Karikatur: Eine blonde Pflegekraft mit einem weißen Gürtel stolpert und schwitzt, während sie ein Tablett balanciert und einen Rollstuhl schiebt. Neben ihr läuft eine grauhaarige Pflegekraft mit schwarzem Gürtel, die entspannt ein Tablett trägt. Die blonde Pflegekraft fragt: "Wie schaffst du das alles?!" Die grauhaarige Pflegekraft antwortet: "Ich hab 'nen schwarzen Gürtel in Erfahrung und Effizienz. Das hilft!"

Ein Leben lang in der Pflege BGW magazin - 1/2023

Im Pflegeberuf älter werden: Das geht durchaus. Beschäftigte profitieren auch von ihrer Erfahrung und können gute Tipps an Einrichtungen oder Neulinge im Beruf geben. Mehr als ein Drittel der Pflegefachkräfte dürfte über 50 Jahre alt sein. In Zeiten des demografischen Wandels und Fachkräftemangels haben ihre Empfehlungen  besonderes Gewicht.

Mit dem Älterwerden im Pflegeberuf beschäftigt sich die BGW seit vielen Jahren. Zuletzt fanden im Forschungsprojekt "Ein Leben lang in der Pflege" Interviews und Gruppendiskussionen mit Pflegefach- und Hilfskräften der Altersgruppe 50 plus statt. Pflegepädagogin und Pflegewissenschaftlerin Michaela Sorber berichtet: Wir haben 61 Personen zu ihren Erfahrungen befragt. Vor allem wollten wir wissen, was förderlich ist für ein langes und gesundes Berufsleben. Mittler­weile liegt ein umfassender Forschungsbericht vor.

Die Ergebnisse bestätigen vieles, was in anderen Studien aufgezeigt wurde. Die Aussagen der Pflegenden rücken aber auch zusätzliche Aspekte in den Fokus. Michaela Sorber erläutert: Die Arbeit im Team spielt offenbar eine sehr große Rolle. Außerdem überraschte uns der Stellenwert, den die Berufseinmündungsphase einnimmt. Es ist deshalb wichtig, das gesamte Berufsleben in den Blick zu nehmen – angefangen bei der Motivation, in der Pflege zu arbeiten, bis hin zur Gestaltung der eigenen beruflichen Entwicklung.

Michaela Sorber, Björn Teigelake

  • Porträt: Michaela Sorber, BGW

    Michaela Sorber

    Pflegepädagogin und Pflegewissenschaftlerin, BGW
  • Porträt: Jörn Teigelake, BGW

    Björn Teigelake

    Referent für Gesundheitspädagogik, BGW

Das Besondere der BGW-Studie war, dass es um Ressourcen ging und weniger um Belastungen, die zu reduzieren sind. Björn Teigelake ist Referent für Gesundheitspädagogik bei der BGW und hat wie seine Kollegin einen Hintergrund in der praktischen Pflege. Er fasst die Fragestellung zusammen: Wie haben ältere Pflegende es geschafft, trotz der aktuellen Rahmenbedingungen so weit zu kommen? Was sind die positiven, gesundheitserhaltenden Aspekte, die dazu beitragen, dass Menschen gern in diesem Bereich arbeiten?

Trotzdem berichteten viele zunächst von den Herausforderungen, die ihre Arbeit prägen, wie Arbeitsverdichtung und Zeitdruck, bei gleichzeitiger Zunahme pflegefremder Tätigkeiten und hohen Erwartungen von Patientinnen und Patienten sowie Angehörigen. Allgemein wurde die – angesichts des Personalmangels – immer kurzfristigere Dienstplanung beklagt.

Das Älterwerden erleben die Pflegenden vielschichtig. Zum einen nimmt die körperliche und geistige Belastungsfähigkeit ab. Zum anderen ist das Alter aber auch eine Art „mentale Ressource“: Die im Berufsleben gemeisterten Herausforderungen helfen, veränderte Arbeitssituationen zu bewältigen. Kompetent zu sein, Berufserfahrung zu haben und sich damit auch ein Standing im Team und in der Einrichtung erworben zu haben, sind positive Erfahrungen, sagt Michaela Sorber.

Insgesamt neun Themenbereiche haben sie und Björn Teigelake herausgearbeitet, die den Grundstock für ein langes und gesundes Berufsleben legen können.

Neun Bausteine für ein langes Berufsleben in der Pflege

Wie sich jetzt handeln lässt

Das Forschungsprojekt hat eine Reihe von Stellschrauben aufgezeigt, mit deren Hilfe Pflegeeinrichtungen die Voraussetzungen für ein langes Berufsleben schaffen können. Michaela Sorber fasst zusammen:

Rahmenbedingungen werden als ganz, ganz wichtig erachtet. Also so etwas wie die Dienstplanung, die Ausstattung mit Personal und mit Hilfsmitteln, die Entlastung von pflegefremden Tätigkeiten sowie Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten sind zentrale Aspekte. 

Porträt: Michaela Sorber, BGW
Michaela Sorber
Pflegepädagogin und Pflegewissenschaftlerin, BGW

Darüber hinaus sehen die Pflegenden es als wichtig an, den Teamgeist, die Zusammenarbeit und die gegenseitige Unterstützung zu fördern und Stabilität in der Team­zusammensetzung herzustellen. Pflegende müssen aber auch mehr Wertschätzung erfahren, ergänzt Björn Teigelake mit Blick auf die Studienergebnisse. Ihre Person und ihre Expertise müssen ernst genommen werden. Das bedeutet insbesondere auch, sie in Entscheidungsprozesse einzubeziehen und zu informieren.

Zwei weitere Erkenntnisse legen die Pflege-Fachleute allen Beteiligten ans Herz. Eine lautet: jetzt anfangen, sich mit dem Thema Älterwerden in der Pflege zu beschäftigen. Pauschale Antworten sollten dabei vermieden werden, stattdessen gelte es, individuelle Unterstützungsbedarfe zu ermitteln.

Zum anderen betont Michaela Sorber, dass der Grundstein für ein langes Berufsleben schon ganz am Anfang gelegt wird: Es lohnt sich, junge Einsteigerinnen und Einsteiger in den Blick zu nehmen und ihnen die positiven, sinnstiftenden Seiten des Pflegeberufs aufzuzeigen. Sie müssen allerdings auch in die Lage versetzt werden, die eigene Gesundheitskompetenz zu entwickeln. Ältere Beschäftigte können hier wertvolle Tipps geben – zum Beispiel, dass es wichtig ist, den passenden Bereich für sich zu finden. Sich weiterzubilden. Unterstützung einzufordern und offen für Neues zu bleiben. Die Einarbeitung kann dabei schon entscheidend für den weiteren Berufsverlauf sein.

Von: Anja Hanssen