Rückenexperte: „Kleine Hilfen sind äußerst effektiv in der Pflege“
Rückenentlastung im Pflegealltag ist mit ihnen einfach und günstig zu haben: Anti-Rutsch-Matte, Gleitmatte, Rutschbrett und andere. Ihre Vorteile erklärt Stefan Kuhn von der BGW.
Herr Kuhn, Hilfsmittel zur Rückenentlastung in der Pflege werden oft nicht genutzt. Was sagen Sie insbesondere jungen Einsteigern in der Pflege, um sie von den Vorteilen der Hilfsmittel zu überzeugen?
Ich nenne zwei Gründe für den Einsatz von Hilfsmitteln: Erstens gehen Sicherheit und Gesundheitsschutz der Beschäftigten vor Therapie. Zweitens kann der Einsatz von Hilfsmitteln durchaus für beide, also einerseits Patienten und Bewohner einerseits und Pflegekräfte andererseits, positiv sein. Die kleinen Hilfsmittel können dabei helfen, die Patienten zu mobilisieren und die Pflegekräfte zu entlasten.
Was meinen Sie damit?
Beim Stichwort „Hilfsmittel“ denken die meisten gleich an „Technische Hilfsmittel“, wie Deckenschienensysteme, Lifter, Positionswechselhilfen, etc. Diese sollten aber immer nur dann eingesetzt werden, wenn der Patient selbst nicht mehr genug Kraft hat, um bei der Bewegung mitzuhelfen. Wenn er jedoch noch Ressourcen hat, sind sogenannte Kleine Hilfsmittel wie Anti-Rutsch-Matte, Gleitmatte, Rutschbrett, Mobilitätsgurt und so weiter ideal, um die Bewegung des Patienten zu unterstützen.
Kleine Hilfen sind äußerst effektiv für Pflegekraft und Patient
Die Funktionsweise der Kleinen Hilfsmittel ist verblüffend einfach. In welchen Situationen im Pflegealltag wirken sie besonders entlastend?
Sie machen sich die Physik zunutze: Eine Anti-Rutsch-Matte erhöht die Reibung und verhindert so das Wegrutschen der Füße bei angestellten Beinen. Eine Gleitmatte verringert die Reibung. Sie wird unter den Rumpf oder den Bereich der höchsten Gewichtskraft gelegt und reduziert das zu bewegende Gewicht um bis zu 90 Prozent.
Mit dem Rutschbrett wird eine Brücke gebaut, damit der Patient beim Transfer Bett-Rollstuhl ohne Anheben in kleinen Schritten bewegt werden kann. Und mit dem Halte- oder Mobilisationsgurt bringen wir den „Griff“ an den Patienten oder an die Pflegekraft, damit die Hände von Pflegekraft und Patient einen sicheren Halt finden.
Diese Kleinen Hilfen sind äußerst effektiv für Pflegekraft und Patient. Leider sind sie weitgehend unbekannt oder werden nicht ausreichend in den Pflegealltag einbezogen."
Wenn sie aber doch verwendet werden, welche Vorteile hat das dann für den Patienten?
Der wesentliche Vorteil von Kleinen Hilfsmitteln ist, dass die so ausgeführten Bewegungen und Transfers auch für den Patienten sicherer und sogar auch angenehmer werden. Die Beschäftigten können so in allen Einsatzbereichen die Ressourcen des Patienten nutzen und damit beispielsweise auch Kontrakturen vermeiden. Zudem werden durch die Verringerung der Reibung bei der Gleitmatte und dem Rutschbrett die Scherkräfte reduziert. Das beugt dem Dekubitus vor.
Zur Person: Rückenexperte Stefan Kuhn
Stefan Kuhn ist Diplomingenieur und als Präventionsexperte bei der BGW tätig. Sein besonderes Augenmerk liegt auf der Vermeidung von Rückenbeschwerden bei Pflegekräften. Kuhn kam 1988 zur BGW und arbeitet im Präventionsdienst der BGW in Mainz.