Ansicht eines hellen Flures mit Wegweiser für den Flucht- und Rettungsweg

Schutzmaßnahmen: Gewalt verhindern, Sicherheit schaffen

Der Umgang mit Gewalt und Aggression ist Teil des betrieblichen Arbeitsschutzes. Wie können Unternehmen Übergriffe verhindern und was müssen sie für Notfälle vorbereiten?

Ohne geht es nicht: Gefährdungsbeurteilung

Dreh- und Angelpunkt der betrieblichen Prävention ist die Gefährdungsbeurteilung. Alle Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber sind verpflichtet, mit ihrer Hilfe Gefährdungen zu ermitteln und zu beurteilen, Arbeitsschutzmaßnahmen festzulegen und ihre Wirksamkeit zu überprüfen. Die Gefährdung durch Gewalt und Aggression ist dabei in besonderer Weise auch Bestandteil der Ermittlung psychischer Belastungen am Arbeitsplatz.

Maßnahmen auf verschiedenen Ebenen (TOP – Technik, Organisation, Person) sind dabei eng miteinander verzahnt und ergänzen sich gegenseitig:

  • Darum geht es grundsätzlich: Gefährdungen erst gar nicht entstehen zu lassen, sie zu beseitigen oder sie zumindest soweit wie möglich zu entschärfen.
  • Auf der technischen Seite spielen beispielsweise folgende Aspekte eine wichtige Rolle: Fluchtmöglichkeiten, Rückzugsräume, Beleuchtung, Sicherheitsglasscheiben, Vermeidung gefährlicher Gegenstände, Einsatz von Personen-Notsignal-Geräten bei gefährlichen Alleinarbeitsplätzen…
  • Hinzu kommen organisatorische Maßnahmen auf verschiedenen Ebenen. Unter anderem sollten dabei folgende Themen bearbeitet werden: Alarmierungssystem und Notfallplan, Rettungskette, Handlungsspielräume der Beschäftigten zur Deeskalation, Fachkonzepte zur Betreuung z. B. demenziell Erkrankter, Erstbetreuung nach Vorfällen, systematische Auswertung von Vorfällen und vieles mehr...
  • Auf der Ebene der Person ergänzen verhaltensbezogene Maßnahmen das Maßnahmenbündel: Zum Beispiel geht es darum, Know-how zum deeskalierenden Verhalten sowie zu körperlichen Abwehr- und Befreiungstechniken aufzubauen, auf geeignete Kleidung und Schuhwerk zu achten und auf Schmuck zu verzichten. Ebenso kommt es auf eine gute Fachqualifikation zum Umgang mit der jeweiligen Klientel an, z. B. Validation. Wichtig ist auch, dass eine regelmäßige Unterweisung zum Verhalten bei Gewaltvorfällen stattfindet.

Für die Unternehmensleitung wie für Führungskräfte ist wichtig, dass die systematische Gefährdungsbeurteilung und Umsetzung von Schutzmaßnahmen auch ihrer eigenen rechtlichen Absicherung dienen: Sie müssen ihren Sorgfaltspflichten nachkommen.

Wichtige Rolle der Führungskräfte und der Unternehmenskultur

Neben dem gesetzlichen Schutzauftrag für die Beschäftigten geht es für Unternehmen auch um die eigene Planungssicherheit: Sie sind auf ihr Personal angewiesen. Wo Betriebe effektive Strukturen zur Gewaltprävention aufbauen und in eine betriebliche Präventionskultur einbetten, minimieren sie nicht nur Ausfallzeiten, sondern stärken auch ihr Personal. Sicherheit für Beschäftigte zu schaffen, hat dabei viele Bausteine: ein offener Umgang mit dem Thema Gewalt im Unternehmen, eine Enttabuisierung und Nachbearbeitung von Vorfällen, eine Sensibilisierung für kritische Situationen, klare Handlungsempfehlungen und vieles mehr.

Führungskräfte sind in besonderer Weise gefordert, sich des Themas anzunehmen: Nicht nur ist es ihr Anliegen, dass es in ihrem Bereich "rund" läuft, sondern sie sind häufig auch erste Anlaufstelle nach Gewaltvorfällen. Sie müssen ihre Rolle und die Verantwortung für ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bewusst annehmen. Angesichts der hohen Dunkelziffer sollten sie grundsätzlich aktiv nachhaken, zum Beispiel in Teambesprechungen. Damit leisten sie einen wichtigen Beitrag zum gesundheitsfördernden Führen.

Sicheres Verhalten der Beschäftigten fördern

Hände wehren Faustschlag ab

In helfenden Berufen sind spezielle physische Interventionstechniken zur Abwehr von Gewalt angebracht.

Und wie können Unternehmen ihre Mitarbeitenden für potenzielle Krisensituationen vorbereiten? Innerbetriebliche Standards zum Verhalten in Krisensituationen geben Sicherheit und bestimmen somit das weitere Verhalten. Fehlen sie, fragen sich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu Recht: Was kann ich tun? Was darf ich überhaupt tun? Was erwarten meine Vorgesetzten von mir? Mache ich mich strafbar, wenn ich mich wehre?

Ein durchdachter Notfallplan und klare, eindeutige Handlungsanweisungen sind notwendig, damit in einer Krisensituation professionell, sicher und selbstsicher gehandelt werden kann.

Falsche Abwehrtechniken bei Übergriffen, auch Überreaktionen aus Angst, bergen ein hohes Verletzungsrisiko für alle Beteiligten. Reine Selbstverteidigungstechniken, wie sie zum Beispiel in Kampfsportschulen gelehrt werden, sind für den professionellen Einsatz in Einrichtungen des Gesundheitsdienstes und der Wohlfahrtspflege nicht geeignet: Sie berücksichtigen in keiner Weise das therapeutische Verhältnis zwischen Beschäftigten und Betreuten. Das Erlernen professioneller Eingriffstechniken ("physische Intervention") ist dort angebracht, wo häufiger mit Übergriffen zu rechnen ist.

Zusammenfassend heißt das: Unternehmen sind gefordert, ihren Beschäftigten das nötige Wissen für den Fall der Fälle zu vermitteln - insbesondere im Rahmen der regelmäßigen Unterweisung, durch weiterführende Schulungen, bei der Einarbeitung neuer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie ganz allgemein durch die systematische interne Kommunikation zum Thema.

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