalt. Die Aktivierungszeit der Kühlwesten liegt zwischen wenigen Sekunden bis über 15 Minuten – vorausgesetzt die PCM-Elemente liegen gekühlt bereit. Dass die Kühlwesten nicht für Gesundheitseinrichtungen konzipiert sind, zeigte sich vor allem bei der Reinigung: 9 von 10 Kühlwesten sind ungeeignet für die Reinigung nach Krankenhausstandard.
Aus hygienischer Sicht bietet das Tragen unter der Arbeitskleidung Vorteile – und kann den Kühleffekt verstärken. Der Tragekomfort von Verdunstungswesten war tendenziell höher als der von PCM-Westen, deren Kühlelemente teilweise die Bewegungsfreiheit einschränkten. Zu achten ist auf mögliche Hautirritationen, zum Beispiel bei Verdunstungswesten mit Restfeuchte oder bei nicht atmungsaktiven Kühlwesten. Bei Modellen mit schlecht verarbeiteten Klettverschlüssen oder unflexiblen Kühlelementen kann Hautbelastung durch Reibung auftreten. Deshalb sollten Beschäftigte ein atmungsaktives T-Shirt unter den Westen tragen.
Eher nichts für ambulante Pflegedienste
Weder die PCM- noch die Verdunstungskühlwesten eignen sich gut für den ambulanten Pflegedienst. Ein Grund ist der Platzbedarf: Starten ambulante Pflegekräfte von zu Hause und fahren zwischendurch keine Sammelstelle an, muss alles, was zum Aktivieren der Kühlwesten nötig ist, im Auto Platz finden.
Die PCM-Kühlwesten sind zum Teil zu bewegungseinschränkend. Außerdem kann die Kühlleistung nicht über eine gesamte Arbeitsschicht aufrechterhalten werden. Die Kühlelemente müssten während einer Schicht getauscht werden. Verdunstungswesten lassen sich zwar unter fließendem Wasser aktivieren, können aber die Arbeitskleidung durchnässen. Dies passiert leicht bei der Autofahrt.
Fazit: Geeignet, aber nicht für alle
Kühlwesten können kurzfristig für Abkühlung sorgen und eignen sich unter Beachtung der Hygiene auch für den Einsatz im Gesundheitswesen. Der Kühleffekt ist allerdings sehr unterschiedlich. Und sie sind nicht für alle Beschäftigten eine optimale Lösung, wie auch die Rückmeldungen von Pflegekräften im Test zeigten. Mitarbeitende sollten daher unbedingt in den Auswahlprozess einbezogen werden.
Vor der Beschaffung ist zudem die Infrastruktur zu prüfen. PCM-Kühlwesten erfordern beispielsweise eine ausreichende Anzahl an Kühlschränken. Verdunstungswesten hingegen benötigen Platz zum Aufhängen und Trocknen sowie Wasserwannen für die Aktivierung.
Über BGW test
Mit BGW test prüft die BGW Produkte nach Präventionsaspekten, um Unternehmen wichtige Hinweise für die Entscheidung zur Beschaffung zu geben. Produkte sollen die Arbeit in Gesundheitseinrichtungen möglichst gut unterstützen, die Beschäftigten schützen und nicht zusätzlich behindern.
Die vollständigen Ergebnisse des aktuellen Tests und aller weiteren Produkttests stehen online zum Download bereit unter www.bgw-online.de/test.
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Die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) ist die gesetzliche Unfallversicherung für nicht staatliche Einrichtungen im Gesundheitsdienst und in der Wohlfahrtspflege. Sie ist für rund 9,5 Millionen Versicherte in über 663.000 Unternehmen zuständig. Die BGW unterstützt ihre Mitgliedsbetriebe beim Arbeitsschutz und beim betrieblichen Gesundheitsschutz. Nach einem Arbeitsunfall oder Wegeunfall sowie bei einer Berufskrankheit gewährleistet sie optimale medizinische Behandlung sowie angemessene Entschädigung und sorgt dafür, dass ihre Versicherten wieder am beruflichen und gesellschaftlichen Leben teilhaben können.
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