Unterweisung - alles gut gemacht? #17 BGW-Podcast "Herzschlag - Für ein gesundes Berufsleben"
Sie ist ein Kernelement des Arbeitsschutzes: die Unterweisung. Sie steht ganz zu Beginn eines Arbeitsverhältnisses an und soll gewährleisten, dass neue Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sicher und gesund durch den Arbeitsalltag kommen. Lösen Unternehmen diesen Anspruch ein?
Wir sprechen darüber, wie eine Unterweisung ablaufen soll, wie alles rechtlich verankert ist, wie wichtig eine zielgruppenspezifische Ansprache ist und welche gelungenen Beispiele es aus der Praxis gibt. Dafür haben wir einen Ausflug in die Welt der Unterweisungen gemacht.Es hat sich herausgestellt: besonders in Pflegeinrichtungen wird sehr viel dafür getan, dass die Beschäftigten sicher und gesund arbeiten. Genau da, wo es besonders wichtig ist, aber oft nicht selbstverständlich. Der Fokus liegt in diesem Bereich nämlich vor allem auf der Erfüllung von Anforderungen der Bewohner, Patientinnen und gesetzlichen Vorgaben. Und dennoch: Die Pflegeinrichtungen machen oft das Richtige.
Hier kommen Sie zum Transkript dieser Folge
Block 01: Begrüßung und Einleitung
Moderator: Hallo und herzlich willkommen zur neuen Podcastfolge von der Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege, BGW. Ich bin Ralf Podzus und dieses Mal geht es um etwas, was vermeintlich so selbstverständlich ist, dass wir eigentlich kaum darüber reden. Die Unterweisung. Sie steht ganz zu Beginn eines Arbeitsverhältnisses und soll gewährleisten, dass neue Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sicher und gesund durch den Arbeitsalltag kommen. Wir sprechen darüber, wie das alles rechtlich verankert ist, wie wichtig eine zielgruppenspezifische Ansprache ist und welche gelungenen Beispiele es aus der Praxis gibt. Und ich kann schonmal verraten, die meisten Pflegeeinrichtungen, die machen das ganz schön gut. Die heutigen Gäste sind Petra Schirk vom Johanna-Etienne-Krankenhaus in Neuss, und dann habe ich zwei Experten von der BGW. Anne Köllen, die aus ihrer Erfahrung als Aufsichtsperson sprechen wird und Björn Teigelake, der aus einer gesundheitspädagogischen Perspektive auf das Thema schaut. Ich bin Ralf Podszus.
(Podcast-Opener)
Block 02: Interview mit Petra Schirk, Björn Teigelake und Anne Köllen
Moderator: Eine Unterweisung steht an, wenn jemand neu eingestellt wird, aber auch, wenn zum Beispiel Veränderungen am Arbeitsplatz vorgenommen wurden und auch unabhängig davon, einmal im Jahr zur Auffrischung. Und zwar nicht mal schnell zwischen Tür und Angel, es muss alles auch dokumentiert werden. Frau Köllen von der BGW weiß als Aufsichtsperson noch mehr zu den Vorgaben.
Anne Köllen: Hallo.
Moderator: Habe ich bei meiner Erklärung zur Unterweisung irgendetwas vergessen? Oder was können Sie denn noch ergänzen?
Anne Köllen: Also die rechtlichen Grundlagen einer Unterweisung, die sind im Arbeitsschutzgesetz erstmal verankert, im Paragraph zwölf, aber auch in unserer Grundlagenvorschrift, in der DGUV-Vorschrift eins, in Paragraph vier. Dort steht nämlich ganz konkret, dass der Unternehmer die Versicherten der BGW, also zum Beispiel Mitarbeiter*innen einer Pflegeeinrichtung, über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit unterweisen muss. Dabei soll es aber vor allem um die notwendigen Schutzmaßnahmen gehen. Es gibt noch viele, viele andere Stellen in Verordnungen, in Gesetzen, wo Unterweisung gefordert wird. Zum Beispiel in der Gefahrstoffverordnung oder in der Biostoffverordnung. Und das trifft immer dann auf mich selbst zu, wenn ich eben bei meiner Arbeit etwa mit Gefahrstoffen auch umgehe. Grundlage für die Auswahl ist dabei immer die Gefährdungsbeurteilung. Ohne eine vernünftige Gefährdungsbeurteilung, da weiß ich eben auch gar nicht, welche Unterweisungen erforderlich sind.
Moderator: Haben Sie den Eindruck, dass die meisten Unternehmen die gesetzlichen Anforderungen erfüllen?
Anne Köllen: Ja, also meine Erfahrung aus der täglichen Überwachung und Beratung zeigt schon, dass die allermeisten Unternehmen sich ja bereits viele Gedanken gemacht haben und auch oft schon gut geplant haben. Aber natürlich gibt es immer wieder gerade auch kleinere Unternehmen, die, meistens aufgrund von Wissenslücken zum Beispiel, zu manchen Themen noch nicht ausreichend unterweisen. Was auch in der Praxis immer eine Herausforderung ist, wirklich alle fristgerecht zu unterweisen. Sie haben eben schon gesagt jährlich, aber dann kommt der Urlaub, dann kommt Krankheit, dann ist das manchmal schon schwierig, da alle zu erwischen. Was aus meiner Sicht auch oft noch verbessert werden kann, ist die Überprüfung. Also jeder Unternehmer muss sich eigentlich auch darüber vergewissern, haben meine Mitarbeiterinnen das jetzt verstanden, was ich ihnen erklärt habe? Und ob das immer so passiert, da ist sicherlich noch Potenzial da.
Moderator: Hilft da eine Checkliste zum Beispiel?
Anne Köllen: Ja, eine Checkliste kann helfen, aber ich glaube, es ist vor allem sinnvoll, das ins tägliche Geschehen zu integrieren. Also wir haben ein tolles Instrument in der Pflege schon seit vielen Jahren integriert, das ist eine Pflegevisite. Sowas, was längst implementiert ist, kann man auch nutzen, um Unterweisungsinhalte nochmal zu überprüfen.
Moderator: Was ist genau der Unterschied zwischen Unterweisung und Fortbildung?
Anne Köllen: Naja, also bei einer Fortbildung, da geht es eher um eine zusätzliche oder neue berufliche Qualifikation oder auch um eine Auffrischung von meinem beruflichen Wissen. Also wenn zum Beispiel eine Pflegekraft zum Umgang mit chronischen Wunden bei ihren Bewohnern geschult wird. Ja, andere Themen, die einfach die Versorgung betreffen. Eine Unterweisung ist dafür gedacht, dass jeder für seine individuelle Arbeitssituation eben Informationen bekommen muss, wie er sich vor Gefahren schützen kann und seine Gesundheit erhalten kann. Ich glaube, es gibt hier bei ganz vielen Themen Überschneidungen und auch Möglichkeiten, Dinge gut zu kombinieren. Also wenn ich jetzt zum Beispiel eine Hygiene-Fortbildung mache und dabei nicht nur über Händedesinfektion zum Bewohnerschutz nachdenke, sondern auch noch direkt überlege, wie kann ich denn anschließend den Hautschutz hier integrieren. Gut aufgestellte Unternehmen suchen auch ganz gezielt nach der Möglichkeit, Informationen und Veranstaltungen hier zu bündeln. Und das ist rechtlich auch möglich, wenn man es vernünftig dokumentiert.
Moderator: Wer darf alles eine Unterweisung durchführen?
Anne Köllen: Ja, es steckt das Wort Weisung eben da drinnen und insbesondere jetzt, ich sage mal externe Trainer oder externe Beauftragte, die sind den Mitarbeiter*innen gegenüber in aller Regel eben nicht weisungsbefugt. Und daher rate ich auch immer, ganz genau zu schauen, wer bei einer Unterweisung alles dabei ist. Natürlich kann es immer Sinn machen, einen Experten, ich sage jetzt mal zum Beispiel für Brandschutz, mit der Unterweisung zu den Regelungen auch zu beauftragen, aber der oder die Vorgesetzte sollte dann zum Beispiel nach diesem inhaltlichen Teil nochmal ganz klar machen, dass sie nun die Arbeitseinweisung gibt, sich an die eben erläuterten Schutzmaßnahmen des Experten jetzt auch zu halten. Und das ist das, was der Mitarbeiter, die Mitarbeiterin dann auch mit ihrer Unterschrift bestätigt.
Moderator: Und inwiefern beeinflusst die Anzahl der Arbeitsunfälle die Unterweisung in einem Betrieb?
Anne Köllen: Also, wenn man sich die Arbeitsunfälle anschaut, dann ist es immer sehr wichtig, gemeinsam mit zum Beispiel mit der Fachkraft für Arbeitssicherheit oder dem Betriebsarzt, der Betriebsärztin, die eben zu analysieren. Nicht nur die Anzahl ist dabei aber wichtig, sondern auch, was ist eigentlich passiert, wo genau ist es passiert, warum ist es passiert? Und diese Analyse, die ist eine ganz, ganz wichtige Grundlage für die Planung meiner kommenden Unterweisung. Wenn jetzt zum Beispiel zu einer bestimmten Uhrzeit in einem bestimmten Bereich immer wieder Stürze passieren, dann liegt das vielleicht daran, dass dort gerade feucht gewischt wurde und der Boden immer rutschig ist. Dann müssen vielleicht Reinigungsmittel anders dosiert werden, oder Warnschilder aufgestellt werden oder es wird das falsche Schuhwerk getragen. Und die neue oder die verbesserte Unterweisung, eben der Reinigungskräfte und die Personen, die dort entlang gehen, das ist dann eben die zwingende Konsequenz, die aus dieser Analyse folgt. Ich glaube, eine gutgemachte, konkrete, verständliche Unterweisung ist aus meiner Sicht mit das wichtigste Instrument zur Verhinderung von Arbeitsunfällen.
Moderator: Vielen Dank, Anne Köllen. Nun wissen wir, was es mit einer Unterweisung auf sich hat und worin die Herausforderungen liegen. Jetzt wäre natürlich interessant, wie man eine Unterweisung denn auch am sinnvollsten durchführt. Und dazu begrüße ich jetzt Björn Teigelake von der BGW.
Björn Teigelake: Hallo und guten Tag.
Moderator: Wie kann man herausfinden, in welchen Themen die Beschäftigten überhaupt unterwiesen werden müssen?
Björn Teigelake: Ja, Grundlage für Unterweisungsthemen sollte, wie Frau Köllen schon gesagt hat, grundsätzlich erstmal die Gefährdungsbeurteilung sein. Hier sind letztlich alle relevanten arbeitsplatzbezogenen Themen auch beschrieben. Und je umfassender, aktueller und vollständiger die Gefährdungsbeurteilung ist, desto besser lassen sich für den Arbeitsplatz relevante Themen ableiten. Das ist besonders dann der Fall, wenn die Gefährdungsbeurteilung in Zusammenarbeit mit den Mitarbeitenden, der Führungskraft, aber auch mit Sicherheitsbeauftragten und Fachexperten erstellt wurde. Beschäftige im Arbeits- und Gesundheitsschutz zu unterweisen bedeutet, ihnen zu zeigen, wie sie die ihnen übertragenen Aufgaben so durchführen, dass sie dabei selbst gesund bleiben oder sich zumindest nicht schädigen. Im Idealfall ist die Arbeit sogar so gestaltet, dass sie zur eigenen Gesundheit beitragen kann. Dabei ist es natürlich verständlich, dass zunächst Themen gewählt werden, die als wirklich gefährlich wahrgenommen werden. Beispiele sind Infektionsgefahren, Brandgefahren, Stolper- und Sturzgefahren, Stichverletzungen, Vergiftungen, aber eben auch psychische Belastungen.
Moderator: Wie ist eine Unterweisung normalerweise aufgebaut und was gibt es da vielleicht für Hilfsmittel?
Björn Teigelake: Ja, viele Unterweisungen sind schon ähnlich einer Fortbildung aufgebaut. Vorne steht jemand und erklärt den Teilnehmenden, wie sie sich richtig zu verhalten haben. Am besten zwischen zwei Schichten, um möglichst viele Mitarbeitende gleichzeitig zu erreichen. Andere Unterweisungsformen sind zum Beispiel onlinebasiert, in Form eines E-Learning-Tools. Hier können Unterweisungen zeitversetzt zur eigentlichen Arbeitszeit unkompliziert durchgeführt werden. In Bezug auf Lernen ist es nachhaltiger, richtige Verhaltensweisen auch einüben zu können. Also das heißt, nicht nur zu hören, wo ein Feuerlöscher steht und was damit zu tun ist, sondern den Umgang auch regelmäßig üben zu können. Das ist eine gute Grundlage für die richtigen Verhaltensweisen und Schutzmaßnahmen auch zu erlernen und danach auch anzuwenden.
Moderator: Was machen besonders gut organisierte Betriebe, um Unterweisungen zu planen?
Björn Teigelake: Gut organisierte Betriebe und Einrichtungen erachten den Arbeits- und Gesundheitsschutz grundsätzlich als sehr wichtig. Sie interessieren sich für das Thema Unterweisung und begreifen es als eine Art Bildungsauftrag, beziehungsweise Investition in ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, denn Unterweisungen haben mehrere Funktionen. Zum einen zeigen sie auf, wie ich als Mitarbeiter möglichst selbst gesund arbeiten kann, auf der anderen Seite sind sie hilfreich, dass ich meine Patienten oder Bewohner sicher und gut pflegen oder therapieren kann. Stellen Sie sich vor, ein technischer Defekt führt zu einem Schaden an einem Ihrer Patienten. Ich werde mich doch immer fragen, war ich ein- und unterwiesen im Umgang mit dem Gerät oder dem Hilfsmittel oder lag es gegebenenfalls doch an mir? Gut organisierte Betriebe binden ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schon bei der Gefährdungsbeurteilung mit ein und planen gemeinsam die nötigen Unterweisungsthemen.
Moderator: Und welche Methoden gibt es da genau?
Björn Teigelake: Wie gesagt, das eine ist die Gefährdungsbeurteilung, aber es gibt auch andere Möglichkeiten. Die erwähnte Pflegevisite, aber auch im Rahmen von internen Qualitätsaudits, die werden im Rahmen eines gelebten Qualitätsmanagements sowieso durchgeführt. Hier kann ich einfach ein paar Fragen in Richtung Unterweisungsbedarf stellen. Andere Möglichkeiten sind eine regelmäßige Abfrage in einer Teamsitzung. Der Fortbildungsbedarf wird regelmäßig erhoben, unterweisen und anweisen darf letztendlich nur die Führungskraft. Gleichzeitig ist häufig das Wissen von zum Beispiel Hygienefachkräften, Brandschutzbeauftragten, Fachkräften für Arbeitssicherheit oder jemand anderem nötig. Hier sollten Verständigungen zwischen den Professionen und Fachgebieten ermöglicht werden, um die jeweiligen Beschäftigten auch gezielt und verständlich ansprechen zu können.
Moderator: Und wie unterstützt die BWG Betriebe bei der Unterweisung?
Björn Teigelake: Die BGW unterstützt die Unternehmer auf viele Arten und Weisen. Das eine sind Seminare zum Thema Unterweisung, aber auch schriftliche Materialien, wie Unterweisung leicht gemacht, in der verschiedene Unterweisungsmethoden, didaktische Methoden vorgestellt werden. Es gibt Leitfäden und Vorlagen für Betriebsanweisungen, aber auch Unterweisungsmaterialien in leichter Sprache. Genauso gibt es mal Tips vor Ort durch die Präventionsberatenden und Aufsichtspersonen.
Anne Köllen: Genau, vor allem für die Unternehmen, die noch ganz am Anfang stehen, kann es vielleicht sinnvoll sein, sich erstmal an die BGW zu wenden, um in Form einer Organisationsberatung zum Beispiel Unterstützung zu bekommen, weil man muss ja sein System erstmal aufbauen. Und dann haben wir zum Beispiel in unserem Lernportal www.bgw-lernportal.de ein Modul Unterweisung, das ist für alle Branchen geeignet und bietet erstmal eine gute Einführung in das Thema. Wir bieten eben natürlich die schon genannten kostenfreien Seminare in unseren Schulungshotels dazu an. Gerade für die Altenpflege fällt mir noch eine Sache ein, hier gibt es ein Onlinetool für Praktikanten. Also wer in der Altenpflege oder generell in der Pflege arbeitet, der hat ja oft mit einer Vielzahl von Praktikanten zu tun. Hier haben wir ein Onlinetool mit integriertem Wissenstest, das ist, glaube ich, nochmal eine ganz große Unterstützung für die Unternehmen. Ja, und Formulare, Broschüren, davon ist eine Fülle sozusagen da, um sich hier Unterstützung zu holen. Oder auch um Dinge zu dokumentieren, wenn man nicht alles selber erstellen möchte, dann kann man hier natürlich auch die Vorlagen der BGW nutzen.
Moderator: Machen die Pflegeeinrichtungen ihre Unterweisungen schon ganz vorbildlich oder gibt es da noch Verbesserungsbedarf? Wie ist hier Ihre Einschätzung?
Björn Teigelake: Ja, da würde ich mich gerne Frau Köllen anschließen können. Ich denke schon, dass da sehr, sehr viel richtig gemacht wird und gerade nochmal im Hinblick auf Fortbildungen. Ich denke, viele Pflegeeinrichtungen tun schon das richtige und lernen sehr viel, aber sie tun es unter dem Fokus, ihre Patienten und Bewohner besser zu versorgen. Wenn sie sich die Inhalte einmal von der anderen Seite aus anschauen würden, die Dokumentation ein bisschen anpassen, bin ich fast schon sicher, dass sie etliche Unterweisungsthemen abgearbeitet haben.
Moderator: Haben Sie noch ein paar Tips für unsere Hörer, wie man grundsätzlich jede Unterweisung interessant und nachhaltig gestalten kann? Kurz und knapp.
Björn Teigelake: Nehmen Sie das Thema Unterweisung wichtig. Sorgen Sie dafür, dass derjenige, der die Unterweisung durchführt, auch selbst Interesse am Thema hat. Dann ist es ihm nämlich selbst ein Anliegen, dass er verstanden wird. Arbeiten Sie die Relevanz für die Mitarbeitenden selbst heraus, dass Sie selbst ebenfalls einen Sinn entdecken. Zum Beispiel die eigene Gesundheit erhalten und gleichzeitig den Patienten besser pflegen können. Prüfen Sie im Vorfeld, wen Sie unterweisen, was genau ist die Zielgruppe und in welchem Kontext arbeitet sie? Gibt es vielleicht sogar ein berufsspezifisches Vokabular, was ich zu beachten habe? Ich denke, in dem Moment, wo der Unterweisende selbst das Thema für sich als wichtig und relevant erachtet, macht er sich auf den Weg und will auch verstanden werden. Lassen Sie ihn kreativ werden.
Moderator: Danke an dieser Stelle auch an Björn Teigelake. Von der Theorie geht es nun in die Praxis. Petra Schirk ist Referentin der Pflegedienstleitung im Johanna-Etienne-Krankenhaus in Neuss und wird uns ein bisschen was über die Unterweisung am praktischen Beispiel erzählen.
Petra Schirk: Genau. Hallo.
Moderator: Erzählen Sie bitte von einer konkreten Unterweisung. Über welche Gefahren müssen Sie Ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Krankenhaus aufklären?
Petra Schirk: Ja, Gefahren, das ist ja so negativ konnotiert irgendwie. Ich würde es am liebsten Schutzunterweisung nennen, das hat gleich für die Mitarbeiter auch irgendwie direkt so einen positiveren Impuls. Aber Unterweisungen finden bei uns in den Themen Brandschutz, Bio- und Gefahrenschutz im Rahmen einer Hygieneunterweisung statt, aber auch zum Arbeitsschutz und Datenschutz. Ein Beispiel ist die Bio- und Gefahrenstoffverordnung, die koppeln wir immer mit aktuellen Hygienethemen, sodass unsere Hygiene-Fachkräfte jährlich neue Themen, die krankenhaus- oder auch abteilungsspezifisch sind, analysieren und dazu ungefähr eine einstündige Veranstaltung planen und dann in die unterschiedlichen Teams gehen. Wir haben im Haus einen etablierten IBF-Tag, also einen innerbetrieblichen Fortbildungstag für unsere pflegenden Mitarbeiter, da sind sie essentieller Bestandteil, unserer Hygienefachkräfte, und haben eben die Bio- und Gefahrenstoffverordnung mit dabei. Aber erzählen halt beispielsweise auch was zu einem aktuellen Thema. In diesem Jahr beispielsweise sind es Katheter assoziierte Phlebitiden und da werden alle unsere patientennahen Mitarbeitenden eben jetzt auch geschult und gleichzeitig unterschwellig nochmal mit der Bio- und Gefahrenstoffverordnung quasi bespielt, sage ich mal. Unsere Mediziner haben andere Wege, Unterweisungen zu platzieren, aber auch hier haben wir immer die Möglichkeit, in Frühbesprechungen zu gehen, sodass wir nicht das, was Herr Teigelake eben genannt hat, einfach mal zwischen zwei Schichten eine Unterweisung zu platzieren, umgehen können. Und so wirklich sagen, hier hat das heute seinen Platz und alle nehmen es eben auch wahr.
Moderator: Wie stellen Sie das an, dass bei den Mitarbeitern das besonders gut hängen bleibt?
Petra Schirk: Ja, eine gute Frage. Also wir machen nach den Präsenzschulungen keine Abfrage oder Tests. Hier kann ich tatsächlich nur so aus Erfahrungen mit den Mitarbeitenden sprechen. Wir machen auch kleine Audits, um zu schauen, wie sind die Umsetzungen tatsächlich. Unsere Führungskräfte haben eine Nachhaltigkeitsliste, die sie monatlich durchgehen, um zu schauen, sind auch gewisse Punkte vielleicht abgearbeitet, die in Gefährdungsbeurteilungen benannt worden. Und ich habe tatsächlich den Eindruck, dass diese jährlichen Wiederholungen, so blöd sie vielleicht auch manchmal klingen und so unangenehm es ist, da drinnen zu sitzen, doch auch seinen Wert haben und hilfreich sind und die Themen auch einfach eine Sensibilisierung erfahren. Und zusätzlich helfen uns in den Bereichen eben auch Beauftragte, die als Multiplikatoren für ihre eigenen Themen dienen. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass die Kollegen Hinweise aus den eignen Reihen einfach doch deutlich lieber annehmen, als von einer Stabstelle oder von externen Referenten, sodass diese uns eigentlich wirklich sehr gut helfen, die Themen eben auch aktuell zu halten.
Moderator: Sind das schon Feedback-Runden oder gibt es die auch noch zusätzlich nach einer Unterweisung?
Petra Schirk: Wir haben in unseren IBF-Tagen tatsächlich einen Feedback-Bogen, der wird aber meistens sehr wohlwollend für die Referenten oder eben stiefkindlich ausgefüllt, sodass wir tatsächlich mehr mit einem mündlichen Nachfragen bei den Kollegen das, was wir erzählt haben, nochmal erfragen.
Moderator: Haben Sie auch Ideen, die Sie unbedingt mal ausprobieren wollen?
Petra Schirk: Ja, Ideen haben wir viele.
Moderator: Was geht davon?
Petra Schirk: Ja, „Was geht davon?“ ist genau die Frage. Tatsächlich haben wir ja Dank der BGW bei einem Projekt mitmachen dürfen, dass wir VR-Technik ausprobiert haben, zum Brandschutz beispielsweise.
Moderator: Muss man ganz kurz erklären, das sind die Brillen, womit man dann digitale Welten sieht und auch mal in Sphären vorgehen kann, die nicht der Wirklichkeit in dem Moment entsprechen.
Petra Schirk: Richtig, genau. Ich selbst durfte es auch ausprobieren. Das war wirklich spannend und ich glaube auch, es ist eine gute Art und Weise, den Mitarbeitenden das einmal auf eine andere Art und Weise zu vermitteln. Allerdings fehlt uns gerade noch das technische Know-how und auch das technische Equipment dafür. Und dann muss es da natürlich auch Konzepte zu geben, wie man das letztendlich umsetzt. Aber für unsere technikaffinen Zocker in der Pflege oder auch im ärztlichen Dienst kann das sicherlich eine gute Möglichkeit sein. Momentan fokussieren wir uns allerdings, und das sicherlich auch ein wenig aufgrund von Corona, auf synchrone oder auch asynchrone Online-Lehre. Hier versuchen wir, unsere internen Referenten wirklich zu stärken. Bieten derzeit unternehmensweit, also auf unserer Gruppenebene, Schulungen für Referenten an, dass sie didaktisch gute und auch ansprechende Online-Schulungen machen können. Beispielsweise mit Kurzvideos oder auch tatsächlich mit Präsentationen online, aber auch das will gelernt sein. Wir nutzen seit circa einem Jahr ein One-Minute-Wonder. Ich weiß nicht, ob das allen was sagt, aber letztendlich ist das ein Poster, auf dem bestimmte Themen, und da können eben auch Unterweisungsthemen genannt werden, so komprimiert zusammengefasst sind, dass sich der Inhalt eben in einer Minute lesen und erfassen lässt. Und diese hängen bei uns in Bereichen, wo natürliche Wartezeiten entstehen, beispielsweise an einem Blutgasanalysegerät, aber letztendlich stehen sie da. Oder aber wir haben einen Wäscheautomaten bei uns und da wartet man eine Minute, bis die Wäsche da ist, da kann man sich mit Themen nochmal beschäftigen, die eben wichtig sind und da dürfen Unterweisungsthemen auch sein. Natürlich kann man das nicht unterschreiben, aber wir halten so die Mitarbeiter auf dem Laufenden und sensibilisieren sie für das Thema, dass das nochmal wichtig ist.
Moderator: Sagt die Referentin der Pflegedienstleitung im Johanna-Etienne-Krankenhaus, Petra Schirk. Vielen Dank für diese sehr praktischen Beispiele.
Petra Schirk: Sehr gerne.
Block 03: Verabschiedung
Moderator: Und so kann auch mal ein Thema wie eine Unterweisung lebhafter für die Mitarbeitenden dargestellt werden. Das war unser Ausflug in die Welt der Unterweisungen. Und es hat sich herausgestellt, besonders in Pflegeeinrichtungen wird also schon sehr viel dafür getan, dass die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen sicher und gesund arbeiten können. Das ist hier natürlich auch besonders wichtig, aber eben lange nicht selbstverständlich. Der Fokus liegt in diesem Bereich nämlich vor allem auf der Erfüllung von Anforderungen der Bewohner, Patienten und gesetzlichen Vorgaben, sowie Vorgaben der Kostenträger. Und dennoch, die Pflegeeinrichtungen machen oft das Richtige. Welche Meinung haben Sie zu diesem Thema, welche Erfahrungen? Melden Sie sich gerne hier: www.bgw-online.de/podcast. Damit verabschiede ich mich für heute. Danke fürs Zuhören und bis zum nächsten Mal. Bleiben Sie gesund.
(Outro - Herzschlag, für ein gesundes Berufsleben. Der BGW-Podcast)
Die Interviewgäste
Björn Teigelake
Referent für Gesundheitspädagogik, Kinderkrankenpfleger, Pflege und Gesundheit (B.Sc.), Erwachsenenbildung (M.A.) - BGW
Anne Köllen
Aufsichtsperson, Bezirksstelle Köln - BGW
Petra Schirk
Referentin der Pflegedienstleitung, Johanna-Etienne-Krankenhaus
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