Gesetzliche Einschränkungen der freiwilligen Versicherung nach § 6 SGB VII (aufgrund eines gesetzlichen vorrangigen Versicherungsschutzes)

Notärztinnen und -ärzte schieben eine Bahre mit einer verletzten Person

In folgenden Fällen hat der Gesetzgeber einen vorrangigen gesetzlichen Versicherungsschutz geschaffen:

1. Nebenberuflich ausgeübte Notarzttätigkeiten im Rettungsdienst

Das am 11.04.2017 in Kraft getretene "Gesetz zur Stärkung der Heil- und Hilfsmittelversorgung" (HHVG) bringt Änderungen beim Unfallversicherungsschutz vieler nebenberuflicher Notärztinnen und Notärzte im Rettungsdienst mit sich. Betroffen sind notärztliche Tätigkeiten im Rettungsdienst, die entweder

  • neben einer Beschäftigung von regelmäßig mindestens 15 Stunden wöchentlich außerhalb des Rettungsdienstes oder
  • neben einer zugelassenen vertragsärztlichen beziehungsweise einer ärztlichen Tätigkeit in privater Niederlassung ausgeübt werden.

Solche nebenberuflichen notärztlichen Tätigkeiten im Rettungsdienst gehören nun nicht mehr in den Bereich der freiwilligen Versicherung, sondern unterliegen automatisch dem gesetzlichen Unfallversicherungsschutz. Diese Regelung wurde über das HHVG ins Sozialgesetzbuch (SGB) VII eingefügt und findet sich dort in § 2 Abs. 1 Nr. 13d. Zuständig ist der Unfallversicherungsträger des jeweiligen Unternehmens, für das die Notärztin oder der Notarzt tätig wird. In der Regel ist das die regional zuständige Unfallkasse.

Unsere Berufsgenossenschaft muss deshalb bisherige freiwillige Versicherungen von Ärztinnen und Ärzten für betreffende nebenberufliche Tätigkeiten im Rettungsdienst widerrufen. Alle freiwillig Versicherten, die davon betroffen sein könnten werden angeschrieben, um sie zu informieren und den jeweiligen Versicherungsstatus zu klären.

Dabei sind vier Konstellationen möglich:

  • Notärztliche Tätigkeit im Rettungsdienst neben einem Beschäftigungsverhältnis außerhalb des Rettungsdienstes, das einen Umfang von regelmäßig mindestens 15 Stunden wöchentlich hat: In diesem Fall ist die betreffende Person für ihre Tätigkeit als Notarzt oder Notärztin nun kraft Gesetzes über das Rettungsdienstunternehmen versichert. Die etwaige freiwillige Versicherung bei der BGW wird beendet.
  • Notärztliche Tätigkeit im Rettungsdienst neben einer selbstständigen Tätigkeit als zugelassener Vertragsarzt oder zugelassene Vertragsärztin beziehungsweise als Arzt oder Ärztin in privater Niederlassung: In diesem Fall ist die betreffende Person für ihre notärztliche Tätigkeit als Notarzt oder Notärztin zukünftig kraft Gesetzes über das Rettungsdienstunternehmen versichert. Die etwaige freiwillige Versicherung bei der BGW bleibt für die ausgeübte selbstständige ärztliche Tätigkeit bestehen. Wichtig: Im Leistungsfall berechnen sich eventuelle Geldleistungen, wie z.B. Renten, ausschließlich anhand der gewählten Versicherungssumme. Einnahmen aus der notärztlichen Tätigkeit bleiben bei der Berechnung außen vor. Dieses sollte bei der Wahl der Versicherungssumme berücksichtigt werden. Sollten Sie sich für eine Anpassung der persönlichen Unternehmerversicherung entscheiden, senden Sie uns bitte das vollständig ausgefüllte und von Ihnen unterschriebene Antragsformular "Änderung der Versicherungssumme" zurück.
  • Jemand ist ausschließlich notärztlich im Rettungsdienst tätig oder das Beschäftigungsverhältnis außerhalb des Rettungsdienstes umfasst regelmäßig weniger als 15 Stunden wöchentlich: In diesem Fall gilt der neue gesetzliche Versicherungsschutz nicht. Die etwaige bisherige freiwillige Versicherung bleibt daher bestehen.
  • Die freiwillig bei der BGW versicherte Person übt gar keine notärztliche Tätigkeit im Rettungsdienst aus. In diesem Fall bleibt die bisherige freiwillige Versicherung bestehen.

2. Ärztlichen Tätigkeiten in einem Impfzentrum im Sinne der Coronavirus-Impfverordnung oder einem Testzentrum im Sinne der Coronavirus-Testverordnung oder deren mobilen Teams

Sofern ärztliche Tätigkeiten in einem Coronavirus-Testzentrum, einem Coronavirus-Impfzentrum oder den jeweils dort angegliederten mobilen Teams freiberuflich durchgeführt werden, waren diese Tätigkeiten bisher über die freiwillige Versicherung durch die BGW abgesichert.

Der Gesetzgeber hat den Versicherungsschutz für diese Tätigkeiten neu geregelt. Im Zuge des MTA-Reformgesetzes ist für den Zweig der gesetzlichen Unfallversicherung § 218g Abs. 3 SGB VII in Kraft getreten. Darin heißt es wie folgt:

Personen, die eine Tätigkeit als Ärztin oder Arzt in einem Impfzentrum im Sinne der Coronavirus-Impfverordnung oder einem Testzentrum im Sinne der Coronavirus-Testverordnung oder der jeweils dort angegliederten mobilen Teams ausüben, sind kraft Gesetzes versichert. Die Versicherung nach Satz 1 geht der Versicherung nach § 2 Absatz 1 Nummer 1 und 9 vor.

Dieser Versicherungsschutz tritt zu unterschiedlichen Zeitpunkten in Kraft:

  • Für ärztliche Tätigkeiten in Impfzentren und deren mobile Teams besteht Versicherungsschutz rückwirkend ab dem 15.12.2020.
  • Für ärztliche Tätigkeiten in Testzentren und deren mobile Teams wird der Versicherungsschutz ab dem 04.03.2021 (Tag nach Gesetzesverkündung) sichergestellt.

Bis zum jeweiligen Inkrafttreten des gesetzlichen Versicherungsschutzes war die ärztliche Tätigkeit noch über die freiwillige Versicherung abgesichert. Ab dem Zeitpunkt des Inkrafttretens besteht für diese Tätigkeiten vorrangiger gesetzlicher Versicherungsschutz.

Zuständig für den gesetzlich neugeregelten Versicherungsschutz nach § 218g Abs. 3 SGB VII ist

  • für ärztliche Tätigkeiten in Impfzentren und deren mobile Teams der regional zuständige Unfallversicherungsträger der öffentlichen Hand (z.B. Unfallkasse, Gemeindeunfallversicherungsverband),
  • für ärztliche Tätigkeiten in Testzentren und deren mobile Teams der Unfallversicherungsträger des jeweiligen Testzentrums.

Sofern Coronavirus-Schutzimpfungen in der eigenen Praxis durchgeführt werden, besteht der Versicherungsschutz hierfür weiterhin über die freiwillige Versicherung bei der BGW.