Tuberkulose – Vorsorge im Gesundheitsdienst Arbeitsmedizinische Vorsorge

Der Gesundheitsschutz der Beschäftigten im Gesundheitswesen und die Früherkennung von arbeitsbedingten Erkrankungen ist primär Aufgabe der betrieblichen Arbeitsschutzorganisation und der betriebsärztlichen Vorsorge. Bei bestimmten Erkrankungen sind die Regelungen des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) zu Informationspflichten und Umgebungsuntersuchungen am Gesundheitsamt zu beachten.

In Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen wird den Beschäftigten nach engem Kontakt zu infektiösen Tuberkulose-Indexpersonen eine arbeitsmedizinische Vorsorge zur Tuberkulose-Frühdiagnostik angeboten (ArbMedVV Anhang Teil 2 Absatz 2 Nummer 2a in Verbindung mit § 5 Absatz 2). Lange Zeit wurde bei diesen Screenings der Tuberkulin-Hauttest (THT) verwendet. Seit mehreren Jahren sind zwei spezifischere Interferon-gamma Release Assays (IGRAs = Interferon-gamma Release Assays) verfügbar: der Elisa basierte Quantiferon (QFT) und der ELISPOT-basierte T.SPOT.TB. Im Vergleich zum THT reduzieren IGRAs die Anzahl der erforderlichen Röntgenuntersuchungen und medikamentösen Chemopräventionen.

Handlungshilfe bei Kontakt zu Personen mit ansteckender Tuberkulose

Wie kann man sich vor einer Tbc-Ansteckung schützen? Wer ist ansteckungsgefährdet? Und was ist nach einer Tbc-Exposition nötig?

Für Beschäftigte im Gesundheitswesen gelten nach infektionsrelevantem Tuberkulose-Kontakt zugleich die Regelungen des Infektionsschutzgesetzes (IfSG).

a) Der Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin unterbreitet den betroffenen Beschäftigten ein Vorsorgeangebot (ArbMedVV). Die gebotene Zusammenarbeit zwischen der Gesundheitseinrichtung und dem Gesundheitsamt bei Untersuchungen nach engem Kontakt zu infektiösen Tuberkulose-Erkrankten wird hier vor dem Hintergrund von ArbMedVV und IfSG unter Berücksichtigung des Datenschutzes beschrieben:

Der Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin bietet den betroffenen Beschäftigten schriftlich eine arbeitsmedizinische Vorsorge an, die betriebsärztlich oder von dem/der nach der ArbMedVV beauftragten Arzt bzw. Ärztin frühestens 8 Wochen nach infektionsrelevantem Kontakt durchgeführt wird. Diese freiwillige Vorsorge beinhaltet eine Beratung und gegebenenfalls diagnostische Maßnahmen (Tuberkulosetest, IGRAs) zum Ausschluss einer Tuberkulose-Neuinfektion. Inhaltlich orientiert sich das Untersuchungsangebot an den vorhandenen Leitlinien und Empfehlungen der Fachgesellschaft.

Wenn das Angebot zur arbeitsmedizinischen Vorsorge angenommen wird, trägt der Arbeitgeber die Kosten. Die Befunde bleiben als Bestandteil der ärztlichen Unterlagen unter betriebsärztlichem Verschluss. Der Arbeitgeber sowie der oder die Beschäftigte erhalten jeweils eine Teilnahmebescheinigung. Wenn die Beratungen und Untersuchungen betriebsintern stattfinden, entlastet dieses Vorgehen die Betriebe von Ausfallzeiten durch Untersuchungstermine am Gesundheitsamt.

Beschäftigte, die an der betrieblichen Angebotsvorsorge nach Tuberkulose-Infektionsgefährdung teilnehmen, müssen darüber aufgeklärt werden, dass jede Ärztin, jeder Arzt zur Weitergabe zweckdienlicher Befunde an das Gesundheitsamt verpflichtet werden kann (IfSG, siehe Abschnitt d).

b) Das Gesundheitsamt ermittelt die sozialen Kontaktpersonen zum Indexfall

In der Regel erfährt das Gesundheitsamt von einem Tuberkulose-Fall – dem sogenannten „Indexfall“ – über die Meldung der behandelnden Ärzte, Ärztinnen oder Labore. Es ermittelt die näheren Umstände und übernimmt die Organisation und Koordination bei der Feststellung der Kontaktpersonen im häuslichen und sozialen Umfeld der/des Erkrankten sowie deren Untersuchung.

c) Die Gesundheitseinrichtung übermittelt eine Liste der Kontaktpersonen innerhalb der Einrichtung an das Gesundheitsamt

Die Leitung der Gesundheitseinrichtung, in der sich der/die Tuberkulose-Erkrankte aufgehalten hat, kann vom Gesundheitsamt aufgefordert werden, Kontaktpersonen nach fachlich anerkannten Kriterien aufzulisten und zu übermitteln. Dafür kann die betriebsinterne Erfassungsliste verwendet werden (Mustervordruck Download). Ob auch diejenigen Beschäftigten, die die Angebotsuntersuchung nach der ArbMedVV wahrnehmen, auf der Liste der Kontaktpersonen erfasst werden sollen, muss mit dem jeweiligen Gesundheitsamt abgesprochen werden.

d) Das Gesundheitsamt kann ermittelte Kontaktpersonen vorladen

Das Gesundheitsamt hat als Vollzugsbehörde des IfSG ordnungsrechtliche Befugnisse und kann alle erforderlichen Maßnahmen durchsetzen. Es hat das Recht, zweckdienliche Befunde beim Beschäftigten oder beim Betriebsarzt/bei der Betriebsärztin anzufordern. Beschäftigte, die nicht an der Vorsorge teilgenommen oder die die im Rahmen der Vorsorge angebotenen Untersuchungen abgelehnt haben, müssen damit rechnen, dass das Gesundheitsamt entsprechende Untersuchungen anordnet (siehe insgesamt § 16 Absatz 2, § 25 IfSG). Die Kosten dafür werden von diesem aus öffentlichen Mitteln getragen.

Die latente Tuberkulose als Berufskrankheit

Das Risiko an einer latenten Tuberkulose (LTBI) oder an einer aktiven Tuberkulose zu erkranken, ist bei Beschäftigten im Gesundheitswesen  erhöht. Für Ärztinnen und Ärzte besteht eine Anzeigepflicht, wenn der Verdacht besteht, dass eine LTBI oder eine Tuberkulose beruflich verursacht wurde. Die Meldung einer LTBI ist insbesondere dann sinnvoll, wenn eine präventive Chemotherapie durchgeführt werden soll. Die Kosten für die Therapie können dann im Rahmen des BK-Verfahrens von der Unfallversicherung übernommen werden.

In Ländern wie Deutschland verminderte sich - im Zuge des Rückgangs der Tuberkulose-Inzidenz (7,3/100.000 Einwohner/Einwohnerinnen in 2018) - auch das Risiko einer Tuberkulose-Infektion bei Beschäftigten im Gesundheitswesen . Allerdings scheint die erhöhte Gefährdung durch die Tätigkeit im Gesundheitswesen sogar in Ländern mit hohem Einkommen und mit hohen Hygienestandards weiter zu bestehen (Seidler et al. 2005; Diel et al. 2002; Menzies et al. 2007; Diel et al. 2005; Baussano et al. 2011; Nienhaus et al. 2013; Nienhaus 2018). Es erkranken pro Jahr immer noch etwa 70-90 Beschäftigte im Gesundheitswesen an einer Tuberkulose (Zahlen der BGW). Die Prävention nosokomialer Infektionen wie der Tuberkulose stellt daher nach wie vor eine Herausforderung dar.

In der aktuellen Leitlinie der WHO zum Management der LTBI in Ländern mit hohem bis mittleren Einkommen und einer niedrigen Tuberkulose-Inzidenz von weniger als 100 pro 100.000 Einwohner/Einwohnerinnen wird für Beschäftigte im Gesundheitswesen weiterhin ein Testen auf eine LTBI und die Behandlung der LTBI empfohlen. Allerdings sollte der Nutzen der Behandlung größer sein, als der potentielle Schaden (z. B. therapieassoziierte toxische Hepatitis). Daher empfiehlt die WHO kein generelles Screening und Behandlung aller LTBI-Fälle sondern konzentriert sich auf das Screening und die Behandlung von Hochrisikogruppen. (WHO. (2018). Latent TB Infection: Updated and consolidated guidelines for programmatic management. No WHO/CDS/TB/2018.4.)

Beschäftigte im Gesundheitswesen ohne bestimmte Vorerkrankungen gehören zur Risikogruppe B.

Für diese Gruppe wird ein situationsabhängiges Screening und Behandlung empfohlen. Dieses Vorgehen soll in Abhängigkeit von nationalen, sowie regionalen Besonderheiten, Ressourcen und Regularien und Prioritäten erwogen werden (WHO 2015). Das Angebot der arbeitsmedizinischen Vorsorge im Betrieb nimmt dabei in Deutschland für Beschäftigte im Gesundheitswesen eine Schlüsselfunktion ein.

Haben Sie Fragen oder Anregungen? Wir freuen uns, wenn Sie mit uns Kontakt aufnehmen.

Arbeitsmedizin, Gefahrstoffe und Gesundheitswissenschaften

Dr. med. Johanna Stranzinger