Die Führungskraft als Risikofaktor

Führungsverhalten steht in einer bedeutsamen Beziehung mit der psychischen Gesundheit der Mitarbeitenden. Dieser Zusammenhang wurde in zahlreichen Studien hinlänglich aufgezeigt. In der bisherigen Forschung lag der Fokus vor allem auf positiven Führungskonzepten. Die aktuelle Forschung beschäftigt sich jedoch nicht mehr nur mit der Frage, welches Führungsverhalten die Beschäftigten gesund erhält, sondern untersucht auch, welche Führungsverhaltensweisen potenziell krankmachen. Dieser Forschungstrend lässt sich unter dem Begriff der „dunklen Seite der Führung“ subsumieren.

Der vorliegende Beitrag beleuchtet den Stand der Forschung zur Führungskraft als Risikofaktor und enthält aktuelle empirische Erkenntnisse zur Gesundheitsrelevanz des destruktiven Führungskonzeptes Abusive Supervision. Die Ergebnisse aus zwei von uns durchgeführten aktuellen Untersuchungen im Gesundheitswesen (n1 = 333; n2 = 271) zeigen, dass Abusive Supervision bedeutsame Zusammenhänge mit einer Vielzahl von psychischen Gesundheitsindikatoren der Mitarbeitenden aufweist. Zudem zeigt sich, dass dieses Führungsverhalten in doppelter Weise gesundheitsbeeinträchtigend ist:

  1. zum einen durch eine direkte herabwürdigende Kommunikation mit den Mitarbeitenden,
  2. zum anderen über eine gesundheitsbeeinträchtigende Aufgabengestaltung.

Die aktuellen Forschungsergebnisse werden vor dem Hintergrund ihrer praktischen Relevanz diskutiert.
Der Anteil psychischer Erkrankungen als Ursache für Arbeitsunfähigkeit in Deutschland erreicht seit einigen Jahren immer wieder neue Höchststände. Ganz besonders betroffen von dieser Entwicklung ist das Gesundheits- und Sozialwesen. Hier ist die Anzahl an Fehltagen durch psychische Erkrankungen im Vergleich zu anderen Branchen am höchsten (Badura et al. 2018).

Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und dem damit verbundenen Fach- und Führungskräftemangel sehen sich Organisationen zunehmend mit der Herausforderung konfrontiert, gut ausgebildete und effizient arbeitende Beschäftigte zu finden und an sich zu binden. Dafür müssen Wege gefunden werden, die Gesundheit der Beschäftigten langfristig zu erhalten. Ein wichtiger Ansatzpunkt für die Prävention psychischer Erkrankungen sind Arbeitsbelastungen. Die direkte Führungskraft spielt hierbei eine zentrale Rolle. Wissenschaftliche Untersuchungen deuten darauf hin, dass das Führungsverhalten als

  • (gesundheitsförderliche) Ressource sowie als
  • (gesundheitsschädigender) Risikofaktor

einen bedeutsamen Einfluss auf die Gesundheit der Beschäftigten hat (Gregersen et al. 2018).

Quelle:

  • Vincent-Höper S, Stein M, Gregersen S, Nienhaus A (2019). Die Führungskraft als Risikofaktor. In: Angerer, Gündel, Brandenburg, Nienhaus, Letzel, Nowak (Hrsg.): Arbeiten im Gesundheitswesen – Psychosoziale Arbeitsbedingungen – Gesundheit der Beschäftigten – Qualität der Patientenversorgung. ecomed Medizin, Landsberg am Lech, 232 – 242