Gefährdung durch Zytostatika bei der HIPEC-Technik

Die Hyperthermale intraperitoneale Chemoperfusion (HIPEC) ist ein Verfahren, mit dem nach der Entfernung makroskopisch sichtbarer Tumore im Bauchraum das Restgewebe mit einer auf 41 – 43°C erwärmten Zytostatikalösung (meist Mitomycin C, Cisplatin oder Doxorubicin) über ein bis zwei Stunden gespült wird. Da die meisten Zytostatika zu den sogenannten cmr-Arzneimitteln (krebserzeugend, keimzellmutagen, reproduktionstoxisch) gehören, wird mit ihnen üblicherweise unter Einhaltung besonderer Schutzmaßnahmen wie Sicherheitswerkbänke und spezielle Schutzkleidung umgegangen.

Aufgrund der deutlichen Zunahme der HIPEC-Technik in der Krebstherapie stellte sich für die BGW die Frage, inwiefern das OP-Personal bei dem HIPEC-Verfahren einer Exposition gegenüber Zytostatika ausgesetzt ist. Mögliche Kontaminationswege sind hierbei – neben der unabsichtlichen Aufnahme durch Verschlucken oder Stichverletzungen – die Aufnahme über die Atemwege und die Haut.

Daher wurde 2010 in einem von der BGW geförderten Projekt geprüft, ob aufgrund möglicher Gefährdungen der Beschäftigten durch Zytostatika weitergehende Maßnahmen als bisher an den HIPEC-Arbeitsplätzen üblich erforderlich sind. Das Institut und Poliklinik für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin des Klinikums der Universität München untersuchte die Arbeitssituation bei der Anwendung des HIPEC-Verfahrens in sechs Kliniken. Per Fragebogen wurden die Ausgangsdaten erfasst. Außerdem nahm man Luft-, Wisch- und Urinproben und analysierte sie auf einen möglichen Platingehalt. Insgesamt wurden 151 Wischproben (Probenahmeorte: HIPEC-Gerät, Boden im Operationssaal, Türklinke, Touch-Screen-Monitor und andere) während 19 HIPEC-Verfahren auf Platin hin untersucht. Außerdem wurden vier Luftmessungen und zwölf Urinproben von einem Chirurgen und einem Perfusionisten nach Durchführung von vier HIPEC-Verfahren auf Platin untersucht. Die Messungen wurden Ende 2010 abgeschlossen.

Nachdem die Schwachstellen bekannt waren, konnten verschiedene Empfehlungen gegeben werden. Dazu gehörten

  • der Einsatz von Infusionsbeuteln statt Perfusorspritzen für die Chemotherapielösung,
  • die gewissenhafte Reinigung und Desinfektion der HIPEC-Gerätschaften nach Abschluss des HIPEC-Verfahrens und
  • das Tragen von zwei Handschuhpaaren übereinander bei Tätigkeiten mit direktem Zytostatikakontakt.

Trotz nur vereinzelt hoher Platinkonzentrationen auf der Oberfläche des HIPEC-Geräts, dem Boden und auf Handschuhen wurde durch das Projekt nachgewiesen, dass geringe Oberflächenbelastungen in HIPEC-Operationssälen möglich sind. Die Beobachtungen zeigen aber, dass die Hygienestandards beim HIPEC-Verfahren in deutschen Kliniken hoch sind und mittels Wischproben effektiv überprüft werden können.

Erste Projektergebnisse stellte die BGW bereits 2010 auf dem 24. Freiburger Symposium „Arbeitsmedizin im Gesundheitsdienst“ vor. Inzwischen liegt der Abschlussbericht vor. Außerdem werden die Projektergebnisse und die arbeitsschutzrelevanten Erkenntnisse in die Qualifizierung des Fachpersonals einbezogen.

Die im Dokument gegebenen Empfehlungen wurden nachträglich der Evidenzkategorie IIb zugeordnet. Die Evidenzkategorien sind entstanden in Anlehnung an die Empfehlungen des AHCPR (Agency for Healthcare Research and Quality).