10 Menschen mit und ohne Behinderung sitzen auf einer Bühne. Über ihnen eine Leinwand mit "BGW-Sportsymposium, 13. März 2024" und QR-Code. Im Saal davor Publikum auf Stühlen.

Inklusion statt Isolation: Sport als Weg, sozial dabei zu sein BGW Sportsymposium "Sport für alle – oder: Wie wird der Breitensport inklusiv?"

Wer oder was hindert Menschen teilzunehmen – in der Arbeitswelt, am sozialen Leben und vor allem: am Sport? Was müssen wir tun, damit alle Menschen den Sport ihrer Wahl ausüben können? Welche Einflussmöglichkeiten bestehen in Einrichtungen, Kommunen, Ländern oder auf Bundesebene?

Diese Fragen standen im Zentrum des BGW Sportsymposiums, das am 13. März 2024 im Berliner Humboldt-Carrée stattfand. 150 Gäste aus Sportverbänden, Politik und Eingliederungshilfe waren eingeladen, um Erfahrungen und Ideen auszutauschen sowie Lösungen zu finden. Und somit durch die gemeinsamen Erkenntnisse inklusiven Sport in Deutschland zu fördern und zu verbessern.

Mittendrin statt nur am Rand

Bild vergrößern Ein Mann in dunklem Anzug und weißem Hemd an einem Redepult. Hauptgeschäftsführer Jörg Schudmann hebt eine Hand unterstreichend hoch.

Hauptgeschäftsführer Jörg Schudmann wies darauf hin, dass jeder 3. Mensch mit Behinderung sich nicht ausreichend sozial integriert fühlt. Viele von ihnen fühlten sich einsam – doppelt so viele wie Menschen ohne Behinderung. Dabei könne Sport aus der Isolation helfen.

Sport kann Menschen mit Behinderungen Chancen eröffnen. Kann helfen, sich mit anderen zu verbinden, Gemeinschaft zu erleben. Unter Gleichgesinnten zu sein, sich weniger isoliert zu fühlen. Jörg Schudmann, Hauptgeschäftsführer der BGW, wies zu Beginn der Veranstaltung auf die Bedeutung und Wirkung von Sport hin – gerade auch für Menschen mit Behinderungen.

Ich kann über mich hinauswachsen!, so zitierte Schudmann den Special Olympics-Kletterer Tim Krupinski. Und führte aus: Treffender lässt sich die positive Wirkung von Sport nicht zusammenfassen. Sport hält fit. Sport ermöglicht soziale Teilhabe: Dabei sein, in Kontakt mit anderen treten, gemeinsam im Team Spaß haben und Ziele erreichen – Sport eröffnet Menschen die Möglichkeit, ihr Potenzial zu entdecken und zu entfalten. Ein wichtiges Gefühl, um sich in unserer Gesellschaft nicht abgehängt zu fühlen.

Barrieren müssen weg!

Nur ganze 8 Prozent aller Menschen mit Behinderungen sind Mitglied in einem Sportverein. Bei Menschen ohne Behinderungen ist es dagegen jeder Dritte. Was fehlt sind passende barrierefreie Angebote für Menschen mit Behinderungen, gerade auch für diejenigen mit geistigen oder mehrfachen Beeinträchtigungen. Es gilt also Optionen zu schaffen, die sie nutzen können – egal mit welcher Einschränkung sie zu kämpfen haben. Und Hürden abzubauen, damit alle Zugang haben zu Sportstätten und Sportvereinen.

Bild vergrößern 2 Frauen und 2 Männer im Gespräch.

Claudia Drechsel-Schlund, stellvertretende BGW-Hauptgeschäftsführerin (2. v. re.) und Björn Kähler, Leiter BGW-Modellvorhaben und Kongresse (re.) im Gespräch mit Jürgen Dusel, Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen (2. v. li.)

Personen mit Handicap stoßen oft auf Zugangsbegrenzungen im Sport, die auf "Hardwareproblemen" basieren: Sportstätten sind etwa nicht barrierefrei. Menschen mit Behinderungen sind zudem eine sehr heterogene Gruppe mit verschiedenen Bedarfen. Ein Problem kann bereits dadurch entstehen, dass ihre Mobilität durch den ÖPNV eingeschränkt ist. So schilderte Jürgen Dusel, Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen, die Lage. Als "Softwareproblem" sieht er dagegen, dass es mehr Expertise in den Sportvereinen für die speziellen Bedürfnisse der Betroffenen geben müsse. Das gelte auch für die Trainerinnen und Trainer.

Verena Bentele, Vizepräsidentin des Deutschen Olympischen Sportbunds (DOSB), sieht es daher als besonders wichtig, mehr Strukturen für den Sport zu schaffen. Der DOSB könne und müsse dazu beitragen.

Handeln auf allen Ebenen nötig

Bild vergrößern 2 Männer und eine Frau auf einem Podium. Der linke hat eine Behinderung an beiden Armen. Die Frau in der Mitte sitzt im Rollstuhl.

Moderator Rainer Schmidt (li.) diskutiert mit Prof. Sina Eghbalpour von der Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen und Rechtsanwalt Christoph Esser (re.).

Insgesamt wurde deutlich, dass auf allen Ebenen Handlungsbedarfe bestehen: bei der Gesetzgebung, in den Sportstrukturen und in den Kommunen. Und dass oft dicke Bretter gebohrt werden müssen. Zum Beispiel, wenn es um die Beantragung von Assistenzbedarfen geht. Oder darum, Anträge bewilligt zu bekommen, was oft zu lange dauert. Zudem sind viele schon vorhandene Bewegungs- oder Sportangebote in den Einrichtungen durch Corona weggebrochen, die sich so leicht nicht wieder aufbauen lassen.

Kurzvorträge zu Beispielen guter Praxis gaben weiteren Einblick in die komplexen Herausforderungen – und Hoffnung. Positiv zu bewerten sind beispielsweise konzertierte Aktionen wie der "Masterplan Inklusion im niedersächsischen Sport“ oder die Initiative "#ZusammenInklusiv“ von Special Olympics Deutschland, die sich mit verschiedenen Projekten besonders für sportliche Teilhabe in die Kommunen einsetzt. Hier wies Christiane Krajewski, Präsidentin von Special Olympics Deutschland, darauf hin, dass Großereignisse von Special Olympics, wie die World Games 2023 oder auch Nationale Spiele, Wirkung zeigen, auch um die bestehenden Barrieren in den Köpfen abzubauen.

Inklusion erfordert, dass sich die Gesellschaft an Personen anpasst, die körperlich oder geistig beeinträchtigt sind.

Portät: Jörg Schudmann
Jörg Schudmann
Hauptgeschäftsführer der BGW

Hürden im Kopf abbauen: durch Großereignisse und aktive Förderung

In der politischen Gesprächsrunde am Ende des Tages wurden die gesammelten Erkenntnisse zusammengeführt und mit den sport- und teilhabepolitischen Sprechern der Fraktionen von SPD, Grüne, FDP und CDU diskutiert. Dabei betonte Wilfried Oellers (CDU), dass Inklusion im Kopf beginne und bei jedem selbst. Ein sehr anschauliches Beispiel dafür brachte er aus seinem Wahlkreis mit. Dort hat sich seit einiger Zeit in der Fußball-Kreisliga ein inklusives Schiedsrichter-/Linienrichter-Trio aktiv etabliert. Auch, dass Inklusion möglichst früh, also schon in der Kita und in der Schule gelebt und gefördert werden sollte, wurde hier betont.

Die BGW könne zwar keine Strukturen verändern, so Jörg Schudmann. Aber sie fördere weiterhin aktiv das Thema "Sport und Inklusion", etwa mit dem Engagement für Special Olympics, für die gesunde und sportliche Werkstatt, für eine deutschlandweite inklusive Kletterinitiative sowie mit Forschung und Modellvorhaben. So wird mit verschiedenen Kompetenzen die Hilfe für inklusiven Sport in der Gesellschaft gestärkt.