Worte, die wirken: Kommunikation in der Kita – Tipps für mehr Harmonie im Dialog #104 BGW-Podcast "Herzschlag - Für ein gesundes Berufsleben"
Immer wenn es um Kinder geht, ist besondere Achtsamkeit geboten. Und natürlich gilt das auch in der Kommunikation. Gerade hier gibt es einige Aspekte zu beachten. Ein Ort, an dem das also besonders gilt, ist die Kita. Hier prallen gleich drei Kommunikationsebenen aufeinander.
Neben der Kommunikation im Team und mit den Kindern gilt es für Pädagoginnen und Pädagogen auch den Umgang mit den Eltern zu meistern. Dass das oftmals zu Herausforderungen führen kann, ist unvermeidbar. Oder etwa doch nicht?
Wie kann ich Fehler bei der Kommunikation in Kitas vermeiden? Welche Auswirkungen kann eine unklare Kommunikation im Team haben? Und wie gehe ich mit „schwierigen“ Eltern um? Darüber spricht Moderator Ralf Podszus gemeinsam mit Diplom-Sozialpädagogin Eva-Maria Landeck.
Hier kommen Sie zum Transkript dieser Folge
Moderator:
Wie hat Forrest Gump so schön gesagt: „Das Leben ist wie eine Schachtel Pralinen, man weiß nie was man bekommt.“
Ähnlich ist es auch in Kindertagesstätten, denn die sind manchmal richtige Überraschungstüten voller Abenteuer, Emotionen und auch Konflikten.
Heute öffnen wir diese Tüte hier und schauen uns mal genau an, was da drin steckt im Spannungsfeld Kita. Zwischen Lachen, Lernen und Toben finden wir eine Welt voller Herausforderungen und Möglichkeiten.
Von Diplom Sozialpädagogin Eva-Maria Landeck hört ihr in dieser Episode all das, was die Arbeit in der Kita so ausmacht.
Ich bin Ralf Podszus und ich freue mich, dass ihr dabei seid.
Jingle:
Herzschlag! Für ein gesundes Berufsleben, der BGW-Podcast.
Moderator:
Bei mir ist Eva-Maria Landeck. Eva schön, dass du da bist, hi.
Eva-Maria Landeck:
Ja, hallo. Ich freu mich auch, vor allem gerade bei diesem sehr spannenden Thema dabei sein zu können.
Moderator:
Heute geht es um Kitas und die Herausforderungen, die der Alltag dort für Erzieherinnen und Erzieher bereithält.
Speziell wollen wir beide uns mal die Psychologie der Kommunikation und das menschliche Verhalten anschauen und darüber sprechen. Erzähl doch mal, was genau macht dich zur Expertin auf diesem Gebiet?
Eva-Maria Landeck:
Ja, also ich bin seit 25 Jahren tatsächlich schon in der Fachberatung selbstständig tätig. ich kann es gerade selber kaum glauben. Das heißt seit 25 Jahren begleite ich ganz intensiv die Kitas mit Coaching, Supervision, pädagogischen Tagen und Fortbildungen.
Und da ist Thema Kommunikation natürlich ein ganz wichtiges Thema. Letztendlich ist Kommunikation der Dreh- und Angelpunkt. Das Medium schlecht hin. Aber ist es auch das Schwierigste?
Und deswegen ist es immer gut, wenn man da Begleitung kriegt als Kita und als Team oder auch als Einzelner. Ich war natürlich selber auch in Kitas tätig bevor ich Fachberatung wurde.
Moderator:
Ich wollte gerade sagen, du warst ja früher als Kind auch selbst in der Kita.
Eva-Maria Landeck:
Tatsächlich das auch. Aber nach dem Studium, bis ich meine Kinder gekriegt habe, war ich auch eines Ortswechsel zufolge in verschiedenen Einrichtungen und kenne den Alltag ziemlich gut von ihnen. Was auch immer wieder gut ist in der Beratung und in der Begleitung von Kitas.
Moderator:
Du hast gesagt, du machst das schon 25 Jahre. Das heißt wir spulen mal zurück in dein erstes Jahr. Die, die du damals betreut hast und die ihre Kinder in die Kindertagesstätten da jeden Tag gebracht haben. Die Kinder sind jetzt mittlerweile schon erwachsen und könnten sogar schon selbst Kinder haben, die demnächst in die Kita gehen.
Eva-Maria Landeck:
Ja, vor allem mein erstes Kita Jahr. Also wo ich wirklich als erstes in der Kita war, da habe ich echt mal mit Schrecken nachgedacht. Da habe ich gesagt: „Oh, die sind inzwischen schon selber Eltern und haben ihre Kindergartenkinder da und so weiter.“ Das fand ich dann schon auch sehr spannend zu sehen.
Moderator:
Wir sind ja noch nicht bei den Enkeln angelangt. Also so alt sind wir jetzt auch noch nicht.
Eva-Maria Landeck:
Naja, meine erste Enkelin ist im Kindergarten.
Moderator:
Ich wollte es jetzt charmanter machen, Eva.
Nach einem langen Arbeitstag mit viel Kinderlärm, da gibt es schon mal Kopfschmerzen und genau dann kommen auch noch die Eltern mit einer Beschwerde auf einen zu. Das sind jetzt natürlich die Eltern, die sowieso schon immer schwierig sind.
Was mache ich als Erzieherin oder als Erzieher jetzt am besten? Also die Konfrontation erstmal so beiseiteschieben, aus dem Weg gehen, weil ich emotional sowieso schon angespannt bin, hochgefahren bin oder versuchen, mit den Eltern offen zu reden. Was ist dein Tipp?
Eva-Maria Landeck:
Also mein Tipp ist zu gucken, wie geht es mir eigentlich heute, was kann ich leisten? Um dann auch zu gucken, was mache ich jetzt mit den Eltern.
Zu sagen spannendes Thema, aber leider geht es heute nicht, wir machen einen Termin aus. Auch die, ich sag mal Beschwerde der Eltern eher als Rückmeldungen, als ein Feedback zu nehmen.
Das ändert meinen Blickwinkel und hilft mir auch das bisschen nicht ganz so an mich ranzulassen. Auf der einen Seite als Beschwerde, sondern, aha, da steht irgendwas und wir sollten uns darüber unterhalten.
Aber es muss nicht genau jetzt sein vielleicht nach einem anstrengenden Tag. Mir geht es vielleicht nicht so gut. Sondern dann zu gucken, wann können wir das machen, damit wir in Ruhe drüber sprechen können und ich mich nicht überrumpeln lassen muss mit irgendeinem Thema. Weil das geht dann ganz schnell und das bringt mich ganz schön in Wallung.
Wir haben ja hier ein Herzthema und das bringt die Herzfrequenz ziemlich hoch und ist alles andere als gesund. Sondern eher bei den vier Ohren von Schulz von Thun mal auf die Information achten und nur die Information. Das hilft mir dann schon sehr, dem Ganzen etwas gelassener und damit auch offen und ehrlich umgehen zu können. Denn das ist immer wichtig, egal mit wem ich kommuniziere.
Moderator:
Nun das ist eben auch der wichtigste Tipp. Einfach nicht jetzt alles gleich immer machen. Das fällt vielen wahrscheinlich auch gar nicht so einfach, wenn man jetzt natürlich damit konfrontiert wird. Wenn da gerade die Beschwerde kommt, dass man einfach sagt: „Jetzt nicht.“ Aber das dann lieb ausdrücken, so dass man von dem Aktuellen loslassen kann.
Eva-Maria Landeck:
Unbedingt, das ist meine Erfahrung in all den Jahren und ich hab natürlich auch anders angefangen und gestartet. Aber immer auch mal ausatmen, ganz in Ruhe und dann so gucken, was ist jetzt?
Moderator:
Ihr merkt schon, es gibt hier Wissen to go zum Mitnehmen aus dieser Podcast-Folge. Also alles. Vor allem die Erzieherinnen und Erzieher, die können hier einiges mitnehmen zu den Kindertagesstätten mit Fragen und Antworten. Deswegen machen wir gleich weiter, Eva.
Die Inklusion von Kindern mit Behinderung. Es ist enorm wichtig. Stellt Erzieherinnen und Erzieher jedoch teilweise auch vor Herausforderungen. Was sollten jetzt Erzieherinnen oder Erzieher hier beachten, auch im Umgang mit den anderen Kindern?
Eva-Maria Landeck:
Also Inklusion ist ja erst mal gar nicht nur auf Kinder mit besonderem Förderbedarf zu sehen. Ich glaube, das ist schon mal ein wichtiger Blickwinkel. Sondern Inklusion heißt, alle in der Kita, alle Kinder, alle Fachkräfte, alle Eltern. Sie so anzunehmen erstmal wie sie da sind und jeder von uns möchte das auch gerne.
Virginia Satir hat das mal super gesagt: „Das größte Geschenk, was ich empfangen kann ist gesehen, gehört, verstanden und berührt zu werden.“ Ich glaube, das habe ich in all meiner Arbeit mit den Kindern und den Fachkräften und so weiter gemerkt. Das ist tatsächlich das Wichtigste. Ich werde gehört, ich werde gesehen und die sieht, was ich tue. Das ist völlig egal, ob das ein Kind mit oder ohne Behinderung ist.
Es ist eher nicht leicht stressen lassen von dem: „Oh, das Kind ist behindert, oh was müssen wir jetzt machen?“ Sondern nein, das ist ein Kind wie alle anderen. Es ist ein Individuum wie jedes was wir hier im ganzen Tag haben. Wir gucken mal, wo sind denn die Stärken von dem Kind, wo braucht es Unterstützung und wo können wir mit seinen Stärken seine Defizite minimieren? Das gilt für alle.
Wenn wir wollen, haben wir alle unsere leichten oder größeren Behinderungen im Alltag. Natürlich empfindet das der ein oder die andere als herausfordernd. Da ist auch gut zu gucken, was fordert mich heraus? Das hat wahrscheinlich auch nichts mit der Behinderung oder dem besonderen Förderbedarf zu tun. Sondern, das hat was mit mir ganz persönlich und mit meiner eigenen Bildungsbiografie zu tun. Das ist auch wichtig. Hinzugucken, was sind meine Werte, meine Normen und warum tangiert mich das jetzt gerade und vielleicht ein Kollege und Kollege gar nicht?
Das ist auch das, was ich immer sage. Gucken sie im Team, wer sich von welchem Kind, wie herausgefordert fühlt und wer länger mit diesem Kind kann, weil es gar nicht herausfordernd für diese Person ist. Und da im Team zu gucken, wer geht jetzt ran und wer geht mal in die Pause.
Moderator:
Was man wahrscheinlich niemals als Erzieherin oder Erzieher machen darf, ist auch die bestimmte Mimik. Offenbaren, wenn man jetzt über irgendwas genervt ist oder entsetzt ist oder so. Ich hab auch mal ein Kind abgesetzt bei der Kindertagesstätte, das zuvor krasses Nasenbluten gehabt hat. Das hat auch den Arbeitstag über den Morgen ziemlich durcheinander gewirbelt. Und dann siehst du aber bei der Erzieherin das Seufzen schon am Gesichtsausdruck, die dir das Kind entgegennimmt mit dem Hinweis: „Oh, mein Kind hat heute Morgen krasses Nasenbluten“. So gehst du dann als Vater auch weg in dem Moment. Du gibst das Kind gerade auch schweren Herzens ab. Das Leben muss aber irgendwie weitergehen. Dann siehst du jetzt bei der Betreuerin ein Seufzen, denn sie sind nur zu zweit in dem Raum, wo sich sonst vier um die Kinder kümmern. Wie schwer ist das schon die Mimik zu haushalten und seine Gefühle nicht so zu offenbaren.
Eva-Maria Landeck:
Also das ist ein sehr spannendes Thema. Schon allein weil wir wissen Kommunikation ist ja unser Überthema. Das ist nicht nur die gesprochene Sprache, ganz im Gegenteil. Die macht nur ein ganz kleinen Teil aus. Sondern Augen rollen, Augenbrauen hochziehen. Alles. Natürlich hab ich mich da auch nicht immer im Griff.
Aber es macht was mit meinem Gegenüber und da muss ich dann einfach gut gucken, wenn ich das dann selbst merke. Oh, Augenbrauen wieder hochgezogen oder genervt geguckt, dann auch noch mal was dazu zu sagen: „Sorry, das war jetzt natürlich eine erste Reaktion, weil wir sind heute echt unterbesetzt und wir gucken natürlich trotzdem und ihr könnt da nichts für und so weiter.“ Also so ein bisschen auch versuchen das einzuordnen.
Wir sind so wie wir sind in diesem Beruf der Pädagogen gerade. Wir sind den ganzen Tag mit unserer kompletten Persönlichkeit da. Das ist anders als woanders, wo ich einen PC habe. Dem ist es wurscht, wie es mir geht. Das ist dem total egal. Aber wir sind den ganzen Tag mit den Menschen, den jungen Menschen zusammen. Wir sind den ganzen Tag da und das ist einfach auch noch mal eine Herausforderung, die einfach auch anstrengend ist. Deswegen können wir uns auch gar nicht immer, ich sag mal, in Anführungszeichen im Griff haben. Aber es ist unser Job, es zu merken und dann noch mal zu reagieren.
Moderator:
Es gibt auch immer häufiger Sprachbarrieren. Wie passe ich als Erzieherin oder Erzieher die Kommunikation mit den Kindern und auch mit den Eltern an?
Eva-Maria Landeck:
Ja, die Sprachbarrieren werden immer größer auch durch viele vielfältige Sprachen. Wie schon gesagt, es ist ja nicht nur die gesprochene Sprache und die Reggianer sprechen, also ist Malaguzzi von den 100 Sprachen der Kinder, und da können wir auch noch viel lernen. Wir machen so viel über andere Sprachen, das heißt aber auch, über diese Wege können wir jemand anderem auch was mitteilen. Wo wir merken, hier fängt die gesprochene Sprache oder die Barriere an, und die gesprochene Sprache hört hier auf.
Also wer in der Krippe arbeitet weiß, wir reden hier von ganz jungen Menschen die können zum Teil noch gar nicht sprechen oder sind gerade im Begriff die ersten Worte zu lernen. Also da muss ich auf die Feinzeichen achten, wie man das so schön bei den Pädagogen sagt und das ist mein Job auch mit Erwachsenen. Vielleicht mit der Mutter, die oder dem Vater, die aus dem Land kommen, wo keiner aus dem Team die Sprache kann, weil das ist ja auch immer noch ein gutes Teil. Wer aus dem Team kann vielleicht eine Sprache oder haben wir einen Dolmetscher aber auch manchmal gibt es nicht mal das. Aber wir wollen mit diesen Menschen, mit diesen Kindern und mit den Eltern ins Gespräch kommen. Bildgestützte Kommunikation, weil Kommunikation ist so wichtig damit wir keine Missverständnisse erst mal aufkommen lassen, geschweige denn sie noch führen, weil das erhöht eindeutig das Stresspotenzial. Das mal zu Sprachbarrieren und vielleicht Piktogramme und das machen ja auch so viele, nur haben wir manchmal nicht so die Zeit. Das ist das Problem.
Moderator:
Wie in jedem Team kommt es unter Erzieherinnen und Erziehern selbst ab und zu mal zu Konflikten, beispielsweise durch den Generationenunterschied. Wenn frisch ausgelernte Kräfte mit neuen pädagogischen Ansätzen auf jahrzehntelange Erfahrung treffen. Ja, dann kann es Konflikte geben. Wessen Ansatz ist richtig? Jung gegen Alt? Wie kann man eine solche Frage konstruktiv miteinander diskutieren, weil da prasseln ja teilweise Welten aufeinander.
Eva-Maria Landeck:
Oh ja. Alles schon auch erlebt. Es ist gar nicht immer nur Jung und Alt. Aber auch zu sagen, es gibt ja nicht richtig und falsch, und da fängt es schon an.
Moderator:
Wir wissen mittlerweile an den Ohren ziehen ist nicht richtig.
Eva-Maria Landeck:
Ja, das ist klar. Trotzdem gibt es Nuancen. Also ich vergesse auch nie meine erste…
Moderator:
(unterbricht) Nie das Ohrläppchen.
Eva-Maria Landeck:
Ah nein, nein, oh Mann, jetzt ist es aber haarklein (lachend). Nein. Wir haben Schutzkonzepte. Das ist schon gar nicht mehr drin. Also das hat dann nicht nur was mit Pädagogen zu tun. Wir haben Schutzkonzepte. Wir haben bestimmte Dinge, die absolut nicht gehen. Es gibt keinen Klaps. Das ist gar keine Frage. Da brauchen wir überhaupt nicht zu diskutieren drüber.
Deswegen habe ich das gar nicht so ins Feld mehr geführt. Solche ganz kleinen Teile. Aber es ist natürlich auch die Sache, schreie ich quer durch den Raum oder sage: Du musst deinen Teller leer essen.“ Da bin ich auch schon wieder in einem Bereich, wo man sagen würde, die Pädagogik machen wir nicht mehr. Trotzdem muss ich erstmal darüber ins Gespräch kommen. Was leitet dich? Was leitet mich? Das geht nur, wenn ich auch das Gefühl hab, ich kann das hier sagen.
Wenn das nicht so ist, dann muss ich tatsächlich auch gucken, wie kommen wir als Team zusammen? Brauchen wir jemanden, der extern einfach kommt und uns da begleitet? Ich finde immer sehr wichtig, dass man definiert, um was es geht. Dass man klar sagt, was genau meine ich damit, und das habe ich schon in meinem ersten Jahr gelernt.
Ich hatte zwei Kolleginnen gleich alt, ungefähr. Die waren ein Herz und eine Seele, weil sie den situationsorientierten Ansatz machen. Bis zu dem Tag, wo sie sich darüber unterhalten haben, was wir über den situativen Ansatz denken. Das war dann so, die eine hat dann darunter verstanden, wir lassen die alles machen, wie sie wollen. Also lässig, fair. Die andere hat gesagt, ja, wir schauen, was ist bei den Kindern heute gerade Thema und dann machen wir Angebote dazu, was für die andere gar nicht ging. Das war immer jeden Tag neu gucken und dann machen wir halt mal.
Nachdem sie sich das vor Augen geführt hat, da waren die so entsetzt, sag ich jetzt mal in Anführungszeichen voneinander, dass die echt tagelang nicht mehr miteinander gesprochen haben. Das mussten die erst mal verdauen und dann so zu gucken, wie kann man denn jetzt zu sagen: „Ok, du, das ist deine Sicht, das ist meine Sicht, wir reden ja eigentlich von derselben Pädagogik. Was ist denn jetzt für uns das Tragende und für unsere Kinder, die wir hier im Haus betreuen?“ Das ist nach wie vor wichtig als Ansatz. Ich muss gucken, was verstehen wir jeweils voneinander und wie kommen wir da zusammen auf einen Nenner, weil wir ja zusammen ein Haus führen und leiten und begleiten.
Moderator:
Welche sonstigen Strategien gibt es, die dabei helfen können, die Zusammenarbeit zwischen den Eltern und Erzieherinnen und Erziehern zu verbessern?
Eva-Maria Landeck:
Also die Zusammenarbeit von Eltern und Erziehern muss immer getragen werden von dem Austausch. Wir sind als Kita Eltern ergänzend, das heißt ohne Eltern geht es gar nicht und es geht nur über Kommunikation und über den Austausch. Was nicht heißt, ich hatte auch durchaus Eltern und ein Vater, der sagt: „Sie dürfen meinem Kind ruhig mal eins um die Ohren geben.“ Ich sage: „Nein, geht ganz klar nicht.“ Da hört das einfach auf. Das ist dann auch nicht mehr Austausch, sondern das ist dann ganz klar: Hier sind die Grenzen und da muss ich Grenzen ziehen.
Aber das andere ist, letztendlich wollen Eltern immer das Beste für ihr Kind. Das Problem ist ein bisschen, dass wir das oft ein bisschen anders sehen, einen anderen Blickwinkel haben und deren Umsetzung nicht immer ganz so zielführend finden. Das macht es noch mal wichtiger zu gucken, warum wollt ihr das so oder warum macht ihr das so und warum machen wir das so und wie können wir das machen, dass es für das Kind das Beste ist. Dass das auch nicht so zwischen zwei Stühlen sitzt oder sich so gespalten fühlt, weil das eine da so ist und das andere so. Anfangen tut es erstmal mit Respekt füreinander und gemeinsam an Lösungen zu suchen, würde ich da so mal raten.
Moderator:
Torben Leonard Jonte, der trinkt morgens aber schon immer seine Cola, das darf er jetzt auch hier. Da muss man dann deutlich sagen: „Nein.“
Eva-Maria Landeck:
Genau.
Moderator:
Es gibt eine Hausordnung.
Eva-Maria Landeck:
So sieht es aus. Das ist ja auch durchaus, also nicht nur die Cola. Sondern das Fernsehen und das Tablet, also Handy inzwischen. Das ist schon interessant und da muss man auch ganz klar sagen, hier im Haus haben wir die und das, bei ihnen mag das anders sein. Sie müssen das trotzdem vielleicht noch mal, könnten ja auch noch mal gucken oder überdenken, an welcher Stelle das hilfreich ist oder auch nicht so hilfreich.
Oder, ja. Wo es einfach auch wichtig ist, dass das Kind gucken kann, es kriegt nicht immer nur seinen Willen oder das ist vermeintlich die schnellere und einfachere Lösung. Das kann langfristig eher ein Desaster werden. Seit dem ich im Kindergarten bin, sind die Themen die gleichen, es sind nur etwas andere Ausprägungen. Also Tablets gab es halt damals noch nicht, aber irgendwas war halt immer wo auch schon so war.
Diese Themen werden als Spannungsfeld immer bleiben. Auch in der Schule später. Deswegen sind die Eltern ja immer so eine spezielle Spezies. Auf der einen Seite, aber ja, wir wollen ja auch zusammen mit denen arbeiten und deswegen gut in Kontakt bleiben.
Moderator:
Noch mal ein ganz kurzer Einstand, weil du gerade gesagt hast: „Es gibt dann ein Desaster.“ Ich bin da vielleicht auch nicht mehr so ganz drinnen, aber was ist denn, wenn man sein Kind regelmäßig immer vor Peppa Wutz, Bob der Baumeister und Hurra Kinderlieder packt vor dem Display?
Eva-Maria Landeck:
Ich kriege ja als Kind, wenn ich es vors Display, Fernsehen oder sonst was, es immer nur zweidimensional. Da ist nur Bildschirm und das ist nicht mehr dieses eigene Erleben. Ich hab überhaupt kein Erleben und ich muss auch als Kind lernen oder Möglichkeiten haben Selbstwirksam zu sein. Das habe ich aber nicht. Ich sehe nur die Glotze oder das Tablet und die, die da alle was machen, die machen das auch alles super. Aber ich habe es gar nicht gemacht. Ich sehe es nur und ich kann es gar nicht fühlen, riechen, berühren.
Das sind so ganz wichtige Dinge in der eigenen Selbstwirksamkeitsentwicklung, aber vor allem auch in der Bindung. Es ist einfach ein Unterschied, ob ich immer nur Kassette, also gut, Kassette gibt es auch schon nicht mehr. Immer nur Tonibox höre, oder auch die ein oder andere Geschichte erzählt kriege oder vorgelesen kriege, weil vorlesen einfach noch was völlig anderes ist. Das ist Berührung. Das ist Beziehung. Ja, und die Beziehung zum Tablet ist doch eher kühl.
Moderator:
Da kann man vor Wut keine Seite abreißen. Doof. Aber manchen Elternteil seufzts jetzt auch und sagt sich ja, wenn ich jetzt nicht das Tablet dahinschiebe zum Zähneputzen, dann gibt es jetzt 10 Minuten Mord und Totschlag. Es ist halt auch immer so ein, ein Abwägen wahrscheinlich, nicht?
Eva-Maria Landeck:
Klar, Gratwanderung immer und Vabanquespiel. Aber auch zu gucken, wird es wirklich auch besser, dadurch, dass ich das Tablet? Ich habe dann auch mal kein Schrei vielleicht, aber wie wird es in den nächsten Wochen, Monaten, Jahren? Habe ich die Chance es ausgleiten zu lassen oder nicht.
Da habe ich tatsächlich schon mal so einiges gesehen, wo ich dachte, lieber gleich mal richtig durchs Zähneputzen durchgegangen sein. Ich hab tatsächlich da mal richtig Energie reinstecken müssen. Es war auch nicht so schön. Es hat sich dann einfach auch gelohnt, weil das andere wird nicht einfacher. Das verschiebt sich nur.
Moderator:
Eine Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung hat gezeigt, dass 69 Prozent der Erzieherinnen und Erzieher den Zeitdruck, den es durch die ganze Arbeit gibt als mäßig bis stark belastend empfinden. Die richtige Anlaufstelle für Erzieherinnen und Erzieher wäre dann in diesem Falle die Kita Leitung, wie spreche ich sowas am besten an ? Weil zwei Drittel sind belastet. Das ist ja mal eine Ansage.
Eva-Maria Landeck:
Ja, also das ist eine Ansage und die wird auch nicht besser, fürchte ich. Weil wir jetzt auch noch Fachkräftemangel haben und damit sich die Arbeit und damit Zeit oder Zeit für die Arbeit auf noch weniger Schultern verteilen muss. Ja, die Kita Leitung wäre in dem Fall auf jeden Fall die erste Adresse, und zwar zu sagen, ich muss mal mit dir sprechen und wir müssen da mal das angucken. Weil auch Zeitmanagement gegebenenfalls ein sehr individuelles Thema ist. Es kann aber auch alle betreffen. Es geht nur, egal um was es mir geht, ich muss einfach das offen und ehrlich und direkt ansprechen, weil alles andere hat keinen Sinn und die anderen merken das sowieso und wir müssen eher so gucken. Das ist ja nicht nur das Thema von einem, sondern mindestens zwei Drittel haben wir ja gehört.
Wie können wir das als Team lösen? Was können wir noch einrichten, etablieren? Dass es Zeiten gibt, wovor Nachbereitungszeit tatsächlich auch stattfinden kann. Die kriegen ja alle, nur stattfinden kann sie ja meistens nicht, weil geht nicht und es geht nur, indem die Kita Leitung da auch mitträgt. Das ist ja ihr Job. Aber da muss auch der Träger mit ins Boot geholt werden und das geht ja über die Kita Leitung oder eben das Team und die Kita Leitung laden den Träger mal ein, um zu sagen: „So wir sind hier an der Grenze, wir müssen noch was Neues überlegen. Holen wir uns noch ein FSJ? Machen wir Ausbildung? Was können wir noch machen oder welche Bereiche können wir vielleicht, dass es Hauswirtschaftskräfte gibt?“
Das gibt es tatsächlich in einigen, vielen Einrichtungen immer noch nicht. Das heißt, das Spülen und so weiter muss auch noch gemacht werden. Nebenher ist aber schlafen der Krippenkinder und die anderen noch, die betreut werden müssen und irgendeiner musste wieder aufs Klo und konnte alleine nicht. Also dieses Ganze und das macht natürlich Stress ohne Ende und das ist der Moment, wo viele sagen, der Zeitdruck ist irre.
Moderator:
Auf jeden Fall dann ansprechen und wenn es dann am Ende des Tages ist. Dann aber nicht jetzt immer noch nach Hause und raus und dann diese Zeit noch mal nehmen, auch wenn man die ganze Zeit das nasenblutende, siffende Kind auf dem Schoß hatte. Dann kann man das dann nicht klären. Aber man sollte das auf jeden Fall dann klären. Welche Auswirkungen hat bei diesem Thema eine fehlende oder unklare Kommunikation? Also wenn man es dann einfach nie hinkriegt und sich vielleicht auch dann ganz viel anstaut.
Eva-Maria Landeck:
Das sind die Momente, wo spätestens Coaching und Supervision angefragt ist und wäre. Es ist immer schöner, wenn das tatsächlich noch ein bisschen früher ist als wenn es eigentlich schon gar nicht mehr geht und so zusagen das Kind in den Brunnen gefallen ist. Weil es ist dann schon nicht mehr 11:55 Uhr, sondern vielleicht schon 12:05 Uhr. Das kann Teams total crashen, auseinander spalten und deswegen kann ich nur hoffen, dass einige Teams auch auf Fachberatung zurückgreifen können.
Es gibt ja in vielen Kommunen, viele andere Träger haben das auch oder die so evangelisch, katholischer Landesverband, Wohlfahrtspflege. Dass ich mir da auch schon mal jemanden holen kann, um zu wissen, wir müssen hier nicht alles alleine lösen, sondern wir dürfen dazu stehen, dass es einfach Grenzen gibt. Im Gegenteil zu sagen, wir haben ja unsere Grenze und die ist jetzt erreicht, ist deutlich professioneller als zu denken, wir müssen immer alles alleine machen. Vor allem, wenn schon die Krise da ist.
Es ist eigentlich nur noch ein Missverständnis. Egal was ich sage, die andere hört das irgendwie, so hab ich das doch gar nicht gemeint. Das sind dann die Momente, wo es aus dem Wort auskippt und die Emotionen nur noch hochkochen und vielleicht auch die Mimik mehr kocht, weil (seufzend) die schon wieder oder was will sie denn jetzt? Ja, und die Pädagogen sind eher auch welche, die sagen: „Ha wer denkt und ich denk und der denkt und ich rede gar nicht, sondern ja ich denk nur immer, die hat das und so“, weil wir ja auch alle so empathisch sind im pädagogischen Bereich.
Das ist auch schön und gut, aber manchmal steht es uns auch im Weg. Watzlawick hat das mal so hübsch gesagt, so eine Anleitung zum Unglücklichsein: „Da will jemand sich bei seinem Nachbarn den Hammer ausleihen und macht sich schon 150 Szenarien warum der Nachbar ihm jetzt wahrscheinlich den Hammer nicht ausleihen wird und dann klingelt er bei seinem Nachbarn, sagt und deinen blöden Hammer will ich gar nicht haben.“ Ja und so erlebe ich das tatsächlich öfters auch in Teams.
Moderator:
Eva, vielen Dank für deine Tipps und deine Einblicke in den Kita Alarm, sage ich mal für Erzieherinnen und Erzieher. Vielen Dank für deinen Besuch hier bei mir im Podcast.
Eva-Maria Landeck:
Gerne hat richtig Spaß gemacht und ich kann allen nur raten, guckt, was er nebenher macht. Nicht auf dem Sofa die Kita Probleme mitnehmen. Was gibt es noch, außer vielleicht vor Ort?
Moderator:
Das sind dann die Kinder, die dann auf einmal zu Hause sind und man sich denkt: „Häh, was machst du denn hier?“ Man sollte sich als Erzieherin oder Erzieher keine Arbeit mit nach Hause nehmen. Das finden die Eltern dann auch nicht so toll, wenn die Kleinen fehlen.
Eva-Maria Landeck:
Ja, das wären so die Gedanken, die ich jetzt meinte. Also die Kinder eher nicht. Dürfen die auch nicht, wollen die auch nicht. Einfach auch so gucken. Wie könnte ich persönlich und als Teameinen Ausgleich finden und können da auch noch mal gucken, ist das Sport, ist das Yoga, ist es was auch immer. Weil ich das tatsächlich brauche. Ich brauche eine Kraftquelle, sonst ist irgendwann der Akku alle und da hilft auch die beste Kommunikationsstruktur nicht mehr. Wenn der Akku alle ist, ist er alle.
Moderator:
Das war die Podcast Folge zum Thema Spannungsfeld Kita. Wenn euch das Thema auch gefallen hat, wenn ihr es spannend fandet, dann hört doch gerne mal rein in die Folge: Teamkonflikte Arbeitsklima. Da geht es auch um Konflikte innerhalb eines Teams und wie man diese lösen kann.
Alle weiteren Herzschlag folgen findet ihr auf der Website der BGW unter www.bgw-online.de/podcast und natürlich auf eurer Lieblings Podcast-Plattform. Jetzt hab ich noch einen Tipp für euch zum Thema pädagogische Arbeit, dazu gibt es auch BGW-Events. Auch in diesem Jahr finden noch Veranstaltungen zu diesem Thema statt. Alle Infos dazu findet ihr in den Show Notes dieser Podcast-Folge. Vielen Dank fürs Zuhören und bis zum nächsten Mal.
(Sound Zeit zurückdrehen)
Jingle
Interviewgast
Eva-Maria Landeck
Diplom-Sozialpädagogin
Systemische Therapeutin
Coachin
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